Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Wer sich unser Altar-Kruzifix genau anschaut, der sieht am Fuß einen Totenschädel. Was hat der für einen Sinn? Der Totenkopf kann einfach bedeuten, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Er kann auch meinen, dass Jesus am Kreuz den Tod besiegt hat, denn durch Jesu Sühnopfer haben wir Vergebung der Sünden und ewiges Leben. Der Totenschädel kann aber auch darauf hinweisen, wo Jesus gekreuzigt wurde: auf Golgatha nämlich – das ist aramäisch und bedeutet „Schädelstätte“ beziehungsweise „Platz des Totenschädels“.
Und warum hieß dieser Hügel so? Man weiß es heute nicht mehr genau, aber Gelehrte haben sich darüber viele Gedanken gemacht. Wahrscheinlich hieß dieser Hügel seiner Form wegen „Golgatha“; sein Aussehen wird an einen menschlichen Schädel erinnert haben. Man weiß heute auch nicht mehr, wo dieser Hügel lag. Es muss außerhalb der Jerusalemer Altstadt gewesen sein, denn alles, was mit dem Tod zu tun hat, verbannte man damals aus dem Stadtgebiet. Auch zu dieser Frage haben Gelehrte geforscht und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Golgatha wahrscheinlich im Nordwesten lag – etwa an der Stelle, wo sich heute die Grabeskirche befindet. Der Weg vom Palast des Pontius Pilatus nach Golgatha, auf dem Jesus damals sein Kreuz tragen musste, heißt heute „Via Dolorosa“, „Schmerzensstraße“, und endet an der Grabeskirche. Am Karfreitag werden wieder unzählige Christen diese Straße entlangziehen und dabei an Jesu Leidensweg denken.
Gehen wir nun aber in Gedanken zurück zum ersten Karfreitag, zum Todestag unsers Herrn. Da trug er selbst unter großen Qualen sein Kreuz auf der Schmerzensstraße, die zur Stadt hinaus auf den Hügel Golgatha führte. Er trug es so lange, bis er unter der Last zusammenbrach. Dann zwang man einen Bauern namens Simon, das Kreuz für ihn weiterzutragen. Es waren auch noch zwei andere Verurteilte mit Jesus unterwegs, die zur Hinrichtungsstätte geführt wurden – zwei Schwerverbrecher, die nach damaligem Rechtsempfinden die Todesstrafe wirklich verdient hatten. Auf der Kuppe von Golgatha angekommen, wurden die drei Verurteilten ans Kreuze geschlagen, und ihre Kreuze wurden dann aufgerichtet. Lukas berichtet, dass Jesu Kreuz in der Mitte stand, also wohl an der höchsten Stelle des Schädelbergs; die beiden Verbrecher wurden links und rechts neben ihm gekreuzigt.
Durch Lukas wissen wir auch Näheres über die beiden Mitgekreuzigten. Der eine Verbrecher lästerte Jesus in derselben Weise, wie viele der anwesenden Schaulustigen es taten. Nehmen wir mal an, sein Kreuz stand rechts neben Jesu Kreuz. Spöttisch sagte er also von rechts: „Bist du nicht der Christus? Dann hilft dir doch selbst und auch uns!“ Der Verbrecher auf der linken Seite aber ermahnte diesen Lästerer und sagte: „Hast du denn keine Gottesfurcht? Dabei werden wir hier ganz zu Recht hingerichtet; der aber hat nichts Unrechtes getan.“ Und dann bat er den Herrn reumütig: „Jesus, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ Da erhörte der Herr seine Bitte und und versprach ihm die ewige Seligkeit.
Liebe Brüder und Schwestern in Christus, was damals auf Golgatha geschah, das ist zugleich ein Abbild für die ganze Welt und alle Menschen, die auf ihr leben. Die Erdkugel ist ein Totenschädel; alle Menschen darauf sind dem Tod geweiht. Jeder sollte sich bewusst sein: Hier auf dieser Schädelstätte werde ich sterben. Die Bibel lässt keinen Zweifel an der Ursache dafür: Es ist unsere Sünde, für die wir das verdiente Urteil empfangen. Im Römerbrief heißt es kurz und klar: „Der Tod ist der Sünde Sold“ (Römer 6,23). Ja, wir werden auf dem Totenschädel der Welt sterben, wie Jesus und die beiden Verbrecher auf dem Totenschädel von Golgatha gestorben sind.
Alle Menschen sind Sünder, und alle müssen ihrer Sünde wegen sterben. Trotzdem gibt es einen Unterschied: Einige Menschen gleichen dem Lästerer auf der rechten Seite; sie sehen in Jesus nur einen, der letztlich genauso hilflos und qualvoll sterben musste wie jeder Mensch. Die anderen aber gleichen dem Bittenden auf der linken Seite. Sie vertrauen darauf, dass Jesus der Christus ist, der kam, um uns von der Macht des Todes zu erlösen und ins ewige Paradies zu führen. Ja, die drei Männer an den Kreuzen auf Golgatha repräsentieren die ganze Menschheit: rechts der verlorene Sünder ohne Buße, links der gerettete Sünder mit Buße, in der Mitte der Mittler Gottes, der sündlose Herr, der den bußfertigen Sünder rettet. Es mag vielleicht ein merkwürdiger Vergleich sein, aber was wir da auf Golgatha vor unserm geistigen Auge sehen, das ist so ähnlich wie die Siegerehrung nach einem sportlichen Wettkampf. In der Mitte sehen wir Jesus auf Platz 1 des Siegerpodestes; er hat den Tod besiegt und ist die Nummer 1, der Herr aller Herren im Himmel und auf Erden. Rechts sehen wir den Lästerer auf Platz 3, dem letzten Platz; er ist der Verlierer, er hat sein Recht auf Leben in Zeit und Ewigkeit verwirkt, weil er weder Gott fürchtet noch Jesus vertraut. Links sehen wir den Bittenden auf Platz 2, den bußfertigen Sünder; er hat durch Gottes Gnade Anteil an Christi Sieg und wird von ihm ins Paradies erhoben. Gebe Gott, dass dieser zweite Platz unser Platz ist! Amen.
PREDIGTKASTEN |