Die Liebe, die von Gott kommt

Predigt über 1. Johannes 4,7‑11 zum 13. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Alle reden über die Liebe, aber viele wissen gar nicht, was die Liebe wirklich ist. Das kann uns nämlich nur die Bibel lehren. Der Apostel Johannes hat ge­schrieben: „Die Liebe ist von Gott.“ Mit der Liebe ist es also wie mit dem Regen: Der Regen kommt vom Himmel herab, und ebenso kommt die Liebe von oben, von Gott; Gott ist die Quelle der Liebe. Wie der Regen ein großer Segen ist, so ist auch Gottes Liebe ein großer Segen.

Wie können wir Gottes Liebe erkennen? Viele Christen meinen, wir können Gottes Liebe in der Natur erkennen: an den Blumen, an den Bäumen, an den Tieren, an den Bergen. Ja, natürlich kann man an der Schöpfung die Liebe des Schöpfers erkennen. Aber darüber hinaus lehrt uns der Apostel Johannes noch eine andere Antwort: „Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen ein­geborenen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. Darin besteht die Liebe: Nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden.“ Am Gottessohn Jesus Christus können wir die Liebe, die von Gott kommt, am allerbesten erkennen!

Wie aber hat Jesus uns die Liebe des Vaters gezeigt? Er hat die himmlische Herrlich­keit verlassen, hat sich erniedrigt und ist in unsere Welt gekommen. Er lebte als einfacher, armer Mann. Er hat mit den Menschen geredet; er hat sie getröstet und erfreut. Aber er hat nicht nur durch seine Worte den Menschen Liebe erwiesen, sondern auch durch seine Taten: Er hat ihnen geholfen und hat sie geheilt. Wahre Liebe dient immer auch mit den Händen, nicht nur mit dem Mund. Und dann hat Jesus seinen Leib und sein Leben als Sühnopfer dahin­gegeben; durch sein Leiden und Sterben hat er uns erlöst. Wahre Liebe scheut, falls es nötig ist, vor einem schmerz­haften Opfer nicht zurück, um dem Nächsten zu helfen. Ja, so erkennen wir am Leben Jesu, wie sich die wahre, göttliche Liebe zeigt.

Wie einen Segen spendenden Regen sandte Gott damals das Geschenk seiner Liebe in die Welt. Aber auch heute noch schickt Gott uns seine Liebesgabe. Er tut es durch sein heiliges Wort und durch die Sakramente. Der Apostel Johannes hat ge­schrieben: „Wer liebt, der ist von Gott geboren und kennt Gott.“ Von Gott geboren werden bedeutet getauft werden. Die Taufe ist ja ein „Bad der Wieder­geburt und Erneuerung im Heiligen Geist“, wie der Apostel Paulus schrieb (Titus 3,5), und Jesus bezeichnete die Taufe als „geboren werden aus Wasser und Geist“ (Joh. 3,5). Das Wasser der Taufe ist sozusagen Gottes Gnaden­regen, der uns um Christi willen erlöst. Mit der Taufe kam diese göttliche Gabe erstmals zu uns, und durch die Ver­kündigung seines Wortes schenkt der Herr sie uns immer wieder neu. Wir nehmen dieses Geschenk an, wenn wir an Jesus glauben. Diesen Glauben meinte der Apostel Johannes, als er schrieb: „… der kennt Gott.“

Wenn wir nun Gottes Liebe im Glauben annehmen, dann haben wir uns auch unter­einander lieb. Der Apostel Johannes spricht davon in jenen Versen, in denen er die Christen mit „ihr Lieben“ anredet – wörtlich: „Geliebte“, nämlich „die ihr von Gott um Christi willen geliebt seid“. Da lesen wir: „Ihr Lieben, lasst uns einander lieb haben!“, und auch: „Ihr Lieben, hat uns Gott so geliebt, so sollen wir uns auch unter­einander lieben.“ Wenn wir selbst die Liebe Gottes wie ein er­frischendes Getränk zu uns nehmen, dann sollen wir auch unsere Mitmenschen erfrischen, indem wir ihnen von der göttlichen Liebe zu trinken geben.

Wie kann das geschehen? Lasst es uns von Jesus selbst lernen! Wir haben gesehen: Jesus hat sich erniedrigt, als er in unsere Welt kam. Wir tun also gut daran, unseren Mitmenschen mit Demut und Dienst­bereitschaft zu begegnen. Wir haben gesehen: Jesus hat nicht nur mit Worten geliebt, sondern auch durch Taten. Lasst es uns ebenso machen: Lasst uns dem, der unsere Hilfe erbittet, nicht bloß sagen: „Vielleicht helfe ich dir morgen“, sondern lasst uns dann auch wirklich handeln! Lasst uns einen leidenden Menschen nicht nur mit netten Worten trösten, sondern lasst uns nach Möglichkeit auch etwas tun, das seine Lage verbessert! Wir haben gesehen: Jesus hat sein Leben als ein Sühnopfer dahingegeben. Was für Opfer können wir aus Liebe bringen? Können wir Zeit opfern? Oder unseren Stolz? Oder Geld? Oder Arbeits­kraft? Wir haben gesehen: Jesus hat uns geliebt, indem er uns etwas gab, das wir nötig brauchten, nämlich Versöhnung mit Gott durch Vergebung unserer Sünden. Wissen wir, was unser Nächster nötig braucht? Sind wir bereit, Opfer zu bringen, damit er es bekommt?

Die christliche Liebe kann man auch gut in der Ehe einüben. Christen verbindet in der Ehe nicht nur die Tatsache, dass sie einander brauchen und begehren, sondern dass sie sich wirklich lieben – so, wie Jesus alle Menschen liebt. Sie ordnen sich einander unter, wie Paulus christliche Eheleute ermahnt: „Ordnet einander unter in der Furcht Christi“ (Eph. 5,21). Christliche Eheleute fragen nicht: Was ist mir der andere schuldig?, sondern sie fragen: Wie kann ich dem anderen Gutes tun? Auch in der Ehe ist die Liebe nicht nur ein Lippen­bekenntnis, sondern man hilft und dient einander mit der Tat. Auch ist man gegenseitig zu Opfern bereit, wo es nötig ist, so wie Christus sich selbst für uns geopfert hat. Der Mann ver­schwendet nicht eigen­süchtig sein Geld bei Kneipen­besuchen oder für seine per­sönlichen Hobbies, sondern er sieht zu, dass er seine Frau und seine Familie ordentlich versorgt. Die Frau vertrödelt nicht ihre Zeit, sondern erfüllt ihre Aufgaben in Haus und Familie. Wenn ein christ­liches Ehepaar so in gegen­seitiger christ­licher Liebe lebt, dann gibt es anderen Menschen damit ein gutes Beispiel für Gottes Liebe.

Können wir das schaffen, dass wir uns so nach dem Vorbild Christi unter­einander lieben? Von mir selbst muss ich bekennen, dass mir das nur un­vollkommen gelingt und dass ich erst ein Anfänger bin in Sachen christ­licher Liebe, ein Lernender, ein Jünger im ersten Semester. Aber ich weiß, dass ich besser lieben lernen kann, wenn ich immer wieder auf Christi Liebe achte. Ich lerne lieben, wenn ich immer wieder das Evangelium von Gottes großer Liebe in Christus höre und wenn ich im Heiligen Abendmahl mit dem Leib und Blut Christi die pure Liebe Gottes empfange. Lasst uns daher dranbleiben und stets das Gnaden­wasser der göttlichen Liebe trinken! Auf diese Weise wird nicht nur der Glaube wachsen, sondern auch die Liebe. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1995.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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