Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Ich bin schon mal gestorben. Das ist bei meiner Taufe passiert. Da ist der alte sündenverseuchte und todgeweihte Mensch gestorben und dafür ein neuer auferstanden. Ihr seid auch schon mal gestorben. Das ist auch in eurer Taufe passiert. Da sind die alten sündenverseuchten und todgeweihten Menschen gestorben und neue auferstanden – neue Menschen, die zum lebendigen Herrn Jesus Christus gehören. So lesen wir es in der Bibel, in unserm Predigttext: „Ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.“ Das bedeutet: Wir werden mitgerissen in die große Aufwärtsbewegung des Herrn Jesus Christus, die sich in seiner Auferstehung zeigt. Diese Aufwärtsbewegung möchte ich euch jetzt vor Augen führen. Ich gehe dabei vom Drei-Stockwerke-Weltbild aus: unten das Totenreich; in der Mitte unsere Welt, in der wir gerade leben; oben der Himmel, Gottes ewiges Reich. Man könnte dieses Weltbild auch ein Lebens-Thermometer nennen: unten ist der Tod, der absolute Nullpunkt, und oben, in Gottes Reich, ist die Fülle des Lebens. Das ist natürlich nicht räumlich zu verstehen und das ist grob vereinfacht, aber die Bibel arbeitet mit dieser anschaulichen Vorstellung, und ich schließe mich ihr an.
Am Karfreitag ist Jesus gestorben. Da war er im Tod, im untersten Bereich. Am dritten Tag begann dann die große Aufwärtsbewegung: Er ist auferstanden von den Toten; sein Leib wurde wieder lebendig in unserer Welt. Das Grab war leer, und viele Menschen haben ihn gesehen: Die Frauen am Grab, die Jünger in ihrem Jerusalemer Fremdenzimmer und darüber hinaus noch ungefähr 500 weitere Personen. Allerdings reicht die Aufwärtsbewegung von Jesu Auferstehung noch weiter: Sie bringt ihn hinauf ins ewige Reich des Vaters. Die Erscheinungen des Auferstandenen am Ostersonntag und an den folgenden Tagen waren nur ein Zwischenspiel, ein Durchgang. Das hat Jesus seinen Jüngern mit der Himmelfahrt ganz deutlich gemacht: Ziel seiner Auferstehung ist das ewige Reich des Vaters. Da sitzt Christus nun „zur Rechten Gottes“, wie es in unserem Predigttext und an anderen Stellen der Bibel heißt. Das bedeutet: Da herrscht er als Herr über Himmel und Erde, als König aller König – gewissermaßen als Prinzregent des himmlischen Vaters.
Wir werden mitgerissen in dieser großen Aufwärtsbewegung. Ohne Christus gehören wir ins Totenreich. Ohne Christus sind wir wie der Körper einer Schlange, der man den Kopf abgeschlagen hat: So ein Schlangenkörper zuckt und windet sich zwar noch eine Weile, aber er lebt nicht mehr richtig. Ebenso verhält es sich mit dem Sünder ohne Christus: Er ist in Sünden tot, sagt die Bibel, geistlich tot. Diese alte Existenz ist nun aber in unserer Taufe gestorben; wir haben sie hinter uns gelassen. Der alte Mensch ist da gestorben – wie gesagt, wir sind schon mal gestorben! Wenn aber der alte sündentote Menschen stirbt, dann bedeutet das in Wahrheit, dass ein neuer Mensch lebendig wird. Das Alte wird im Totenreich zurückgelassen, das Neue wird von Christus auferweckt. Der Tod des alten Menschen bedeutet die Auferstehung des neuen Menschen. Darum heißt es in unserm Textwort nicht nur: „Ihr seid gestorben“, sondern auch: „Ihr seid mit Christus auferstanden.“ Im Römerbrief hat Paulus den Gedanken ausführlicher dargelegt: „Wir sind mit Christus begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln“ (Römer 6,3). Nun bedeutet die Taufe aber nicht, dass wir sofort im Himmel leben. Vielmehr leben wir als Gotteskinder erstmal hier auf der Erde – so wie Jesus bei seiner Auferstehung erstmal hier auf der Erde wieder lebendig geworden ist. Auch ist die Tauf-Auferfstehung nichts, was man uns sofort ansieht. Äußerlich sieht der Mensch nach der Taufe genauso aus wie vor der Taufe. Auch Jesus, mit dem wir seit der Taufe verbunden sind, sehen wir nicht. Darum schrieb der Apostel Paulus: „Euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott.“ Erst wenn wir wieder sterben (dann körperlich) und am Jünsten Tag von den Toten auferstehen, werden wir durchdringen zu Gottes ewiger Welt. Dann wird unser Leben mit Christus nicht mehr verborgen sein. Dann werden wir auch den Herrn Christus sehen in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit. Das entspricht der Himmelfahrt des Herrn. Paulus schrieb: „Wenn Christus, euer Leben, sich offenbaren wird, dann werdet ihr auch offenbar werden mit ihm in Herrlichkeit.“ Und dann werden wir Leben die Fülle haben – in alle Ewigkeit.
Liebe Brüder und Schwestern, es ist wichtig, dass wir diesen Zusammenhang verstehen und ihn uns immer wieder vor Augen halten: Die Auferstehung und Himmelfahrt unsers Herrn ist die große Aufwärtsbewegung hin zu Gottes Reich und zur Fülle des Lebens, in die wir mitgerissen werden. Darum fordert Gott uns durch den Apostel Paulus auf: „Sucht, was droben ist!“, und: „Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem was auf Erden ist!“ Unser Erdenleben ist ja nur ein Durchgang in dieser großen Aufwärtsbewegung, ein Zwischenspiel. Wer meint, der christliche Glaube habe seine hauptsächliche Bedeutung hier in dieser Welt, der hat die Bedeutung von Ostern noch nicht begriffen. Paulus schrieb den Korinthern: „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen“ (1. Kor. 15,19). Wie wichtig das Aufwärts-Denken ist, möchte ich mit einem Bild verdeutlichen. Stell dir vor, du bist ein Sportler, zum Beispiel ein Hochspringer. Du hast Talent; du bringst alle Voraussetzungen mit, um Höchstleistungen zu erzielen. Dein Trainer wird dir dann immer wieder predigen: Du musst beim Absprung nach oben denken, ganz hoch! Du musst dir vorstellen, dass du bist zur Hallendecke fliegst! Du beherzigst diesen Rat und wirst immer besser. Auch in anderer Hinsicht denkst du nach oben: Du willst ganz oben stehen auf der Bestenliste deines Sportvereins. Du willst auf den ersten Rängen landen beim nächsten Hochsprung-Wettkampf. Du willst letztlich ganz oben stehen auf dem Siegertreppchen – da, wo die Eins draufsteht. Nur wenn dein ganzes Denken und Trachten nach oben gerichtet ist, wirst du es auch schaffen. Jeder Pschychologe wird bestätigen: Ein großes Ziel kann nur der erreichen, der sein ganzes Denken und seinen ganzen Willen darauf richtet. Wer halbherzig ist und vor allem seine gegenwärtige Bequemlichkeit sucht, der wird es nicht schaffen. Das gilt nicht nur nur beim Sport, sondern auch für andere hohe Ziele. Wie gesagt, das ist nur ein Bild, ein Gleichnis. Wir wissen, dass wir uns das ewige Leben nicht mit Willenskraft erwerben können oder müssen; vielmehr hat unser Herr sie für uns erworben durch seinen Ostersieg. Das heißt aber nicht, dass wir nur ab und zu halbherzig an Gottes Reich denken und die Bequemlichkeit des gegenwärtigen Lebens für das Wichtigste halten sollten. Nein, vielmehr: Denkt aufwärts! Lasst euch auch mental mitreißen von der großen Aufwärtsbewegung des auferstandenen Herrn! „Sucht, was droben ist, wo Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes! Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist!“ Amen.
PREDIGTKASTEN |