Wieviel Freude braucht die Stadt?

Predigt über Philipper 4,4 zu einer Ökumenischen Veranstaltung

Liebe Freunde!

„Wieviel Freude braucht die Stadt?“ fragt das Thema unseres diesjährigen ökumenischen Pfingst­empfangs. Da liegt es nahe, zunächst zu fragen: „Wieviel Freude hat denn die Stadt bereits?“ Erfreulich viel, kann man antworten: jedes Jahr ein fröhliches Frühlings­fest, dazu viele weitere fröhliche Ver­anstaltun­gen, eine Tageszeitung mit der täglichen Kolumne „Worauf ich mich heute freue“, ein Kino, diverse Vereine, Kitas mit fröhlichen Kindern sowie fröhliche Menschen auf der Straße, mit und ohne Bierflaschen in der Hand.

Ein kleines Kind sieht eine fröhlichen Menschen mit Bierflasche und fragt seine Mutter: „Mami, warum ist der Mann da so fröhlich?“ Die Mutter antwortet: „Weil der viel Bier getrunken hat.“ Das Kind fragt weiter: „Warum hat der denn Bier getrunken?“ Die Mutter: „Ich weiß nicht, vielleicht weil er Kummer hat, weil er traurig ist.“ Das Kind: „Dann ist der Mann fröhlich, weil er traurig ist?“ Das gibt zu denken.

Vielleicht braucht unsere Stadt also noch mehr Freude, damit weniger Menschen die Freude auf dem Boden einer Flasche Bier suchen müssen. Damit komme ich zurück zu unserer Ausgangs­frage: Wieviel Freude braucht die Stadt? Ja wieviel denn? Kann man Freude überhaupt messen? Es gibt nun mal kein Freudometer, mit dem man die Freude der Stadt wie Fieber messen kann und sagen: 37 Freud ist normal, das reicht aus. Es wäre ebenfalls unsinnig, bei der Freude eine Untergrenze festzulegen, ganz zu schweigen von einer Obergrenze. Bei anderen Fragen ginge das durchaus, zum Beispiel: Wieviele Schulen braucht die Stadt? Oder: Wieviele Nagelstudios braucht die Stadt? Aber bei der Freude geht das nicht.

Trotzdem ist die Frage sinnvoll. Auch wenn man Freude nicht messen kann, kann man doch mit Fug und Recht behaupten: Mehr Freude könnte unserer Stadt nicht schaden. Mehr Freude in den Schulen, denn Spaß am Lernen fördert die Bildung. Und mehr Freude in den Betrieben, denn Spaß an der Arbeit fördert die Pro­duktivi­tät. Und mehr Freude in den Seniorenheimen, denn da gibt es manchmal wenig zum Lachen. Und natürlich mehr Freude in den Familien. Denn was nützt letztlich all die Freude in der Schule oder am Arbeits­platz, wenn zu Hause Schluss mit lustig ist?

Nicht zuletzt auch das halbe Dutzend Kirchen­gemeinden der Stadt will die Freude vermehren helfen. Einige mag das erstaunen, denn manchmal machen die Kirchen auf den ersten Blick einen eher traurigen Eindruck; sie erinnern an Be­erdigungen, Katastrophen­seelsorge und ernste Musik. Aber Jesus selbst, der Freuden­meister, war in seinen Erdentagen oft fröhlich und hat gern gefeiert – so gern, dass seine sauer­töpfischen Feinde daran Anstoß nahmen. Und Jesus hat seinen Jüngern letztlich aufgetragen, eine frohe Botschaft unter die Leute zu bringen – die beste die es gibt: die Botschaft von Gottes Liebe, von der Vergebung der Sünden und vom ewigen Leben. Darum hat Gott zu Pfingsten den Geist der Freude geschickt. Der Heilige Geist will uns an Jesus und seine frohe Botschaft erinnern und uns Mut machen, sie anderen weiterzusagen. Der Heilige Geist hat auch die Autoren der Bibel inspiriert, Gottes Freudenbotschaft aufzuschreiben. Zwischen den beiden Buchdeckeln der Bibel ist über fünfhundert Mal von der Freude die Rede. Im Philipper­brief lesen wir: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!“

Beachten wir dabei, dass es in diesem Wort um eine ganz besondere Freude geht, die Freude „in dem Herrn“. Es gibt ja durchaus Unterschiede in der Art und Qualität von Freude. Man darf deshalb auch fragen: „Was für Freude braucht die Stadt?“ Bei vielen Freuden ist bald die Luft ’raus, so wie bei einem Luftballon. Und wenn jemand den Ballon anpiekt, dann platzt die Freude im Nu. Wir alle wissen es: Bei den meisten Freuden kann jederzeit etwas dazwischen kommen, und das Lachen bleibt einem dann im Hals stecken. Ein Unglücks­fall, ein Terror­anschlag, und das fröhlichste Fest ist im Eimer. Anders ist das mit der Freude in Gott und in dem Herrn Jesus Christus. Diese Freude ist krisenfest, sie funktioniert auch noch in allem Leide; darum heißt es: „Freuet euch in dem Herrn allewege!“ Es herrscht dann zwar keine ausgelassene Stimmung mehr, aber die Freude in dem Herrn bleibt im Hintergrund als un­verwüst­liche Lebens­grundlage erhalten, manchmal sogar unter Tränen. Diese Freude ist sogar stärker als der Tod, weil Jesus Christus stärker ist als der Tod. Martin Luther hat gesagt (und ein Lutherzitat soll an dieser Stelle im 500. Jubiläums­jahr der Reformation nicht fehlen): „Die Freude eines Christen­menschen ist himmlisch und ewig.“

Wieviel Freude hat die Stadt? Wieviel Freude braucht die Stadt? Was für Freude braucht die Stadt? Meine Antwort lautet: Sehr viel Freude braucht die Stadt – vor allem die krisenfeste Freude im Herrn. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2017.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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