Sehnsucht nach Licht

Predigt über Jesaja 51,4-5 zum Altjahrsabend

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Jetzt, mitten in der dunklen Jahreszeit, haben viele Menschen Sehnsucht nach Licht. Und angesichts mancher Ereignisse und Ent­wicklungen im zuende gehenden Jahr haben viele Menschen auch im übertragenen Sinne Sehnsucht nach Licht: Sie leiden darunter, dass Terror, Krieg, Un­gerechtig­keit und politische Unsicherheit die zurück­liegenden zwölf Monate geprägt haben. Hinzu mag manche trübe Erfahrung im persönlichen Leben kommen – gesundheit­lich, familiär, finanziell oder in anderer Hinsicht. Diese Sehnsucht nach Licht im übertragenen Sinne ist eigentlich eine Sehnsucht nach Frieden und Gerechtig­keit, nach Liebe und Leben.

Vor zweitausend Jahren sah es nicht besser aus auf der Welt. Auch Jesu Zeitgenossen sehnten sich nach Licht, nach Frieden und Gerechtig­keit, nach Liebe und Leben. Dasselbe gilt für die Menschen zur Zeit des Propheten Jesaja, noch einmal sieben­hundert Jahre früher. Eigentlich kann man sagen: Schon immer hatten Menschen diese Sehnsucht, egal wann und wo sie lebten. Zwar hat die Menscheit in mancher Hinsicht Fortschritte gemacht, aber in dieser Hinsicht nicht. Bosheit und Leid werfen nach wie vor ihre dunklen Schatten über die Welt und halten bis heute die Sehnsucht nach Licht wach.

Gottes Sohn Jesus Christus kennt diese Sehnsucht. Er kannte sie schon lange, bevor er als Mensch in unsere Welt hinein­geboren wurde. Er kannte sie von Anbeginn der Welt, und er kannte sie auch in den Tagen Jesajas. Da machte er den Propheten zu seinem Sprecher. Jesaja stellte ihn als „Knecht Gottes“ vor und ließ ihn dann selbst zu Wort kommen. Der Knecht Gottes sagt: „Die Inseln harren auf mich und warten auf meinen Arm.“ Mit den „Inseln“ sind alle Kontinente gemeint, mit „harren“ oder „warten“ die Sehnsucht der Menschen nach Licht, und mit „Arm“ die eingreifende Macht Gottes. Jesus zeigt mit diesen Worten, dass die Sehnsucht nach Frieden und Gerechtig­keit, nach Liebe und Leben eigentlich eine Sehnsucht nach ihm selbst ist, dem Friede­fürsten. Er ist das Licht der Welt, er kann die Sehnsucht stillen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Völker den Gottessohn kennen oder ob sie sich nur unpersönlich nach Hilfe und Heil sehnen: Letztlich geht es immer um die Sehnsucht nach dem Helfer und Heiland, den nur Gott senden kann – bewusst oder unbewusst.

Der Gottesknecht Jesus Christus, der die Sehnsucht aller Menschen kennt und beim Namen nennt, ruft nun alle zu sich, damit sie in den Genuss seiner Hilfe kommen. Diese Einladung hat er ebenfalls bereits durch den Propheten Jesaja aus­gesprochen. Der Knecht Gottes sagt: „Merkt auf mich, ihr Völker, und ihr Menschen, hört mir zu! Denn Weisung wird von mir ausgehen, und mein Recht will ich gar bald zum Licht der Völker machen. Denn meine Gerechtig­keit ist nahe, mein Heil tritt hervor, und meine Arme werden die Völker richten.“ Da hast du einen guten Rat für deine Sehnsucht nach Licht, wie auch immer sie beschaffen ist: Gibt Acht auf das, was Jesus sagt! Höre sein Wort! Vertraue seiner guten Botschaft, dem Evangelium! Versteck dich nicht vor seinem Licht! Lass dich beschenken mit seiner Gerechtig­keit und seinem Heil! Und erkenne seine Herrschaft an, die er über die ganze Welt ausübt! Diese Einladung beschränkt sich nicht auf das Volk Israel und auch nicht auf Menschen einer bestimmten Zeitepoche, sondern sie gilt ausdrücklich für alle Völker aller Zeiten. Darum dürfen wir gewiss sein, dass auch wir gemeint sind: Über die Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg ruft der Gottesknecht auch jetzt uns, an der Schwelle zum Jahr 2017, durch seinen Boten Jesaja.

Es kommt nun darauf an,wie wir auf diesen Ruf des Heilands reagieren.

Manche Menschen schlagen die Einladung aus. Sie sagen: Wenn Gott es bis heute nicht geschafft hat, sich mit starkem Arm gegen Unrecht und Unfrieden durch­zusetzen, wenn es also heute auf der Welt nicht wesentlich besser aussieht als vor 2000 oder 2700 Jahren, dann ist er offenbar zu schwach zu helfen, oder er hat die Menschheit als hoffnungs­losen Fall längst aufgegeben, oder er exisitiert nur in der Einbildung von irgend­welchen Propheten. Diese Menschen vertrauen nicht darauf, dass Jesus der Friedefürst ist und dass Gott selbst in ihm als großes Licht auf die Welt gekommen ist. Dabei übersehen sie, dass man vom Licht nur dann etwas hat, wenn man es nicht scheut. Dass heute noch so viel Unrecht und Unfrieden herrscht, liegt ja nicht an denjenigen Menschen, die Gottes Liebe vertrauens­voll angenommen haben, sondern an denjenigen Menschen, die sich diesem Licht entziehen. Darunter haben dann allerdings auch die Gläubigen zu leiden, denn sie leben ja zusammen mit den anderen in dieser Welt. Jedoch wissen die Gläubigen, dass Jesus auch in Leidens­zeiten ihr Licht ist und ihnen hilft. Jesus selbst hat voraus­gesagt, dass es so kommen wird und dass man sich darum nicht über Kriege und Unrecht wundern sollte – bis zum Jüngsten Tag nicht. Gottes neue Welt wird erst dann anbrechen, wenn es die alte nicht mehr gibt.

Manche Mensche stehen der Einladung des Gottes­knechts gleichgültig gegenüber. Das Unrecht und der Unfrieden in der Welt sind ihnen egal, darum machen sie Gott keinen Vorwurf daraus. Diese Menschen leiden höchstens unter dem, was ihre eigene Bequemlich­keit stört – und da stört eben auch Jesu Ruf, auf sein Wort zu hören und sich danach zu richten. Sie wollen einfach ohne Stress durchs Leben kommen und ihren Spaß haben; Gottes Licht ist ihnen da, so meinen sie, eher hinderlich. Es kommt letztlich auf dasselbe heraus: Genau wie diejenigen, die Gott bewusst ablehnen, scheuen auch diejenigen, denen er egal ist, das Licht des Gottessohns.

Nun ist es so, dass Gott niemanden in sein Licht zwingt. Wer lieber im Dunkel bleiben möchte, den lässt er im Dunkel bleiben, aber der findet dann eben auch nicht Frieden und Gerechtig­keit, Liebe und Leben – jedenfalls nicht so, wie Gott es ihm eigentlich zugedacht hat.

Wir aber, liebe Brüder und Schwestern, machen es anders: Wir folgen der Einladung des Gottes­knechts. Wir hören auf sein Wort und stellen uns in sein Licht. Und dabei erfahren wir: Hier bei Jesus ist wirklich Frieden und Gerechtig­keit, hier ist Liebe und Leben. Denn die Voraus­setzung für Frieden unter den Menschen ist der Frieden zwischen Gott und den Menschen. Diesen Frieden hat Christus gestiftet durch sein Opfer am Kreuz. Wir vertrauen darauf, dass Gott uns nicht böse ist wegen unserer Sünden, und wir unsererseits sind ihm auch nicht böse, selbst wenn wir manchmal nicht verstehen, warum er das Eine tut und das Andere zulässt. Wir glauben einfach: Es ist richtig so, es ist recht. Christus ist der Friedefürst; ihm ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden; und wie er regiert, so ist es richtig. Das Wunderbare an der Gerechtig­keit des Gottessohnes ist nun, dass er alle, die ihm vertrauen, gerecht macht. Er hat dafür gesorgt, dass wir gut und gerecht dastehen, wenn er wiederkommen wird, die Welt zu richten. Darin erkennen wir Gottes Liebe, die uns zur voll­kommenden Erlösung und zur ewigen Seligkeit führt. Auch in Zeiten des Unfriedens und des Unrechts, auch in Leid und Anfechtung sind wir wie Paulus gewiss, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der zukünftigen Herrlich­keit. Darum können wir auch gegen den äußeren Anschein bekennen: Unser Herr Jesus Christus regiert mit starkem Arm. Er ist unser Licht, und er hat uns Frieden und Gerechtig­keit, Liebe und Leben gebracht. Wir können ein zuende gehendes Jahr nicht besser abschließen und in ein neues nicht besser hineingehen als mit dieser Zuversicht. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2016.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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