Gut essen und gut trinken

Predigt über Jesaja 55,1‑5 zum 2. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Jeder muss essen und trinken, um zu leben. Gott sei Dank wohnen wir in einem Land, wo niemand hungern muss; bei uns kann jeder genug Lebens­mittel erhalten. Es stellt sich daher nicht so sehr die Frage: Kriegen wir etwas für unsern Mund?, sondern es stellt sich eher die Frage: Was kriegen wir für unsern Mund? Wir wissen ja, dass gute Ernährung wichtig ist. In den Medien wird immer wieder darauf hin­gewiesen, und die Kinder lernen es schon in der Schule. In der Praxis allerdings klappt das nicht immer mit der guten Ernährung. Für ein nahrhaftes Frühstück fehlt oft die Zeit in der morgend­lichen Hetze. Zu Mittag essen viele eine vitaminarme Einheits­kost, die irgend­welche Großküchen an Kantinen und Speisesäle liefern. Mancher kann nicht richtig kochen und ist deshalb auf Fertig­gerichte oder Imbissbuden angewiesen. Abends greifen viele lieber vor dem Fernseher zur Chipstüte oder zu Süßig­keiten, anstatt sich noch eine kleine leichte Mahlzeit zu machen. Das alles ist relativ teuer und auch nicht gesund. Wer kochen kann, ist besser dran und kommt dabei auch billiger weg: Für nur ein bis zwei Euro pro Person kann man aus frischen Zutaten eine gesunde Mahlzeit zubereiten, die obendrein lecker schmeckt! Übertroffen wird das nur noch, wenn man eingeladen ist. Nehmen wir an, reiche Freunde laden zu einer Feier ein, bei der es ein Buffet gibt. Dort kann man sich nach Herzenslust die erlesensten Speisen auftun und daran sattessen. Da kann man auch Sekt und Wein und andere teure Getränke trinken, ohne etwas dafür zu bezahlen. Es ist wie im Schlaraffen­land; Zunge und Gaumen freuen sich.

Nun braucht der Mensch ja nicht nur Nahrung für den Mund, er braucht auch Nahrung für die Augen und Ohren. Essen und Trinken erhalten zwar den Leib am Leben, aber wenn der Mensch nicht auch noch etwas anderes in sich aufnimmt, dann lebt er nicht wirklich, sondern dann vegetiert er nur. Seinen Lebens­hunger kann er nur mit Essen und Trinken nicht stillen, er braucht auch „Lebens­mittel“ für die Seele. Für diese Nahrung von Augen und Ohren gilt nun dasselbe, was für die Nahrung des Mundes gilt: Gute Ernährung ist wichtig. Aber wir machen ebenfalls die Erfahrung: In der Praxis wird das oft nicht beherzigt. Die Augen suchen sich als Lesefutter oft lieber eine Klatsch­zeitschrift, anstatt es mit hoch­wertiger Literatur zu versuchen. Die Ohren hören oft lieber seichte Musik im Hinter­grund, als dass sie sich in ein echt gutes Musikstück vertiefen und bis hin zum Gänse­haut­gefühl mitreißen lassen. Augen und Ohren nehmen zusammen oft wahllos das auf, was das Fernsehen gerade so bringt, anstatt gezielt darauf zu achten, welche Fernsehkost schmackhaft und bekömmlich ist. Lebens­hunger und Wissens­durst bleiben dabei ungestillt. Schlimmer noch: Wenn wir nicht aufpassen, dann kann allerlei Schädliches und Giftiges durch unsere Augen und Ohren herein­kommen. So wie der Leib von schlechter Ernährung mit der Zeit krank wird, wird auch die Seele von schlechten Einflüssen mit der Zeit krank. Mancher gibt viel Geld aus, um immer noch sen­sationel­leres Enter­tainment zu bekommen, aber er würde mit einer klugen Auswahl bei weniger Aufwand mehr Gewinn für Geist und Seele haben.

Gibt es nun aber auch hinsicht­lich der geistigen Kost Gelegen­heiten, wo man sich bei reichen Freunden wie an einem Buffet mit erlesenen Speisen und Getränken reichlich bedienen kann, ohne dass es etwas kostet? Ja, die gibt es. Unser Predigttext handelt davon. Der reiche Freund ist Gott selbst. Seine Einladung ans Buffet guter Seelen­speise verpackt er zunächst in das Bild der Leibspeise. In diesem Sinne ruft er uns zu: „Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch! Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen und euch am Köstlichen laben.“ Mit diesem Satz ist der Wendepunkt erreicht – der Wendepunkt vom Gleichnis zur Wirklich­keit. „Hört doch auf mich“, sagt Gott; jetzt geht es also um die Nahrung für die Ohren. Ent­sprechend heißt es weiter: „Neigt eure Ohren her und kommt her zu mir! Höret, so werdet ihr leben!“ Wir wissen, was das für ein köstliches Ohren-Buffet ist, zu dem Gott uns einlädt: Es ist sein heiliges Wort, besonders die gute Nachricht von seiner grenzen­losen Liebe. Die Ohren bekommen diese geistliche Nahrung in der Kirche, und die Augen können es zuhause in der Bibel nachlesen. „Höret, so werdet ihr leben“, sagt Gott. Hier ist die rechte Speise, die unsern Lebens­hunger stillen kann. Es ist so, wie Mose sagte und wie Jesus ihn zitierte: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht“ (Matth. 4,4). Und der Prophet Jeremia sprach zu Gott: „Dein Wort ward meine Speise, sooft ich's empfing, und dein Wort ist meines Herzens Freude und Trost“ (Jer. 15,16).

Was ist es aber, das uns Gott durch sein lebens­spendendes Wort sagt? Hören wir weiter: „Ich will mit euch einen ewigen Bund schließen, euch die beständigen Gnaden Davids zu geben.“ Mit „Bund“ meint die Bibel eine Zusage der Verbun­denheit, die Gott den Menschen gibt. Der ewige Bund, von dem hier die Rede ist, ist der neue Bund, der mit Christi Kommen angebrochen ist. Christus ist der Davidssohn, der lange ver­sprochene Nachkomme Davids, der ein ewiges Friedens­reich bringt; das ist mit den „be­ständigen Gnaden Davids“ gemeint. Wir können auch sagen: Durch Christus gibt sich Gott als der reiche Freund zu erkennen, der zu seinem herrlichen kostenlosen Buffet einlädt. Er tut es, obwohl wir ihn sehr enttäuscht haben, mehr als einmal. Mit dem Christus-Bund sagt er: Ich bin und bleibe dein Freund, dein lieber himmlischer Vater, der dir alles verzeiht und dich nie im Stich lässt, in Ewigkeit nicht.

Gottes Einladung erreicht uns hier durch seinen Boten Jesaja. Es handelt sich also eigentlich um eine Prophe­zeiung, ein auf die Zukunft gerichtetes Wort. Gott hat es durch Jesaja zunächst seinem alten Bundesvolk Israel gesagt. Israel hat er erwählt, um durch dieses Volk und aus diesem Volk heraus der ganzen Welt den Messias zu bringen: den Davidssohn, seinen ein­geborenen Sohn Jesus Christus. Darum heißt es am Ende des Predigt­textes: „Siehe, ich habe David den Völkern zum Zeugen bestellt, zum Fürsten für sie und zum Gebieter. Siehe, du wirst Heiden rufen, die du nicht kennst, und Heiden, die dich nicht kennen, werden zu dir laufen um des Herrn willen, deines Gottes, und des Heiligen Israels, der dich herrlich gemacht hat.“ Der reiche Freund, der Israel und alle Heiden­völker und somit auch uns an sein Seelen-Buffet lädt, ist ein König – der große Fürst und Herrscher über alles. Wir müssen das wissen, wenn wir seiner Einladung folgen und auf seine Rechnung unsern Lebens­hunger stillen. Einem König begegnet man mit Respekt und Ehre, und man achtet auf seine An­weisungen. „Gebieter“ wird er bei Jesaja genannt. Das braucht uns aber weder zu erschrecken noch ab­zuschre­cken. Er ist ja zugleich der gnädige und barmherzige Gott, der um jeden Preis will, dass wir leben, gut leben, ewig leben. Gerade darum ist es so herrlich an seinem Buffet. Ja, hier bekommen wir wirklich gutes Essen und Getränk. Nicht zuletzt wird uns das im Heiligen Abendmahl zuteil: Christi Leib und Blut, unser wichtigstes „Lebens­mittel“, denn es lässt uns ewig leben.

Ja, herrlich ist es an Gottes Buffet! Darum lasst uns nicht zögern und Gottes Einladung annehmen – heute und immer wieder! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2013.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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