Gott als Fahrlehrer

Predigt über Psalm 143,10 zum Pfingstsonntag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Auf Deutschlands Straßen sind manche Autofahrer ohne Fahr­erlaubnis unterwegs – einige illegal, andere legal. Wieso legal? Es sind Fahrschüler, die gerade Fahrstunden nehmen. Sie dürfen auch ohne Führerschein Auto fahren, wenn ein Fahrlehrer neben ihnen sitzt, ihnen Anweisungen gibt und notfalls eingreift.

Es wäre schön, wenn es auch eine Lebens-Fahrschule gäbe. Wenn wir also auf unserem Lebensweg einen Fahrlehrer neben uns hätten, der uns Anweisungen erteilt und notfalls eingreift. Wir könnten uns dann bei allem, was wir tun, sicher fühlen. Und wir würden immer besser lernen, uns in unserem Leben zurecht­zufinden.

Die gute Nachricht zu Pfingsten lautet: Es gibt diese Lebens-Fahrschule, und es gibt diesen Lebens-Fahrlehrer. Es ist der Heilige Geist. Er steht allen Jüngern beziehungs­weise Lebens-Fahrschülern Jesu bei, gibt Anweisungen und greift notfalls ein. Wenn du seinen Dienst in Anspruch nehmen möchtest, dann kannst ihn ganz einfach bitten – etwa mit den Worten, die wir im 143. Psalm finden: „Lehre mich tun nach deinem Wohl­gefallen, denn du bist mein Gott; dein guter Geist führe mich auf ebner Bahn.“

Diese Worte sind nun allerdings viel älter als das Pfingstfest. König David hat sie ursprünglich gebetet. Er hat sie gebetet in der Hoffnung, dass Gott ihn nicht verwirft, obwohl er so vieles falsch macht. „Geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht; denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht“, heißt es am Anfang des Psalms. Mit dieser Bitte war die Hoffnung verbunden, dass Gott seinen Erlöser schickt und durch ihn einen neuen Bund stiftet – den Gnadenbund, durch den alle Menschen Vergebung der Sünden haben können. Diesen Bund hat Jesus dann durch seinen Tod am Kreuz gestiftet; er hat ihn mit seinem Blut besiegelt. Und er hat versprochen, den Heiligen Geist zu senden. Der soll durch Gottes Wort und durch die Taufe alle, die an ihn glauben, von ihren Sünden befreien und sie auf den Weg der Jüngerschaft leiten. Das hat sich dann zu Pfingsten erfüllt. Erst empfingen die Apostel den Heiligen Geist, danach die vielen anderen, die im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft wurden. Sie wurden Jünger des Herrn Jesus Christus und damit Lebens-Fahrschüler des Heiligen Geistes.

Auch wir sind das geworden, Gott sei Lob und Dank! Seit unserer Taufe sitzt der Heilige Geist gewisser­maßen neben uns und führt uns auf ebener Bahn – ganz so, wie David es im Psalm einst von Gott erbat und wie Jesus es dann all seinen Jüngern verheißen hat. Wenn wir auf ihn Acht haben, dann merken wir, wie er uns Anweisugen erteilt und notfalls eingreift. Wir dürfen ihn auch immer wieder ausdrücklich darum bitten; etwa so, wie es in der alt­kirchlichen Pfingstbitte heißt: „Komm, heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen!“ Oder eben auch mit Davids Psalmwort: „Lehre mich tun nach deinem Wohl­gefallen, denn du bist mein Gott; dein guter Geist führe mich auf ebner Bahn.“

So führe Gottes Geist diejenigen auf ebner Bahn, die einen Beruf ausüben. Der Beruf beansprucht ja einen großen Teil unserer Lebenszeit und Lebenskraft. Und er ist keineswegs eine rein weltliche Angelegen­heit. Wenn der Heilige Geist unser Lebens-Fahrlehrer ist, dann zeigt er uns, worauf es bei der Ausübung unseres Berufs ankommt: nämlich darauf, dass wir unseren Mitmenschen dienen. Diese Sichtweise mag manche überraschen. Viele Zeitgenossen sehen im Beruf nämlich in erster Linie eine Möglichkeit, um Geld zu verdienen. Zwar lehrt uns der Geist in der Bibel auch, dass jeder Arbeiter seines Lohnes wert ist, aber die Hauptsache ist das nicht. Es gibt übrigens wichtige Berufe, die gar nicht offiziell bezahlt werden, zum Beispiel den Beruf der Mutter oder den Beruf des Schülers. Die Hauptsache ist, dass wir mit den Gaben, die Gott uns gegeben hat, und an der Stelle, an die er uns hingestellt hat, für unsere Mitmenschen da sind und Nächsten­liebe üben. Unsere Devise lautet dann nicht: Wie kriege ich mit möglichst wenig Mühe möglichst viel Geld?, sondern unserer Devise lautet dann: Was brauchen meine Mitmenschen – zum Beispiel meine Kunden, meine Kollegen, meine An­gestellten, meine Vorgesetzten oder meine Angehörigen? Wie kann ich mich für sie nützlich machen und ihnen zuarbeiten? Wenn sich alle Menschen in ihrem Beruf vom Heiligen Geist beraten ließen, dann gäbe es viel weniger Ärger an den Arbeits­plätzen.

Gottes Geist führe auch auf ebner Bahn, die in Kirche und Gemeinde mitarbeiten. Alle Christen sind ja von Gott berufen, mitzutun an dem herrlichen Werk der Mission, damit Christi Liebe in Wort und Tat bezeugt wird. Das müssen nicht immer große Worte und Taten sein; das geschieht oftmals im Verborgenen. Da besucht jemand einen Kranken, muntert ihn auf, sagt ihm Gottes Wort und betet mit ihm. Da putzt jemand die Kirche oder mäht den Rasen. Da kommt jemand mit großer Treue in den Gottesdienst und singt fröhlich alle Lieder mit. Da lässt jemand die Nicht­christen in seiner Umgebung wissen, dass ihm Jesus Christus ganz wichtig ist. Da setzt jemand sein Geld, seine Zeit oder auch sein Kraft­fahrzeug ein, um auf diese Weise der Gemeinde zu dienen. Der Heilige Geist schenke uns offene Augen, damit wir sehen lernen, wo unser Einsatz nötig ist. Und er gebe und gute Ideen, damit wir neue Wege für das Evangeliums­zeugnis beschreiten können.

Gottes Geist führe auch die auf ebner Bahn, die in Not sind. Wie der Autofahrer bei Regen, Glatteis oder Nebel in schwierige Situationen geraten kann, so geraten wir auf unserem Lebensweg hin und wieder in Schwierig­keiten. Wie gut, wenn man dann den Heiligen Geist als Lebens-Fahrlehrer neben sich hat. Der kann einem dann ein ruhigs Herz und Besonnenheit schenken. Und der wird eingreifen, wenn wir doch mal kopflos werden und das Falsche tun wollen. Wie gut, dass man zum Beten nicht extra in die Kirche gehen oder sich lange vorbereiten muss, sondern dass man in allen Lebenslagen ein Stoßgebet zum Himmel schicken kann. Auch wenn das in so einer Situation nur ein unbeholfenes Gestammel ist – der Heilige Geist vertritt uns bei Gott sogar mit un­aussprech­lichem Seufzen! Und er erinnert uns immer wieder daran, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zu besten dienen. Er schenkt uns in der größten Not die Gewissheit, dass nichts und niemand uns von Gottes Liebe trennen kann, die er uns durch seinen Sohn erwiesen hat.

Gottes Geist führe uns auf ebner Bahn durch alle Lebens­abschnitte. Er behüte die Säuglinge und unmündigen Kinder. Er bewahre die Schüler und Studenten, dass sie trotz größer werdenden Wissens mit kindlichem Vertrauen am Heiland festhalten. Er stehe den Menschen in der Lebensmitte zur Seite, die oft vielfältigen An­forderungen ausgesetzt sind und manchmal gar nicht wissen, wie sie das alles schaffen sollen. Er lehre die alten Menschen, mit abnehmenden Kräften und zunehmenden gesund­heitlichen Beschwerden zurecht­zukommen. Uns alle aber lehre Gottes großer Lebens-Fahrlehrer, dass wir in dieser Welt stets unterwegs sind; wir können zu keinem Zeitpunkt stehen­bleiben und auch nicht zu früheren Leben­sabschnitten zurück­kehren. Wer das in der Lebens-Fahrschule gelernt hat, der lernt dann schließlich auch bedenken, dass er sterben muss. Der Geist aber macht, dass dieser Gedanke uns nicht erschreckt, sondern dass wir uns auf das herrliche Ziel in Gottes ewigen Reich freuen können.

Ja, um das alles lasst uns heute und in Zukunft den Heiligen Geist bitten. „Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen!“ Und: „Lehre mich tun nach deinem Wohl­gefallen, denn du bist mein Gott; dein guter Geist führe mich auf ebner Bahn.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2018.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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