Wenn Gott einen Bund schließt

Predigt über 1. Mose 9,12‑17 zum 19. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wenn Gott einen Bund schließt, dann ist das etwas anderes, als wenn Menschen einen Bund schließen. Ein menschlicher Bund ist ein Vertrag oder ein gegen­seitiges Versprechen wie es zum Beispiel bei einer Ehe­schließung: Da kommen ein Mann und eine Frau überein, dass sie künftig ihr Leben miteinander teilen wollen. Es ist eine gegenseitige Abmachung, eine beider­seitige Erklärung, dass man sich stellen will unter die gute Ordnung der Ehe, die Gott geschaffen hat. Aber wenn Gott selbst einen Bund schließt, dann ist das etwas anderes. Wir haben eben von dem Bund gehört, den Gott mit Noah, seiner Familie und allen seinen Nachkommen geschlossen hat – also auch mit uns, denn wir stammen ja auch von Noah ab. Dieser Bund ist keine Abmachung zwischen Gott und den be­treffenden Menschen, denn Gott hat weder Noah noch dessen Söhne noch uns gefragt, ob wir das überhaupt wollen. Vielmehr hat Gott allein seinen Bund fest­gesetzt. Er gibt eine feierliche Erklärung ab, mit der er sich selbst festlegt. Er tut es kraft seiner göttlichen Macht und Autorität. Wir Menschen sind dabei nicht Bündnis­partner, sondern einfach Begünstigte und Beschenkte durch diesen Bund. Gott „setzt“ oder „schneidet“ den Bund, heißt es wörtlich im Alten Testament. Wenn Gott einen Bund schließt, dann ist das also eine ganz einseitige Sache; wir Menschen kommen dabei nur passiv vor. Deshalb nennt man Gottes Bund zuweilen auch „Testa­ment“; das ist eine feierliche Willens­erklärung und Selbst­verpflich­tung zugunsten anderer.

Wozu ver­pflichtete sich Gott nun mit diesem Bund? Er ver­pflichtete sich dazu, keine welt­umspannende Flut mehr zu schicken. Er will nie wieder auf diese Weise strafen, wie er es in den Tagen Noahs getan hat. Und dieser Entschluss ist zu­verlässig, treu und fest; Gott selbst besiegelt ihn mit seinem Bund, mit seinem Testament. Bis zum heutigen Tag gilt dieser Bund, denn Gott hat ihn ja auch mit uns geschlossen wie mit allen Noah-Nachkommen. Es mögen Sturmfluten und Über­schwemmun­gen über die Erde gehen, aber eine so große Flut wird es nicht mehr geben, dass alle Menschen bis auf eine Familie ausgerottet werden.

Warum verspricht Gott das, warum schließt er diesen Bund? Er tut es nicht, weil er hofft, die Menschheit werde sich nun besser benehmen als vorher, dazu kennt Gott die Menschen zu gut. Er sagte ganz offen zu Noah: „Das Dichten und Trachten des mensch­lichen Herzens ist böse von Jugend auf.“ Aber Gott resignierte auch nicht. Er sagte nicht: Dann lasse ich die Menschen eben in Frieden; an denen ist sowieso Hopfen und Malz verloren. Die folgenden fünzehnhundert Seiten der Bibel beweisen das Gegenteil, nämlich dass Gott sich immer wieder um seine Geschöpfe kümmert. Es gibt folglich nur einen Grund für diesen Gottesbund, einen ganz un­begreifli­chen Grund – und dennoch einen, der klar in der Heiligen Schrift bezeugt ist: Gott hat uns Menschen lieb! Gott übt Gnade und Barm­herzig­keit, ohne dass es irgend­jemand verdient hat. Liebe Gemeinde, dieser Bund mit Noah ist eine Liebes­erklärung Gottes – auch an dich.

Wenn Gott einen Bund schließt, dann gibt er mit ihm zusammen auch ein Zeichen. In diesem Fall ist es das Zeichen des Regen­bogens. Wir wissen nicht, ob es schon vorher Regenbögen gab und Gott ihn nach der Flut einfach zu seinem Bundes­zeichen erklärte oder ob Gott erst nach der Sintflut die physi­kalischen Voraus­setzungen herbei­führte, die einen Regenbogen entstehen lassen. Das ist auch unwichtig. Jedenfalls hat Gott ihn als Zeichen eingesetzt. Für wen? Für uns Menschen? Das wohl auch, aber der Bibeltext sagt interes­santer­weise etwas anderes: „Wenn es kommt, dass ich Wetter­wolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Alsdann will ich gedenken an meinen Bund zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, dass hinfort keine Sintflut mehr komme, die alles Fleisch verderbe.“ Gott erinnert sich mit dem Regenbogen also selbst an seinen Bund; oder vielmehr: Er zeigt uns Menschen damit, dass er sich treu und zuverlässig an seine Bundes­zusage erinnert. Darum erscheint bis zum heutigen Tag immer wieder der Regenbogen am Himmel. Wenn du also wieder mal einen Regenbogen siehst, dann denke daran: Aha, Gott schickt immer noch den Regenbogen, er hat also sein Versprechen nicht vergessen, das er damals dem alten Noah gab. Wie wunderbar ist doch unser Gott! Seine grundlose Liebe und Güte hat bis zum heutigen Tag kein Ende, obwohl wir ihn doch immer wieder maßlos ent­täuschen. Ja, so können wir bei uns sprechen, wenn wir einen Regenbogen sehen.

Nun wissen wir aber auch alle, dass dieser Regenbogen-Bund keineswegs der einzige war, den Gott mit uns Menschen geschlossen hat. In der weiteren Geschichte hat Gott immer wieder Bünde geschlossen – Bünde im Sinne von Testamenten, von feierlichen Zusagen. Und wie Noah den Regenbogen-Bund zu­gesprochen bekam, so sind auch die weiteren Bundes­schlüsse mit großen Namen verbunden. Da gibt es den Abrahams-Bund, den Mose-Bund und den Christus-Bund.

Gott wählte sich Abraham als Ahnherr eines großen und besonders gesegneten Volkes, des Volkes Israel nämlich. Zugleich machte er Abraham zum Segens­träger für alle Völker, denn Abrahams Nachfahre Jesus Christus sollte der ganzen Welt Erlösung bringen. Zeichen des Abraham-Bundes war die Be­schneidung aller männlichen Nachkommen. Auch der Abrahams-Bund hat somit sämtliche Merkmale eines göttlichen Bundes: Gott allein setzt ihn, Gott ver­pflichtet sich selbst zum Segnen ohne Verdienst der Menschen, und Gott gibt ein Zeichen.

Den Mose-Bund schloss Gott am Berg Sinai. Mose war der Mittler dieses Bundes. Hier ver­pflichtete sich Gott, das Volk Israel ins gelobte Land Kanaan zu führen und es dort mit reichem irdischen Segen zu über­schütten. Das Zeichen dieses Bundes war der Sabbat, der Samstag als heiliger Tag, der in dieser speziellen Form ja nur dem Volk Israel gegeben ist. Dieser Bund freilich war an eine Bedingung geknüpft: Israel musste sich an Gottes Gebote halten, um den Segen zu erfahren. Wenn das Volk die Gebote nicht hielte, lastete Gottes Fluch auf ihm. Wir kennen das von den Zehn Geboten her: „Gott wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen miss­braucht“, heißt es im 2. Ge­bot. „… auf dass es dir wohl ergehe und du lange lebest auf Erden“, heißt es im 4. Ge­bot. Weil Israel nun aber vom Weg der Gebote immer wieder abwich, wich auch Gottes irdischer Segen von diesem Volk. Israel musste Kriege, Nieder­lagen, Gefangen­schaft, Elend und Verfolgung erfahren in seiner Geschichte. Diesen Mose-Bund nennt man übrigens den alten Bund oder das alte Testament. Das Alte Testament der Bibel berichtet in erster Linie von Verheißung, Erfüllung und Verletzung dieses Alten Bundes.

Aber schon im Alten Testament ist bereits der neue Bund an­gekündigt, der im Neuen Testament offen zu Tage tritt. Es ist der Christus-Bund. Mit seinem Sohn Jesus Christus hat Gott allen Menschen bedingungs­los Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit zugesagt. Ja, so wahr Gott einst dem Noah versprach, keine weltweite Flut mehr kommen zu lassen, so wahr hat er sich mit dem Christus-Bund dazu ver­pflichtet, über unsere Sünde hinweg­zusehen. Mit dem neuen Bund hat Gott ver­sprochen, uns als seine Kinder anzunehmen und uns nach dem Tod die ewige Seligkeit zu schenken. Ja, feierlich hat Gott dies in Jesus gewirkt, zugesagt und ver­sprochen; wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln. Grenzenlos und unfasslich ist seine Gnade, denn niemand hat das verdient.

Auch der neue Bund hat sein Zeichen. Man könnte sogar mehrere Zeichen nennen, vor allem Taufe und Abendmahl. Aber im Abendmahls­wein ist das eigentliche Bundes­zeichen verborgen: Das Blut Christi, das uns reinwäscht von aller Sünde. „Dieser Kelch ist das neue Testament, der neue Bund, in meinem Blut“, heißt es in den Einsetzungs­worten. Wenn wir das Abendmahl feiern, dann wissen wir, dass Gott daran denkt. Es ist ähnlich wie beim Regenbogen. Gott sagt sich: Jetzt will ich die Sünden dieser Menschen nicht mehr ansehen, jetzt sollen sie für immer selig sein, denn dafür ist ja das Blut meines Sohnes am Kreuz geflossen. Wir dürfen gewiss sein, wenn wir das Sakrament des Altars feiern: Gott steht zu seinem Bund, zu seinem neuen Testament, zu seiner feierlichen Ver­pflichtung; er ist treu und ändert seine Meinung nicht. Nun kann ich gewiss sein, dass ich heilig bin und selig werde, auch wenn die ganze Welt, der Teufel und meine eigenen Zweifel tausendmal nein dazu sagen.

Liebe Gemeinde, lasst uns vor allem diesen neuen Bund Gottes im Glauben bewahren, den Christus-Bund. Nicht glauben hieße Gott zum Lügner machen. Das freilich würde Gott nicht ungestraft lassen. Ja, lasst uns den Bund im Glauben bewahren. Und lasst uns mit den Bundes­zeichen leben – im Gedenken an unsere Taufe und mit dem kostbaren Altar­sakrament. Hier ist Gottes größte Liebes­erklärung! Was kann man Besseres damit tun, als sie anzunehmen und zu erwidern? Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1988.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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