Interview mit einem Apostel

Predigt über 1. Johannes 4,13-16a zum 1. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

In meiner heutigen Predigt möchte ich jemanden interviewen, und zwar den Apostel Johannes. Die Antworten für dieses Interview liegen längst vor: Es sind die Worte aus dem 1. Johannes­brief, die wir eben als Predigttext gehört haben. Ich möchte nun die passenden Fragen dazu stellen – Fragen aus der Sicht eines Menschen unserer Zeit.

Beginnen wir mit dem Interview!

Ich frage: Johannes, du bist ein Apostel, also einer von den Männern, die Jesus ausgesandt und beauftragt hat, um seine frohe Botschaft in die Welt zu tragen. Schon vorher gehörtest du zu den engsten Vertrauten des Mannes aus Nazareth. Woher weißt du, dass du den richtigen Glauben hast und verkündest? Es gab doch auch damals schon viele verschiedene Religionen und Welt­anschauun­gen, genau wie heute. Und bei den griechischen Philosophen war es damals angesagt, an überhaupt nichts zu glauben und alles ohne Gott zu erklären, genau wie bei vielen Menschen heute. Warum also soll gerade die Heils­botschaft von Jesus die richtige sein, die ihr Apostel verkündigt habt? Warum seid ihr sicher, dass Gott auf eurer Seite ist?

Johannes antwortet: „Daran erkennen wird, dass wir in ihm bleiben und er in uns, dass er uns von seinem Geist gegeben hat.“ Gott hat uns den Heiligen Geist gegeben, und der schenkt uns die Gewissheit: Mit Jesus finden wir Gott und gehören für immer zu ihm.

Ich frage: Der Heilige Geist – kann das nicht auch Einbildung sein, oder Selbst­täuschung?

Johannes antwortet: „Wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt.“ Wenn ich als einziger predigen würde, dass Jesus Gottes Sohn ist und dass er die Welt erlöst hat, dann könnte man mir natürlich vorwerfen, dass ich verrückt bin und mir das bloß einbilde. Zu allen Zeiten gibt es ja einzelne Spinner, die behaupten, dass Gott ihnen Botschaften übermittelt hat; leider fallen immer wieder viele auf solche Spinner herein. Aber wir sind zwölf Apostel, und darüber hinaus haben noch hunderte von anderen Leuten den auf­erstandenen Jesus gesehen. Wir haben ja nicht nur das innere Gefühl, dass wir die Wahrheit sagen, sondern wir haben diese Dinge wirklich gemeinsam erlebt: Jesus war wirklich tot und stand danach wieder lebendig vor uns; er hat mit uns geredet und gegessen. Und zu Pfingsten haben wir alle den Wind gespürt und die Flammen gesehen und die erstaunliche Erfahrung gemacht, dass Ausländer ohne Fremd­sprachen­kenntnisse uns verstanden. Ein Einzelner kann sich bei einem einzigen Ereignis vielleicht täuschen, aber so viele können sich bei so vielen Beweisen des Heiligen Geistes nicht irren.

Ich sage: Das waren für euch bestimmt ganz wichtige Erfahrungen, und deswegen seid ihr voller Eifer, es anderen weiter­zusagen. Erstaunlicher­weise hat das ja dann auch zu dem Ergebnis geführt, das Jesus voraus­gesehen hat: dass Menschen auf der ganzen Welt an ihn glauben. Aber sollte man nicht denen, die bereits einen anderen Glauben haben, ihren Glauben lassen – wenn sie denn damit glücklich sind? Muss man unbedingt auch denen Jesus auf­schwatzen?

Johannes antwortet: Von Aufschwatzen kann keine Rede sein. Ich sagte: „Wir bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Heiland der Welt.“ Wir sagen einfach weiter, was wir erfahren haben, so wie Zeugen vor Gericht einfach die Wahrheit sagen sollen, ohne irgend­jemandem etwas auf­zuschwatzen. Allerdings gehört zu dieser göttlichen Wahrheit, dass Gottes eingeborener Sohn der Heiland der ganzen Welt ist – nicht nur der Juden und nicht nur der religiös veranlagten Leute und nicht nur derer, die noch keinen anderen Glauben gefunden haben. Gott hat alle Menschen geschaffen, Gott liebt alle Menschen und Gott will, dass alle Menschen selig werden. Darum gilt die Erlösung, die er durch Jesus gebracht hat, für alle Menschen. Und darum bezeugen wir ohne Ausnahme allen, dass er, und nur er, uns in Gottes Reich führt und ewiges Leben schenkt.

Ich frage: Du meinst also, dass jeder Mensch an Jesus glauben sollte?

Johannes antwortet: Ja, jeder. Denn: „Wer nun bekennt, dass Jesus Gottes Sohn ist, in dem bleibt Gott und er in Gott.“ Das heißt: Durch den Glauben an Jesus tritt ein Mensch in eine lebendige Beziehung zu Gott, und durch den Glauben bleibt er mit ihm verbunden. Das und nichts anderes hat Jesus selbst gelehrt und uns anvertraut, damit wir es weitersagen.

Ich frage: Johannes, ist das nicht eine Lehre, die letztlich zeitgebunden ist? Du und die anderen Apostel, ihr habt Erstaun­liches erlebt und habt deshalb auch mit Feuereifer Mission getrieben. Ihr dachtet sicher, dass der Herr in wenigen Jahren wiederkommt, und wolltet bis dahin noch möglichst viele für ihn gewinnen. Oder ihr dachtet, dass mit dem Evangelium sich großer Friede über die ganze Menschheit ausbreitet. Aber so ist es ja nun nicht gekommen: Die Welt steht immer noch, und die Menschen sind immer noch unfriedlich – heute vielleicht noch un­friedlicher als in früheren Zeiten. Könnte es sein, dass Gott seine Meinung geändert hat und Jesus nun nicht mehr unser Erlöser ist? Könnte es sein, dass Gott jetzt endgültig die Nase voll von uns Sündern hat und nichts mehr mit uns zu tun haben will?

Johannes antwortet: Auf keinen Fall! „Wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat.“ Diese Liebe Gottes hört nie auf, sie kann gar nicht aufhören. Die göttliche Liebe ist das Be­ständigste, was es gibt. Ja, wenn diese Liebe nicht wäre, dann wäre schon längst Schluss mit der Welt und Menschen. Aber Gott wartet weiter darauf, dass Menschen ihm vertrauen, seine Liebe erwidern und selbst lieben lernen. Wie treu und auf­opferungs­voll diese Liebe ist, können wir aber nur an Jesus erkennen, und darum bezeugen wir Gottes Liebe durch ihn.

Ich sage: Danke, Johannes, für dieses klare Zeugnis!

Und ich sage: Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2016.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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