Gott macht alles gut

Predigt über Jesaja 29,17‑24 zum 12. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Heute, zehn Jahre nach den Terror­anschlägen auf das World-Trade-Center in New York, wird wieder an den Satz erinnert, der damals berühmt wurde: „Nach dem 11. Sep­tember ist nichts mehr so, wie es vorher war.“ Der 11. Sep­tember hat den Glauben an die Harmlosig­keit des Islam zerstört, schlimme Kriege ausgelöst, das Sicherheits­gefühl vieler Menschen er­schüttert, die Welt­wirtschaft be­einträch­tigt und der Luftfahrt verschärfte Sicherheits­maßnahmen beschert. Ja, der 11. Sep­tember 2001 hat vieles verändert. Freilich, der Strippen­zieher hinter diesen Anschlägen, Osama Bin Laden, ist inzwischen tot. Man könnte geneigt sein, einen Satz aus unserem heutigen Predigttext auf ihn zu beziehen: „Es wird ein Ende haben mit den Tyrannen und mit den Spöttern aus sein, und es werden vertilgt werden alle, die darauf aus sind, Unheil anzu­richten.“ Aber der islamis­tische Terror ist mit Bin Ladens Tod ja keineswegs zu Ende – abgesehen davon, dass man sich als Christ über niemandes Tod freuen sollte, auch nicht über den Tod eines gefähr­lichen Terro­risten.

Lasst uns also der Versuchung wider­stehen, diesen einen Satz aus seinem Zusammen­hang zu reißen und auf die Ereignissen des 11. Sep­tembers zu beziehen. Lasst uns lieber auf den ganzen Bibel­abschnitt achten, der dieser Predigt zugrunde liegt. Wenn wir das tun, dann stellen wir fest: Hier ist ebenfalls von einer großen Veränderung die Rede; hier bleibt ebenfalls nichts so, wie es vorher war. Aber es ist eine umfassende Veränderung zum Guten, die niemand anders bewerk­stelligt als Gott der Herr persönlich. Die Botschaft von dieser Veränderung zum Guten ist ganz wichtig. Wir tun gut daran, sie aufmerksam zu hören und ihr Vertrauen zu schenken – besonders in Zeiten, die von Terror, Kriegen, Wirtschafts­krisen und anderen Nöten geprägt sind.

Der Prophet Jesaja verkündigt diese Heils­botschaft in drei Schritten, wobei sie mit jedem Schritt klarer wird. Es ist so, wie wenn man beim Augenarzt sitzt ober beim Optiker und durch ein Gerät zur Bestimmung der Sehschärfe schaut: Jedesmal, wenn der Bedienende etwas umschaltet, sieht man die Buchstaben an der gegenüber­liegenden Wand klarer. Drei Schärfe­stufen sind es, mit denen Jesaja uns Gottes große Veränderung und sein künftiges Heil vor Augen führt.

Zuerst malt uns Jesaja recht unscharf ein Landschafts­bild vor Augen. Er sagt: Stellt euch das Libanon­gebirge vor. Es ist ein wildes Waldgebirge mit Felsen, Wurzeln, um­gestürzten Bäumen und Gestrüpp. Hier kommt niemand auf die Idee, Getreide anbauen oder Obst ernten zu wollen. Aber nach einer Weile wird alles anders: Anstelle des Waldes ist dort fruchtbares Kulturland, ein lieblicher Garten, ein Paradies, schöner als alles bisher Gesehene! Das, was man bisher an Gärten kannte, erscheint dagegen wie Gestrüpp im Bergwald. Ja, Gott der Schöpfer ist hier am Werk. Wie er einst für Adam und Eva den Garten Eden geschaffen hatte mit all seinen herrlichen Bäumen und Früchten, so wird Gott die von Sünde über­wucherte Erde wieder in fruchtbares Kulturland verwandeln. Das verspricht Gott uns, liebe Gemeinde; wir können uns jetzt schon von Herzen darüber freuen!

Aber wir können Gottes herrliche Veränderung noch besser erkenne als mit dem Bild vom Gartenland. In den folgenden Sätzen malt uns Jesaja schärfer vor Augen, was Gott tun wird. Es geht da nicht mehr um ein vages Landschafts­bild, sondern es geht konkret um Menschen. Da können Gehörlose plötzlich hören, Blinde können sehen, Traumati­sierte empfinden Freude, Arme werden beschenkt und Unter­drückte bekommen vor ihren Peinigern Recht. In diesem Zusammen­hang steht der Satz von den Tyrannen und Spöttern, die vertilgt werden. Wir merken: Es geht dabei gar nicht um Rache und Be­friedigung darüber, dass die Feinde tot sind, sondern es geht darum, dass Unter­drückte und Geplagte aufatmen können.

Mit dieser Heilsansage können wir Gott so recht ins Herz schauen. Gott hat nur Gutes im Sinn mit uns. Gott will allen Geplagten helfen und verspricht, dass die Not ein Ende haben wird. Krankheiten und Be­hinderungen werden aufhören, Leid und Elend werden in Freude verwandelt werden. Wir tun gut daran, dass wir an solche göttlichen Heilszusagen unsere Hoffnung hängen und uns nicht von einer weit um sich greifenden Hoffnungs­losigkeit anstecken lassen. Gerade wenn du krank bist oder verzagt oder arm oder traurig oder unterdrückt oder sonst irgendwie belastet: Nimm wahr, dass Gott auch dir eine große Wende ankündigt, eine Veränderung zum Besseren, die er selbst herbeiführen wird!

Da lohnt es sich, genauer hinzu­schauen. Jesaja prophe­zeite: „Zu der Zeit werden die Tauben hören die Wortes des Buches.“ Welches Buches? Es gibt nur ein Buch, dass einfach „das Buch“ heißt, auf Griechisch „ho biblos“: die Bibel! Da merken wir: Hier geht es nicht in erster Linie um leibliche Gehör­losig­keit, sondern um geistliche Gehör­losig­keit, die Gott heilen will. Hier geht es darum, dass Menschen, die bislang nichts von der Bibel verstanden, plötzlich den Reichtum von Gottes Wort erkennen, der darin geschrieben steht. Ebenso heilt Gott geistliche Blindheit; die Sonne des Evangeliums geht auf: „Die Augen der Blinden werden aus Dunkel und Finsternis sehen.“ Und schließlich wird den Unter­drückten und Traurigen nicht einfach nur ein bisschen Lebens­freude prophezeit, sondern Jesaja verspricht ihnen: „Die Elenden werden wieder Freude haben am HERRN, und die Ärmsten unter den Menschen werden fröhlich sein in dem Heiligen Israels.“ Und das alles, weil die Macht der Tyrannen und Spötter gebrochen ist – da geht uns ein Licht auf, von wem in Wahrheit die Rede ist: nicht von Osama Bin Laden, auch nicht von Saddam Hussein oder Gaddafi oder Assad, sondern von Tyrannen, die nicht aus Fleisch und Blut bestehen. Gott wird Satan und alle bösen Geister überwinden, die uns von Gott entfremdet haben und die uns ins Verderben stürzen wollten.

Da sind wir nun schon fast bei der dritten Stufe angelangt, beim klarsten Blick auf Gottes Heils­ankündigung durch Jesaja. Aber es geht noch schärfer. Feierlich setzt Jesaja mit Gottes un­verhüllter Freuden­botschaft neu ein: „So spricht der Herr, der Abraham erlöst hat…“ Um Erlösung geht es, nämlich um die Erlösung, die dann mit dem Gottessohn Jesus Christus für alle Welt gekommen ist. Jesaja prophezeit, dass die Kinder seiner Zeit­genossen Gottes Taten in ihrer Mitte sehen werden. Ja, die Nachkommen der damaligen Israeliten haben dann 700 Jahre später erlebt, wie Jesus machtvoll predigte, un­glaubliche Wunder tat, am Kreuz die Menschen vom Teufel erlöste und sich mit der Auf­erstehung als Sieger über alles Böse zeigte. Da war der neue Bund gestiftet, da war die große Wende herbei­geführt, da ist das herrliche neue Zeitalter des Gottes­reichs angebrochen. Da haben Menschen zur Buße gefunden, da hat ihnen der Heilige Geist den Glauben ins Herz gelegt, da haben sie Gottes Liebe erkannt, da sind sie von ihren sündhaften Irrwegen auf Gottes gute Wege geleitet worden, wie Jesaja prophe­zeite: „Sie werden den Heiligen Jakobs heiligen und den Gott Israels fürchten. Und die, welche irren in ihrem Geist, werden Verstand annehmen, und die, welche murren, werden sich belehren lassen.“

Liebe Brüder und Schwestern, nun sehen wir klar: Gottes Wende ist schon geschehen, denn Jesus ist auf­erstanden von den Toten, und wir leben mit ihm und durch ihn in Gottes Reich. Wir wissen, dass der Teufel keine Macht mehr über uns hat, und wir glauben, dass wir bei Gott ganz geborgen sind. Es mag uns zwar noch er­schrecken, braucht uns aber nicht zu bekümmern, wenn die Welt um uns herum verrückt und böse ist, denn Gott hat uns erlöst und zu Erben des ewigen Lebens gemacht. Wir sind getauft, und wenn einer getauft ist, dann ist in seinem Leben nichts mehr so, wie es vorher war – alles ist in das herrliche Freuden­licht des Evangeliums getaucht. Selbst der Tod kann uns dann nicht mehr aus Gottes Hand reißen – egal ob wir jung oder alt sterben, gewaltsam oder natürlich. Gott wird uns dahin führen, wo schließlich auch unsere leiblichen Augen ganz scharf und klar erblicken werden, wie lieb er uns hat. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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