Die gute Nachricht kommt ans Licht

Predigt über Matthäus 10,26b‑27 zum Kirchweihfest

Jesus sprach zu seinen Jüngern:
Nichts ist verborgen, was nicht offenbar wird, und versteckt, was nicht bekannt wird.
Was ich euch im Dunkeln sage, redet im Licht! Und was ihr ins Ohr geflüstert hört, ruft von den Dächern aus!

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Es ist manchmal unglaublich erstaun­lich, welchen Weg Nachrichten nehmen und was sie auslösen. So war das vor genau 20 Jahren, als die Regierung der DDR unter dem Druck der Bürger­proteste ein neues Reisegesetz entwarf. Am 9. November 1989 überreichte Egon Krenz um 17.45 Uhr dem Regierungs­sprecher Günter Schabowski in der Sitzung des Zentral­komitees fast nebenbei ein Papier, das Schabowski dann gut eine Stunde später der Welt­öffentlich­keit bekannt gab. Die gute Nachricht lautete: Ab sofort darf jeder DDR-Bürger in den Westen reisen. Wir alle wissen, welch ungeheure Wirkung diese Nachricht schon in der folgenden Nacht entfaltete. Und es ist ganz gewiss Gottes Güte zu verdanken, dass dabei kein einziger Schuss fiel.

Im Verborgenen übergeben, dann ans Licht der Welt­öffentlich­keit gebracht, mit ungeheuren Folgen – das ist auch der Weg der besten Nachricht Welt, des Evangeliums von Jesus Christus. Der Nachricht, die da lautet: Jesus ist Gottes Sohn; er ist der Erlöser der ganzen Welt; durch seinen Tod kann jeder Mensch Vergebung der Sünden haben, und durch seine Auf­erstehung das ewige Leben im Himmel. Diese gute Nachricht hat Jesus selbst seinen Jüngern zunächst vertraulich mitgeteilt, im Ver­borgenen, gleichsam im Dunkeln. Erst nach seiner Auf­erstehung sollten die Jünger diese Botschaft ans Licht bringen und in die Welt tragen. Das meinte Jesus, als er sagte: „Nichts ist verborgen, was nicht offenbar wird, und versteckt, was nicht bekannt wird. Was ich euch im Dunkeln sage, redet im Licht! Und was ihr ins Ohr geflüstert hört, ruft von den Dächern aus!“ So ist es ja auch geschehen: Das Evangelium von Jesus Christus hat sich in der ganzen Welt aus­gebreitet und wird nun schon zweitausend Jahre lang ausgerufen. Es hat dabei ungeheuer Großes ausgelöst, hat Milliarden von Menschen zum Glauben gebracht, zur Taufe und in den Himmel. Es hat Milliarden von Menschen­herzen verändert und durch sie un­ermesslich viel Gutes bewirkt – die gute Nachricht von Jesus, dass durch ihn der Mensch wahrhaft frei wird von allen bösen Mächten, von der Sünde und sogar von der Gewalt des Todes. Auch hier bei uns, in unserer Zeit und an diesem Ort, wird die beste Nachricht der Welt verkündet und entfaltet ihre Wirkung, auch in den Mauern dieser denkmal­geschützten Kirche in Fürsten­walde an der Spree, die heute ihren 126. Geburtstag feiert.

Es ist freilich nur der Geburtstag eines toten Gebäudes. Und doch können auch tote Gebäude dabei mithelfen, dass die beste Botschaft der Welt ausgerufen wird. Jesus hat das schon angedeutet in dem Wort, das wir hier mit dieser Predigt bedenken. Er hat gesagt: „Was ihr ins Ohr geflüstert hört, ruft von den Dächern aus!“ Die Häuser hatten damals Flachdächer, die über eine Außentreppe wie eine Dachterasse betreten werden konnten. Wenn jemand etwas öffentlich bekannt zu geben hatte im Dorf, dann ging er auf sein Flachdach und rief die Nachricht nach allen Himmels­richtungen aus. Mit dem Schall ist es ja ebenso wie mit dem Licht: Von einem erhöhten Standpunkt aus trägt er viel weiter und erreicht viel mehr Leute. Wenn also das Evangelium von einem Flachdach aus ins Land gerufen wurde, dann half das Gebäude bei seiner Verbreitung mit. Später hat man dann Kirchen gebaut mi hohen Türmen und Glocken darin; die rufen noch heute an vielen Orten die Menschen in die Kirche, wo ihnen die beste Nachricht der Welt verkündigt wird. Nun hat ja unser Geburtstags­kind keinen Turm und keine Glocken; das war der alt­lutheri­schen Kirche damals gesetzlich verwehrt worden. Und doch ist es ein Gebäude, das noch heute allein durch seine Architektur den Menschen sagt: Hier könnt ihr etwas von Gott erfahren, hier könnt ihr zu ihm beten, hier könnt ihr ihm begegnen. Auch die Innen­einrichtung zeigt uns, dass das Evangelium viele Menschen erreichen soll. Wenn ich euch in der Predigt Gottes Wort verkündigen will, dann muss ich zunächst zehn Stufen zur Kanzel hoch­steigen, damit die frohe Botschaft weit ins Kirchen­schiff schallen kann. Damit nimmt unsere Kanzel hier, die jetzt ebenfalls 126 Jahre alt ist, Jesu Wort aus der Predigt auf: „Was ihr ins Ohr geflüstert hört, ruft von den Dächern aus!“

Falsch wäre es aber, wenn wir diese dicken Kirchen­mauern dazu miss­brauchen würden, die beste Nachricht der Welt ein­zusperren, so, wie die Bürger der DDR vor 1989 eingesperrt waren. Falsch wäre es zu sagen: „Wir sind in unserer Gemeinde eben nur ein kleines Häuflein, das hier sonntags die beste Nachricht der Welt hört, aber so soll es bleiben; wir sind uns selbst genug.“ Die Kirche ist kein Versteck für die letzten Frommen im Lande, sondern sie soll ein Zeichen sein für alle Menschen in der Stadt, Fromme und Unfromme, Christen und Atheisten. Wie ein Leuchtturm soll sie sein! Und das Licht in diesem Leuchtturm ist die frohe Botschaft von der Befreiung und Erlösung durch Jesus Christus. Möge diese beste Nachricht der Welt aus dieser Kirche und Gemeinde laut und weit heraus­schallen! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2009.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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