Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Habt Ihr Pläne für das neue Jahr? Ich hoffe, dass ihr welche habt. Wer keine Pläne hat und sich einfach treiben lässt, der hat es nämlich schwer in der heutigen Zeit. Es gibt so viele Wahlmöglichkeiten, dass wir uns andauernd entscheiden müssen. Wer da entschlossen ist und einen festen Willen zeigt, der kann über die zahlreichen Lebenswegkreuzungen hinweg seinen Kurs halten – auch im gerade angebrochenen Jahr.
Damit sind wir bei dem Thema, das unsere Neujahrsepistel anschneidet. Da ist von Unternehmern die Rede, die für das vor ihnen liegende Jahr große Pläne haben. Handel wollen sie treiben und Gewinn wollen sie machen. Das war zur Zeit der Bibel nicht anders als heute. An sich ist das auch nichts Schlechtes, sondern etwas ganz Normales. Im Grunde genommen sind wir ja alle Unternehmer: Wir wollen im Leben erreichen, dass wir „Gewinn machen“, damit es uns gut geht. Eine solche unternehmerische Einstellung ist mir jedenfalls lieber, als wenn jemand gar nichts unternimmt, sondern erwartet, dass andere sich um seinen Lebensunterhalt kümmern. Es ist besser, Pläne zu schmieden und für ihre Erfüllung notfalls auch den Wohnsitz zu wechseln, als in überkommenen Verhältnissen jammernd zu erstarren und womöglich noch den Politikern die Schuld dafür zu geben. Auch wer zu jung oder zu alt dafür ist, um Wirtschaftsunternehmen zu beginnen, ist doch in anderer Hinsicht gefordert, sein Leben in die Hand zu nehmen und mit klarem Willen Entscheidungen zu treffen. Wer zum Beispiel mit der Schule fertig ist, sollte sich gut überlegen, wie es bei ihm weitergehen soll. Auch hier sind mir diejenigen jungen Leute lieber, die sich über Berufs- und Ausbildungsmöglichkeiten informieren und einen Ortswechsel erwägen, als diejenigen, die lustlos irgendwas anfangen, um dann hinterher festzustellen, dass es nicht das Richtige war. Selbst der alte Mensch kommt immer wieder in die Situation, dass er sein Leben in die Hand nehmen und Entscheidungen fällen muss. Da ist zum Beispiel jemand unheilbar erkrankt und soll nun unterschreiben, dass er mit einer komplizierten Operation einverstanden ist, die vielleicht, nach menschlichem Ermessen, seine Lebenserwartung um ein paar Jahre erhöht. Auch hier ist eine mutige Entscheidung nötig, so oder so; auch hier sind starker Wille und Entschlusskraft gefragt.
Nun wird euch in der Neujahrsepistel aber auch nicht entgangen sein, dass Gott die darin erwähnten Unternehmer durchaus kritisch sieht. Dabei hat die kirchliche Kommission, die einst die Abgrenzung der Neujahrsepistel beschloss, uns mit dem scharfen nachfolgenden Satz sogar noch verschont. Darin heißt es: „Nun aber rühmt ihr euch in eurem Übermut. All solches Rühmen ist böse.“ Dieser Satz macht allerdings auch deutlich, dass Gott hier nicht die unternehmerischen Pläne als solche kritisiert, sondern vielmehr Übermut und falsches Rühmen. Was ist damit gemeint? Damit ist gemeint, dass ein Mensch sich einbildet, mit seinen forschen Plänen und klaren Willensentscheidungen selber seines Glückes Schmied zu sein. Er bildet sich ein, dass er es selbst in der Hand hat, Gewinn zu machen und seine Lebensqualität zu verbessern. Er denkt, er kann die Zukunft gestalten. Offenbar gab es schon damals viele, die so gedacht haben; in der heutigen Zeit wird diese Haltung ja fast schon wie ein Naturgesetz gelehrt. Ist euch das schon mal aufgefallen: Wie oft ist davon die Rede, dass Menschen die Zukunft gestalten wollen oder sollen. Was für ein Unsinn! Niemand kann seine Zukunft gestalten. Wir können nur unsere Gegenwart gestalten und hoffen, dass sich das positiv auf unsere Zukunft auswirkt. Am 1. Januar kann niemand direkt beeinflussen, wie es ihm am 1. Februar oder am 1. Dezember gehen wird. Da können meine Pläne schon längst über den Haufen geworfen sein, da kann ich krank sein, da kann ich verletzt im Krankenhaus liegen, da kann ich auch schon tot sein. Niemand hat das selbst in der Hand; es steht allein in Gottes Hand. Gott sagt es schlicht und klar in unserer Neujahrsepistel: „Ihr wisst nicht, was morgen sein wird. Was ist euer Leben? Ein Rauch seid ihr, der eine kleine Zeit bleibt und dann verschwindet.“ Wenn ihr eine Kerze auspustet, könnt ihr es beobachten: Ein paar Sekunden lang steigen noch Wachsschwaden hoch; dann ist es vorbei. Das sind wir, das ist unser Menschenleben: So eine Wachsschwade, so ein Rauch! Wer das nicht wahrhaben will, der lebt in „Übermut“ und falschem „Rühmen“, wie es die Bibel nennt.
Das bedeutet nun keineswegs, dass man nichts mehr planen und entscheiden sollte. Nein, ich stehe zu meiner Meinung: Es ist gut und wichtig, einen entschlossenen Willen zu haben und allerlei Lebens-Unternehmungen für das neue Jahr zu planen. Wichtig ist dabei aber, dass wir den Ausgang und Erfolg unserer Unternehmungen ganz und gar Gott überlassen. In der Neujahrsepistel heißt es darum: „Ihr solltet sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun.“ Es ist die berühmte Jakobus-Klausel, die „conditio Iacobi“, die Christen aller Jahrhunderte als Vor-Vorsatz vor alle eigenen Vorsätze und Pläne gestellt haben: „So Gott will und wir leben…“ Der christliche Unternehmer wird den Erfolg oder Misserfolg seiner neusten Pläne in Gottes Hand legen, der christliche Jugendliche wird Ausbildung und Beruf dem Herrn im Gebet anbefehlen, der todkranke Patient wird, gleich ob er sich noch einmal operieren lässt oder nicht, beten: „Ach Gott, ich bitt durch Christi Blut, / machs nur mit meinem Ende gut.“
Damit gelangen wir zum zweiten Thema des Neujahrstages. Das erste Thema ist der Beginn eines neuen Kalenderjahres sowie unser Wollen und Planen für die vor uns liegenden zwölf Monate, wobei wir Ausgang und Erfolg Gott anheimstellen. Das zweite Thema ist, weniger offensichtlich, die Beschneidung und Namengebung unseres Herrn Jesus Christus. Jesus wurde ja wie alle jüdischen Knaben gemäß dem Mose-Gesetz am achten Tag nach seiner Geburt beschnitten, und bei dieser Gelegenheit wurde sein Name offiziell bekannt gegeben. Weil wir am 25. Dezember der Geburt Jesu gedachten, liegt es nahe, acht Tage später, also am 1. Januar, seiner Beschneidung und Namengebung zu gedenken. Bleibt nur noch die Frage: Wo kommt denn Jesus in unserem Predigttext vor?
Hören wir noch einmal den entscheidenden Satz daraus: „Ihr sollt sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun.“ Der Herr, das ist der allmächtige Gott, der Schöpfer und Herr aller Dinge. Der Herr, das ist zugleich aber auch das Jesus-Kind, der Kyrios, von dem wir bekennen: „Ich glaube an Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, unsern Herrn.“ Es ist ganz wichtig, dass wir uns das klar machen. Wenn wir unser Leben und unser Planen unter den Willen des Herrn stellen, dann stellen wir es nicht unter den Willen Allahs oder irgendeines nebulösen höheren Wesens, das wir uns da irgendwo im Himmel vorstellen. Nein, wir stellen es unter den Willen des Herrn Jesus Christus, der als Mensch zur Welt kam und acht Tage später nach Gottes Willen den Namen „Jesus“ erhielt. Nur wer Jesus findet, findet Gott den Herrn; niemand kommt zum himmlischen Vater ohne ihn. Der rechte Glaube erkennt in Jesus den Fleisch gewordenen Gott; jeder andere Glaube ist ein Irrglaube. Das ist ja die Hauptbotschaft des ganzen Neuen Testaments: In Jesus und nur in ihm haben wir Zugang zu Gott und werden Kinder seines ewigen Reiches.
„Wenn der Herr will“ – diese Bedingung sollen wir über alle Pläne unseres eigenen Willens stellen. Wenn Jesus es will, dann werden wir das Ende dieses neuen Jahres erleben. Wenn Jesus es will, werden wir gesund bleiben. Wenn Jesus es will, werden unsere Pläne und Vorhaben gelingen. Die Frage ist nur: Will er denn? Was ist denn sein Wille für uns? Wenn es um den Willen Allahs oder irgendeines nebulösen höheren Wesens ginge, dann müssten wir nun mit den Schultern zucken und sagen: Wir wissen es nicht; es liegt alles im Dunkeln. „Kismet“ sagt der Moslem dafür, „Zufall“ der moderne Mensch. Aber nun kennen wir diesen Herrn ja besser. Es ist der, der am achten Tag nach seiner Geburt den Namen „Jesus“ erhielt. Dieser Name beinhaltet Gottes Programm: „Jesus“ heißt „Retter“ oder „Heiland“. In Jesus kam Gott selbst zur Welt, um uns zu retten. Er kam, um uns aus dem unentwirrbaren Knäuel von Schuld und Leid herauszureißen, das in dieser Welt herrscht. Er kam, um uns selig zu machen. Er kam, um uns das ewige Leben zu schenken. Das ist sein Wille – sein guter, gnädiger Wille. Wenn wir im Vaterunser beten: „Dein Wille geschehe“, dann erteilen wir Gott damit keine Blankovollmacht, irgendwas an uns zu tun, sondern dann sprechen wir ihm das Vertrauen aus, dass er seinen guten und gnädigen Willen ans Ziel bringen wird, den er uns in Jesus offenbar gemacht hat. „Wenn der Herr will, werden wir leben…“ – er will, das hat er mit Jesus ganz deutlich gemacht. Ja, er will, dass wir leben. Auch wenn ich dieses Jahr sterben sollte, so weiß ich, dass ich weiterleben darf in Gottes Herrlichkeit, denn so will es der Vater im Himmel und so will es mein Heiland Jesus Christus. Er hat es mir mit der Taufe geschenkt und versichert es mir immer wieder neu mit seinem Wort.
Der Herr Jesus will, dass wir selig werden. Damit steht das herrliche Ziel unseres Lebens fest; Gott sei Lob und Dank! Wie der Weg dorthin aussieht, das bleibt allerdings noch sein Geheimnis. Wir wissen nur, dass dieser Weg auch etwas mit dem Kreuz zu tun hat und dass wir einmal durch das dunkle Tor des Todes schreiten müssen. Wir wissen aber auch, dass Jesus dabei stets an unserer Seite ist, stets ganz nah – er, der Herr, der Heiland. Das ist das Wichtigste. Egal ob geplante Geschäfte erfolgreich verlaufen oder zur Insolvenz führen, egal wie der Weg ins Berufsleben dann wirklich verläuft, egal wie sich unsere Gesundheit entwickelt – Jesus ist bei uns, darauf können wir uns verlassen. Er geht mit und führt uns Schritt für Schritt weiter.
„Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun“, so sollen wir sagen. Und das bedeutet letztlich nichts anderes, als der Aufforderung des Apostels Paulus aus dem Kolosserbrief nachzukommen: „Alles, was ihr tut, mit Worten oder mit Werken, das tut alles in dem Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn“ (Kol. 3,17). Amen.
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