Kinder, Kinder, Kinder

Predigt über Matthäus 19,13-15 zum 6. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Kinder werden heutzutage wert­geschätzt und ernst genommen. Die meisten Eltern und die Gesellschaft insgesamt geben sich Mühe, dass Kinder gut gedeihen. Für ihre Gesundheit und für ihre Bildung wird viel getan. Ein großer Teil der Erwachsenen legt Wert darauf, dass Kinder nicht einfach herum­kommandiert werden, sondern dass man ihnen die Zusammen­hänge des Lebens geduldig und liebevoll erklärt. Die Wünsche und Gefühle der Kleinen werden ernst genommen und, wo es möglich ist, berück­sichtigt. Das ist gut so, das zeichnet eine kinder­freundliche Gesellschaft aus. Es war in unserem Land nicht immer so, und es gibt Länder, wo es noch heute anders ist.

Dass Kinder bei uns eine hohe Wert­schätzung erfahren, liegt unter anderem an der biblischen Geschichte, die wir in dieser Predigt betrachten. Sie ist allseits bekannt und beliebt. Da bringen Leute Kinder zu Jesus; vermutlich ihre Mütter und Väter. Einige Kinder sind so klein, dass sie getragen werden müssen. Jesu Jünger ärgern sich darüber. Sie fürchten, dass die Kinder ihre theo­logischen Gespräche stören. Darum schnauzen sie die Leute an und wollen sie wegschicken. Da greift Jesus ein und sagt: Lasst doch die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht! Sie gehören zu Gottes Reich dazu. Dem himmlischen Vater sind die Kinder ebenso wichtig und wertvoll wie die Erwachsenen. Darum ruft Jesus sie zu sich und lässt sie auf kindliche Weise spüren, dass Gott sie segnet: Er legt ihnen die Hände auf. Seitdem ist klar: Jesus ist genauso für Kinder da wie für Erwachsene. Kinder gehören zum Reich Gottes dazu, und somit auch zur christlichen Kirche und Gemeinde.

Lasst uns mit dieser Geschichte über Dreierlei nachdenken: Erstens über zurück­gewiesene Kinder, zweitens über gesegnete Kinder und drittens über erwachsene Kinder.

Erstens denken wir an zurück­gewiesene Kinder. Es ist schlimm, wenn Kinder zurück­gewiesen werden, so wie die Jünger das damals tun wollten. Mit Recht hat sich die Welt­öffentlich­keit empört, als kürzlich in den USA illegale Einwanderer von ihren Kindern getrennt wurden. Kinder gehören zu ihren Müttern und Vätern; je kleiner sie sind, desto mehr brauchen sie ihre Hilfe und liebevolle Zuwendung. Jesus hat deutlich gemacht, dass die Kleinen nicht nur zu ihrer leiblichen Familie, sondern auch zu Gottes Familie dazugehören, zum Himmelreich. Es wäre schlimm, wenn da nur Erwachsene aufgenommen würden und man die Kinder gewisser­maßen an der Grenze zurückwiese.

Die Gefahr besteht heute noch. Manche Mitchristen stehen auf dem Standpunkt, der Sonntags­gottesdienst der Gemeinde sei nichts für Kinder, die sollten lieber zu Hause bleiben, die störten doch nur. Zum Glück ist die Mehrzahl der Gemeinde­glieder einsichtiger und freut sich über jedes Kind im Gottes­dienst, auch wenn es sich mal an der falschen Stelle bemerkbar macht.

Größer ist die Gefahr der Zurück­weisung in einer anderen Hinsicht, nämlich wenn christliche Eltern ihren Kindern die Taufe vor­enthalten. Manche Konfessionen lehnen die Säuglings­taufe sogar als ungültig ab. Andere begründen den Aufschub der Taufe damit, dass das Kind später einmal selbst entscheiden soll, ob es sich taufen lässt oder nicht. Sie merken nicht, dass sie damit gegen den aus­drücklichen Willen von Jesus argu­mentieren. Er hat klar gesagt: „Lasst die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht daran!“ Es ist doch das Normalste von der Welt, wenn Eltern für ihre kleinen Kinder alles tun, was gut für sie ist. Sie geben ihnen schöne Namen, sie lassen sie impfen, sie versorgen sie mit Nahrung und sie erziehen sie in einer Weise, wo ihr Verhalten in positiver Weise geprägt wird. Nur schlechte Eltern könnten sagen: Soll sich das Kind doch später allein einen Namen aussuchen! Soll das Kind doch später selbst entscheiden, ob es gesund bleiben oder krank werden will! Soll das Kind doch selbst zusehen, wie es was zu essen findet! Soll es doch machen, was es will! Wenn nun Eltern alles Gute für ihre Kind ermöglichen wollen, dann werden sie ihm das Beste nicht verwehren: den Zugang zu Gottes Reich durch die Heilige Taufe.

Damit sind wir beim zweiten Teil, bei den gesegneten Kindern. Jesus hat ausdrücklich gewollt, dass kleine Kinder nicht zurück­gewiesen, sondern von ihm gesegnet werden. Nach seinem Tod am Kreuz und seiner Auferstehung hat er diesen Segen und den Eingang in Gottes Reich mit der Heiligen Taufe verknüpft. Er hat angeordnet: „Macht zu Jüngern alle Völker; tauft sie!“ (Matth. 28,19) Niemand kann bestreiten, dass auch die Kinder zu den „Völkern“ gehören. Die Bibel lehrt un­missverständ­lich: Kinder sind genauso erlösungs­bedürftig wie Erwachsene, und Kinder können auch die Vergebung der Sünden und den Heiligen Geist empfangen. Wer in der Apostel­geschichte von den Anfängen der christlichen Kirche liest, erfährt mehrmals von sogenannten Haustaufen. Als zum Beispiel die Purpur­händlerin Lydia zum Glauben kam oder auch der Gefängnis­direktor von Philippi, da ließen sie sich nicht nur selbst taufen, sondern auch ihr ganzes „Haus“, also ihre Angehörigen ein­schließlich der kleinen Kinder. Sie wollten die herrliche Gottes­kindschaft nicht egoistisch nur für sich selbst be­anspruchen, sondern sie wollten auch ihre Kinder und alle ihre Liebe daran teilhaben lassen. Das ist derselbe Wunsch, den wir bei den Eltern erkennen, die ihre Kinder zu Jesus brachten.

Wer nur ein bisschen was vom Evangelium und vom Segen des Herrn Jesus Christus verstanden hat, der weiß: Dieser Segen ist nicht abhängig von einer bestimmten Reife oder Bekenntnis­fähigkeit, sondern dieser Segen ist ganz und gar ein Gnaden­geschenk. So wie bereits ein Baby ein wertvolles goldenes Schmuckstück geschenkt bekommen kann, so kann es auch das Himmelreich geschenkt bekommen. Darum hat Jesus gesagt: „Solchen gehört das Himmel­reich.“ Natürlich will dieses Geschenk im Glauben ergriffen werden. Aber der Glaube ist keine Intelligenz­leistung, für die man mindestens sieben oder zwölf oder achtzehn Jahre alt sein muss, sondern der Glaube ist eine kindliche Vertrauens­haltung, die Gottes Geist bereits in einen Säugling hineinlegen kann. Wäre es nicht so, wie sollte sonst ein geistig schwer Behinderter selig werden? Oder wie sollte einer selig werden, der im Schlaf stirbt, also in einem Zustand, wo keine aktive Glaubens­tätigkeit möglich ist? Halten wir also daran fest und setzen wir uns dafür ein, dass schon die kleinen Kinder unter Gottes Segen kommen – und zwar in der Weise, die Jesus nach seiner Auferstehung für alle Völker geordnet hat!

Lasst uns schließlich drittens über erwachsene Kinder sprechen. Da denken wir zuerst an die Beziehung zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern. Eltern müssen ihre Kinder irgendwann loslassen, müssen sie ihre eigenen Wege gehen lassen. Sie haben dann keinen unmittel­baren Einfluss mehr darauf, ob ihre Kinder auf dem gesegneten Weg des Himmelreichs bleiben oder auf Abwegen gehen. In der Fürbitte werden sie ihre Kinder aber auf alle Fälle weiter begleiten.

Von Jesu Kinder­segnung her sollten wir noch in anderer Weise an erwachsene Kinder denken. Jesus sagte von den Kleinen: „Solchen gehört das Himmel­reich.“ Damit meint er nicht nur, dass sie auch am Himmelreich Anteil haben können, sondern er meint, dass sie ganz besonders dazugehören. In dieser Aussage steckt etwas drin, das Jesus bei einer anderen Gelegenheit noch deutlicher so formuliert hat: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen“ (Matth. 19,3). Er sagt damit: In gewisser Hinsicht müssen Erwachsene kindlich werden, um in Gottes Reich zu leben. Wir merken: Wir sprechen von uns selbst, wenn wir hier von erwachsenen Kindern reden. Wir sind auf­gefordert, uns die bei Jesus willkommenen und von ihm gesegneten Kinder zum Vorbild zu nehmen.

Als Jesu Jünger die Kinder zurückweisen wollten, da zeigte sich bei ihnen eine gewisse geistliche Über­heblichkeit. Sie brachten zum Ausdruck: Wir Erwachsenen verstehen was von Glaubens­dingen, die Kinder aber nicht. Damit lagen sie völlig falsch. Jesus machte ihnen klar: Was den Glauben und das Himmelreich anbetrifft, habt ihr keinen Vorsprung vor den Kindern. Erwachsene Intelligenz und erwachsene Weisheit ist nämlich nicht fähig, die Geheimniss von Gottes Reich besser zu erkennen als kindliches Vertrauen. Im Gegenteil: Der Erwachsene muss erst wieder kindlich vertrauen lernen, ehe er Gottes Reich annehmen kann. Er muss auf Beweise und menschliche Argumente verzichten, er muss einfach hören und glauben.

Auch seine menschliche Leistungs­fähigkeit hilft ihm in Gottes Reich nicht weiter. Er kann sich nicht selbst erlösen, auch nichts Eigenes zu seiner Erlösung beitragen, sondern er ist hilflos wie ein Baby auf Gottes Gnade angewiesen. In Bezug auf das Himmelreich sind wir alle Kinder, die Großen und die Kleinen; die Jungen und die Alten. Und wenn uns Erwachsenen bewusst wird, dass wir von Gottes gutem Weg abgewichen sind, dann sollten wir in die Taufgnade zurück­kriechen, unsere Sünden bekennen und uns neu Gottes Vergebung schenken lassen. Das geschieht übrigens aus gutem Grund in derselben From, wie Jesus damals die Kinder segnete, nämlich durch Hand­auflegung.

Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns drei Dinge mitnehmen aus dieser allseits bekannten und beliebten Geschichte: Erstens, dass wir nur ja keine Kinder zurückweisen und daran hindern, in Gottes Reich zu kommen. Zweitens, dass wir alles dransetzen, dass sie frühzeitig mit der Heiligen Taufe von Jesus gesegnet werden und ins Himmelreich eintreten. Drittens, dass wir sie uns zum Vorbild nehmen und uns in kindliches Vertrauen einüben. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2018.

Autor: Pastor Matthias Krieser

SOLI DEO GLORIA!

PREDIGTKASTEN

►  Startseite

►  Impressum