Jesus besiegt den Tod

Predigt über Matthäus 17,1‑9 zum letzten Sonntag nach Epiphanias

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Auch das frisch an­gebrochene Jahr wird kein Jahr des Friedens sein. So sehr wir uns danach sehnen, es ist kein Ende der gewaltsamen Auseinander­setzungen in Sicht an den Krisen­herden der Erde. Wir fragen erschreckt: Warum mutet Gott uns das zu, warum greift er nicht ein und bereitet allem Terror und Blut­vergießen ein Ende? Die Antwort: Darum, weil er uns etwas lehren will.

Erstens will er uns lehren, dass wir nicht aufhören sollen zu beten; wir sollen ihn inständig anrufen, dass der Friede kommt. Zweitens zeigt uns der Krieg, dass unsere Welt auf ein Ende zuläuft, auf das Kommen Jesu Christi. „Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegs­geschrei“, sagte Jesus bereits seinen Jüngern. „Sehet zu und erschrecket nicht, denn das muss so geschehen.“ Krieg ist ein Zeichen der Endzeit, und wir sollten jetzt besonders daran denken, dass unsere dauerhafte Heimat nicht hier, sondern im Himmel ist. Drittens aber zeigt Gott uns durch Kriege, welche schreck­lichen Folgen Gottlosig­keit und Sünde nach sich ziehen, und dass der Tod der Sünde Sold ist. Gott will uns damit zur Buße leiten und in die Arme des Sünden­heilands Jesus Christus treiben, des Friede­fürsten. Wenn wir den haben, brauchen wir uns auch vor Krieg nicht zu fürchten, denn er hat ja den Tod besiegt. Ich wollte lieber mit Jesus im Krieg sterben als ohne Jesus im Frieden leben. Sein lebens­spendender Glanz strahlt durch das heutige Evangelium auch in unsere böse Zeit hinein.

Alles in dieser Begebenheit von der Verklärung Jesu, die wir im heutigen Evangelium gehört haben, ruft uns die frohe Botschaft zu: Jesus besiegt den Tod! Schon die ersten Wörter rufen uns das zu, die Wörter „nach sechs Tagen“. Sie bringen die Verklärung Jesu nämlich in Zusammen­hang mit der Predigt, die er eine Woche zuvor gehalten hatte. Da hatte er zum erstenmal offen über sein bevor­stehendes Leiden und Sterben gesprochen und hatte dann die Zusage angefügt: „Am dritten Tag werde ich auf­erstehen.“ Was Jesus da in Worte fasste, hat er eine Woche später den Jüngern gezeigt: Er wird nicht unter der Macht des Todes bleiben, sondern einst mit ver­herrlichtem Leib im Himmel ewig herrschen. Diesen Einblick in Gottes Ewigkeit gewährt die Verklärung Jesu für einen kleinen Augenblick.

Das strahlende Gesicht Jesu und seine hell glänzenden Kleider rufen uns die frohe Botschaft zu: Jesus besiegt den Tod! Denn so leuchtet kein sterblicher Leib. Jesus trug während seiner Erdentage zwar eine sterblichen Leib, und mit diesem sterblichen Leib nahm er den Fluch der Sterblich­keit auf sich, den Tod als der Sünde Sold, als Sünden­strafe. Aber für einen kleinen Augenblick offenbarte er hier seinen Auf­erstehungs­leib, den verklärten, herrlichen Leib, der vollkommen ist und nicht sterben kann, so, wie der Apostel Paulus später von der Toten­auferste­hung bezeugte: „Es wird gesät verweslich und wird auferstehen un­verweslich. Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlich­keit.“ (1. Kor. 15,43)

Auch Mose und Elia, die bei Jesus auf dem Berg der Verklärung waren, rufen uns die frohe Botschaft zu: Jesus besiegt den Tod! Erstens sind sie leibhaftige Beispiele der Auf­erstehung, sie, die nach mensch­lichen Maßstäben schon längst tot waren. Zweitens bilden sie mit Jesus ein Stück Himmel ab: Dort haben die Heiligen, die unsere Welt verlassen haben, innige Gemein­schaft mit Jesus. Drittens sind sie Stell­vertreter für alle Christus­zeugen des Alten Testaments, das man damals „das Gesetz und die Propheten“ nannte. Mose hatte einst am Berg Sinai Gottes Gebote in Empfang genommen und die Anfänge des Volkes Israel in den Mosebüchern auf­geschrie­ben. Er steht für das Gesetz, nämlich die fünf Bücher Mose, in denen bereits reichlich der kommende Erlöser angekündigt ist. Nun bezeugt hier Mose Jesus aus Nazareth als den ver­sprochenen Erlöser. Dasselbe tut der Prophet Elia als Stell­vertreter aller alttestament­lichen Propheten.

Auch die hell strahlende Wolke, die die drei dann verhüllte, ruft uns die frohe Botschaft zu: Jesus besiegt den Tod! Jeder, der sich ein wenig in Gottes Wort auskennt, weiß: Diese Wolke zeigt Gottes unmittel­bare Gegenwart an. Mit einer Wolkensäule führte Gott sein Volk vierzig Jahre durch die Wüste, in einer Wolke verhüllte er sich auf dem Berg Sinai, mit einer Wolke bekannte er sich zu seinem Heiligtum in der Stifts­hütte, und mit einer Wolke ließ er sich bei der Einweihung im Jerusalemer Tempel nieder. Die Wolke zeigt Gottes heilvolle, barmherzige Gegenwart. Wo aber Gott gegenwärtig ist, da ist der Tod besiegt, da ist Himmel und ewiges Leben.

Gottes Stimme aus der hellen Wolke ruft uns die frohe Botschaft zu: Jesus besiegt den Tod! Sie tut es mit den Worten: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohl­gefallen habe; den sollt ihr hören!“ Es sind dieselben Worte, die Gott auch bei der Taufe Jesu sagte. Er bekennt sich zu Jesus von Nazareth als seinem Sohn. Jesus ist nicht nur ein besonderer Mensch, sondern er ist zugleich Gottes Sohn, wahrer Gott in Ewigkeit. Nur so hat er die Macht, den Tod zu überwinden. Und er hat es dann am Kreuz auch wirklich getan, für alle, die an ihn glauben. Ja, wer glaubt, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist und die Erlösung gebracht hat, für den hat der Tod seine Macht verloren, der darf ewig leben.

Schließlich sind da noch die drei Apostel: Petrus, Johannes und Jakobus. Es sind die engsten Vertrauten Jesu in seinen Erdentagen; sie nehmen innerhalb des Zwölfer­kreises eine besondere Stellung ein. Als Zeugen der Verklärung Jesu rufen auch sie uns die frohe Botschaft zu: Jesus besiegt den Tod! Petrus hat dieses sein Zeugnis später auch aufgeschrieben, damit es den nach­folgenden Christen­generationen erhalten bleibt. So können wir im 2. Petrusbrief lesen – wir haben es heute bereits in der Epistel gehört – , was Petrus über die Verklärung sagte: „Wir sind nicht aus­geklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlich­keit selber gesehen. Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlich­keit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohl­gefallen habe. Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berg.“ (2. Petrus 1,16‑18) Hier verbürgt sich ein Augenzeuge dafür, dass es wirklich so gewesen ist. Es handelt sich nicht um eine Fabel, einen Mythos, ein Märchen. Nein, Jesu Kraft, Kommen und Herrlich­keit sind wirklich in dieser Weise offenbart worden, er hat wirklich schon mitten in den Tagen seiner Er­niedrigung seine ewige Macht gezeigt, die Macht über den Tod.

Ja, wirklich alles in der Verklärungs­geschichte ruft uns die frohe Botschaft zu: Jesus besiegt den Tod! Mehr noch, die ganze Bibel ruft: Jesus besiegt den Tod! Wenn wir uns an ihn halten und an sein Wort, brauchen wir den Tod nicht zu fürchten; das ewige Leben ist uns dann gewiss. Freilich: Wir haben es noch nicht greifbar in der Hand. Zwar mag es Augenblicke in unserem Leben geben, wo wir einen Abglanz von Gottes Herrlich­keit erleben, wo es uns ganz warm um das Herz wird und wir voller Freude sind über unseren Heiland. Das mag ein besonders festlicher Gottes­dienst sein unter vielen frohen Mit­christen, das mag auch ein heraus­ragendes musikali­sches Erlebnis sein (etwa ein gewaltiger Bach-Choral), das mag ein besonderes Buch sein, oder das mag ein ganz per­sönliches Erlebnis sein. Gern würden wir so eine Sternstunde mit Christus festhalten; wir hätten gern, dass es so bleibt. Wir können den Petrus gut verstehen, der auf dem Berg der Verklärung drei Hütten bauen wollte, damit ihnen dieses Stück Himmel für eine Weile erhalten bleibt. Aber Gott wollte es anders, es sollte nur ein flüchtiger, vorüber­gehender Einblick sein, eine kurze Vorahnung zukünftiger Dinge. Nein, Gottes Heilsplan war damals noch nicht am Ziel. Und so ermahnte Jesus seine drei Jünger denn auch beim Abstieg, sie sollten das Gesehene für sich behalten bis zu seiner Auf­erstehung. Christus wollte als Sieger über den Tod erst nach seinem Kreuzestod verkündigt werden, denn nur so finden wir ihn als Erlöser, der uns zum Himmel bringt, nur als Gekreuzigten und Auf­erstande­nen. Zwischen der Verklärung und Ostern liegt das Kreuz, so hat es Gott in seinem Heilsplan bestimmt.

Und das sollten wir auch in unserer Zeit akzep­tieren. Zwar sind die Kreuzigung und Auf­erstehung Jesu für uns Geschichte und wir dürfen heute seine Herrlich­keit frei heraus ver­kündigen. Aber am Ziel ist Gott mit seinem Heilsplan immer noch nicht. Christi Herrlich­keit ist unseren Augen noch verborgen, wir schauen sie nur im Glauben, vielleicht ab und zu auch in solchen besonderen Stern­stunden des Glaubens. Aber wir dürfen nicht vergessen: Zwischen der Verklärung und der Auf­erstehung liegt die Kreuzigung. Zwischen der Epiphanias­zeit und Ostern liegt die Passions­zeit. Zwischen diesem Gottes­dienst mit seinem herrlichen Evangelium und dem ewigen Gottes­dienst im Himmel liegt das Sterben unserer Leiber mit allem, was ihm vorausgeht: Ent­täuschun­gen, Älter­werden, Schmerzen und Not, vielleicht auch Krieg und böse Zeit, wenn Gott uns das zumutet. Sein Wort aber kann uns niemand rauben, seine feste Zusage haben wir, und wir wollen sie festhalten. Nein, vielmehr wollen wir uns an ihr festhalten: Jesus besiegt den Tod. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1991.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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