Wir dürfen Gottes Helfer sein

Predigt über Lukas 5,1‑11 zum 5. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Gemein­schaft mit Gott ist die Frucht von Christi Erlösungs­tat. Hinter diesem schlichten Wort verbirgt sich ein großer Reichtum von Seligkeit und himmlischen Gaben. Gemein­schaft mit Gott bedeutet unendlich viel. Einen Gesichts­punkt möchte ich in dieser Predigt heraus­greifen: Gemein­schaft mit Gott bedeutet auch, dass wir seine Helfer und Mitarbeiter sein dürfen. Er gibt uns diese große Ehre. Freilich: Ohne unsere Mithilfe könnte Gott sicher viel leichter und schneller zum Ziel kommen mit seinem Tun in dieser Welt. Aber er sucht ja aus lauter Liebe Gemein­schaft mit uns – so wie der Vater, der seinen kleinen Sohn beim Heimwerken mithelfen lässt. Der Vater geht das Risiko ein, dass der Junge Fehler macht, Material und Werkzeuge verhunzt, sich womöglich verletzt. Auch dauert alles viel länger. Dennoch lässt er ihn mithelfen – weil er sein Sohn ist.

Was es heißt, Gottes Helfer und Mitarbeiter sein zu dürfen, können wir auch sehr schön an der Gestalt des Petrus in der alt­bekannten Geschichte vom Fischzug ablesen. Für manchen mag es ein neuer, vielleicht sogar fremder Gesichts­punkt in diesen vertrauten Worten der Schrift sein. Wenn wir aber genau hinsehen, können wir gleich dreimal erkennen, wie Jesus den Petrus zu seinem Helfer und Mitarbeiter macht – aus lauter Liebe, um der Gemein­schaft willen.

Jesus steht am Ufer des Sees Genezareth und wird von der Menge belagert. Um sich besser Gehör verschaffen zu können, sucht er ein wenig Abstand von den Menschen. Was tut er? Er steigt einfach in eines der beiden Fischer­boote, die am Strand liegen. Er tut es, ohne zu fragen, ganz selbst­verständ­lich. Und dann bittet er den Fischer Simon Petrus, ihn ein wenig auf den See hinaus­zurudern. Nun kann er dem Volk ohne Schwierig­keiten Gottes Wort sagen.

Hier nimmt Jesus also zum erstenmal in dieser Geschichte die Hilfe des Petrus in Anspruch: Er lässt sich von ihm rudern. Jesus hätte natürlich auch selbst rudern können; ich traue ihm das ohne weiteres zu, dem Zimmermanns­sohn. Aber er lässt Petrus rudern. Und er benutzt dessen Boot. Auch das hätte er nicht nötig gehabt. Bei anderer Gelegenheit lief er auf dem Wasser, ganz ohne Boot. Man bedenke, was das für ein be­eindrucken­der Effekt gewesen wäre, vor all diesen Menschen! Aber nein, Jesus benutzt Simons Boot und lässt sich von ihm rudern.

Mit uns sucht Jesus ebenso Gemein­schaft. Er ist einfach in das Boot unseres Lebens gestiegen, ohne uns vorher zu fragen. Das ist in der Taufe geschehen. Da sitzt er nun im Boot unseres Lebens und heißt uns rudern. Er möchte durch unser Leben zur Sprache kommen. Unser Leben soll dazu beitragen, dass andere Menschen die Worte des Herrn besser hören und verstehen können. Unser ganzes Leben soll etwas sein zum Lobe Gottes. Wir Christen sollen unser Licht leuchten lassen vor der Welt, oder besser: das Licht unseres Herrn, der bei uns im Boot sitzt. Gott hätte es nicht nötig, sich auf die Mithilfe so schwacher und un­zuverlässi­ger Christen ein­zulassen, wie wir es sind. Christus könnte auch heute mit Leichtig­keit durch Blitz und Donner, durch Zeichen und Wunder seiner Stimme Gehör ver­schaffen, ohne dass er einen einzigen Menschen dazu brauchte. Aber er liebt uns und hat uns zur Gemein­schaft mit sich erlöst. Darum sollen wir diejenigen sein, die rudern, die mit ihrem Leben und ihrem christ­lichen Zeugnis sein Wort unter die Menschen bringen.

Als Jesus fertig ist mit Predigen, geschieht dieses Aufsehen erregende Wunder mit den vielen Fischen. Hier macht er Petrus zum zweitenmal zu seinem Mit­arbeiter. Und auch hier hat er es keineswegs nötig gehabt. Es hätte ja auch einfach einen Knall geben können, und dann hätte die gewünschte Menge Fische am Strand gelegen. Aber nein, Petrus muss arbeiten, muss hinaus auf den See und seine Netze auswerfen. Er muss es sogar entgegen seiner ganzen Berufserfahrung tun, denn am hellichten Tage sind die Fang­aussichten äußerst gering, und im tiefen Wasser erst recht. Das Wunder geschieht – aber wiederum mit Mühe und Arbeit müssen Petrus und seine Kollegen die gefüllten Netze ans Ufer schleppen.

In diesem zweiten Abschnitt steckt ungeheuer viel drin über die Mitarbeit im Reich Gottes. Wir sehen: Die Arbeit auf Jesu Gebot hin kommt letztlich dem Mitarbeiter selbst zugute, er arbeitet sich selbst zum Segen und Nutzen! Jeder wird das bestätigen, der sich in der Gemeinde in die Mitarbeit hinein­kniet, sei es in der Kirchen­musik, in der Kinder­arbeit oder im Vorstand. Wenn hier geistlich nach dem Wort Jesu gearbeitet wird, bleibt der geistliche Segen für die eigene Seele nicht aus. Wichtig ist dabei, dass das Wort Jesu absolut ernst genommen wird, selbst dann, wenn der gesunde Menschen­verstand dagegen spricht – so wie die Fischer-Erfahrung des Petrus damals. Ich will das an einem Beispiel erklären: Viele Christen sagen sich heute mit ihrem gesunden Menschen­verstand, die Lehr­unterschie­de zwischen den einzelnen christ­lichen Kirchen dürfe man nicht so eng sehen, dürfe nicht dogmatisch sein, dürfe sich nicht abgrenzen. Ökume heißt das große Stichwort, und man macht sich ja auch mehr Freunde und findet alles viel netter, wenn die Unter­schiede beiseite geschoben werden. Christus aber mahnt, dass wir an seinen Worten und an den Worten der Apostel­lehre ganz fest und ganz eng dranbleiben sollen und all das meiden, was dem wider­spricht. Christus selbst also fordert Abgrenzung, und wir tun gut daran, wie Petrus zu antworten: „Meister“, oder noch wörtlicher übersetzt: „Herr Vor­gesetzter! Auf dein Wort hin wollen wir in der Kirche so lehren und leben, wie du es gesagt hast, auch wenn die breite Masse es anders machen würde.“ Der Segen wird dann nicht ausbleiben: Unzählig viele Menschen erfahren Lebens­hilfe, Wegweisung, Befreiung von Leistungs­zwang und schlechtem Gewissen sowie Trost in Krankheit, Leid und Todesnot durch die Ver­kündigung des reinen Evan­geliums. Das ist ein reicher Fischzug, eine reiche Ernte.

An dritter und letzter Stelle steht in unserer Geschichte dann der Ruf zur Nachfolge. Er beginnt mit der Buße: „Herr, geh weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch“, sagt Petrus. Er weiß, er ist die Gemein­schaft mit Gottes Sohn nicht wert, auch nicht die Zusammen­arbeit mit ihm. Aber gerade so einem Menschen will Jesus eine Dauer­stellung in Gottes Reich geben: „Von nun an sollst du Menschen fangen.“ Er, der sündige Fischer Simon Petrus, mal Großmaul und mal Feigling, wird durch Gottes Gnade später zu einer Säule der ersten christ­lichen Gemeinde und der Mission.

So ist das doch auch mit unserer Mithilfe im Reich Gottes. Am Anfang steht die Bankrott-Erklärung: „Ich tauge nicht als dein Jünger. Ich kann so schlecht Zeugnis geben von dir. Mein Leben ist so unheilig, so ganz anders als deins, Herr Jesus Christus.“ Das erkennen und bekennen wir immer wieder, ja, auch wir Pastoren, die doch eigentlich vorbild­liche Menschen­fischer sein müssten. Aber es geht uns wie Petrus: mal Großmaul und mal Feigling. Und doch will Jesus uns immer noch und immer wieder in seiner Gesell­schaft haben und ruft uns in die Mitarbeit: Pastoren, Kirchen­vorsteher und alle Gemeinde­glieder. Wir alle dürfen mithelfen, dass sein Ruhm in dieser Welt laut wird. Aber das Beste ist: Jesus hat nicht nur Geduld mit uns, ruft immer wieder, übt immer wieder Nachsicht, sondern er schenkt uns auch den Heiligen Geist. Der hilft unserer Schwachheit auf, schenkt neben dem Wollen das Voll­bringen. So dürfen wir denn auch manche Frucht unserer Mitarbeit sehen – wie Petrus an jenem Tag und auch später noch. Gelobt sei Jesus Christus! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 1988.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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