Halt im Gedächtnis Jesus Christus

Predigt über 2. Timotheus 2,8a zum Ostermontag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wer ein Auto lenkt, muss nach vorn schauen, um zu sehen, was da alles auf ihn zukommt. Hin und wieder muss er aber auch nach unten auf den Tacho schauen und prüfen, ob er nicht zu schnell fährt. Bei manchen modernen Autos ist das allerdings nicht mehr nötig: Da wird die Ge­schwindig­keits­anzeige direkt auf die Windschutz­scheibe projiziert. Der Autofahrer hat dann ständig vor Augen, wie schnell er fährt, und sieht zugleich, was auf der Straße los ist. Vergleichen wir nun unser Alltags­leben mit dem Autofahren. Da wünsche ich euch und mir, dass gewisser­maßen auf der Lebens-Windschutz­scheibe stets der Satz ein­geblendet wird: „Der Herr ist auf­erstanden!“ Ja, so sollen wir durchs Leben gehen – mit dem ständigen Bewusst­sein: Jesus lebt! Dazu ermuntert uns der Heilige Geist durch das Wort, das der Apostel Paulus ursprünglich an seinen Mitarbeiter Timotheus schrieb: „Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auf­erstanden ist von den Toten.“ Vor über dreihundert Jahren hat der Lieder­dichter Cyriakus Günther daraus einen Choral gemacht, bei dem die ersten fünf Strophen jeweils mit dem Satz beginnen: „Halt im Gedächtnis Jesus Christ.“ In der dritten Strophe heißt es in Anlehnung an unseren Predigt­text: „Halt im Gedächtnis Jesus Christ, / der auch am dritten Tage / siegreich vom Tod erstanden ist, / befreit von Not und Plage.“ Ja, halten wir den auf­erstandenen Herrn im Gedächtnis, haben wir ihn stets vor Augen auf der Windschutz­scheibe unseres Lebens! Wie segensreich sich das auswirken kann, möchte ich euch jetzt mit drei Beispielen ver­anschau­lichen.

Erstes Beispiel: Da hat jemand eine chronische Krankheit. Immer wieder geht dieser Mensch zum Arzt, aber es wird nicht besser. Die Schmerzen bleiben und ver­schlimmern sich sogar. Wie entsetzlich wäre es, wenn das die Aussicht für den Rest seines Lebens wäre! Aber nun hält sich dieser Mensch vor Augen, dass Jesus lebt. Auf der Windschutz­scheibe seines Lebens wird die Schrift ein­geblendet: „Der Herr ist auf­erstanden!“ Er hält den auf­erstandenen Christus im Gedächtnis. Er macht sich klar, dass der Herr Leiden und Tod überwunden hat. Er denkt daran, dass Jesus mit einem herrlichen neuen Auf­erstehungs­leib aus dem Grab kam. Und er weiß: Christus nimmt mich auf diesem Triumphzug mit; in der Taufe bin ich bereits geistlich mit ihm auf­erstanden, und der Leib wird nachfolgen. Der Apostel Paulus hat es den Skeptikern in der korin­thischen Christen­gemeinde ausführlich erklärt. Er schrieb ihnen: „Es wird gesät verweslich und wird auferstehen un­verweslich. Es wird gesägt in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlich­keit. Es wird gesät in Armselig­keit und wird auferstehen in Kraft. Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.“ (1. Kor. 15,42‑44). Ganz klar: Unser irdischer Leib muss unter Krankheit, Schmerzen und Alter vergehen – aber nur, um danach in neuer Herrlich­keit auf­zustehen, wie es bei Jesus der Fall war.

Zweites Beispiel: Ich ertappe mich immer wieder dabei, wie ich ungeduldig werde oder entmutigt bin, weil so viele Gemeinde­glieder meine wieder­holten Einladungen und Mahnungen zum regel­mäßigen Gottes­dienst­besuch in den Wind schlagen. Ich ertappe mich dabei, wie ich denke: Es hat ja doch keinen Zweck, sie wollen einfach nicht dorthin kommen, wo sie Jesus begegnen können in der Predigt und im Heiligen Abendmahl. Bei dieser Ent­täuschung will ich mir vor Augen halten, dass Jesus lebt. Auf der Windschutz­scheibe meines Lebens soll die Schrift ein­geblendet bleiben: „Der Herr ist auf­erstanden!“ Ich will ihn im Gedächtnis halten und mir klarmachen, wie geduldig und barmherzig er mit seinen Jüngern damals umgegangen ist. Bereits vor seinem Tod hatte er seinen Nachfolgern den Auftrag gegeben, ihn in Galiläa wieder­zutreffen, und nach der Auf­erstehung hatte er ihnen durch die Frauen dasselbe ausrichten lassen: Er würde vor ihnen hingehen nach Galiläa und sie dort wieder­sehen. Aber was machten die Jünger? Sie brachen nicht nach Galiläa auf, sondern sie blieben in Jerusalem und verkrochen sich im Haus hinter ver­schlossenen Türen. Sie machten es also genauso, wie es viele Gemeinde­glieder am Sonntag­morgen machen. Der auf­erstandene Herr aber wurde dadurch weder ungeduldig noch entmutigt. Stattdessen änderte er seinen Plan und begegnete den Jüngern zunächst einmal in Jerusalem, erst später in Galiläa. Er ging durch ver­schlossene Türen und suchte sie dort auf, wohin sie sich verkrochen hatten. Dort allerdings nahm er kein Blatt vor den Mund und kritisierte ihr Glaubens­defizit. Da will ich mir eine Scheibe von ab­schneiden: Ich will fleißig Besuche machen bei meinen Gemeinde­glieder und un­verdrossen weiter zum Gottes­dienst einladen.

Drittes Beispiel: Zwei Menschen, die anfangs gut miteinander auskamen, geraten in Streit. Jeder ist vom anderen enttäuscht – wegen Kleinig­keiten oder auch wegen schwer­wiegender Dinge, das spielt keine Rolle. Die Beziehung bekommt Risse; die Auseinander­setzungen werden heftiger; schließlich spricht man nicht mehr miteinander und geht sich aus dem Weg. Wenn die beiden rein menschlich urteilten, müssten sie sagen: Unsere Beziehung ist jetzt tot, wir müssen sie beerdigen. Aber sie sollten sich vor Augen halten, das Jesus lebt. Es wäre gut, wenn bei beiden auf der Lebens-Windschutz­scheibe die Schrift ein­geblendet wird: „Der Herr ist auf­erstanden!“ Wenn sie doch nur Jesus im Gedächtnis halten und an ihm erkennen, dass seit seiner Auf­erstehung der Tod auch im über­tragenen Sinn nicht mehr das letzte Wort haben muss! Die Beziehung der beiden kann aus dem Grab auf­erstehen, wenn sie denn durch Gottes Kraft erweckt wird. Gottes Kraft ist ja die Kraft der Vergebung, der Liebe und der Barmherzig­keit. Wer weiß, dass Jesus auf­erstanden ist und lebt, der traut ihm auch zu, tote Beziehungen neu zum Leben zu erwecken. Oder wenigstens so zu heilen, dass beide Menschen sich wieder ohne Groll begegnen können. Das lässt sich übrigens auf alle anderen Lebens­pannen und ‑tragödien übertragen, seien es leichte oder schwere: Weil Jesus auf­erstanden ist und weil wir in der Taufe mit ihm auf­erstanden sind, darum können wir jederzeit neu beginnen, in seiner Nachfolge zu leben. Und wir sollen es auch tun.

„Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auf­erstanden ist von den Toten.“ Lasst uns das einfach tun: den Auf­erstandenen im Gedächtnis halten! Jeder Gottes­dienst will dazu helfen. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2012.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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