Die große Aufwärtsbewegung

Predigt über Kolosser 3,1‑4 zum Ostersonntag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Ich bin schon mal gestorben. Das ist bei meiner Taufe passiert. Da ist der alte sünden­verseuchte und todgeweihte Mensch gestorben und dafür ein neuer auf­erstanden. Ihr seid auch schon mal gestorben. Das ist auch in eurer Taufe passiert. Da sind die alten sünden­verseuchten und tod­geweihten Menschen gestorben und neue auferstanden – neue Menschen, die zum lebendigen Herrn Jesus Christus gehören. So lesen wir es in der Bibel, in unserm Predigt­text: „Ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.“ Das bedeutet: Wir werden mitgerissen in die große Aufwärts­bewegung des Herrn Jesus Christus, die sich in seiner Auf­erstehung zeigt. Diese Aufwärts­bewegung möchte ich euch jetzt vor Augen führen. Ich gehe dabei vom Drei-Stockwerke-Weltbild aus: unten das Totenreich; in der Mitte unsere Welt, in der wir gerade leben; oben der Himmel, Gottes ewiges Reich. Man könnte dieses Weltbild auch ein Lebens-Thermometer nennen: unten ist der Tod, der absolute Nullpunkt, und oben, in Gottes Reich, ist die Fülle des Lebens. Das ist natürlich nicht räumlich zu verstehen und das ist grob ver­einfacht, aber die Bibel arbeitet mit dieser an­schaulichen Vor­stellung, und ich schließe mich ihr an.

Am Karfreitag ist Jesus gestorben. Da war er im Tod, im untersten Bereich. Am dritten Tag begann dann die große Aufwärts­bewegung: Er ist auf­erstanden von den Toten; sein Leib wurde wieder lebendig in unserer Welt. Das Grab war leer, und viele Menschen haben ihn gesehen: Die Frauen am Grab, die Jünger in ihrem Jerusalemer Fremden­zimmer und darüber hinaus noch ungefähr 500 weitere Personen. Allerdings reicht die Aufwärtsbewegung von Jesu Auf­erstehung noch weiter: Sie bringt ihn hinauf ins ewige Reich des Vaters. Die Er­scheinun­gen des Auf­erstandenen am Oster­sonntag und an den folgenden Tagen waren nur ein Zwischen­spiel, ein Durchgang. Das hat Jesus seinen Jüngern mit der Himmelfahrt ganz deutlich gemacht: Ziel seiner Auf­erstehung ist das ewige Reich des Vaters. Da sitzt Christus nun „zur Rechten Gottes“, wie es in unserem Predigttext und an anderen Stellen der Bibel heißt. Das bedeutet: Da herrscht er als Herr über Himmel und Erde, als König aller König – gewisser­maßen als Prinzregent des himmlischen Vaters.

Wir werden mitgerissen in dieser großen Aufwärts­bewegung. Ohne Christus gehören wir ins Totenreich. Ohne Christus sind wir wie der Körper einer Schlange, der man den Kopf ab­geschlagen hat: So ein Schlangen­körper zuckt und windet sich zwar noch eine Weile, aber er lebt nicht mehr richtig. Ebenso verhält es sich mit dem Sünder ohne Christus: Er ist in Sünden tot, sagt die Bibel, geistlich tot. Diese alte Existenz ist nun aber in unserer Taufe gestorben; wir haben sie hinter uns gelassen. Der alte Mensch ist da gestorben – wie gesagt, wir sind schon mal gestorben! Wenn aber der alte sündentote Menschen stirbt, dann bedeutet das in Wahrheit, dass ein neuer Mensch lebendig wird. Das Alte wird im Totenreich zurück­gelassen, das Neue wird von Christus auferweckt. Der Tod des alten Menschen bedeutet die Auf­erstehung des neuen Menschen. Darum heißt es in unserm Textwort nicht nur: „Ihr seid gestorben“, sondern auch: „Ihr seid mit Christus auf­erstanden.“ Im Römerbrief hat Paulus den Gedanken aus­führlicher dargelegt: „Wir sind mit Christus begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlich­keit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln“ (Römer 6,3). Nun bedeutet die Taufe aber nicht, dass wir sofort im Himmel leben. Vielmehr leben wir als Gottes­kinder erstmal hier auf der Erde – so wie Jesus bei seiner Auferstehung erstmal hier auf der Erde wieder lebendig geworden ist. Auch ist die Tauf-Auf­erfstehung nichts, was man uns sofort ansieht. Äußerlich sieht der Mensch nach der Taufe genauso aus wie vor der Taufe. Auch Jesus, mit dem wir seit der Taufe verbunden sind, sehen wir nicht. Darum schrieb der Apostel Paulus: „Euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.“ Erst wenn wir wieder sterben (dann körperlich) und am Jünsten Tag von den Toten auf­erstehen, werden wir durch­dringen zu Gottes ewiger Welt. Dann wird unser Leben mit Christus nicht mehr verborgen sein. Dann werden wir auch den Herrn Christus sehen in seiner ganzen Pracht und Herrlich­keit. Das entspricht der Himmelfahrt des Herrn. Paulus schrieb: „Wenn Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in Herrlich­keit.“ Und dann werden wir Leben die Fülle haben – in alle Ewigkeit.

Liebe Brüder und Schwestern, es ist wichtig, dass wir diesen Zusammen­hang verstehen und ihn uns immer wieder vor Augen halten: Die Auf­erstehung und Himmelfahrt unsers Herrn ist die große Aufwärts­bewegung hin zu Gottes Reich und zur Fülle des Lebens, in die wir mitgerissen werden. Darum fordert Gott uns durch den Apostel Paulus auf: „Sucht, was droben ist!“, und: „Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem was auf Erden ist!“ Unser Erdenleben ist ja nur ein Durchgang in dieser großen Aufwärts­bewegung, ein Zwischen­spiel. Wer meint, der christliche Glaube habe seine haupt­sächliche Bedeutung hier in dieser Welt, der hat die Bedeutung von Ostern noch nicht begriffen. Paulus schrieb den Korinthern: „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen“ (1. Kor. 15,19). Wie wichtig das Aufwärts-Denken ist, möchte ich mit einem Bild ver­deutlichen. Stell dir vor, du bist ein Sportler, zum Beispiel ein Hoch­springer. Du hast Talent; du bringst alle Voraus­setzungen mit, um Höchst­leistungen zu erzielen. Dein Trainer wird dir dann immer wieder predigen: Du musst beim Absprung nach oben denken, ganz hoch! Du musst dir vorstellen, dass du bist zur Hallendecke fliegst! Du beherzigst diesen Rat und wirst immer besser. Auch in anderer Hinsicht denkst du nach oben: Du willst ganz oben stehen auf der Bestenliste deines Sport­vereins. Du willst auf den ersten Rängen landen beim nächsten Hochsprung-Wettkampf. Du willst letztlich ganz oben stehen auf dem Sieger­treppchen – da, wo die Eins draufsteht. Nur wenn dein ganzes Denken und Trachten nach oben gerichtet ist, wirst du es auch schaffen. Jeder Pschycho­loge wird bestätigen: Ein großes Ziel kann nur der erreichen, der sein ganzes Denken und seinen ganzen Willen darauf richtet. Wer halbherzig ist und vor allem seine gegen­wärtige Bequem­lichkeit sucht, der wird es nicht schaffen. Das gilt nicht nur nur beim Sport, sondern auch für andere hohe Ziele. Wie gesagt, das ist nur ein Bild, ein Gleichnis. Wir wissen, dass wir uns das ewige Leben nicht mit Willenskraft erwerben können oder müssen; vielmehr hat unser Herr sie für uns erworben durch seinen Ostersieg. Das heißt aber nicht, dass wir nur ab und zu halbherzig an Gottes Reich denken und die Bequem­lichkeit des gegen­wärtigen Lebens für das Wichtigste halten sollten. Nein, vielmehr: Denkt aufwärts! Lasst euch auch mental mitreißen von der großen Aufwärts­bewegung des auf­erstandenen Herrn! „Sucht, was droben ist, wo Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes! Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist!“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2012.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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