Was wir vor Augen haben und was Gott uns zeigt

Predigt über Offenbarung 22,20‑21 zu einer Beerdigung

Liebe Trauergemeinde!

Vor Augen haben wir den Sarg eines Menschen, der uns in mancherlei Hinsicht wertvoll war, ja, den viele von uns geliebt haben. Da fällt es uns schwer, die richtigen Worte zu finden. Was wir sagen, ist vergänglich und oft nichts­sagend; wir würden lieber schweigen. Gott aber gibt uns Worte, die schwer wiegen und un­vergäng­lich sind. Was wir eben gehört haben, sind die letzten Sätze der Heiligen Schrift. Lasst uns auf diese Worte Acht haben.

Vor Augen haben wir das Leben der Ver­storbe­nen. Wir haben eben ihren Lebenslauf gehört, und jeder von uns wird für sich noch manche persönliche Erinnerung ergänzen können. Gott richtet mit seinem Wort unsere Aufmerksamkeit nun auf eine andere Person, die hier wie in jedem Gottes­dienst im Mittelpunkt steht: Jesus Christus, der den Tod entmachtet hat. Er ist der, der da spricht: „Ja, ich komme bald.“ Und von ihm heißt es im letzten Satz der Bibel: „Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit allen!“

Vor Augen haben wir ein Leben, das zu Ende gegangen ist. Der heutige Tag ist in dieser Hinsicht ein Abschied und Schluss­punkt. Gott aber hat aus diesem Schluss­punkt einen Doppelpunkt gemacht, und aus dem Lebensende einen Neuanfang. Er hat die Verstorbene durch seinen Sohn Jesus Christus erlöst, damit sie in die ewige Herrlich­keit gelangt und dort für immer lebt.

Vor Augen haben wir einen Menschen, der von uns gegangen ist. Nur ihre leibliche Hülle ist noch hier bei uns. Gottes Wort aber zeigt uns jemanden, der kommt: den wahren Gott und wahren Menschen Jesus Christus. Er spricht: „Ich komme bald.“ Ja, er wird wieder­kommen am Jüngsten Tag und dann auch die Verstorbene zu neuem Leben erwecken, um sie ganz mit Seele und erneuertem Leib zu sich in den Himmel zu holen.

Vor Augen haben wir viele Frage­zeichen, allen voran die Frage nach dem Leiden und dem Lebenssinn. Erleiden musste die Verstorbene in ihrem Leben viel. Sie hat auch in den letzten Monaten an ihrer Krankheit sehr gelitten. Gott beantwortet uns diese Fragen heute nicht, aber er weist uns auf den, der den Antwort­schlüssel zu allen Fragen hat und der unserem Leben Sinn gibt: Jesus Christus, der für uns mehr gelitten hat, als je ein anderer Mensch leiden musste.

Vor Augen haben wir den Rückblick auf ein Leben, bei dem wir uns fragen müssen, wo es denn wirklich verwurzelt war. Ja, wo war denn eigentlich die Heimat der Ver­storbenen? In Deutsch­land? Hier in Fürsten­walde? Oder in den ver­schiedenen Gebieten der ehemaligen Sowjet­union, wo sie gelebt hatte? Gottes Wort lehrt uns, dass kein Mensch eine echte Heimat hier auf Erden hat, sondern dass wir alle wie Gäste und Reisende sind auf diesem Planeten Erde. Unsere wirkliche Heimat ist im Himmel, am Herzen Gottes. Unsere Verstorbene wusste das, glaubte das und sehnte sich mit vielen anderen Christen nach dieser Heimat – so, wie es hier als Antwort auf Jesu Zusage heißt: „Ja, komm Herr Jesus!“

Vor Augen haben wir vieles, was uns zweifeln lässt an Gottes Liebe oder sogar an seiner Existenz. Gott aber lädt uns ein, ihn in seinem Sohn Jesus Christus zu finden und ihm zu vertrauen. Unsere Verstorbene war von diesem Glauben geprägt und hat ihn den Menschen um sich herum bezeugt. Auch war es ihr Herzens­anliegen, dass ihre Angehörigen in diesem Glauben bleiben und leben. Lasst uns ihr Vorbild im Gedächtnis behalten, wie sie gegen alle Zweifel das Vertrauen in Gottes Güte und in den Herrn Jesus Christus hochhielt!

Vor Augen haben wir viele menschliche Hoffnungen; besonders in Krankheit ist stets die Hoffnung auf Besserung da. Wir erleben dann, wie solche Hoffnungen sich teilweise erfüllen und teilweise zer­schlagen. Gott aber schenkt uns mit seinen Zusagen Grund für eine gewisse Hoffnung. Christus sagt es nicht nur einfach, sondern er bezeugt es feierlich wie ein zu­verlässiger Zeuge vor Gericht: „Ja, ich komme bald.“ Dieses „Ja“ steht für das Wort „Amen“ und bedeutet „wirklich“, „wahr­haftig“, „gewiss“. Jesus verdient unser ganzer Vertrauen. Wenn wir darauf hoffen, dass er unser Leben in Ordnung bringt und uns über den Tod hinaus ewig leben lässt, dann wird sich diese Hoffnung ganz gewiss erfüllen.

Vor Augen haben wir den Tod. Dieser Sarg hier erinnert uns daran, dass unser aller Leben einmal un­ausweich­lich zuende gehen wird. Aber Gott zeigt uns, dass der Tod nicht das letzte Wort über uns haben muss. Der am Kreuz gestorben ist, der ist am dritten Tag wieder auf­erstanden von den Toten. Und wenn er verspricht, zu uns zu kommen, dann deshalb, weil er auch uns von den Toten erwecken und ewiges Leben schenken will.

Vor Augen haben wir das Gericht, denn wir alle haben ein Gewissen. Das Gewissen zeigt uns unsere Ver­antwortung vor Gott; und wenn Jesus wieder­kommt, dann müssen uns tatsächlich vor ihm ver­antworten. Wir haben es eben gesungen: „Er kommt zum Welt­gerichte, zum Fluch dem, der ihm flucht.“ Bestehen können wir in diesem Gericht nur, wenn Gott uns unsere Schuld nicht zurechnet. Auch die Verstorbene wusste das und hat darum in der Beichte ihre Sünden bekannt, auch hat sie Gottes Vergebung erbeten. Wer nicht Gottes Gnade sucht, der findet keine Vergebung und wird in Gottes Gericht nicht bestehen können. Ach, dass dies doch alle Menschen erkennen und die Gnade nicht aus­schlagen, die Gott durch Jesus allen anbietet! So heißt es ja im aller­letzten Satz der Bibel: „Die Gnade des Herrn Jesus sei mit allen!“ Und im Adventslied haben wir weiter­gesungen: „… mit Gnad und süßem Lichte dem, der ihn liebt und sucht.“

Darum möchte ich zum Schluss euch alle herzlich und dringend einladen, dem Vorbild der Ver­storbenen zu folgen und euch die Advents­bitte zu eigen zu machen, die dem Bibelwort nach­gedichtet ist: „Ach komm, ach komm, o Sonne, / und hol uns all zumal / zum ewgen Licht und Wonne / in deinen Freuden­saal.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2012.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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