Golgatha

Predigt über Lukas 23,33 in einer Passionsandacht

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wer sich unser Altar-Kruzifix genau anschaut, der sieht am Fuß einen Toten­schädel. Was hat der für einen Sinn? Der Totenkopf kann einfach bedeuten, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Er kann auch meinen, dass Jesus am Kreuz den Tod besiegt hat, denn durch Jesu Sühnopfer haben wir Vergebung der Sünden und ewiges Leben. Der Totenschädel kann aber auch darauf hinweisen, wo Jesus gekreuzigt wurde: auf Golgatha nämlich – das ist aramäisch und bedeutet „Schädel­stätte“ beziehungs­weise „Platz des Toten­schädels“.

Und warum hieß dieser Hügel so? Man weiß es heute nicht mehr genau, aber Gelehrte haben sich darüber viele Gedanken gemacht. Wahr­scheinlich hieß dieser Hügel seiner Form wegen „Golgatha“; sein Aussehen wird an einen mensch­lichen Schädel erinnert haben. Man weiß heute auch nicht mehr, wo dieser Hügel lag. Es muss außerhalb der Jerusalemer Altstadt gewesen sein, denn alles, was mit dem Tod zu tun hat, verbannte man damals aus dem Stadt­gebiet. Auch zu dieser Frage haben Gelehrte geforscht und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Golgatha wahr­scheinlich im Nordwesten lag – etwa an der Stelle, wo sich heute die Grabes­kirche befindet. Der Weg vom Palast des Pontius Pilatus nach Golgatha, auf dem Jesus damals sein Kreuz tragen musste, heißt heute „Via Dolorosa“, „Schmerzens­straße“, und endet an der Grabes­kirche. Am Karfreitag werden wieder unzählige Christen diese Straße entlang­ziehen und dabei an Jesu Leidensweg denken.

Gehen wir nun aber in Gedanken zurück zum ersten Karfreitag, zum Todestag unsers Herrn. Da trug er selbst unter großen Qualen sein Kreuz auf der Schmerzens­straße, die zur Stadt hinaus auf den Hügel Golgatha führte. Er trug es so lange, bis er unter der Last zusammen­brach. Dann zwang man einen Bauern namens Simon, das Kreuz für ihn weiter­zutragen. Es waren auch noch zwei andere Verurteilte mit Jesus unterwegs, die zur Hin­richtungs­stätte geführt wurden – zwei Schwer­verbrecher, die nach damaligem Rechts­empfinden die Todesstrafe wirklich verdient hatten. Auf der Kuppe von Golgatha angekommen, wurden die drei Ver­urteilten ans Kreuze geschlagen, und ihre Kreuze wurden dann auf­gerichtet. Lukas berichtet, dass Jesu Kreuz in der Mitte stand, also wohl an der höchsten Stelle des Schädel­bergs; die beiden Verbrecher wurden links und rechts neben ihm gekreuzigt.

Durch Lukas wissen wir auch Näheres über die beiden Mit­gekreuzig­ten. Der eine Verbrecher lästerte Jesus in derselben Weise, wie viele der anwesenden Schau­lustigen es taten. Nehmen wir mal an, sein Kreuz stand rechts neben Jesu Kreuz. Spöttisch sagte er also von rechts: „Bist du nicht der Christus? Dann hilft dir doch selbst und auch uns!“ Der Verbrecher auf der linken Seite aber ermahnte diesen Lästerer und sagte: „Hast du denn keine Gottes­furcht? Dabei werden wir hier ganz zu Recht hin­gerichtet; der aber hat nichts Unrechtes getan.“ Und dann bat er den Herrn reumütig: „Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ Da erhörte der Herr seine Bitte und und versprach ihm die ewige Seligkeit.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, was damals auf Golgatha geschah, das ist zugleich ein Abbild für die ganze Welt und alle Menschen, die auf ihr leben. Die Erdkugel ist ein Toten­schädel; alle Menschen darauf sind dem Tod geweiht. Jeder sollte sich bewusst sein: Hier auf dieser Schädel­stätte werde ich sterben. Die Bibel lässt keinen Zweifel an der Ursache dafür: Es ist unsere Sünde, für die wir das verdiente Urteil empfangen. Im Römerbrief heißt es kurz und klar: „Der Tod ist der Sünde Sold“ (Römer 6,23). Ja, wir werden auf dem Toten­schädel der Welt sterben, wie Jesus und die beiden Verbrecher auf dem Toten­schädel von Golgatha gestorben sind.

Alle Menschen sind Sünder, und alle müssen ihrer Sünde wegen sterben. Trotzdem gibt es einen Unter­schied: Einige Menschen gleichen dem Lästerer auf der rechten Seite; sie sehen in Jesus nur einen, der letztlich genauso hilflos und qualvoll sterben musste wie jeder Mensch. Die anderen aber gleichen dem Bittenden auf der linken Seite. Sie vertrauen darauf, dass Jesus der Christus ist, der kam, um uns von der Macht des Todes zu erlösen und ins ewige Paradies zu führen. Ja, die drei Männer an den Kreuzen auf Golgatha re­präsen­tieren die ganze Menschheit: rechts der verlorene Sünder ohne Buße, links der gerettete Sünder mit Buße, in der Mitte der Mittler Gottes, der sündlose Herr, der den bußfertigen Sünder rettet. Es mag vielleicht ein merk­würdiger Vergleich sein, aber was wir da auf Golgatha vor unserm geistigen Auge sehen, das ist so ähnlich wie die Sieger­ehrung nach einem sportlichen Wettkampf. In der Mitte sehen wir Jesus auf Platz 1 des Sieger­podestes; er hat den Tod besiegt und ist die Nummer 1, der Herr aller Herren im Himmel und auf Erden. Rechts sehen wir den Lästerer auf Platz 3, dem letzten Platz; er ist der Verlierer, er hat sein Recht auf Leben in Zeit und Ewigkeit verwirkt, weil er weder Gott fürchtet noch Jesus vertraut. Links sehen wir den Bittenden auf Platz 2, den bußfertigen Sünder; er hat durch Gottes Gnade Anteil an Christi Sieg und wird von ihm ins Paradies erhoben. Gebe Gott, dass dieser zweite Platz unser Platz ist! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2012.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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