Wie man Gott suchen sollte

Predigt über Amos 5,4‑6a zum Sonntag Sexagesimä

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Menschen suchen allerlei: Einige suchen Arbeit, andere suchen Spaß, andere suchen Freunde. Männer suchen Frauen, Frauen suchen Männer. Alle suchen Geld. Aber eigentlich suchen alle das Leben: Alle wollen gut leben, und sicher auch. Wenn ihr also gut leben wollt, dann hört auf das, was Gott euch sagt! Gott sagt nicht: „Sucht das Leben!“, sondern er sagt durch seinen Propheten Amos: „Suchet mich, so werdet ihr leben!“ Ja, Gott hat seinem Volk diese Weisung gegeben: „Suchet mich!“ An diese Weisung hat er dann die Verheißung geknüpft: „Ihr werdet leben.“ Durch seinen Sohn Jesus Christus hat Gott diese Worte bekräftigt, denn Jesus hat gesagt: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan“ (Matth. 7,7). Gottes Weisung gilt also auch uns, die wir lange nach Amos‘ Zeiten leben: „Suchet den Herrn!“ Und auch die Verheißung gilt uns: „Ihr werdet leben.“ Also: Suchen wir Gott, und finden wir durch ihn das Leben! Lernen wir das Wort Gottes verstehen, das da lautet: „Suchet mich, so werdet ihr leben!“

Ich möchte jetzt in dreierlei Hinsicht entfalten, was es bedeutet, Gott zu suchen.

Erstens: Gott suchen bedeutet, Gottes Hilfe in Schwachheit zu suchen. Wenn sich jemand stark fühlt, dann kann er Gott gar nicht richtig suchen. Aber eigentlich sind wir ja alle schwach. Aus Gottes Blickwinkel jedenfalls sind alle Menschen schwach. Das liegt an der Sünde. Der Prophet Amos predigte dieses Wort ur­sprünglich Leuten, die schwer gesündigt hatten. Auch wir sind schwach durch unsere Sünde, wir haben uns verirrt. Einige sind vom guten Weg abgekommen, indem sie erotische Liebe ohne Ehe suchten. Viele sind vom guten Weg abgekommen, indem sie nicht wahrhaftig waren. Wir alle sind vom guten Weg abgekommen, weil wir es nicht fertig­gebracht haben, unsere Mitmenschen so zu lieben wie uns selbst. Ja, wir sind Sünder; nach Gottes Maßstab sind wir schwach. Vor allen Dingen aber sind wir unfähig, Gott so zu lieben, wie er es verdient hat; auch schaffen wir es nicht, ihn wirklich zu fürchten und ihm ganz zu vertrauen. Unsere Schwäche zeigt sich vor allem in diesem geistlichen Bereich. Ohne die Hilfe des Heiligen Geistes gelingt es uns nicht einmal, Gott zu suchen. Wir bekennen mit Martin Luther und seiner Erklärung des 3. Glau­bens­artikels: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann.“

Wenn jemand anfängt, Gott zu suchen, dann hat Gott ihn eigentlich schon zuvor gesucht und auch gefunden. Wenn jemand in seiner Schwachheit Hilfe bei Gott sucht, dann gleicht er einem verlorenen Schaf, das bereits vom guten Hirten gefunden worden ist. Wenn wir Gott suchen, dann bedeutet das also, dass wir uns über das Werk des Heiligen Geistes freuen dürfen, der uns dieses Gott-Suchen ins Herz gegeben hat. Denn von Natur aus sind wir schwach – Gott aber hat uns fähig gemacht, ihn zu suchen.

Zweitens: Gott suchen bedeutet, dort nach ihm Ausschau zu halten, wo er gefunden sein will. Die Israeliten, denen Amos damals predigte, suchten Gott an falschen Orten: Sie suchten ihn an den Heilig­tümern in Bethel, Gilgal und Beerscheba. Darum sagte Amos ihnen: „Sucht nicht Bethel und kommt nicht nach Gilgal und geht nicht nach Beerscheba!“ In jenen Zeiten wollte Gott sich aus­schließlich in Jerusalem finden lassen.

Und heute? Auch heute sollten wir Gott dort suchen, wo er gefunden sein will. Aber unser „Jerusalem“ ist überall dort, wo sein Wort verkündigt wird und wo seine Sakramente gefeiert werden. Unser Heiligtum ist jede Kirche, wo das Evangelium un­verfälscht gepredigt wird, wo man im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes tauft, wo Leib und Blut Christi im Heiligen Abendmahl ausgeteilt werden. Das ist ja das Marken­zeichen der luthe­rischen Kirche, daran will sie sich als Kirche messen lassen: an der Evan­geliums­verkündi­gung und an der Sakraments­verwaltung! Sucht also Gott hier, in unseren Gottes­diensten! Sucht hier sein Wort! Sucht hier die Taufe für eure Kinder! Kommt hier zum Heiligen Abendmahl! Wenn ihr das tut, dann sucht ihr Gott richtig. Denn wenn ihr Gott im Wort des Evangeliums und in den Sakramenten sucht, dann werdet ihr darin Hilfe für eure Schwachheit finden. Gott hat ja ver­sprochen, auf diese Weise eure Sünden zu vergeben. Wenn ihr Gott in der christ­lichen Kirche sucht, dann werdet ihr ihn hier auch finden – und leben.

Drittens: Gott suchen bedeutet nicht nachlassen, nicht aufhören! Jesus ist einmal für uns gestorben, und durch einmaliges Taufen sind wir Gottes Kinder geworden. Aber Gott ist stets auf der Suche nach uns, und auch wir sollten ihn immer wieder suchen. Der Apostel Paulus hat ge­schrieben: „Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin“ (Phil. 3,12). Mit der heiligen Taufe hat Gott dich zum erstenmal gefunden; da ist es geschehen, dass Christus dich ergriffen hat. Wenn du dich aber von ihm abwendest und aufhörst, ihn weiter zu suchen, dann wird er sich auch von dir abwenden. Gott möchte, dass unser Glaube wächst und dass wir immer besser lernen, Jesus nach­zufolgen. Gott möchte, dass wir geistlich immer kräftiger werden durch seinen Heiligen Geist.

Glauben und Christ-Sein bedeutet, Gott sein ganzes Leben lang zu suchen. Dieses Suchen hat die Verheißung, dass wir leben werden. Ja, dann werden wir richtig leben, dann werden wir sogar ewig leben. Gott sagt uns: „Suchet mich, so werdet ihr leben!“ Freilich verheißt er uns dabei nicht, dass unser Leben immer leicht sein wird. Aber er verheißt, dass es gut und richtig sein wird, denn dann leben wir ja mit ihm. Auch wenn wir einmal sterben, leben wir weiter mit ihm, für alle Ewigkeit. Wir dürfen dann im Himmel für immer vor seinem Angesicht leben. Dort wird alle Schwachheit vergessen sein; dort wird es kein Leid und keine Tränen mehr geben; dort sind wir dann auch nicht mehr versucht zu sündigen. Wir werden dort Leben die Fülle finden zusammen mit all den vielen anderen, die in ihren Erdentagen Gott gesucht haben. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1995.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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