Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Gott meint es gut mit uns. Gott hat uns sehr lieb. Gott möchte, dass wir glücklich und zufrieden leben. Und wo es uns an Lebensglück und Zufriedenheit mangelt, möchte er uns helfen. Wo wir schwach und krank sind, will er uns heil machen – ganz heil, an Leib und Seele. Darum heißt der Allmächtige bereits im Alten Testament „Heiland“. Unser Herr Jesus Christus hat in besonderer Weise Gottes Heilandsliebe in die Welt gebracht. Er rief die Mühseligen und Beladenen zu sich, um sie zu erquicken. Er sagte: „Die Starken brauchen keinen Arzt, sondern die Kranken“, und handelte als Arzt der Schwachen (Matth. 9,12). Ja, Gott will uns heilen, und darum sagte er schon seinem alten Bundesvolk Israel am Beginn der Wüstenwanderung: „Ich bin der Herr, dein Arzt.“
Lasst uns einmal genau betrachten, was das bedeutet. Wir alle haben Erfahrungen mit Gott. Wir alle haben auch Erfahrungen mit Ärzten. Lasst uns einmal versuchen, beide Erfahrungen miteinander zu vergleichen. Lasst uns Gott beim Wort nehmen, wenn er sagt: „Ich bin der Herr, dein Arzt.“
Wann geht man zum Arzt? Wenn es uns schlecht geht, wenn wir krank ist. Dabei wissen wir: Es kann auch seinen Sinn haben, zum Arzt zu gehen, wenn wir noch nicht krank sind – zur Vorsorge nämlich. Sei es, dass man sich gegen eine schlimme Krankheit impfen lässt, oder sei es, dass der Zahnarzt mal wieder das Gebiss durchcheckt: Der kluge Patient beugt vor.
So sollten wir auch als kluge Christen handeln: Wir sollten uns nicht erst dann auf Gott besinnen, wenn es uns schlecht geht. Not lehrt zwar beten, so heißt es, und mancher, der vorher nicht besonders fromm war, hat sich in schlechter Zeit mit einem Hilferuf an Gott, den Arzt, gewandt. Besser ist es, stets alles im Gebet Gott anzubefehlen, auch in guten Zeiten. Mag sein, dass uns dann manche Not erspart bleibt, mit der Gott uns sonst erst zur Buße rufen müsste. Und so mancher, der sich erst im Alter mit Gott befassen wollte, hat sein Alter nicht erreicht.
Zu welchem Arzt geht man? Entweder zum Allgemeinmediziner oder zu einem Facharzt, der für bestimmte Körperteile und bestimmte Krankheiten zuständig ist.
Wenn wir uns an Gott als unsern Arzt wenden, sollten wir wissen: Der Herr ist der aller-allgemeinste Allgemeinmediziner! Er ist nicht nur für die Seele zuständig, sondern auch für den ganzen Leib, von Kopf bis Fuß. Er hat uns ja geschaffen, so bekennen wir, und darum kennt er uns in- und auswendig, besser als jeder andere. Deshalb kann er uns auch in jeder Hinsicht gesund machen. Selbst unsere kranken Beziehungen zu den Mitmenschen kann er in Ordnung bringen. Und er will es auch tun. Wir können ihn uneingeschränkt bitten und alles Heil von ihm erwarten. Er hat versprochen, uns ganz zu heilen, darum dürfen wir diese gewisse Hoffnung haben.
Wie kommt man zum Arzt? Man muss sich zunächst einen Termin holen. Der liegt oft weit in der Zukunft. Ist der Termin dann herangerückt, so wird man zunächst ins Wartezimmer geschickt. Manchmal sitzt man dort Stunden, ehe man den Arzt sprechen darf. Die Gesichter der Mitpatienten sowie zerlesene Zeitschriften zeugen davon, dass das Wartezimmer ein Angstzimmer ist. Angst wovor? Vor der Wahrheit über unseren Zustand oder vor einer schmerzhaften Behandlung.
Glücklicherweise brauchen wir bei Gott nicht so große Hürden zu nehmen, um in sein Sprechzimmer zu kommen. Er hat immer Zeit für uns; wir dürfen jederzeit zu ihm kommen mit allem, was uns beschwert. Dennoch gibt es auch bei Gott das Wartezimmer-Gefühl. Das liegt nicht an ihm, dem Arzt, sondern an uns. Wir zögern noch, wir wollen uns ihm noch nicht ganz ausliefern. Wir haben Angst, und zwar vor der Wahrheit über unsern Zustand, den Gottes Wort schonungslos offenbart. Oder wir haben Angst vor einer schmerzhaften Behandlung. Buße kann schmerzhaft sein, denn wer von uns verlässt schon gern altgewohnte Bahnen und beginnt ein neues Leben? Aber nur Mut: Gott ist ja unser Arzt! Er will uns helfen, dass wir gesund werden – gesund für Zeit und Ewigkeit!
Wie kommt ein Arzt zu seiner Diagnose? Er muss den Patienten gründlich untersuchen. Er stellt Fragen, die man ehrlich beantworten sollte. Manchmal muss man sich auch ausziehen; das ist peinlich, lässt sich aber für die Diagnose nicht vermeiden. Wenn der Arzt ein guter Arzt ist, wird er schließlich offen und klar sagen, was für eine Krankheit wir haben.
Bei Gottes Diagnose ist das ähnlich. Zwar kennt uns Gott von vornherein viel besser als wir selbst. Aber er fragt nach unserm Leben und nach allem, was da nicht in Ordnung ist. Wir müssen uns auch vor ihm gewissermaßen ausziehen, müssen unsere Seele bloß legen, auch wenn das peinlich ist. Gottes Diagnose ist dann offen und klar: Die Sünde ist unsere Krankheit. Die Sünde ist schuld an allem Leid, das wir tragen müssen, sei es an Körper oder Seele. Zwar können wir nicht sagen: Diese bestimmte Sünde hat jene bestimmte Krankheit verursacht. Aber weil die Sünde in der Menschheit verbreitet ist, darum sind auch Krankheiten und Leiden unter den Menschen verbreitet, und jeder trägt seinen Teil Mitschuld daran. Wir tun gut daran, diese göttliche Diagnose anzunehmen, auch wenn wir sie – sozusagen als Laien – nicht bis ins Letzte verstehen können.
Wie behandelt der Arzt die Krankheit? Er verschreibt bestimmte Medikamente und veranlasst andere Formen der Therapie, Massagen zum Beispiel oder Bestrahlungen. Und er gibt bestimmte Verhaltensregeln mit auf den Weg: dreimal täglich zwei Tabletten nehmen, Zugluft vermeiden, mit Kamillentee gurgeln und was es noch so alles gibt. Man hält sich daran – und hofft, auf diese Weise gesund zu werden.
Auch Gott hat seine Therapie für unsere Krankheit Sünde. Die Medizin ist wahnsinnig teuer – so teuer, dass niemand sie bezahlen kann. Aber weil Gott uns so lieb hat, schenkt er uns diese Medizin. Es ist das Blut seines Sohnes Jesus Christus, geflossen zur Vergebung unserer Sünden. Mit dieser Medizin gibt Gott uns Verhaltensregeln auf den Weg: Wir sollen sie nehmen, die Medizin, wir sollen an Jesus Christus und seine Versöhnungstat am Kreuz glauben! Wir sollen Buße tun, wir sollen uns also von unserer Krankheit Sünde lossagen. Und wir sollen dranbleiben an dieser Therapie, sollen unser ganzes Leben in dieser Welt mit ständiger Buße und ständigem Glauben führen. Dazu hat uns Gott, unser Arzt, die Gnadenmittel eingesetzt: sein heiliges Wort in der Bibel, den Zuspruch der Sündenvergebung bei der Beichte und das Heilige Abendmahl. Hier gibt es die Medizin gegen unseren Sündenschaden, Christi Leib und Blut! Und der Arzt sagt uns: „Nehmt, esst, trinkt, tut solches!“ Weil Gott aber kein menschlicher Arzt ist, sondern allmächtig und vollkommen, dürfen wir sicher sein: Diese Therapie hat hundertprozentige Heilungsaussichten. Wenn wir an dieser Therapie dranbleiben, haben wir die Gewissheit: Wir werden gesund werden, ganz und gar, an Leib und Seele!
Wie lange dauert eine Therapie und wie belastend ist sie? Wer auch nur ein wenig Erfahrung hat, weiß: Eine ärztliche Behandlung ist in den seltensten Fällen von heute auf morgen abgeschlossen. Es gibt sogar ausgesprochen langwierige Therapien, die viel Geduld erfordern. Auch ist die Behandlung nicht immer angenehm, sondern manchmal richtiggehend schmerzhaft. All das nimmt man als Patient gern auf sich, wenn man weiß: Es hilft, es wird immer besser mit mir, und einmal werde ich wieder ganz gesund sein.
So ist es auch mit Gottes Therapie. Wir müssen Geduld haben. Die Sünde lässt sich nicht von einem Tag zum andern aus unserem Leben verbannen. Auch unsere Wunden an Leib und Seele müssen wir bisweilen noch lange mit uns herumschleppen. Die Therapie, das Leben in der Nachfolge Jesu, ist auch nicht immer von absoluter Hochstimmung geprägt. Unsere Medizin, die frohe Botschaft von der Erlösung in Christus, hat etwas mit dem Kreuz zu tun, und vom Kreuz müssen wir auch etwas merken, wenn wir in der Nachfolge leben. All das ist aber leicht zu ertragen, weil wir wissen: Es dient letztlich alles zu unserm Besten, und unsere Heilung ist gewiss, weil Gott keinen Fehler macht. Seine Behandlung wird zu einem guten Ende führen.
Und das, liebe Gemeinde, ist das Allerköstlichste an unserem himmlischen Arzt: Seine Heilung reicht in die Ewigkeit! Der menschliche Arzt wird früher oder später bei jedem Menschen den Kampf um Gesundheit und Leben verlieren; zuletzt bleibt es doch immer seine traurige Pflicht, die Augen zuzudrücken und den Tod festzustellen. Nicht so bei Gott: Er wird einmal, am Jüngsten Tag, das ewige Leben feststellen bei allen, die sich ihm anvertraut haben. Dann werden auch die letzten Leiden und Gebrechen ausgemerzt sein, und die Sünde wird nicht mehr herrschen. Dann brauchen wir keinen Arzt mehr, aber wir haben dann für immer einen Gott, in dessen Herrlichkeit wir uns sonnen dürfen. Amen.
PREDIGTKASTEN |