Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
In meiner letzten Predigt als Pastor dieser Gemeinde möchte ich euch noch einmal das Wichtigste nachdrücklich ans Herz zu legen. Dabei orientiere ich mich am Apostel Johannes: Der hat im letzten Abschnitt seines Briefes den christlichen Lesern auch noch einmal das Wichtigste ans Herz gelegt. Er tat es mit den Worten, die wir eben als Predigttext gehört haben. Ebenso wie ihm das damals ein Herzensanliegen war, ist mir das heute ein Herzensanliegen.
Da lesen wir: „Das habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt.“ Ach ja, das ist mein inniger Wunsch für euch: dass ihr Heilsgewissheit habt und in diesem Glauben selig werdet. Dass Jesus euch erlöst hat und dass ihr durch die Kraft dieser Erlösung ewig lebt, das soll ja nicht bloß eine vage Hoffnung sein, ein Wunschtraum oder eine theologische Hypothese, sondern eine gewisse Zuversicht. Denn solche Glaubensgewissheit trägt jetzt schon durch die Höhen und Tiefen des Erdenlebens hindurch bis zum Tag der Auferstehung, bis zur ewigen Seligkeit. Wer solche Glaubenszuversicht hat, der weiß: Das Beste kommt noch, und darum brauche ich nicht zu versuchen, meinen ganzen Lebenshunger bereits in dieser Welt zu stillen. Dass ihr solche getroste und fröhliche Glaubenszuversicht habt und darin bleibt, das ist, wie gesagt, mein größter Herzenswunsch für euch. Darum sage ich euch jetzt in Abwandlung der Worte des Apostels Johannes: Alles, was ich euch von dieser Kanzel hier gepredigt habe, und alles, was ich euch auf andere Weiste verkündigt habe, das habe ich euch alles mitgeteilt, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben habt.
Alles, was ich euch verkündigt habe… das ist viel; da kommt einiges zusammen in fünfzehn Jahren. Und andererseits ist es eigentlich gar nicht viel, sondern es lässt sich in seinem Kern ganz kurz und einfach sagen. Ich möchte es in dieser letzten Predigt mit derselben Formel zusammenfassen, die der Apostel Johannes aufgeschrieben hat: „Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“ Der Sohn Gottes ist der Schlüssel zum ewigen Leben, unser Herr und Heiland Jesus Christus. Der allmächtige Gott ist die Quelle des Lebens, aber wer nicht seinen eingeborenen Sohn hat, an dem fließt das Wasser aus dieser Quelle vorbei. Dieses „Wasser“ aber ist der Heilige Geist. Noch einmal: „Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“
Was bedeutet aber „den Sohn haben“? Mehr, als dieses unscheinbare Wörtchen zunächst vermuten lässt! Erstens bedeutet „haben“ besitzen. Jesus ist mein wertvollster Besitz, mein „schönstes Kleinod“, wie es in einem Choral heißt. Er ist mein Schatz im Himmel, den weder Motten noch Rost noch Tod noch Wirtschaftskrisen fressen können. Zweitens bedeutet „haben“ auch anhaben – so wie man sagt: Sie hat ein schönes Kleid. In der Heiligen Taufe hat Jesus uns mit seinem Heil umkleidet wie mit einem herrlichen Gewand. In einem anderen Choral heißt es: „Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid.“ Drittens bedeutet „haben“ auch bei sich haben, so wie man sich vor einer Reise fragt: Habe ich die Tickets, den Pass und das Portmonnee? Genauso wichtig wie diese Dinge für eine Reise sind, ist der Gottessohn Jesus Christus für unsere Lebensreise. Darum singen wir: „Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden Teufel, Welt, Sünd oder Tod.“ Viertens bedeutet „haben“ aufbewahren, so wie man Bücher im Schrank hat, oder Kartoffeln im Keller. Der Glaube an Jesus Christus ist die herrliche Gewissheit, dass Gott für uns Vorsorge getroffen hat. So ist der christliche Glaube nicht nur eine momentane Hoffnung und eine momentane Freude über Jesus, sondern eine sehr nachhaltige Kraft. Sie will das ganze Leben hindurch wirken und sogar noch im Tod. Darum singen wir: „Ich habe nun den Grund gefunden, der meinen Anker ewig hält.“ Fünftens schließlich beschreibt „haben“ eine enge liebevolle Beziehung zu jemandem. So wie wir sagen: Ich habe einen Freund, oder: Ich habe einen Bruder, so können wir auch sagen: Ich habe einen Heiland, Jesus Christus, den Sohn des lebendigen Gottes. All das schwingt mit in dieser wunderbaren Formel: „Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“
Wenn Gottes Wort vom Leben spricht, dann geht es nicht einfach ums Überleben, auch nicht in erster Linie um Gesundheit oder um einen bestimmten Lebensstandard. Die Bibel meint mit Leben viel mehr, viel Wichtigeres: Es geht um ein Leben, so wie Gott es gemeint hat – von Anfang an, seit Erschaffung der Welt. Es geht um ein Leben in guter, vertrauensvoller Gemeinschaft mit Gott. Es geht auch um ein Leben in guter, friedlicher Gemeinschaft mit allen Mitmenschen. Es geht um ein erfülltes Leben voller Freude und Dankbarkeit. Es geht und getrostes Leben auch in Krisenzeiten, denn wer Gott vertraut, hat immer sicheren Boden unter den Füßen und ein Geländer zum Festhalten. Und schließlich geht es um das zukünftige, selige, unaussprechlich herrliche Leben im Himmel, ein Leben in ungetrübter Gemeinschaft mit Gott und mit seinen Engeln und mit allen Erlösten.
„Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“ Auf diese einfache Formel hat der Apostel Johannes den Inhalt seiner Verkündigung gebracht. Diese einfache Formel gebe auch ich euch heute mit auf euren weiteren Weg in dieser letzten Predigt. Seht zu, dass ihr festhaltet, was ihr habt! Bleibt an Gottes Wort, bleibt am Heiligen Abendmahl, bleibt an der christlichen Gemeinschaft! Es ist ganz egal, wer euch dieses Wort verkündigt und wer euch das Heilige Abendmahl austeilt, denn es ist und bleibt derselbe auferstandene Herr, der dadurch zu euch spricht und an euch handelt. Haltet Gottes großartiges Geschenk fest – und gebt es zugleich weiter: An die Menschen der nachfolgenden Generationen und an die Menschen in eurem Umfeld. Lasst sie Gottes Liebe spüren und sagt ihnen ganz schlicht, was das Wichtigeste ist im Leben: „Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“ Amen.
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