In Gottes Glaubensschule

Predigt über Hebräer 11,17-19 zum Ostersonntag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Es ist zwar Sonntag und es sind Osterferien, aber trotzdem gehen wir heute in die Schule – in Gottes Glaubens­schule. Das elfte Kapitel des Hebräer­briefs ist Gottes große Glaubens­schule, denn es stellt uns eine Reihe biblischer Glaubens­vorbilder vor. Der Glaube Abrahams bei der Opferung Isaaks scheint auf den ersten Blick zwar eher ein Karfreitags­thema zu sein, aber in Wahrheit geht es hier um Ostern und um den Glauben an die Auferstehung der Toten. Lasst uns das jetzt in drei Lektionen bedenken.

Erste Lektion: Ich glaube nur, was ich höre. Der Volksmund sagt: Ich glaube nur, was ich sehe, aber in Gottes Glaubens­schule lernen wir: Ich glaube nur, was ich höre.

Abraham glaubte, was er von Gott hörte. Gott hatte ihm aufgetragen, mit seinem Sohn Isaak zum Berg Morija zu reisen und ihn dort zu als Brandopfer dar­zubringen. Das war ein bitter schwerer Auftrag; trotzdem hörte Abraham nicht weg. Er sagte auch nicht: Gott, das kannst du von mir nicht verlangen! Nein, Abraham hörte hin, nahm Gottes Wort ernst und richtete sich danach. Allerdings hatte er nun ein Problem: Gott hatte ihm früher versprochen, dass aus diesem Sohn Isaak ein großes Volk werden sollte. Auch das hatte Abraham gehört und ernst genommen, und er glaubte immer noch fest an diese Zusage. Wenn er nun Isaak opferte, wie sollte dann dieses Versprechen wahr werden? Viele würden sagen: Das geht überhaupt nicht; Gott hat sich da selbst wider­sprochen. Nicht so Abraham: Er glaubte, dass Gott beides ernst gemeint hatte. Darum vertraute er darauf, dass Gott den toten Isaak wieder lebendig machen und seine Verheißung erfüllen würde. Weil Abraham so gehorsam und zugleich so vertrauens­voll Gottes Wort hörte, glaubte er an die Auferstehung der Toten. Damit sind wir schon bei den Ereignissen am Ostermorgen. Was sahen die Frauen, als sie zu Jesu Grab kamen? Sie sahen nicht, dass er da war, sie sahen nur, dass er nicht da war, also dass das Grab leer war. Sie sahen den Auf­erstandenen erst einmal noch nicht, aber sie hörten von der Auf­erstehung. Ein Engel sagte ihnen: „Er ist auf­erstanden!“ Auch die Frauen am Grab sollten diese Lektion in Gottes Glaubens­schule lernen: Ich glaube nur, was ich höre. Dem Jünger Thomas sagte der Auf­erstandene selbst dann eine Woche später: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“ (Joh. 29).

Liebe Brüder und Schwestern, auch unser Glaube verlässt sich ganz aufs Hören. Der Apostel Paulus schrieb: „Der Glaube kommt aus der Predigt“ (Römer 10,17). Das bedeutet: Der Glaube kommt aus dem verkündigten Wort Gottes, das wir hören und das wir mit den Sakramenten bestätigt bekommen. Natürlich sollen wir nicht alles glauben, was wir im Laufe eines Tages hören. Die Welt ist ja bekanntlich voller Irrtümer und Lügen (damit meine ich jetzt nicht die Zeitung „Die Welt“, obgleich auch das, was Zeitungen steht, nicht immer richtig ist). Aber wenn Gott redet, dann sollen wir ihm glauben. Gott sagt uns durch die Apostel und durch die Bibel, dass sein Sohn für unsere Erlösung ein Mensch geworden, am Kreuz gestorben und am dritten Tag auferstanden ist. Das hören wir, das glauben wir, das bekennen wir auch gemeinsam Sonntag für Sonntag. Und wenn Leute uns allerlei Argumente vorlegen, warum es keine Auferstehung geben könne, dann erwidern wir: Ich glaube nur, was ich höre, und zwar von Gott höre. Sein Wort ist völlig zuverlässig. Er kennt die Welt und uns Menschen besser als wir selbst, denn er hat ja alles geschaffen. So hilft uns diese Lektion der Glaubens­schule gegen Skeptiker aller Art. Und sie hilft uns ebenso gegen Superfromme, die mit ihrem Glauben über das Ziel hinaus­schießen. Sie meinen, man müsse von Gott irgendetwas Gewaltiges erbitten und fest daran glauben, dann geschieht es auch – vielleicht die Heilung eines Krebs­kranken im Endstadium, oder dauerhaften Weltfrieden. Natürlich dürfen wir Gott um solche Dinge bitten, aber wir sollten dabei nüchtern erkennen, dass er uns dies­bezüglich nichts Konkretes versprochen hat; weder die medizinische Wieder­herstellung eines bestimmten Kranken noch dauerhaften Frieden in der Welt. Ich kann diese Dinge Gott im Gebet zwar anbefehlen, aber ich glaube nur, was ich höre – also was er in seinem Wort wirklich verheißen hat.

Zweite Lektion: Es ist schon mal jemand zurück­gekommen. Der Volksmund sagt: Es ist noch nie jemand von den Toten zurück­gekommen, aber wir lernen in Gottes Glaubens­schule: Es ist schon mal jemand zurück­gekommen.

Abraham freilich konnte das damals noch nicht sagen, sein Glaube an die Auferstehung konnte sich nocht nicht auf ein über­liefertes Ereignis stützen. Insofern war Gottes Auftrag an ihn, seinen Sohn zu töten, eine echte Versuchung. Gott wollte prüfen, ob sich sein Glaube allein aufs Wort verlässt, gegen jede Erfahrung. Wir sehen: Gott versucht niemanden, um ihn damit vom Glauben abzubringen, aber Gott kann durchaus jemanden versuchen, um seinen Glauben durch eine Bewährungs­probe zu festigen. Gott bestätigte Abraham diesen Glauben dann insofern, dass er dem Isaak das Leben wiedergab, noch bevor er wirklich gestorben war. In letzter Sekunde widerrief ein Engel den Tötungs­befehl, und erneut hörte Abraham auf Gott und handelte ent­sprechend. Das heißt: Er handelte eben nicht, er ließ das Schlachter­messer sinken. Das, lehrt der Hebräer­brief, war ein „Gleichnis“ oder Zeichen Gottes für die Auferstehung der Toten, die damals, wie gesagt, noch in der Zukunft lag. Nun ist die Zukunft von vorgestern die Vergangen­heit von heute. Wir blicken heute zurück auf den Ostermorgen des Jahres 30 und stellen fest: Da ist jemand tatsächlich zurück­gekommen von den Toten. Jesu Auferstehung von den Toten gehört zu den am besten bezeugten Ereignissen der Antike. Wer Jesu Auferstehung bezweifelt, der könnte ebensogut Cäsars Gallischen Krieg bezweifeln. Ostern bestätigt als Tatsache, was für Abraham noch eine Zukunfts­hoffnung war: Es ist schon mal jemand zurück­gekommen. Natürlich hätte Jesus auch auferstehen können, ohne sichtbar zu erscheinen. Er hätte direkt aus dem Grab in den Himmel fahren können, und Gottes Engel hätten das den Jüngern dann einfach nur mitgeteilt. Für unsere Erlösung und Christi Sieg über den Tod hätte das keinen Unterschied gemacht. Ebensogut hätte Abraham damals den Isaak töten können, und Gott hätte ihn wieder lebendig gemacht – entweder sofort oder auch viel später, vielleicht erst nach Abrahams Tod. Gottes Versprechen, dass aus Isaak ein großes Volk wird, hätte sich trotzdem erfüllt. Aber hätte, hätte, Fahrradkette – Gott hat nun mal alles so gefügt, wie es uns sein Wort berichtet, und das ist gut so. Bevor Jesus sich zur Rechten des Vaters im Himmel niederließ, ist er sichtbar zurück­gekommen in unsere Welt und hat damit die Botschaft des Engels bestätigt: Er ist wahrhaftig auf­erstanden.

Liebe Brüder und Schwestern, so ist die Auferstehung unsers Herrn und überhaupt die Auferstehung der Toten zu einem der wichtigsten christlichen Glaubens­artikel geworden. Nach allem, was die Apostel verkündigt haben und was im Neuen Testament steht, kommen wir nicht darum herum fest­zustellen: Es ist schon mal jemand zurück­gekommen. Alle scheinbar so vernünftigen Bedenken dagegen sind nicht stichhaltig. Wenn wir nämlich glauben, dass Gott die Welt geschaffen und jedem Menschen das Leben gegeben hat, dann müssen wir ihm auch zutrauen, dass er es einem toten Menschen zurückgeben kann – sowohl in dieser als auch in jener Welt. Es gibt Berichte von Menschen, die schon mal einen kleinen Blick in jene Welt werfen durften und dann wieder in diese Welt zurück­gekommen sind; einige von ihnen leben heute noch unter uns. Sie haben Bücher geschrieben, Filme gedreht und mit ihrem persönlichen Zeugnis bekräftigt, was uns die Oster­botschaft so be­eindruckend vor Augen stellt: Es ist schon mal jemand zurück­gekommen.

Dritte Lektion: Mit dem Tod geht vieles weiter. Der Volksmund sagt: Mit dem Tod ist alles aus, aber wir lernen in Gottes Glaubens­schule: Mit dem Tod geht vieles weiter.

Abraham dachte: Es muss ja weitergehen, denn wenn Isaak nach dem Opfer tot bleiben würde, dann könnte Gottes Versprechen nicht in Erfüllung gehen. Die Jüngerinnen und Jünger erlebten es zu Ostern: Mit Jesu Tod am Kreuz ist nicht alles aus, wie sie zwei Tage lang geglaubt hatten, sondern sein Leben und Wirken geht weiter – ja, es entfaltet jetzt erst seine volle universale Kraft für alle Menschen.

Und wir, liebe Brüder und Schwestern, glauben, dass auch für uns der Tod nicht das Ende bedeutet, sondern dass es danach weitergeht, dank der Auferstehung Jesu Christi. Diesen Glauben setzen wir fröhlich all den armseligen Versuchen entgegen, die Mit-dem-Tod-ist-alles-Aus-Philosophie irgendwie ins Positive zu biegen. Da sagt man: Wir haben nur dieses eine Leben!, und jagt mit voller Kraft seinem irdischen Glück hinterher. Schade nur, dass dieses erträumte Glück kaum einer wirklich einholt. Oder da will man nicht zugeben, dass man alt ist, und redet sich heraus mit seinem gefühlten Jungsein. Jedoch: Spätestens wenn die gefärbten Haare dünn werden und wenn die gut gepflegte Haut Falten schlägt, lässt sich das Verfalls­datum des menschlichen Körpers nicht mehr ignorieren. Manche hängen dann ihren ganzen Lebenssin an dem Wörtchen „noch“ auf: Noch kann ich radfahren, noch putze ich die Fenster selber, noch habe ich die Geburtstage meiner Enkelkinder im Kopf… Aber wenn dieser Strohhalm schließlich reißt und allein Schwachheit bleibt, sieht mancher nur noch die Selbsttötung als Ausweg – eine bedrohliche Entwicklung in unserer Gesell­schaft, die uns sicher noch mehr beschäftigen wird, als uns lieb ist. Denn es ist eine Illusion, dass der Tod dann erlöst, weil mit ihm alles aus sei, es folgt dann vielmehr Gottes Gericht und die Frage: Was hast du mit der Gabe deines Lebens gemacht, die dir von Gott anvertraut wurde? Wir aber, liebe Brüder und Schwestern, wissen darum und kennen auch den wahren Erlöser, der uns im Gericht freisprechen wird. Darum haben wir es nicht nötig, in dem Wörtchen „noch“ Trost zu suchen, denn wir lernen unsern Trost in Gottes Glaubens­schule: Mit dem Tod geht vieles weiter. Oder eigentlich: Mit dem Tod geht’s erst richtig los – dann ohne Sünde und ohne all das Leid, das sie mit sich bringt. Ja, auch das gehört zur Oster­botschaft: Jesus ist der Erste, der mit einem neuen, herrlichen, verklärten Leib von den Toten auferstanden ist – so wie wir am Jüngsten Tag zum ewigen Leben auferstehen werden.

In der Schule ist es wichtig, alle Lektionen zu wiederholen. Das empfiehlt sich auch in Gottes Glaubens­schule. Darum zum Schluss noch einmal kurz und knapp unsere drei Lektionen. Erstens: Ich glaube nur, was ich höre – nämlich das, was mir Gott in seinem Wort sagt. Zweitens: Es ist schon mal jemand zurück­gekommen – nämlich Jesus Christus, der Erstling der Auferstehung zum ewigen Leben. Drittens: Mit dem Tod geht vieles weiter – und dann kommt das Beste, nämlich die ewige Seligkeit bei unserem auf­erstandenen Herrn im Himmel. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2018.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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