Wie wir Gott mit Musik loben

Predigt über 2. Chronik 5,11-14 zum Sonntag Kantate

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

„Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich!“ Diesen Lobvers hatte König David einst gedichtet, als er die Bundeslade nach Jerusalem holen ließ (1. Chronik 16,34). Die Bundeslade war im alten Israel das Zeichen dafür, dass Gott mit seiner Güte und Freundlich­keit mitten in seinem Volk wohnt. „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich!“ Dieser Lobvers erklang aufs Neue, als Davids Sohn und Thronfolger Salomo den ersten Jerusalemer Tempel einweihte. Dort bekam die Bundeslade erstmals ein festes Haus, wo die Israeliten künftig Gott anbeten und seine Hilfe suchen sollten. „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich!“ So beginnen vier Psalmen, und der zweite Teil des Satzes schallt als Psalm-Refrain ganze 38 Mal durchs Alte Testament. „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich!“ So beten auch wir Christen, die wir zum neu­testament­lichen Gottesvolk gehören, weil Jesus unter uns ist, der uns mit seinem Tod und seiner Auferstehung Gottes Güte und Freundlich­keit gebracht hat. Und nach der Abendmahls­feier singen wir diese Worte als Wechsel­gesang mit Halleluja, denn im Heiligen Abendmahl ist der Herr mit seinem Leib und Blut bei uns so gegenwärtig, wie Gott damals mit der Bundeslade bei den Israeliten gegenwärtig war.

Wir haben eben im Predigttext Genaueres davon gehört, wie die Israeliten bei der Tempel­einweihung Gott lobten. Dieser Bibel­abschnitt zeigt uns Dreierlei vom musi­kalischen Gotteslob: Es ist erstens begleitet, zweitens einstimmig, drittens aufwändig. Auch wenn diese drei Dinge nicht unbedingt auf unser heutiges Gotteslob zutreffen, so können sie uns doch Wichtiges über das Singen und Musizieren zu Gottes Ehre sagen.

Erstens: Das musikalische Gotteslob ist begleitet. Wir denken heute zuerst an die Orgel­begleitung beim Choral­singen, weil wir die aus dem Sonntags­gottesdienst gewohnt sind. Orgeln gab es zur Zeit der Tempelweihe noch nicht, stattdessen lesen wir da von Zimbeln, Psaltern, Harfen und Trompeten. Zimbeln, also Becken, kennen wir vom Schlagzeug; man kann ordentlich Krach mit ihnen machen. Wir wissen allerdings nicht, wie die levitischen Musiker damals ihre Zimbeln eingesetzt haben, aber es ist gut vorstellbar, dass sie damit wichtige Wörter des Lobgesangs akustisch betonten, zum Beispiel das Wort „Herr“ in „Danket dem Herrn“. Wenn der Gottesname fällt, dann sollen nämlich alle aufhorchen, dann sollen auch die letzten Kirchen­schläfer aufwachen! Andere Leviten zupften an Psaltern und Harfen. Das waren melodisch gestimmte Saiten­instrumente, die man damals ungefähr so verwendete, wie man heute üblicher­weise Gitarren benutzt: Der Gesang wird damit akkordmäßig begleitet. Und dann waren da noch die Blechblas­instrumente, die Trompeten. Sie wurden nicht von den einfachen Tempel­dienern geblasen, den Leviten, sondern sie waren den Priestern vorbehalten. Das lag daran, dass die Trompeten eigentlich keine Musik­instrumente, sondern Signal­instrumente waren. Mit charakte­ristischen Trompeten­signalen riefen Israels Priester die Menschen zum Gottesdienst und zur Landes­verteidigung zusammen und kündigten auf diese Weise auch bestimmte Zeiten an, zum Beispiel den Beginn eines neuen Monats oder eines neuen Jahres. Die Trompeten erfüllten damals denselben Zweck wie die Kirchen­glocken im Mittelalter. Deshalb war die ver­antwortliche Aufgabe des Trompetens den Priestern vorbehalten; es war so etwas wie eine Ver­kündigungs­aufgabe. Wir merken: Die Begleitung des Gotteslobs durch Instrumente ist keineswegs nur eine neben­sächliche Verzierung, sondern sie wirkt bei der Verkündigung mit, die durch das Gotteslob geschieht. Asaf, Heman und Jedutun, die namentlich genannten Leiter der Leviten­chöre, werden darum an anderer Stelle sogar als Propheten bezeichnet.

Wir nehmen daraus für unser musi­kalisches Gotteslob die Erkenntnis mit: Singen und Musizieren zur Ehre Gottes ist zugleich auch immer Ver­kündigung. Die Begleitung mit Instrumenten unter­streicht die gesungenen Worte von der Freundlich­keit und von der ewigen Güte unseres Gottes.

Zweitens: Das musikalische Gotteslob ist einstimmig. Jedenfalls schien das damals so zu sein bei der Einweihung des Tempels. Da steht nämlich: „Und es war, als wäre einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn.“ Allerdings ist damit möglicher­weise nicht dasselbe gemeint, was wir heute unter Einstimmig­keit verstehen, nämlich dass alle Sänger und Bläser unisono dieselbe Melodie singen beziehungs­weise spielen. Das wäre für unseren heutige Geschmack nicht nur einstimmig, sondern auch eintönig. Vielleicht soll aber nur betont werden, dass die Levitenchöre auf den sonst üblichen Wechsel­gesang zwischen mehreren Gruppen verzichteten und sich stattdessen zu einem einzigen gemeinsamen, besonders kräftigen Klangkörper vereinigten. Es wäre auch denkbar, dass sie zwar mehrstimmig sangen und bliesen in der Art unserer vier­stimmigen Choralsätze, dabei aber so sauber intonierten und so gut aufeinander hörten, dass der Eindruck eines ganz einheit­lichen Gesamtklangs entstand. Seit König Davids Zeit waren es immerhin Profi-Musiker, die Gott am Jerusalemer Heiligtum Loblieder sangen. Wir wissen zu wenig über die Musik im alten Israel, um die Frage nach der Einstimmig­keit sicher beantworten zu können. Eins aber ist gewiss: Der Eindruck, dass die vielen hundert Musiker wie eine Stimme zusammen­klangen, zeigt etwas über Gottes Volk. Viele Stimmen, viele verschiedene Menschen kommen da zusammen, um den einen wahren Gott einmütig für seine Freundlich­keit und Güte zu loben. Wo Menschen sich vertrauens­voll in Gottes Gegenwart versammeln, da wird aus ihnen eine Herde unter einem Hirten. Die akustische Einheit der Levitenchöre wurde damals noch optisch durch einheitliche Kleidung unter­strichen: Sie waren „angetan mit feiner Leinwand“. Von daher kommt die Tradition vieler Kirchenchöre in der Welt, in einheit­lichen Gewändern aufzutreten.

Wir nehmen für unser musi­kalisches Gotteslob die Erkenntnis mit: Die Kirchenmusik ist ein Sinnbild für die Einheit des Leibes Christi. Wir sind die Glieder dieses Leibes – vielfältig, verschieden begabt, mit ver­schiedenen Stimmlagen und Instru­menten. Aber der eine Herr der Kirche vereinigt uns zu einmütigem Loben und Preisen, und auch zum einmütigen Bekennen seines Namens, wie der Apostel Paulus gelehrt hat: „ein Leib und ein Geist, … ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller…“ (Eph. 4,4‑6).

Drittens: Das musikalische Gotteslob ist aufwändig. König Salomo hatte damals einen enorm hohen Aufwand betrieben, um das Tempel­weihfest würdig aus­zugestalten. Nicht nur, dass er unzählige Schafe und Rinder als Dankopfer darbringen ließ; nein, auch die Kirchenmusik war aufwändig. Wir wissen ja mit Paul Gerhardt: „Dankbare Lieder sind Weihrauch und Widder…“ Salomo hatte dafür gesorgt, dass nicht nur die gerade dienst­habenden Priester und Leviten sich für die Einweihungs­zeremonien bereit machten, sondern sämtliche verfügbaren Priester und Leviten, auch die Reserve. Darum heißt es: „Alle Priester, die sich eingefunden hatten, hatten sich geheiligt, ohne dass sie sich an die Ordnungen hielten“, das heißt über den üblichen Dienstplan hinaus. Es sei auch noch einmal an die aufwändigen Gewänder erinnert und an die Tatsache, dass es sich bei den Leviten um Berufs­musiker handelte. Wenn es ums Gotteslob ging, war Salomo kein bisschen sparsam.

Eigentlich sollte das selbst­verständlich sein: Gott ist unser Herr und König, dem wir alles zu verdanken haben, da sollte als Dankopfer für ihn das Beste gerade gut genug sein. Wenn es im Choral „Herr Gott, dich loben alle wir“ heißt: „Darum wir billig loben dich“, dann ist damit nicht gemeint, dass die Kirchenmusik möglichst wenig kosten soll. Es ist vielmehr richtig und wichtig, dass wir uns Mühe geben, auch Zeit und Geld hinein­stecken. Natürlich kann nicht jede Kirchen­gemeinde einen Profi-Chor haben, nicht einmal eine Profi-Organisten. Aber alle, die in einer Gemeinde musizieren, sollten sich hinter den Spiegel stecken: Lasst uns nicht faul und nachlässig sein, sondern einen gewissen Aufwand betreiben, um Gott möglichst schön zu loben. Es fängt damit an, dass jedes Gemeinde­glied nach Möglichkeit seine Stimme trainiert und auch zu Hause regelmäßig zu Gottes Ehre singt. Wer ein Instrument spielt, weiß sowieso, wie wichtig fleißiges Üben ist; auch das gemeinsame Üben in Singchor und Bläserchor ist un­verzichtbar. Und wenn es um Musik­unterricht für den Nachwuchs geht oder um die Anschaffung und Instand­haltung von Musik­instrumen­ten, dann darf das auch ruhig mal richtig Geld kosten; jedenfalls ist unser Geld beim Lob Gottes besser investiert als bei vielen anderen Dingen.

„Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich!“ Wenn wir zu Gottes Lob singen und musizieren, dann spüren wir Gottes Freundlich­keit und Güte ganz unmittelbar an Leib uns Seele. Manchmal ist es geradezu so, als wären wir eingehüllt in eine Wolke der Seligkeit, in eine Wolke der Gottesnähe. Dann dürfen wir uns gern daran erinnern, wie es damals war, bei der Einweihung des Tempels in Jerusalem: „Da wurde das Haus des Herrn erfüllt mit einer Wolke, … denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes.“ Und wir dürfen wissen: Dieselbe Herrlichkeit des Herrn ist bei uns in unseren Gottes­diensten anwesend und wo immer wir zu Gottes Lob zusammen­kommen; sie ist gegenwärtig im auf­erstandenen Herrn Jesus Christus. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2017.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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