Einträchtig in Christus

Predigt über Römer 15,5‑9 zum 3. Advent

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Was würdet ihr davon halten, wenn ein Vater seine Kinder hungern lässt, damit er die Kinder anderer Leute sättigen kann? Wahr­scheinlich würdet ihr so einen Vater für einen Rabenvater halten. Mit diesem Argument wirbt die NPD für ihre politische Über­zeugung, den Natio­nalismus. Sie behauptet: Vater Staat ver­nachlässigt die Deutschen auf Kosten der Ausländer. Man könnte darüber diskutieren und erwidern: Wenn sch ein Vater anderer­seits nur um die eigenen Kinder kümmert und ihm die not­leidenden Kinder vor seiner Haustür völlig egal sind, dann ist das auch nicht gut. Man könnte auch zu der Einsicht gelangen: Die nationalis­tische Einstellung tastet die Menschen­würde an und verletzt den Gleichheits­grundsatz, darum ist die NPD verfassungs­feindlich und muss verboten werden. In jedem Fall aber ist fest­zustellen: Der Natio­nalismus fördert nicht die Eintracht unter den Völkern, sondern steht ihr eher im Wege.

Begeben wir uns vom rechten an den linken Rand des politischen Spektrums! Wer traditio­nell links eingestellt ist, der denkt inter­national. Die politische Überzeugung des Sozialismus ruft: „Pro­letarier aller Länder, vereinigt euch!“ Da merken wir: Hier wird zwar nicht eine bestimmte Nation bevorzugt, dafür aber eine bestimme Klasse oder Gesell­schafts­schicht. Die linke Solidarität ist eine Solidarität der Armen gegen die Reichen. Dabei stehen die Reichen unter dem General­verdacht, dass sie auf be­trügerische Weise reich geworden sind. Deshalb fordert der Sozialismus eine Um­verteilung der Güter von oben nach unten. Es ist so wie bei einem Vater mit zwei erwachsenen Söhnen: Der eine ist reich geworden, der andere ist verarmt, und nun soll der Vater den reichen Sohn dazu zwingen, dem armen soviel abzugeben, bis beide etwas gleich reich sind. Man könnte darüber diskutieren und erwidern: Wenn der reiche Sohn fleißig war und der arme Sohn faul, warum soll dann der Faule auf Kosten des Fleißigen leben? Man könnte auch zu der Einsicht gelangen: Die sozialis­tische Einstellung wider­spricht dem Grundrecht auf Eigentum und Erbe, darum ist sie verfassungs­feindlich. In jedem Fall muss man fest­stellen: Auch der Sozialismus fördert nicht die Eintracht unter allen Menschen, sondern stattdessen Sozialneid und Klassen­kampf.

Nun ist die Kanzel nicht der Ort, wo politische Positionen aus­diskutiert werden müssen, seien sie nun rechts oder links oder in der Mitte zu finden. Hier ist vielmehr der Ort, wo das Evangelium vom Reich Gottes verkündigt wird, und das kann man keinem politischen Lager zuordnen, sondern das ist über alle Politik erhaben. Hier ist der Ort, wo wir fröhlich fest­stellen: Gottes Reich ist sowohl inter­national als auch klassenlos! In Gottes Reich sind Deutsche und Ausländer, Arme und Reiche, Männer und Frauen gleicher­maßen willkommen. Auch Bildung, Manieren, Aussehen und Alter spielen keine Rolle. Das Neue Testament macht das immer wieder mit der Fest­stellung deutlich, dass Juden und Nichtjuden gleicher­maßen Gott zum Vater haben; die Nichtjuden werden dabei mal Heiden und mal Griechen genannt. Auch in unserem Predigttext klingt das an: „Christus ist ein Diener der Juden geworden… die Heiden aber sollen Gott (ebenfalls) loben…“ Da müssen wir über aller Politik und Menschen­meinung mit Gottes Wort fest­stellen: Das Evangelium von Jesus Christus fördert die Eintracht unter allen Menschen in höchstem Maße. Paulus schrieb daher auch: „Gott gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid unter­einander, Christus Jesus gemäß.“

Ja, alle Menschen ruft Jesus ins Reich des himmlischen Vaters, da gibt es keine Unter­schiede. Der himmlische Vater kann sich das leisten, denn er ist Herr über alles, und seine Liebe ist un­ermesslich groß. Wenn er die Einen mit seiner Liebe sättigt und reicht macht, dann ist sein Vorrat noch lange nicht erschöpft, sondern er kann die anderen ebenso sättigen und reich machen. Christus hat mit seinem Blut am Kreuz so teuer bezahlt, dass die Sünden­schulden wirklich aller Menschen getilgt sind. Wer Christi Ruf folgt und zum himmlischen Vater kommt, der wird in jedem Fall reich, unverdient und für immer, denn er erbt das ewige Leben. Sozialneid, Klassen­kampf und Volks­egoismus sind daher in Gottes Reich vollkommen fehl am Platz.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, das hat Folgen für unser Zusammen­leben in Kirche und Gemeinde. Im Glaubens­bekenntnis sprechen wir die Überzeugung aus, dass es nur eine einzige heilige christliche Kirche gibt, die Gemeinde der Heiligen, das eine Volk Gottes. Diese Einheit gilt es nun auch zu leben. Unser Predigttext nennt zwei Bereiche, wo sich das zeigen soll. Da heißt es einmal: „Lobt einmütig mit einem Munde Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.“ Und da heißt es zum andern: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“ Beides wollen wir jetzt nach­einander genauer besehen.

Also erstens: „Lobt einmütig mit einem Munde Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.“ Der Zusatz ist ganz wichtig! Gott will nicht als Allah oder sonst irgendwie gelobt werden, sondern aus­schließlich als Vater des Herrn Jesus Christus. Ihm hat er alle Vollmachten gegeben im Himmel und auf Erden. Und nur durch ihn kann ein Mensch zum himmlischen Vater und in sein ewiges Reich finden. Christus aber finden wir im Zeugnis seiner be­vollmäch­tigten Boten; dieses Zeugnis aber finden wir in der Bibel. Einmütig loben heißt also auf der Grundlage der biblischen Lehre loben. Da, in der Apostel­lehre, finden wir das Fundament von Gottes Reich. Wer Gott so lobt, wie er sich uns in der Bibel offenbart hat, der stimmt damit in den Lobpreis und das Bekenntnis der Christen­heit aller Zeiten ein. Wer aber vom biblischen Zeugnis abweicht oder Abstriche macht, der schadet damit der christ­lichen Eintracht. Wahrhaft öku­menisches Verhalten ist daher nicht das Gelten­lassen wider­sprüchlicher christ­licher Lehr­aussagen neben­einander, sondern vielmehr das ernsthafte gemeinsame Bemühen um die rechte Erkenntnis der christ­lichen Lehre auf der Grundlage der Heiligen Schrift.

Und zweitens: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“ Und wie hat uns Christus angenommen und damit Gott geehrt? Mit Liebe und Barm­herzig­keit hat er es getan, ohne dabei vor schmerz­lichen persön­lichen Opfern zurück­zuschrecken. Das sollen wir uns zum Vorbild nehmen. Bedingungs­lose und opfer­bereite Liebe ist das Marken­zeichen der Christen­heit; daran erkennt man die Jünger Jesu. Solche Liebe sollte uns ebenso wichtig sein wie die rechte Lehre und das einmütige Gotteslob. Ist sie das auch? Interes­sierst du dich für deine Mit­christen, die heute mit dir diesen Gottes­dienst feiern? Weißt du, was sie be­schäftigt, unter was für Nöten sie leiden, welche Freuden sie dir gern mitteilen würden? Wärst du bereit, ihnen materiell oder finanziell zu helfen, wenn sie das nötig hätten? Und bist du auch insgesamt für Kirche und Mission zu Opfern bereit, selbst wenn sie schmerzen? Du weißt doch: Diese Opfer werden dazu gebraucht, dass viele andere Menschen von Gottes Liebe erfahren, sowohl im Wort der Ver­kündigung als auch in Taten der Nächsten­liebe. Und du weißt auch: Gott ist so reich an Liebe und Barmherzig­keit, dass er dich schon nicht im Stich lassen wird, wenn du reichlich opferst.

Zugegeben: Zu dieser zweiten Art, Eintracht zu zeigen, gehört etwas Mut. Einander annehmen, wie Christus uns angenommen hat – unsere menschliche Natur ist da sehr zurück­haltend. Aber im Glauben an Jesus können wir über unseren Schatten springen. Unser Predigttext ermuntert uns dazu, wenn Gott gleich zu Anfang ein „Gott der Geduld und des Trostes“ genannt wird. Gott hat Geduld mit uns, wenn die Pflänzchen des Gotteslobs und der Liebe in unseren Herzen immer noch recht klein und kümmerlich sind. Gott tröstet uns mit seinem Evangelium, dass er uns dennoch lieb hat und wir in jedem Fall seine Kinder bleiben. Denn Gottes Liebe zu uns und allen Menschen ist grenzenlos. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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