Mit Leib und Seele zu Gott gehören

Predigt über 1. Korinther 6,12‑20 zum 8. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Unser Bischof hat kürzlich ein Hirtenwort ver­öffentlicht mit dem Titel: „Ehe und Familie als Gaben Gottes entdecken“. Darin entfaltet er Gottes Willen für Ehe und Familie nach dem Zeugnis der Bibel. Er tut es bewusst in einer Zeit, wo die meisten Menschen Gottes Ordnungen nicht mehr für verbindlich ansehen und viele sie nicht einmal mehr kennen. Gerade in solcher Zeit, meint unser Bischof, sollen Christen sich bewusst für das biblische Lebens­modell einer öffent­lichen und lebens­langen Partner­schaft von Mann und Frau ent­scheiden, in der auch Kindersegen willkommen ist. Er hat in diesem Zusammen­hang ge­schrieben: „Ich möchte dazu ermutigen, sich gegen heutige Trends unserer Gesell­schaft und auch gegen die Erfahrung des Scheiterns von Ehe auf die Ordnungen Gottes einzulassen und Ehe und Familie zu leben. Es braucht heute Christen, die eine Zustimmung aus der Gesell­schaft zu biblisch aus­gerichteten Lebens­entwürfen nicht mehr erwarten und daher versuchen, sehr bewusst eine kirchliche ‚Gegen­kultur‘ zu leben. Die neu­testament­lichen Mahnungen, sich von ‚Unzucht‘ fern zu halten, machen deutlich, dass die früh­christ­lichen Gemeinden sich als eine solche Gegenkultur zu einem helle­nistischen Heidentum verstanden haben.“

Liebe Brüder und Schwestern, ihr habt es sicher selber längst bemerkt: Wenn Christen heute christlich leben wollen, dann müssen sie gegen die Strom schwimmen – das gilt für den Bereich von Partner­schaft und Sexualität ebenso wie für viele andere Bereiche. Wir erleben ständig, dass sich unsere Gesell­schaft von Gottes Schöpfungs­ordnung weit entfernt hat. Da leben Männer und Frauen in un­verbind­lichen Partner­schaften zusammen und meinen, eine öffentliche und ver­bindliche Ehe­schließung sowie Gottes Segen bei der Trauung seien ent­behrlich. Da wird in manchen Bundes­ländern mittler­weile jedes zweite Kind unehelich geboren, und die Mehrzahl der Kinder wächst nicht mehr mit beiden leiblichen Eltern auf. Da zerbrechen Ehen schon bei den ersten Krisen und Belastungs­proben. Da wird so getan, als ob gleich­geschlecht­liche Partner­schaften Ehen sind. Da stehen Frauen an unseren Landstraßen und vermieten ihre Körper zur Be­friedi­gung sexueller Lust; das ist in unserm Staat legal. Und da gibt es bis in kirchliche Kreise hinein Zustimmung zu derartigen Abweichung von Gottes Ordnung. Unser Bischof fordert mit Recht dazu auf, dass wir angesichts dieser Zustände sehr bewusst eine kirchliche „Gegen­kultur“ leben sollten. Und er hat auch Recht, wenn er darauf hinweist, dass diese Zustände keineswegs neu sind in der Geschichte der Christen­heit. Allerdings waren die Sitten des Abendlandes jahr­hunderte­lang von der christ­lichen Ethik geprägt, und Ab­weichungen wurden daher verborgen gehalten. Zur Zeit der Urkirche jedoch waren die meisten Menschen von freizügiger griechi­scher Philosophie und Lebensart geprägt. Darauf nimmt unser Bischof Bezug, wenn er schreibt, „dass die früh­christ­lichen Gemeinden sich als solche Gegenkultur zu einem helle­nistischen Heidentum verstanden haben.“

Freilich gab es auch schon damals, zur Zeit des Apostels Paulus, dieselbe Gefahr wie heute, dass die Frei­zügig­keit einer un­christ­lichen Gesell­schaft auf die christliche Minderheit abfärbt. Gerade in der moralisch schwachen Hafenstadt Korinth gab es Gemeinde­glieder, die sexuelle Eskapaden für harmlos hielten. In Anlehnung an bestimmte philo­sophische Strömungen ihrer Zeit dachten sie ungefähr so: Meine Seele gehört dem Herrn Jesus Christus, aber mein Körper gehört mir. Was ich mit meinem Erdenleib mache, ist eigentlich egal, denn er wird ja sowieso früher oder später sterben und verwesen. Es ist darum egal, was ich esse und trinke, und es ist auch egal, ob ich mit einer Prostitu­ierten schlafe. Selbst wenn ich irgendwann keine Lust mehr haben sollte zu leben und mich deshalb umbringe, ist das egal. Mein Körper gehört mir, ich darf mit ihm machen, was ich will.

Der Apostel Paulus geht in seinem 1. Ko­rinther­brief auf diese Haltung ein; wir haben den Abschnitt eben als Predigttext gehört. Mit dem ersten Satz greift er auf, was viele Korinther dachten: „Alles ist mir erlaubt.“ Er fährt nun nicht gleich fort mit dem Urteil: „Falsch!“, sondern er geht sehr besonnen auf die Meinung dieser Korinther ein. Schließlich war er selbst es ja gewesen, der ihnen das Evangelium gepredigt und damit deutlich gemacht hatte: Durch Christus seid ihr frei geworden von der Sklaverei des Gesetzes. „Alles ist mir erlaubt“ - ja, in gewisser Hinsicht stimmt das, denn weil ich durch Christus erlöst bin, kann mir Gottes Gesetz nichts mehr anhaben. Es ist so wie bei einem Kind, das erwachsen geworden ist. Ein kleines Kind muss man mit klaren Regeln und Geboten erziehen: „Das darfst du nicht!“, und: „Tu jetzt dies!“ - zu seinem eigenen Vorteil muss man das tun. Wenn ein Mensch erwachsen geworden ist, dann hat er größere Freiheit, aber dafür muss er auch Ver­antwortung übernehmen und ent­scheiden, was gut für ihn ist und was nicht. So ist das bei einem Christen, der durch das Evangelium vom Gesetz frei geworden ist: „Alles ist mir erlaubt“ - richtig, ich bin ein freier Mensch; aber zugleich gilt: „Nicht alles dient zum Guten.“ Und weiter: „Alle ist mir erlaubt, aber es soll mich nichts gefangen nehmen.“

Nehmen wir zum Beispiel den Alkohol. Kindern ist aus gutem Grund das Trinken alkohol­haltiger Getränke verboten. Wenn ein Mensch erwachsen wird, dann darf er Alkohol trinken. Allerdings sollte er sich überlegen, ob das gut für ihn ist - zumindest, wieviel gut für ihn ist, und wie häufig. „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber es soll mich nichts gefangen nehmen.“ Wie schnell ist die Freiheit, Alkohol zu trinken, miss­braucht, und wie leicht wird eine Abhängig­keit daraus, eine Sucht! Wie leicht wird ein Mensch durch Missbrauch seiner Freiheit unfrei, ein Sklave der Sucht, ein Sklave der Sünde. Seien wir also klug und nehmen wir diesen Rat des Apostels Paulus an: Gerade weil wir als Christen freie Menschen sind, sollten wir uns sehr genau überlegen, was uns gut tut und wie wir unsere Freiheit gebrauchen.

Kommen wir nun wieder zurück zur Sexualität. Paulus wird ganz deutlich: „Die Speise dem Bauch und der Bauch der Speise; aber Gott wird das eine wie das andere zunichte machen. Der Leib aber nicht der Hurerei, sondern dem Herrn, und der Herr dem Leibe. Gott aber hat den Herrn auferweckt und wird auch uns auferwecken durch seine Kraft.“ Was meint Paulus damit? Er macht den Korinthern deutlich: Ob jemand ständig wechselnde Partner hat oder ob er dem einen Ehepartner die Treue hält, das ist etwas ganz anderes, als wenn jemand sich ab­wechslungs­reich be­ziehungs­weise eintönig ernährt. Paulus unter­scheidet hier den „Bauch“ als Sinnbild des ver­gänglichen materiellen Körpers vom „Leib“, der zur Auf­erstehung und zum ewigen Leben bestimmt ist. Jesus selbst ist ja nicht nur geistig auf­erstanden, sondern leiblich - mit einem neuen, über­irdischen und un­vergäng­lichen Leib. Und er hat uns ver­sprochen, dass alle, die zu ihm gehören, ebenfalls in dieser Weise leiblich auferstehen werden. Darum bekennen wir im Glaubens­bekenntnis bewusst die „Auf­erstehung des Fleisches“, nicht nur allgemein die „Auf­erstehung der Toten“. Die Christen­heit wusste schon immer, was die Wissen­schaft heute auch weiß: Leib und Seele stehen in einem ganz engem Zusammen­hang. Darum ist es eine falsche Philosophie zu meinen, mit meinem Leib könne ich machen, was ich will, es betreffe die Seele nicht. Doch, es betrifft die Seele sehr wohl! Dieser Zusammen­hang wird kaum klarer deutlich als bei der Sexualität: Die Liebe zwischen Mann und Frau ist etwas, das den Menschen zutiefst berührt - sowohl an seiner Seele als auch an seinem Leib. Und darüber hinaus ist die Liebe zwischen Mann und Frau ein Gleichnis und Abbild von Gottes Liebe zu uns Menschen. Wer wollte da behaupten, Sexualität, Ehe und Familie hätten nichts mit Gottes Wort und mit unserem Glauben zu tun?

Paulus führt diesen Zusammen­hang theologisch tiefgehend aus. Er macht deutlich: Wir gehören ganz dem Herrn Jesus Christus - mit Leib und Seele, mit Haut und Haaren. Unsere Seele wohnt in unserem Leib, in unserer Seele aber wohnt der Heilige Geist; darum ist auch unser Leib ein Haus für den Heiligen Geist, ein heiliges Gebäude. Paulus schreibt: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt?“ Wer an Christus glaubt und Gott ehren will, der wird sich darum genau überlegen, was er mit seinem Leib macht - nicht nur in sexueller Hinsicht, sondern in jeder Hinsicht. Wer an Christus glaubt und Gott ehren will, der muss bedenken, dass Christus nicht nur die Seele erlöst hat durch sein heiliges Blut, sondern den ganzen Menschen einschließlich des Leibes. Darum bekennen wir auch singend: „Dein Wort bewegt des Herzens Grund, / dein Wort macht Leib und Seel gesund…“ Und so sollten wir uns auch immer wieder neu zu Herzen nehmen, was Paulus ab­schließend und für alle Christen schreibt - sei es, dass sie in Ehe und Familie leben, oder sei es, dass sie allein leben: „Ihr seid teuer erkauft; darum preist Gott mit eurem Leibe.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2013.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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