Der eine wahre Gott

Predigt über Jesaja 45,18‑25 zum 3. Sonntag nach Epiphanias

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Was wir eben gehört haben, das ist eine 2700 Jahre alte Missions­predigt: Gottes Wort im Mund seines Propheten Jesaja. Jesaja hatte oft seinen Landsleuten in Judäa gepredigt, aber mit dieser Predigt wendete er sich aus­drücklich an die „Heiden“ und an „aller Welt Enden“. Er forderte also Nicht-Israeliten auf, sich Gott zuzuwenden, und verhieß ihnen Heil. Ja, Menschen aus allen Völkern lädt Gott durch Jesaja zu sich ein mit den Worten: „Wendet euch zu mir, so werdet ihr gerettet, aller Welt Enden; denn ich bin Gott, und sonst keiner mehr.“

Ur­sprünglich richtete sich diese Predigt an Völker, die erst von der babylo­nischen und dann von der persischen Großmacht besiegt worden waren. Kyros der Große, der berühmte Perser­könig, hatte mit seinen Eroberungs­feldzügen sein Reich auf eine Größe ausgedehnt, die nie zuvor ein Staat der Welt besessen hatte: Das persische Großreich erstreckte sich von Indien bis hin zum Gebiet der heutigen Türkei. Jesaja sagte den unter­worfenen Völkern in seiner Predigt: Macht euch nichts vor, eure National­götter haben euch nicht die Un­abhängig­keit bewahren können. Ihr habt immer wieder eure hölzernen Götzen­bilder befragt, aber sie haben nichts Ver­lässliches ge­antwortet. Ihr hattet sie um Sieg gebeten, aber ihr seid besiegt worden. Ihr trugt eure Götzen­bilder bei Pro­zessionen in euren Ländern herum, und doch sind all diese Länder nun vom Feind besetzt. Seht es doch ein: Es ist Dummheit, sich auf solche Holzgötter zu verlassen. Wörtlich sagte Jesaja: „Keine Erkenntnis haben, die sich abschleppen mit den Klötzen ihrer Götzen und die zu einem Gott flehen, der nicht helfen kann.“ Und dann folgt die Einladung des Gottes Israels: „Wendet euch zu mir, so werdet ihr gerettet, aller Welt Enden; denn ich bin Gott, und sonst keiner mehr.“

Wir müssen uns vorstellen, dass die Heiden­völker da Vorbehalte hatten. Sie hatten bisher mit dem Konzept gelebt, dass jedes Volk seinen eigenen National­gott besitzt. Sie werden sich gefragt haben: Warum sollen wir denn nun aus­gerechnet alle den National­gott Israels anbeten? Jesajas Antwort: Weil der Gott Israels der einzige wahre Gott ist und weil er zuverlässig seine Heil bringende Wahrheit offenbart. Ein gutes Beispiel für Gottes Zu­verlässig­keit ist diese Missions­predigt selbst. Ich habe zu Anfang erwähnt, dass sie etwa 2700 Jahre alt ist; in dieser Zeit hat der Prophet Jesaja gelebt. König Kyros der Große aber lebte erst 150 Jahre später! Trotzdem redet Jesaja am Anfang dieses Kapitels vom Wirken dieses großen Perser­königs und nennt sogar seinen Namen. Diese göttliche Prophe­zeiung ist so ver­blüffend, dass viele Leute sie bis heute nicht glauben wollen. Sogar Theologen bezweifeln, dass Jesaja die Zukunft so genau voraus­gesehen hat, und nehmen darum an, dass das Jesajabuch ab Kapitel 40 von einem späteren Propheten geschrieben wurde. Aber im Neuen Testament wird aus­drücklich gesagt, dass diese Worte von Jesaja stammen, und es gibt eine ganze Reihe von Hinweisen, die das bestätigen. Auch wenn es ganz unglaublich klingt, müssen wir zur Kenntnis nehmen: Der Prophet Jesaja hat hier eine Missions­predigt auf­geschrieben für Menschen, die erst über 150 Jahre später lebten, nämlich den von Kyros besiegten Heiden­völkern. So klar und zuverlässig hat Gott durch Jesaja alles voraus­gesagt, wie es sonst nie jemals bei einem heidnischen Orakel der Fall war.

Die Heiden­völker fragten sich also: Warum sollen wir denn nun aus­gerechnet alle den National­gott Israels anbeten? Vier Gründe konnten sie in Jesajas schriftlich über­lieferter Predigt finden: Der Herr ist allmächtig, der Herr ist ver­lässlich, der Herr ist gütig, der Herr ist ewig.

Erstens: Der Herr ist allmächtig. Er hat die ganze Welt geschaffen, den Himmel und die Erde. Und er hat alle Menschen geschaffen, damit sie die Erde bevölkern sollen. Jesaja bezeugte: „Er ist der HERR, der den Himmel geschaffen hat, und er ist Gott, der die Erde bereitet und gemacht hat – er hat sie gegründet; er hat sie nicht geschaffen, dass sie leer sein soll, sondern sie bereitet, dass man auf ihr wohnen solle.“ Das bedeutet: Der Herr, der Gott Israels, ist kein National­gott, sondern ein Universal­gott. Nicht nur für ein Volk ist er zuständig, sondern für alle Völker. Am Anfang des Kapitels machte Jesaja deutlich, dass auch der mächtige Perserkönig Kyros mit seiner Eroberungs­politik nichts anderes ist als ein Werkzeug in Gottes Hand, ein Erfüllungs­gehilfe von Gottes Plänen für die Völker der Welt.

Zweitens: Der Herr ist ver­lässlich. Die Botschaften der Heiden­götzen (beziehungs­weise das, was heidnische Priester dafür ausgaben) waren stets unklar und dunkel; eigentlich konnte jeder das aus ihnen heraus­lesen, was er wollte. Beim Gott Israels ist das anders. Der Herr tat durch Jesaja kund: „Ich habe nicht im Verborgenen geredet an einem finsteren Ort der Erde; ich habe nicht zu den Söhnen Jakobs gesagt: ‚Sucht mich ver­geblich!‘ Denn ich bin der Herr, der Wahrheit redet und verkündet, was richtig ist.“

Drittens: Der Herr ist gütig. Er lässt die Not leidenden Menschen nicht im Stich, so wie die hölzernen Götzen­bilder der Heiden es taten. Auch dies hat sich im Handeln des Kyros gezeigt: Er war es, der die Heiden­völker besiegte und zugleich das Volk der Juden aus der Babylo­nischen Gefangen­schaft in die Freiheit entließ. Er erlaubte ihnen, ihre Stadt Jerusalem und Gottes Tempel wieder aufzubauen. Nachdem Gott das Volk Israel mit der Gefangen­schaft gestraft und gedemütig hatte, schenkte er ihnen nun wieder Heil und Erlösung. Er sagte durch Jesaja: „Es ist kein Gott außer mir, ein gerechter Gott und ein Heiland, ja, keiner außer mir.“ Und am Schluss fügte Jesaja an: „Im HERRN wird gerecht werden Israels ganzes Geschlecht und sich seiner rühmen.“ Diese Erlösung aus der Gefangen­schaft, diese Heilands­liebe und Güte hat er dann später in einzig­artiger Weise durch seinen ein­geborenen Sohn Jesus Christus offenbart.

Viertens: Der Herr ist ewig. Wie es ihn schon immer gab, schon bevor die Welt entstand, so wird es ihn auch immer geben, selbst dann noch, wenn die Welt vergangen sein wird. Auch dieses Weltende lässt er durch Jesaja andeuten. Das geschieht mit einem Satz, der im Neuen Testament zweimal zitiert ist, und zwar immer mit Bezug auf das Jüngste Gericht. Gott sagt: „Mir sollen sich alle Knie beugen und alle Zungen schwören.“ Diejenigen freilich, die seinen Ruf verachten, werden dann zuschanden werden. Jesaja fügte an: „Alle, die ihm wider­stehen, werden zu ihm kommen und beschämt werden.“ Ja, spätestens am Jüngsten Tag, wenn die Toten auferstehen und zusammen mit den Lebenden gerichtet werden, werden alle Menschen Gottes Allmacht erkennen und sich ihm unterwerfen müssen. Dann wird es geschehen, dass Menschen aus allen Völkern in Gottes Reich für immer friedlich zusammen­leben – aus dem Westen, aus dem Osten, aus dem Norden und aus dem Süden.

Liebe Gemeinde, fast auf den Tag genau vor dreihundert Jahren, nämlich am 24. Januar 1712, wurde Friedrich der Große geboren. Neben vielen anderen Dingen ist seine Einstellung berühmt geworden, dass jeder nach seiner Fasson selig werden soll. Dieser religiösen Toleranz stimmen heute viele Menschen zu. Sie ist insofern sinnvoll, als dass ein moderner Staat welt­anschau­lich neutral bleiben und niemanden wegen seines Glaubens bevorzugen oder be­nachteili­gen soll. Ansonsten ist diese Einstellung aber falsch und gefährlich. Selig werden kann man nämlich nicht nach einer beliebigen Fasson, sondern nur nach einer Fasson: nach Gottes Fasson! Das ist Jesajas klare Botschaft, die auch heute noch gilt. Gott lässt auch heute noch alle Menschen in allen Völkern durch Jesaja wissen: „Wendet euch zu mir, so werdet ihr gerettet, aller Welt Enden; denn ich bin Gott, und sonst keiner mehr.“

Das gilt auch für die, die den Götzen der Neuzeit huldigen. Auf dem Holzweg waren nicht nur diejenigen, die sich in alter Zeit mit den Holzklötzen ihrer Götzen ab­geschleppt haben, sondern auf dem Holzweg sind auch diejenigen, die heute der Wissen­schaft glauben, auf ihr Bauchgefühl vertrauen, das Geld anbeten oder gute Laune vergöttern. Versteht mich nicht falsch: Wissen­schaft, Bauch­gefühl, Geld und gute Laune sind an sich nicht schlecht, ebensowenig wie ein Holzklotz an sich schlecht ist. Aber wer der Wissen­schaft, seinem Bauchgefühl oder dem Geld am meisten vertraut oder wer gute Laune für das Wichtigste hält, der gleicht einem alten Heiden, der vor einem hölzernen Gottesbild nieder­fällt. Martin Luther hat es treffend definiert: Das, woran du dein Herz hängst, das ist in Wahrheit dein Gott. Und wer sein Herz an etwas anderes hängt als an den einen wahren Gott, den Schöpfer Himmels und der Erden, den Herrn Israels und den Vater Jesu Christi, der glaubt nach einer Fasson, mit der er nicht selig, sondern zuschanden wird – im Jüngsten Gericht nämlich. Denn auch heute noch gilt: Nur ein Gott ist allmächtig, nur ein Gott ist ver­lässlich, nur ein Gott ist gütig, nur ein Gott ist ewig.

Ja, nur dieser eine Gott ist allmächtig, weil er der Ursprung aller Dinge ist. Die Welt hat sich eben nicht aus dem Urknall von selbst entwickelt durch ein Or­ganisations­potential, das der Materie innewohnt, wie es der Götze Wissen­schaft heutzutage orakelt. Vielmehr hat Gott Himmel und Erde bewusst nach seinem Willen gestaltet.

Und nur dieser eine Gott ist ver­lässlich. In seinem Wort hat er uns alles wissen lassen, was für unser Leben wesentlich ist. Wenn ich Ent­scheidungen treffen muss, dann verlasse ich mich nicht auf mein trüge­risches Bauch­gefühl, sondern dann bitte ich Gott um Hilfe und suche Weisung in der Bibel.

Und nur dieser eine Gott ist gütig. Nur einen Weg zur Seligkeit hat er uns gewiesen, und dieser Weg heißt Jesus Christus. Der hat uns nicht mit Gold oder Silber erlöst, denn Geld kann letztlich keinen Menschen retten, auch wenn es Versicherungen gibt und neuerdings Rettungs­schirme aus Geld gebastelt werden. Christus hat uns vielmehr am Kreuz mit seinem Blut erlöst, hat damit Gottes Güte und Barmherzig­keit erwiesen; nur das kann uns in die Ewigkeit hinüber­retten.

Ja, und nur dieser eine Gott ist auch ewig. Alle Menschen­leben werden einmal in den einem Punkt einmünden, wo Gott Gericht haltenwird über Lebende und Tote. Jesaja und das Volk Israel, Kyros und die Heiden­völker, Friedrich der Große und wir, die wir hier versammelt sind, werden dann vor Gottes Thron die Knie beugen und seinen Namen bekennen. Selig können wir dann nur nach einer Fasson werden, und die lautet: „Christi Blut und Gerechtig­keit, / das ist mein Schmuck und Ehrenkleid. / Damit will ich vor Gott bestehn, / wenn ich zum Himmel werd eingehn.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2012.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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