Geschaffen und erlöst

Predigt über Jesaja 43,1 zu einer Beerdigung

Liebe Trauergemeinde!

Wenn wir heute Abschied nehmen von einem Menschen, der uns etwas bedeutete, dann bedenken wir sein Leben vom Ende her. Das ist manchmal gut und hilfreich: etwas vom Ende her bedenken. Lasst es uns ebenso machen mit dem Gotteswort aus dem Buch des Propheten Jesaja, das ich eben verlesen habe: Lasst es uns vom Ende her bedenken!

„Du bist mein“, lautet der letzte Satz dieses Gottes­wortes. Gott sagt: „Zu mir gehörst du.“ Gott sagte es vor 87 Jahren, als er die Ver­storbene erschuf. Sie ist sein Geschöpf und gehört darum von Anfang an zu ihm. Der Prophet Jesaja hat das übrigens bereits in der Einleitung des Gottes­wortes deutlich gemacht, wo es heißt: „So spricht der Herr, der dich geschaffen hat.“ Die Ver­storbene hat dieses Geschenk des Lebens stets fröhlich gebraucht: Mit beiden Beinen stand sie im Leben, hielt ihren Körper in Bewegung und war ihren Mit­menschen als Mit­geschöpf zugewandt.

Aber sie wusste auch um die Ent­fremdung, die zwischen einem Menschen­geschöpf und seinem Schöpfer steht. Wir haben es vorhin in der Psalm­lesung gehört: Die Sünde wirkt sich von Anfang an als dunkle Macht im Leben aus und bewirkt, dass es in dieser Welt endlich ist. Würde diese dunkle Macht an ihr Ziel kommen, dann hätte der Tod das letzte Wort über jeden Menschen, und dann wäre das Grab tat­sächlich die letzte Ruhe.

Gott will das nicht. Gott will nicht den Tod des von ihm ent­fremdeten Menschen, das hat er aus­drücklich gesagt. Gott will auch nicht, dass unsere Ver­storbene endgültig tot bleibt, sondern er will, dass sie zum ewigen Leben auf­ersteht. Darum hat er sie persönlich ins Himmel­reich gerufen. Das ist der zweite Satz unseres Propheten­worts: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen.“ Nicht lange nach ihrer Geburt ist das geschehen, und zwar genau am Tag ihrer Taufe. Da ist sie auf­genommen worden in Gottes Reich. Zu der Zeit war es noch üblich, dass bei der Taufe der Name eines Kindes zum ersten Mal öffentlich genannt wurde (darum nennt man bis heute eine Namens­gebungs­zeremonie auch „Taufe“). Da ist sie „wieder­geboren worden aus Wasser und Geist“, wie es in der Bibel heißt (Joh. 3,5). Da hat Gott selbst die Ent­fremdung der Sünde über­wunden. Wir können auch sagen: Da hat er unsere Ver­storbene erlöst.

Damit sind wir beim dritt­letzten Satz unseres Propheten­worts: „Ich habe dich erlöst.“ Eigentlich hat Gott das getan lange bevor unsere Ver­storbene überhaupt geboren war. Er erlöste sie und alle Menschen, indem er selbst ein Mensch wurde in Jesus Christus. Er erlöste sie und alle Menschen, indem er sich selbst der Sterblich­keit unterwarf. Er erlöste sie und alle Menschen, indem Jesus am Kreuz von Golgatha die bittere Gottes­ferne durchlitt, die die Sünde mit sich bringt. Was für ein un­vorstell­bares Erlösungs­werk! Menschen hätten sich das niemals augedacht: Der Gottessohn erlebt und erleidet den Fluch, von Gott verlassen zu sein, und erlöst so die ganze Mensch­heit! Die Frucht dieser Erlösung wird jedem Menschen persönlich über­eignet, wenn er getauft wird. So ist die Taufe das Siegel auch über dem Leben, dessen irdisches Ende wir hier bedenken.

Die Ver­storbene hat das Geschenk der Taufe im Glauben angenommen und ihr Leben lang wert geschätzt. Sie bekannte sich dazu in der Kon­firmation, sie hielt sich zur christ­lichen Gemeinde, sie empfing immer wieder das Sakrament des Altars. Damit besaß sie etwas, das alle Furcht vertreiben kann. Folge­richtig lautet der erste Satz des Propheten­worts: „Fürchte dich nicht!“ Wer glaubt, dass Gott ihn geschaffen und durch Jesus erlöst hat, der braucht keine Angst zu haben. Er braucht sich nicht zu fürchten – weder vor den Wechsel­fällen des Lebens noch vor dem Tod noch vor Gottes Gericht. Zwar wird Gott einmal jeden Menschen zur Rechen­schaft ziehen – unsere Ver­storbene ebenso wie jeden einzelnen von uns, die wir hier versammelt sind. Wer aber auf Jesus vertraut und auf seine Erlösung, der kann gewiss sein: Gottes Gnade wird in diesem Gericht trium­phieren, und ich darf in die ewige Seligkeit eingehen.

In dieser Hoffnung nehmen wir nun auch Abschied von unserer Ver­storbenen. Wir vertrauen darauf, dass sie mit einem neuen gesunden Leib auf­erstehen wird und dass sie dann im Himmel mit Christus und vielen lieben Mit­christen wieder­vereinigt sein wird. Tränen, Krankheit, Leid und Sünde wird es da nicht mehr geben, sondern nur noch Freude und Gotteslob. Ja, darauf vertrauen wir, denn Gott hat es ver­sprochen. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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