Er kam, sprach und heilte

Predigt über Matthäus 4,23‑25 zum 12. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Bei den meisten berühmten Leuten hat es irgendwann mal einen sogenannten „Durch­bruch“ gegeben: Vorher waren sie ganz normale Menschen, hinterher kannte sie fast jeder. Angela Merkel, Bastian Schwein­steiger, die Beatles und Mutter Theresa – sie alle hatten ihren Durchbruch. Auch Jesus hatte seinen Durchbruch; davon handelt unser Bibelwort. Den Zimmermanns­sohn aus Nazareth kannte zunächst kaum einer, aber als er dann in ganz Galiläa umherzog, da wurde er berühmt. Wir lesen: „Die Kunde von ihm erscholl durch ganz Syrien.“ Mit Syrien ist nicht nur das Gebiet des heutigen Staates Syrien gemeint, sondern die römische Provinz Syrien, die damals praktisch ganz Palästina umfasste. Es gab zwar noch keine Zeitungen und andere Massen­medien, aber trotzdem breitete sich diese Nachricht wie ein Lauffeuer aus, von Mund zu Mund, von Ort zu Ort: Da tritt jetzt in Galiläa ein Prophet auf, ein gewisser Jesus aus Nazareth, der predigt gewaltig und tut Wunder! Infolge­dessen suchten Menschen aus ganz Palästina Jesus auf und zogen mit ihm mit – „eine große Menge aus Galiläa, aus den Zehn Städten, aus Jerusalem, aus Judäa und von jenseits des Jordans“, wie es am Ende unseres Abschnitts heißt.

Drei Dinge sind es, die dieser Abschnitt aus dem Wirken des Herrn zur Zeit seines Durchbruchs und auch danach hervorhebt: Er kam, sprach und heilte.

Erstens: Er kam. Jesus blieb nicht zu Hause und wartete darauf, dass die Leute zum ihm kommen und ihn „ent­decken“. Nein, er hatte eine Mission, einen Sendungs­auftrag von seinem himmlischen Vater, und der setzte ihn in Bewegung, sobald er durch seine Taufe für diesen Dienst eingesetzt und „gesalbt“ worden war. Jesus setzte sich in Bewegung, zog umher und kam in viele Städte und Dörfer. Er kam zu den Leuten und suchte sie dort auf, wo sie sich jede Woche zu versammeln pflegten: in ihren Synagogen nämlich, in den jüdischen Lehr- und Bethäusern.

Jesus kommt auch heute noch, und er kommt zu dir. Es ist nicht so, dass du nur die Kunde von ihm gehört hast, allgemeine In­formatio­nen über ihn, mehr oder weniger zu­verlässig, mehr oder weniger verfälscht. Nein, in der heiligen Taufe ist er zu dir gekommen und hat dich persönlich angerührt, dich persönlich zu einem Gotteskind gemacht, dich persönlich in seine Nachfolge gerufen. Die Taufe ist darum nicht bloß eine kirchliche Zeremonie, und sie ist auch nicht von Menschen erfunden worden. Die Taufe hat Jesus selbst aus­drücklich eingesetzt und sie mit dem Versprechen verknüpft: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden“ (Markus 16,16), und: „Es sei denn, dass jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen“ (Joh. 3,5). Zu Recht wird die Taufe deshalb ein Sakrament genannt, ein heiliges göttliches Zeichen, von Jesus selbst für uns Menschen gestiftet. Dasselbe gilt für das andere Sakrament, das Heilige Abendmahl, sowie auch für die anderen Gnaden­mittel, nämlich die Ver­kündigung des Evan­geliums, den Zuspruch der Sünden­vergebung sowie auch den Zuspruch des Segens. Mit alledem kommt Jesus auch heute noch zu dir, kommt in deine Kirche, in dein Lehr- und Bethaus, so wie er damals in die Synagogen der gali­läischen Städte ging. Ja, Jesus kam damals, und er kommt auch heute zu dir.

Zweitens: Er sprach. Überall, wo er hinkam, sprach er die Leute an und sagte ihnen Dinge, die sie vorher noch nie gehört hatten. Wir lesen: „Er lehrte und predigte das Evangelium vom Reich.“ Zugegeben: Lehren und Predigen, das klingt in der heutigen Zeit nicht gerade prickelnd, es hört sich eher trocken und langweilig an. Aber Jesus war keineswegs trocken und langweilig. Er konnte die Leute fesseln mit seinen Ge­schichten, er konnte sie provozieren mit seiner Bibel­auslegung, und er konnte auch wunderbar trösten. Aber egal wo er war und wen er vor sich hatte, immer ging es letztlich um das Eine: das „Evangelium vom Reich“, wie es heißt, also die frohe Botschaft vom Reich Gottes, vom Himmel­reich. Dabei kündigte er nicht nur an, dass Gottes Reich und sein neuer Bund jetzt unmittelbar bevor­stehen, sondern er stellte mit seiner eigenen Person zugleich die Erfüllung dieser Verheißung dar. Die gute Nachricht von Gottes Barmherzig­keit und von der Vergebung der Sünden erfüllte sich mit ihm; war er doch das Fleisch gewordene Wort Gottes.

Jesus spricht auch heute noch, und er spricht zu dir. Lies die Evangelien in deiner Bibel, da wirst du ganz viel wörtliche Rede von Jesus finden und ganz viel, was für jeden Menschen gilt, also auch für dich. Und höre zu, wenn sein lebendiges Wort von Lesepult und Kanzel erschallt im Gottes­dienst. Aber ist das nicht oftmals eine ziemlich trockene Lehre und eine ziemlich langweilige Predigt? Zugegeben: Jesus hat es heute schwerer als damals mit seinem Wort. Wir können uns nämlich kaum vorstellen, wie langweilig das normale Leben damals war: kein Fernsehen, keine Bücher, kein Internet, keine Musik­begleitung, keine Zeitungen, keine Werbung, überhaupt keine Bilder… Fast die einzige geistige Anregung war das mündlich gesprochene Wort. Heute steht die Bibel in Konkurrenz zu Millionen anderen Druck­werken, und die Predigt steht in Konkurrenz zu tausenden von anderen Ver­anstal­tungen. Die meisten von ihnen haben zwar viel weniger Inhalt zu bieten, aber sie sind in ihrer Form raffiniert darauf zu­geschnit­ten, dass sie die Aufmerksam­keit und das Wohl­gefallen der Massen finden. Lassen wir uns davon nicht beirren und lassen wir uns davon auch nicht abbringen, auf Christi Worte zu hören! Denn auch heute noch geschieht etwas Großes beim Bibellesen und beim Gottes­dienst­besuch, was du sonst in der Welt vergeblich suchst: Jesus spricht zu dir und sagt dir dabei alles, was für dein Leben wichtig ist. Er mahnt und tröstet, provoziert dich auch mal und verheißt dir eine wunderbare Zukunft. Ja, wie Jesus damals sprach, so spricht er auch heute zu dir.

Drittens: Er heilte. Überall, wo er hinkam, heilte er „alle Krankheiten und Gebrechen im Volk.“ Und weiter heißt es: „Sie brachten zu ihm alle Kranken, mit mancherlei Leiden und Plagen behaftet, Besessene, Mond­süchtige und Gelähmte; und er machte sie gesund.“ Wir wissen gar nicht genau, wie wir uns diese ver­schiedenen Leiden genau vorstellen sollen. Besessene würde man heute wohl eher als psychisch Kranke bezeichnen und Mond­süchtige als Schlaf­wandler. Wichtig ist bei dieser Aufzählung jedoch vor allem das Wörtchen „manch­erlei“: „Sie brachten zu ihm alle Kranken, mit mancherlei Leiden und Plagen be­haftet…“ Eigentlich müsste man übersetzen: „…mit vielerlei Leiden und Plagen behaftet“, oder: „…mit allen möglichen Leiden und Plagen behaftet“. Da merken wir: Jesus war kein Facharzt, kein Spezialist und auch kein spezieller Seelsorger, sondern er handelte als der aller-all­gemeinste Allgemein­mediziner, den man sich vorstellen kann, er heilte wirklich alles. Und damit zeigte er, wozu er auf die Welt gekommen war: nämlich um alle Krankheit der Menschen auf sich zu nehmen und um alle Gebrechen zu heilen.

Jesus heilt auch noch heute, und er heilt dich. Er tut es, indem er zu dir kommt und zu dir spricht. Sein Wort ist die universale Medizin für alle Deine Leiden. Das Evangelium, die frohe Botschaft vom Himmel­reich, wirkt auf vielfältige Weise: beim Bibellesen und Hören biblischer Lesungen, bei der Predigt, bei der Sünden­vergebung in der Beichte, beim Segen und nicht zuletzt auch im Heiligen Abendmahl. Im Gebet darfst du wirklich alles zu Jesus bringen, was dir Kummer macht: sei es eine Krankheit oder Schlaf­wandelei, sei es Trauer um einen Menschen oder Krach mit den Nachbarn, sei es eine verpatzte Klassen­arbeit oder die Last des Alterns, sei es der Kummer über den Zustand eines lieben Menschen oder der Kummer über den Zustand der ganzen Welt. Dafür hat Jesus die Wurzel allen Übels ausgejätet: Er hat die Sünden der Welt auf sich genommen. Darum: Vertraue deine vielerlei Leiden dem Herrn an, dann wird er dir tragen helfen und dich nach und nach davon erlösen – bis du dann einmal völlig befreit von jeder Last an das Ziel des Himmel­reichs gelangst. Ja, wie Jesus damals heilte, so will er auch dich heilen – nämlich ganz und gar.

Er kam, er sprach, er heilte, und viele folgten ihm nach. Er kommt auch zu dir, er spricht auch mit dir, er heilt auch dich – darum folge auch du ihm nach! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2014.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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