Gottes Gegenwart erfahren

Predigt über Hesekiel 34,30a zum Heiligen Abend

Du bist allein im Zimmer. Du sitzt am Tisch mit dem Rücken zur Tür und beschäftigst dich mit irgendetwas. Plötzlich spürst du, dass du nicht allein bist. Es ist nur eine unbestimmte Ahnung, aber du merkst: Da ist noch jemand im Zimmer, da steht jemand direkt hinter dir. So eine Ahnung haben viele Menschen von Gott. Zu allen Zeiten ging es Menschen so, an allen Orten: Sie merken, dass sie nicht allein sind. Sie spüren, dass da jemand bei ihnen ist, auch wenn sie nicht genau sagen können, wie sie das spüren.

Du bist also nicht allein im Zimmer, sondern da steht jemand hinter dir. Und er spricht dich an. Er sagt: „Hallo!“ Nun weißt du, dass deine Ahnung richtig war. Nun merkst du, dass da tatsächlich noch jemand anderes anwesend ist, du hast es dir nicht eingebildet. Auch Gott hat zu uns Menschen „Hallo!“ gesagt, damit wir merken, dass er da ist. In ganz besonderer Weise hat er das in der Heiligen Nacht getan, als Jesus zur Welt kam. Denn mit diesem Kind hat Gott selbst sich bemerkbar gemacht. Es ist das eingetreten, was die Propheten schon jahrhunderte­lang vorhergesagt hatten. Der Prophet Hesekiel hat es so ausgedrückt: „Sie sollen erfahren, dass ich, der Herr, ihr Gott, bei ihnen bin.“ „Gott ist bei uns“, so lautet einer von mehreren Namen, die das Kind in der Krippe trägt – auf Hebräisch „Immanuel“.

Du bist nicht allein im Zimmer, sondern du weißt nun sicher, dass da tatsächlich jemand hinter dir steht. Und du fragst dich: Was will er denn? Will er mich kontrol­lieren? Will er mich kritisieren? Will er mich ärgern? Oder meint er es gut mit mir, will er mir helfen? Ähnlich fragen Menschen im Blick auf Gott, und Gott selbst gibt Antwort. Auch dies geschah in der Heiligen Nacht, dass Engel Jesu Geburt deuteten mit den Worten: „Fürchtet euch nicht! Euch ist heute der Heiland geboren!“ Gott ist als Heiland in unsere Welt gekommen, also als Helfer und Retter, nicht als Prüfer und Richter. Auch dies hatten die Propheten schon jahrhunderte­lang voraus­gesagt. Das Wort des Propheten Hesekiel steht am Ende einer längeren Predigt, mit der er eine neue, eine bessere Zeit angekündigt hat. Da erfahren wir, dass Gott als guter Hirte kommt und dass mit seinem Kommen in die Welt eine neue Zeit anbricht. Mit Jesus schenkt Gott allen Menschen einen Neuanfang und sagt: Deine Ahnung trügt dich nicht, ich bin wirklich bei dir, und ich will dir helfen.

Aber das ist ja nun lange her. Wie steht es denn heute? Bis heute gilt, was Hesekiel einst vorausgesagt hat: „Sie sollen erfahren, dass ich, der Herr, ihr Gott, bei ihnen bin.“ Jesus ist bis heute und bis ans Ende der Welt bei allen, die zu ihm gehören durch Taufe und Glaube. Das ist keine unbestimmte Ahnung, sondern es ist Gottes eindeutiges Versprechen. Er hat es allen Menschen durch Jesus gegeben. Und das können wir auch heute noch wirklich erfahren – nämlich immer dann, wenn Menschen getauft werden, wenn sie auf Gottes Wort in der Bibel hören und wenn sie das Heilige Abendmahl feiern. Hier in dieser Kirche und in vielen anderen Kirchen kann man immer wieder neu mit Wort und Sakrament erfahren, dass Gott bei uns ist und uns hilft. Und wir alle haben seine Hilfe auch nötig.

Liebe Gemeinde, ich möchte euch deshalb zum Schluss einen Weihnachts­wunsch nennen. Es ist Gottes Weihnachts­wunsch an euch alle: Begnügt euch nicht mit unbestimmten Ahnungen oder unsicheren Sehnsüchten, sondern kommt immer wieder dahin, wo ihr erfahren könnt, dass Gott wirklich bei uns ist, als Helfer und Heiland. Gott möchte, dass alle Christen dies regelmäßig tun, wenn möglich an jedem Sonntag. Dieser göttliche Weihnachts­wunsch ist uralt, er findet sich bereits im 3. Gebot: „Du sollst den Feiertag heiligen.“ So bitte ich euch im Namen Gottes: Weist Gottes Wunsch nicht zurück, sondern kommt zur Kirche. Und bringt eure Kinder mit. Denn das Kind in der Krippe ist für alle da, für Große und Kleine. Vielleicht mag es für manchen zuerst etwas fremd und ungewohnt erscheinen, aber mit ein bisschen gutem Willen kann man es sich angewöhnen. Und bald wird der Kirchgang am Sonntag eine liebe Gewohnheit sein, die man nicht mehr missen möchte.

Gott wünscht sich das nicht nur von uns, sondern er wünscht sich das vor allem für uns, also zu unserem eigenen Vorteil. Wir sollen auf diese Weise immer gewisser werden, dass er bei uns ist und für immer bei uns bleibt. Er wünscht sich das für uns und auch für unsre Mitmenschen. Darum: Kommt jeden Sonntag zur Kirche, kommt in Scharen, Alt und Jung! Wenn am Sonntag­morgen die Straßen unserer Dörfer und Städte voll von Kirchgängern wären, dann würden Fremde schnell merken: Da in der Kirche gibt es etwas Wichtiges und Gutes. Ja, auch die Fremden sollen erfahren, dass der Herr ihr Gott ist und dass er durch Jesus unter uns lebt – nicht nur einmal im Jahr, in der Heiligen Nacht, sondern alle Tage, „bis an der Welt Ende“. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2015.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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