Vollkommene Freude

Predigt über Philipper 2,2-4 zu einer Trauung

Liebes Brautpaar, liebe Gemeinde!

Beim Wünschen und Gratulieren brauchen wir nicht bescheiden zu sein. Man wünscht zur Hochzeit nicht einfach nur Glück, sondern viel Glück, nicht einfach nur Gutes, sondern alles Gute. Darum ist es auch ganz in Ordnung, wenn ihr, liebe Brautleute, bei der Auswahl eures Trauspruches aus der Bibel ordentlich zugelangt habt: Da geht es nicht nur um Freude, sondern um vollkommene Freude, nicht nur ums Einig-Sein, sondern ums Ganz-einig-Sein, nicht nur um Liebe, sondern um die eine Liebe, nicht nur ums Zusammen­halten, sondern ums Fest-Zusammen­halten. Ja, so soll es werden in eurer Ehe: vollkommen, perfekt und optimal!

Dieses Bibelwort ist nun keineswegs ein floskel­haftes Gerede, sondern es hat Hand und Fuß. Der Zusammenhang der genannten Dinge ist klar: Je mehr ihr euch liebt, desto besser findet ihr zusammen; je besser ihr aber zusammen­findet, desto größer wird die Freude. Und wenn die Bibel von der Liebe redet, dann meint sie nicht nur Sex oder irgendwelche romantischen Gefühle, sondern dann meint sie etwas Magneti­sches, eine unsichtbare Kraft, die Menschen zusammen­bringt und, je näher sie sich kommen, desto fester zusammen­hält. Ja, solche super-magnetische Liebe wünschen wir heute unserm Brautpaar, und solche super-magnetische Liebe wünschen wir gemeinsam von Gott für unser Brautpaar, wenn wir nachher beten. Und ihr, liebes Brautpaar, hört nicht auf, für solche Liebe zu beten! Jede Ehe hat solche super-magnetische Liebe nötig, solchen festen Zusammen­halt, weil früher oder später wahr­scheinlich allerhand Belastungen an dem Zweierbund rütteln werden.

Fester Zusammen­halt, die eine Liebe, ganze Einigkeit, vollkommene Freude – mancher findet vielleicht, dass das doch alles ein bisschen zu groß und zu pathetisch klingt, unerreichbar fern. Es geht aber gar nicht darum, dass man solche Vollkommen­heit erreichen kann oder gar muss, es geht vielmehr darum, dass man sie als Ziel­vorstellung im Auge behält. Wer als Sportler erfolgreich sein will, der darf sich seine Ziele nicht zu niedrig stecken. Liebes Brautpaar, beginnt mit solch sportlichen Ehrgeiz euren gemeinsamen Weg als Ehepaar! Denn die Liebe ist kein Schnupfen, den man sich einfach holt und dann hat man ihn, sondern an der Liebe kann man arbeiten. Und die Hochzeit ist kein Hafen, in dem das Liebespaar nach manchen Irrungen und Wirrungen schließlich vor Anker geht (so wie beim Happy Ende in alten Liebes­filmen), sondern die Hochzeit ist ein Hafen, aus dem zwei Schiffe neben­einander auslaufen zur gemeinsamen Fahrt über das große Meer, das man Leben nennt. Wer da ziel‑ und planlos aufbricht, wird nicht viel Freude haben. Wer sich aber das große Ziel aus dem Trauspruch vornimmt, der hat gute Voraus­setzungen für eine gelingende Lebensreise: Fester Zusammen­halt, die eine Liebe, ganze Einigkeit, vollkommene Freude.

Liebes Brautpaar, das gilt auch in eurem Fall, die ihr euch schon sehr lange kennt, die ihr gewisser­maßen miteinander erwachsen geworden seid. Denn auch wenn ihr euch gut kennt, wisst ihr nicht, wie der gemeinsame Weg weitergehen wird und was er mit euch machen wird. Ihr reist gern zu unbekannten Zielen, und in dieser Hinsicht ist auch die Ehe genau das Richtige für euch. Nur das wisst ihr, und das soll euch nicht zuletzt auch in diesem Gottesdienst besonders bewusst werden: Komme, was da wolle, ihr geht den Weg gemeinsam, und Gott geht mit.

Nun ist euer Trauspruch mit der großen Zielangabe aber noch nicht zu Ende. Es folgen ein paar Tipps, wie ihr auf dem gemeinsamen Weg gut vorankommt. Wie gesagt, die Liebe ist kein Schnupfen, sondern man kann an ihr arbeiten.

So wie in Gebrauchs­anweisungen meistens zuerst irgendwelche Gefahren­hinweise stehen, so werden auch hier zunächst mögliche Gefahren­herde genannt: „Weder Eigennutz noch Streben nach Ehre soll euer Handeln bestimmen.“ Verheiratet­sein heißt im gesamten Verhalten immer auch den Nutzen für den Partner mitbedenken – und zwar nicht als etwas Zweit­rangiges, sondern als etwas, das ebenso wichtig ist wie das eigene Wohl­befinden. Eigennutz beziehungs­weise Egoismus ist ein Todfeind der Liebe und der Ehe. Ebenso gefährlich kann die Ehrsucht sein, das „Streben nach Ehre“, wie es im Trauspruch heißt. Männer neigen dazu, immer Recht zu haben, auch wenn sie nicht Recht haben. Frauen neigen dazu, sich gekränkt zu fühlen und das ihre Männer auch spüren zu lassen. Niemand hat was von solcher Ehrsucht, von solchem falschem Stolz; Verlierer sind am Ende beide.

Es folgen schließlich ein paar grund­sätzliche Hilfen dafür, dass die Liebe gedeiht und krisenfest wird: „Seid bescheiden und achtet den anderen mehr als euch selbst. Denkt nicht an euren eigenen Vorteil, sondern habt das Wohl des anderen im Auge.“ Wenn die Frau sagte: Ich will vor allem dafür sorgen, dass es meinem Mann gut geht; und wenn der Mann sagt: Ich will vor allem dafür sorgen, dass es meiner Frau gut geht, dann wird es beiden bestens gehen, denn dann wächst die Liebe und wird stark. Ich weiß: Unterordnung ist eine Tugend, die heute nicht besonders hoch im Kurs steht, aber wir sollten hier doch Gottes Weisheit in der Bibel mehr vertrauen als zeit­bedingten Menschen­meinungen. Wenn beide Ehepartner sich in Liebe einander unterordnen, wächst der Zusammen­halt, wächst die Liebe, wächst die Einigkeit, wächst die Freude.

Wer die Bibel kennt, weiß, dass dieser Trauspruch eine Übersetzung ist. Er ist ein Zitat aus einem Brief, den der Apostel Paulus ursprünglich auf Griechisch an die christliche Gemeinde in Philippi geschrieben hat (darum heißt der Brief Philipper-Brief). In griechischen Original sind die vier Sätze des Trauspruchs interes­santerweise ein einziger langer Satz. Eigentlich ist er sogar noch länger, er fängt schon vorher an. Im ersten Teil, der noch nicht zum Trauspruch gehört, ist von Jesus Christus die Rede. Der ist eigentlich das Hauptthema von Paulus und von der ganzen Bibel. Das wissen alle Christen, oder sie sollten wissen: Was Liebe wirklich ist, das finden wir durch Jesus, den Sohn Gottes. Er hat uns mit seinem Leben und Predigen die eine Liebe Gottes gezeigt – die Liebe, die kein bisschen egoistisch oder ehrsüchtig ist, sondern die den anderen mehr achtet als sich selbst. Nirgends wird das deutlicher als am Kreuz, wo Jesus starb, denn da hat er sich aufgeopfert für die Erlösung aller Menschen. Von dieser aufopferungs­vollen Liebe Christi lebt die christliche Gemeinde, lebt die christliche Ehe, lebt jeder einzelne Christ. Denn das Ent­scheidende am christlichen Glauben ist nicht, dass wir die Existenz eines höheren Wesens für wahr halten oder dass wir uns nach bestimmten Geboten richten; das finden wir auch in allen anderen Religionen. Das Ent­scheidende am christlichen Glauben ist, dass Gottes Liebe in seinem Sohn Jesus Christus ein menschliches Gesicht bekommen hat und dass diese Liebe uns rettet – nicht nur für schöne Jahre in diesem Leben, sondern auch für die Ewigkeit.

Liebe Brautleute, ihr habt euch bewusst ent­schlossen, eure Ehe christlich segnen zu lassen, sie also im christlichen Glauben zu beginnen. Besser kann man es nicht machen. Denn auch das Gelingen euer Ehe und die Festigkeit eurer Liebe ist etwas, das ihr euch trotz allem guten Willen und aller guten Ratschläge nicht selbst garantieren könnt. Es ist letztlich eine Geschenk, das Jesus Christus mit seinem Segen bringt. Nehmt es freudig an und behandelt es sorgfältig – als euer kostbarstes Hochzeits­geschenk! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2016.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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