Eine schwierige Aufgabe

Predigt über 2. Mose 3,11-12 zum Letzten Sonntag nach Epiphanias

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Manchmal stehen wir vor schwierigen Aufgaben. Da soll eine knifflige Arbeit ausgeführt werden. Oder da soll eine unangenehme Nachricht überbracht werden. Oder da soll ein verantwortungs­reiches Amt übernommen werden. Was auch immer es ist: Wir fühlen uns dann oft nicht wohl in unserer Haut und fragen uns, ob wir dieser Aufgabe gewachsen sind. Es geht uns so wie Mose, der angesichts seiner großen Aufgabe zunächst sagte: „Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten?“

Wenn wir vor einer schwierigen Aufgabe stehen (die meistens gar nicht so groß und schwierig ist wie Moses Aufgabe), dann sollten wir uns zunächst darüber klar werden, ob es wirklich unsere Aufgabe ist. Vielleicht bilden wir uns das aus über­triebenem Pflicht­gefühl nur ein. Vielleicht will jemand anders diese Aufgabe einfach nur los werden und wälzt sie deshalb auf uns ab. Ein Vorgesetzter vielleicht, oder ein Familien­angehöriger, oder ein guter Freund. Da muss man nicht immer gleich ja sagen. Im Gegenteil: Da sollte man es sich gut überlegen, ob man sich diese Aufgabe zu eigen macht. Vielleicht sind wir mit der Aufgabe überfordert. Oder vielleicht würde sie uns daran hindern, Wichtigeres zu erledigen. Vielleicht ist es besser, wir überlassen diese Aufgabe jemandem, der das besser kann. Natürlich sollten wir uns nicht aus Feigheit oder Faulheit davor drücken, Notwendiges zu erledigen. Aber wir sollten heraus­finden: Ist es denn wirklich notwendig, dass es getan wird und dass ich es tue? Diese wichtige Frage sollten wir nicht ohne Gott beantworten. Darum, immer wenn eine schwierige Aufgabe an uns heran­getragen wird, lasst uns Gott im Gebet bitten, dass er uns Klarheit schenkt und seinen Weg weist. Er wird uns dann schon zur rechten Zeit einen Hinweis geben, wie wir uns verhalten sollen. Und wenn uns klar wird, dass eine Aufgabe nicht unsere Aufgabe ist, dann dürfen wir mit gutem Gewissen nein sagen. Wir müssen dabei nicht einmal erklären, warum wir nein sagen. Unter Christen, Freunden und Verwandten sollte das möglich sein: Der eine fragt, der andere sagt nein, und damit ist es gut. Wenn uns allerdings klar wird: Es ist Gottes Wille, dass wir die schwierige Aufgabe annehmen, dann kann unsere Antwort nur ein Ja sein.

Bei Mose war es damals klar. Er wurde ja nicht von einem Freund oder einem Verwandten gerufen, sondern von Gott persönlich. Er wusste das auch, denn Gott begegnete ihm in einer über­natürlichen Erscheinung: Ein Busch brannte, ohne vom Feuer verzehrt zu werden, und eine Stimme aus diesem Busch sprach zu ihm: „Ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst.“ Damit war klar: Das ist ein göttlicher Auftrag, vor dem man sich nicht drücken darf.

Aber Mose fand zunächst kein Ja als Antwort. Vielmehr sagte er: „Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten?“ Wer bin ich denn? Ein Schafhirte, dem die Herde nicht einmal gehört; ein Knecht meines Schwieger­vaters! Wer bin ich denn? Ein Fremder im Land Midian; ein Flüchtling aus Ägypten! Wer bin ich denn? Ein jähzorniger Totschläger, der vor denen geflohen ist, die mich für dieses Verbrechen zur Rechenschaft ziehen wollten! „Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten?“ Mose will damit sagen: Ich bin dieser Aufgabe nicht würdig, und ich bin ihr auch nicht gewachsen. Das klingt demütig und respektvoll. Aber wenn man das Gespräch am brennenden Busch weiter verfolgt, dann kann man auf den Gedanken kommen: Hinter dem „Ich bin nicht würdig“ und „Ich kann das nicht“ verbirgt sich ein „Ich will das nicht“, „Ich habe keine Lust“. Wie dem auch sei: Gott nimmt Moses Einwände ernst – nimmt ihnen aber zugleich den Wind aus den Segeln. Er erwidert: „Ich will mit dir sein.“ Wenn Gott mit Mose ist, dann geht es nicht mehr um Moses eigene Würdigkeit, sondern dann verleiht Gott ihm als seinem Botschafter göttliche Würde. Wenn Gott mit Mose ist, dann bedeutet das auch, dass er ihn für diese Aufgabe befähigt. Mose muss nicht aus eigener Intelligenz und Kraft zu handeln, sondern er braucht sich nur von Gott ausrüsten und führen zu lassen.

Kommen wir nun wieder auf uns selbst zurück. Es kann auch uns passieren, dass wir nicht freudig ja sagen zu einer schwierigen Aufgabe – selbst wenn wir erkannt haben, dass sie Gottes Willen entspricht. Und auch uns fallen dann allerhand vermeintlich gute Gründe ein, warum wir die Finger davon lassen sollten. Es lohnt sich durchaus darüber nach­zudenken, ob sich hinter diesen vermeintlich guten Gründen nicht ein „Ich will das nicht“ oder „Ich habe keine Lust“ verbirgt. Aber natürlich kann es auch sein, dass Christen ganz ehrlich sind, wenn sie sagen: „Ich bin nicht würdig“ und „Ich kann das nicht“. Wenn du, lieber Mitchrist, solche Gedanken angesichts nötiger Aufgaben haben solltest, dann kannst du Gottes Wort an Mose direkt auf dich beziehen, als er ihm sagte: „Ich will mit dir sein.“ Denn auch für dich gilt Gottes Zusage: „Du bist mein“ (Jes. 43,1). Unser Heiland Jesus Christus hat diese Zusage später besonders bestätigt und bekräftigt: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende“ (Matth. 28,20). Es stimmt ja, dass wir von Natur aus nicht würdig sind, im Namen Gottes zu handeln und dabei auch schwierige Aufgaben anzugehen, aber Gottes Gnade und die Vergebung der Sünden haben uns dafür würdig gemacht. Und es stimmt auch, dass wir von Natur aus nich fähig sind, nach Gottes Willen zu leben, aber der Heilige Geist befähigt uns zu Leistungen, die wir anfangs nicht für möglich hielten. In solcher Weise hat Jesus nach seiner Auferstehung die Jünger gewürdigt und befähigt, im Namen Gottes eine riesige Aufgabe anzugehen: Sie sollten das Evangelium in die Welt tragen, sodass Menschen aus allen Völkern durch Taufe und Glaube Jesu Jünger werden.

Damals am brennenden Busch hat Gott seinem Wort „Ich will mit dir sein“ noch einen bemerkens­werten Satz hinzugefügt. Er sagte zu Mose: „Und das soll dir das Zeichen sein, dass ich dich gesandt habe: Wenn du mein Volk aus Ägypten geführt hast, werdet ihr Gott opfern auf diesem Berge.“ Gott wollte Mose seine Zusage mit einem äußeren Zeichen bestätigen. Wer sich ein wenig in biblischer Geografie auskennt, der weiß, in welcher Gegend Gott Mose aus dem brennenden Buch ansprach: im Bergland des Sinai-Gebirges, am Berg Horeb. Bald darauf geschah es, dass das befreite Volk Israel an dieser Stelle lagerte und dass Gott mit ihm dort seinen Bund schloss. Bei dieser Gelegenheit empfingen sie die Steintafeln mit den Zehn Geboten und brachten Gott die ersten Opfer vor der Stiftshütte dar. Im Alten Testament nimmt dieser Bundes­schluss am Sinai einen breiten Raum ein, und es werden viele Einzelheiten genannt. Das alles ist Mose und den Israeliten zum Zeichen dafür geworden, dass Mose wirklich Gottes Beauftragter ist und dass Gott ihn wirklich für seine Aufgabe zugerüstet hat.

Kommen wir nun wieder auf uns zurück und auf Gottes neuen Bund, den er durch Jesus Christus mit uns geschlossen hat. Auch dieser neue Bund hat seine sichtbaren äußeren Zeichen. Es sind die Gnadenmittel Wort und Sakrament, die Gott seiner Kirche gegeben hat. Wenn ich hier von Kirche rede, dann meine ich nicht eine irgendwie verfasste Institution, sondern dann meine ich nichts anderes als Gottes neues Bundesvolk, also die ganze Christenheit auf Erden. Uns allen bezeugt das Evangelium, dass Jesus von Nazareth wirklich Gottes Sohn ist, uns zum Heil in die Welt gesandt. Jesus hat Gottes schwierigste Aufgabe aktzepiert und gelöst: uns Menschen von der Macht der Sünde zu befreien. Zum Zeichen dafür, dass das wirklich gilt, hat er uns das Sakrament der Taufe eingesetzt. Das äußere Zeichen des Wassers bestätigt uns zusammen mit Gottes Wort, dass wir von Sünden rein­gewaschen sind. Und auch das Sakrament des Altars ist so ein Bestätigungs-Zeichen: Wer im Heiligen Abendmahl mit Brot und Wein den Leib und das Blut des Herrn Jesus Christus in sich aufnimmt, der darf gewiss sein, dass er durch Christus für immer zu Gott gehört und dass Christus in ihm lebt. Gottes Volk aber nimmt diese herrlichen Gnaden­zeichen unter dem Dankopfer der Anbetung und des Lobpreises an.

Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns diese göttlichen Bestätigungs­zeichen nicht verachten, sondern aus ihrer Kraft leben! Wer getauft ist, braucht nicht mehr zweifelnd zu fragen, ob er für irgendeine Aufgabe würdig genug ist. Durch die Taufe ist er ja von Sünden rein­gewaschen und Gottes Kind geworden. Und wer im Heiligen Abendmahl Christus in sich aufnimmt, braucht nicht mehr zweifelnd zu fragen, ob er denn zu dieser Aufgabe fähig ist. Er ist ja nun nicht mehr auf sich selbst gestellt, sondern Christus lebt in ihm. Kurz: Wenn wir mit Gottes Wort und Sakrament leben, können wir fröhlich ja sagen zu allen schwierigen Aufgaben, die wir als Gottes Aufgaben an uns erkennen. Und wir können uns darauf verlassen, dass Gott uns bei solchen Aufgaben anleitet und beisteht – so wie er es damals auch bei Mose getan hat. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2017.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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