Hört auf die Stimme des Geistes

Predigt über Römer 8,1‑11 zum Pfingstsonntag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Ein Christ hat zwei Geburts­tage, einen fleisch­lichen und einen geist­lichen. Der fleisch­liche Geburtstag ist der Tag, an dem sein Leib den Leib seiner Mutter verließ. Der geistliche Geburtstag ist der Tag, an dem Gott ihn aus Wasser und Geist wieder­geboren hat durch die Heilige Taufe.

Beide, Fleisch und Geist, haben ihre je eigenen Gesetz­mäßig­keiten. Jeder Mensch kommt fleischlich zur Welt, um nach mehr oder weniger vielen Jahren dann wieder fleischlich zu sterben: Die Lunge hört auf zu atmen, das Herz hört auf zu schlagen. Ursache dafür ist die Erblast der Sünde, die in jedem Menschen steckt. Der Apostel Paulus nannte die Gesetz­mäßigkeit des Fleisches darum „das Gesetz der Sünde und des Todes“. Wer aber in der Taufe wieder­geboren wurde, der hat den Heiligen Geist empfangen; er steht also zugleich unter der Gesetz­mäßigkeit des Geistes. Sie ist das genaue Gegenteil vom Gesetz der Sünde und des Todes; sie bedeutet Freiheit und Leben. Paulus schreibt: „Das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.“ Wer den Heiligen Geist empfangen hat und ihn nicht wieder aus seinem Herzen vertreibt, der ist frei von aller Sünden­schuld und wird ewig leben. Menschen, die ohne Christus lebt, kennen nur eine innere Stimme, nämlich die Stimme des Fleisches. Pauls urteilt über sie: „Sie sind fleischlich gesinnt… Sie können Gott nicht gefallen.“ Menschen, die mit Christus leben, kennen beide Stimmen: sowohl die Stimme des Fleisches als auch die Stimme des Geistes. Paulus schreibt von ihnen: „Sie sind geistlich gesinnt… Der Geist Gottes wohnt in euch.“

Besonders am heutige Pfingstfest beten wir mit allen Christen: „Komm, Heiliger Geist, erfüll die Herzen deiner Gläubigen!“ Wir bitten darum, dass die Stimme des Geistes in uns recht laut erschallt und die Stimme des Fleisches übertönt. Zugleich aber wollen wir lernen, die Stimme des Geistes recht genau von der Stimme des Fleisches in uns zu unterscheiden. Zu diesem Zweck stelle ich in dieser Predigt die beiden Stimmen gegenüber.

Die Stimme des Fleisches sagt: Ich bin gut, die anderen Menschen sind schlecht. Wenn die anderen Menschen so vernünftig wären wie ich, dann gäbe es keine Probleme. Das Problem sind immer die anderen. Oder Gott. Denn der lässt so unsäglich viel Leid zu. Ja, letztlich ist der Schöpfer schuld an allem Schlamassel – wenn es ihn überhaupt gibt.

Die Stimme des Geistes dagegen sagt: Ich bin schlecht, die anderen auch, nur Gott ist gut. Ich bin ein Sünder, der Gottes Willen verfehlt und seine Strafe verdient hat. Darum bekenne ich meine Schuld und bitte um Gnade.

Die Stimme des Fleisches sagt: Das Heil liegt im Gesetz. Wir müssen für soziale Gerechtig­keit sorgen, wir müssen die Atom­kraftwerke abschaffen, wir müssen auf Kriege verzichten, wir müssen die Ausländer integrie­ren, wir müssen die Bildung fördern, dann wird es der Menschheit gut gehen. Wer sich nicht engagiert, der kann Gott nicht gefallen. Jesus war ein guter Mensch und hat sich vorbildlich eingesetzt, aber lasst uns bloß nicht fanatisch werden! Wenn man zu viel von Jesus redet, stößt man nur die Menschen anderer Religionen vor den Kopf.

Die Stimme des Geistes dagegen sagt: Engagement und gute Gesetze sind an sich nicht schlecht, aber Gott gefalle ich damit noch lange nicht. Das Fleisch kann Gott einfach nicht gefallen. Gott kann ich nur gefallen, wenn ich an Jesus glaube, wenn ich also die Gewissheit habe: Wegen Jesus vergibt mir Gott alle Schuld und erlässt mir die Strafe der ewigen Verdammnis. Jesus ist der Herr, er ist der einzige Weg zur ewigen Seligkeit, der Schlüssel zum Heil. „So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind… Denn was dem Gesetz unmöglich war, weil es durch das Fleisch geschwächt war, das tat Gott: Er sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündigen Fleisches und um der Sünde willen und verdammte die Sünde im Fleisch, damit die Gerechtig­keit, vom Gesetz gefordert, in uns erfüllt würde, die wir nun nicht nach dem Fleisch leben, sondern nach dem Geist.“

Die Stimme des Fleisches sagt: Weh mir, die Welt versinkt im Chaos! Ich bin bedroht von Krankheits­keimen, Kriegen, Umwelt­katastro­phen, Wirtschafts­krisen, Krebs, De­pressionen, Ärzte­mangel, Pflege­notstand und wer weiß was noch alles. Angst und Sorge schnüren mir die Kehle zu. Und Gott schweigt zu all dem.

Die Stimme des Geistes dagegen sagt: Ich habe Zuversicht und Freude, denn ich weiß, dass Christus alle Macht hat im Himmel und auf Erden. Er hat für die Welt sein Leben gelassen, darum wird er mich und alle Gläubigen heraus­retten aus dem Chaos. Er hat für mich das Kreuz getragen, sollte ich da nicht auch bereit sein, meinen Teil an Leid und Plage zu tragen? Es ist ja doch eigentlich leicht, und der Herr kommt bald wieder, um es mir ganz abzunehmen.

Die Stimme des Fleisches sagt: Ich will das Leben genießen. Ich will es möglichst angenehm und bequem haben. Darum gehe ich allen Konflikten aus dem Weg. Mir ist ein fauler Friede lieber als jeder Streit.

Die Stimme des Geistes dagegen sagt: Christus hat mich dazu berufen, hier auf Erden den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen. Ich weiß, dass der Teufel und alle finsteren Mächte den Glauben kaputt machen wollen; dazu wollen sie auch der christ­lichen Gemeinde schaden. Da lasse ich mir von meinem lieben Herrn Jesus die geistlichen Waffen geben: den Helm des Heils, den Brustpanzer der Gerechtig­keit und das Schwert des Geistes, des göttlichen Wortes. Weil Christus mit mir und für mich kämpft, brauche ich diese Auseinander­setzung nicht zu scheuen. Ich weiß: Nur wenn ich dem Teufel paroli biete, kann ich im wahren Frieden bleiben – in dem Frieden, den Jesus mir durch seine Versöhnungs­tat am Kreuz erworben hat.

Die Stimme des Fleisches sagt: Ich will bewundert und geliebt werden, ich habe einen Anspruch darauf! Ich will nehmen, was ich kriegen kann!

Die Stimme des Geistes dagegen sagt: Ich bin ja schon geliebt, bin Gottes geliebtes Kind, was will ich mehr? Darum will ich lieber selber lieben als Liebe be­anspruchen, lieber geben als nehmen – nach Jesu Vorbild. Nur so kann ich lernen, Gottes Gesetz wirklich zu erfüllen.

Ja, unser Fleisch ist ein armseliger Gefangener. Es ist gefangen in leeren Traditio­nen, in Meinungen des Zeitgeists, in Einflüssen von außen, in Sehnsüchten und Süchten – letztlich in der Sünde. Das Fleisch sitzt in der Todeszelle und wartet auf die Voll­streckung des Urteils. Ja, so steht es um das Fleisch, wenn kein Geist da ist.

Der Geist aber kommt vom Himmel und öffnet die Gefängnis­zelle. Der Geist bringt die Stimme Jesu und ruft uns im Evangelium zu: Du bist frei; du darfst leben – fröhlich leben, ewig leben! Der Geist bringt uns den Löse­schlüssel der Beichte: „Dir sind deine Sünden vergeben!“ Der Geist schließt die Todeszelle auf. Der Geist labt uns mit Christi Leib und Blut im Heiligen Abendmahl: „Für euch gegeben, für euch vergossen zur Vergebung der Sünden.“ – „Wenn nun der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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