Ein König bezieht seinen neuen Palast

Predigt über 1. Könige 8,22‑28 zum Himmelfahrtstag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Der berühmte König David machte Jerusalem zu seiner Residenz­stadt und bezog dort einen schönen Palast. Zu der Zeit gab es noch keinen richtigen Tempel. Gebetet und geopfert wurde in der sogenannten Stifts­hütte. Dieses pro­visorische Zelt-Heiligtum stammte aus der Zeit, als Israel in der Wüste umherzog. David dachte: Ich habe einen schönen Palast, aber Gott muss mit einem alten Zelt vorlieb nehmen; das geht doch nicht! Schließlich ist Gott der oberste König. Ich will auch für ihn einen Palast bauen, einen prächtigen Tempel. Da antwortete Gott durch den Propheten Nathan: Nein, David, du sollst mir keinen Tempel bauen. Erst wenn dein Sohn König ist, soll der mir einen Tempel bauen. Und du wirst einen Nachkommen haben, der für immer regieren soll. David fügte sich Gottes Willen. Er begnügte sich damit, alles für den zukünftigen Tempelbau vor­zubereiten.

Als David gestorben war, wurde sein Sohn Salomo König in Israel. Salomo ließ einen wunder­schönen Tempel für Gott bauen. Als er nach sieben Jahren fertig war, feierte Salomo mit den Israeliten ein großes Einweihungs­fest. Es war ein königliches Fest; es war so, wie wenn ein König seinen Einzug in einen neuen Palast feiert. Dieses Fest ist in der Bibel ausführlich be­schrieben. Einen Ausschnitt davon haben wir eben als Predigttext gehört. Da heißt es: „Salomo trat vor den Altar des Herrn angesichts der ganzen Gemeinde Israel und breitete seine Hände aus gen Himmel.“ Salomo sprach ein langes Gebet zur Einweihung des Tempels. Wie schön! Ein König betet vor seinem Volk und mit seinem Volk. Ein König zeigt: Es gibt noch einen mächtigeren König über mir; auf dessen Hilfe sind wir alle angewiesen.

Liebe Gemeinde, ich bin sicher, dass auch heute noch viele Regierende zu Gott beten. Aber in Deutschland tun sie es kaum jemals vor dem Volk und mit dem Volk. Das finde ich schade. Sie könnten sich an Salomo ein Beispiel nehmen.

Wir wollen uns jetzt damit be­schäftigen, was Salomo am Anfang dieses Gebetes gesagt hat. Zuerst bekannte er, dass es nur einen wahren Gott gibt. Er sagte: „HERR, Gott Israels, es ist kein Gott weder droben im Himmel noch unten auf Erden dir gleich.“ Danach bekannte er, dass Gott es gut meint mit allen, die an ihn glauben. Er sagte: „Du hältst den Bund und die Barmherzig­keit deinen Knechten, die vor dir wandeln von ganzen Herzen.“ Indem er vom „Bund“ sprach, erinnerte er daran, dass Gott dem Volk Israel besonderen Segen versprochen hat. Zu Moses Zeit hatte Gott dieses Versprechen durch einen feierlichen Bund am Berg Sinai bekräftigt.

Weiter sprach Salomo in seinem Gebet über Gottes Zusage an seinen Vater David. Wir erinnern uns daran, was Gott König David versprochen hatte: Dein Sohn wird mir einen Tempel bauen. Nun stand Salomo, dieser Sohn, im neu erbauten Tempel und sprach das Einweihungs­gebet. Gott hatte seine Weissagung wahr gemacht. Salomo lobte ihn dafür und sagte: „Du hast deinem Knecht, meinem Vater David, gehalten, was du ihm zugesagt hast. Mit deinem Mund hast du es geredet, und mit deiner Hand hast du es erfüllt, wie es offenbar ist an diesem Tage.“

Salomo wusste aber auch: Gott hat noch nicht alles erfüllt, was er dem David versprochen hatte. Er hatte ja dem David auch einen Nachkommen an­gekündigt, der für immer regieren soll. Das konnte Salomo unmöglich auf sich selbst beziehen, denn er war ja ein sterblicher Mensch. Salomo wusste, dass da noch ein anderer Davidssohn kommen würde, ein besonderer Davidssohn; der würde dann diese Verheißung erfüllen. Im Blick auf diesen kommenden Davidssohn betete er: „Nun, HERR, Gott Israels, halt deinem Knecht, meinem Vater David, was du ihm zugesagt hast: Es soll dir nicht fehlen an einem Mann, der vor mir steht, der da sitzt auf dem Thron Israels, wenn nur deine Söhne auf ihren Weg Acht haben, dass sie vor mir wandeln, wie du vor mir gewandelt bist. Nun, Gott Israels, lass dein Wort wahr werden, das du deinem Knecht, meinem Vater David, zugesagt hast.“

Liebe Gemeinde, dieser eine Mann ist Jesus Christus. Er ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Er ist der eine versprochene Davidssohn, durch den Gott sein ewiges Friedens­reich auf­gerichtet hat. Er ist der König von Israel und darüber hinaus der König über alles. Er hat durch sein Blut am Kreuz Gottes neuen Bund gestiftet für alle Völker der Erde. Er ist am dritten Tag auf­erstanden zum ewigen Leben und zu ewiger Herrschaft in Gottes Reich. Ihm ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. „Jesus Christus herrscht als König. / Alles ist ihm untertänig, / alles legt ihm Gott zu Fuß. / Aller Zungen soll bekennen: / Jesus sei der Herr zu nennen, / dem man Ehre geben muss.“

Ein König wohnt in einem Palast. Gott ist der oberste König. War Salomos Tempel Gottes Palast? Wohl kaum. Er war ja nur so groß wie eine Dorfkirche. Aber selbst wenn er so groß gewesen wäre wie der Petersdom in Rom, wäre er immer noch viel zu klein für den größten König. Ja, selbst die ganze Welt ist zu klein, um Gott als Königs­palast zu dienen. Darum sagte Salomo in seinem Einweihungs­gebet: „Sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?“ Gottes Palast ist überall; man kann ihn nicht auf den Himmel oder auf die Erde beschränken und schon gar nicht auf so ein Tempelchen. Aber warum hat Salomo es dann überhaupt bauen lassen? Nur deshalb, damit die Menschen einen Ort haben, wo sie Gott anbeten können. Gott selbst hatte es so verfügt für sein Volk Israel. Darum fuhr Salomo in seinem Gebet fort: „Wende dich aber zum Gebet deines Knechts und zu seinem Flehen, HERR, mein Gott, damit du hörst das Flehen und Gebet deines Knechts.“

Aus Liebe und Barmherzig­keit zu den Menschen hat Gott den Tempel bauen lassen. Er zeigte ihnen damit: Ich bin mitten unter euch; hier will ich euch gnädig erhören. Damit hat Gott das Kommen seines Sohnes vor­bereitet. Christus ist ein Mensch geworden, um zu zeigen: Jetzt ist Gott mitten unter euch und erbarmt sich über euch. Gott wohnt nicht nur in fernen Himmels­welten; er lässt die Menschheit nicht im Stich. Christi Leib wurde im neuen Bund zum neuen Tempel für alle Menschen der Welt: Da finden wir Gottes Gnade, da können wir zu ihm kommen und ihn anbeten.

Freilich: Wäre Jesus mit seinem mensch­lichen Körper für immer auf Erden geblieben, dann hätte er hier nicht den Palast gefunden, der ihm als obersten König gebührt. Seine Erdentage konnten nur etwas Vorüber­gehendes sein, ein Pro­visorium, eine Stifts­hütte, ein Leben im Zelt. Darum musste der Tag kommen, an dem er sichtbar von seinen Jüngern Abschied nahm. Das geschah am Tag seiner Himmel­fahrt. Da hörten seine Erdentage auf, und er zog um in den ewigen Himmels­palast. Dort thront er nun zur Rechten seines Vaters und regiert Himmel und Erde. Ja, das Fest der Himmelfahrt des Herrn ist eigentlich ein Fest zum Einzug unsers Königs in seinen Palast und zu seiner Thron­besteigung. Nun hat der verheißene Davidssohn seine ewige Herrschaft angetreten. Nun ist alles erfüllt, was Gott einst dem David verheißen hatte – auch das, was zur Zeit Salomos noch ausstand.

Wir aber, liebe Gemeinde, wissen: Auch wenn Jesus nun in seinem himmlischen Palast regiert, ist er nicht fern von uns. Er ist uns ja ganz nahe gekommen und bleibt uns nah durch den Heiligen Geist. Mehr noch: Er bleibt uns nah mit seinem Leib und Blut, verborgen unter Brot und Wein im Heiligen Abendmahl. Er ist uns gnädig und hört unser Beten. Und er hat ver­sprochen, dass er uns nachholen will in seinen herrlichen Himmels­palast. Er hat gesagt, dass es viele Wohnungen im Haus seines Vaters gibt und dass er sie für uns vor­bereitet. Damit trösten wir uns, wenn uns unsere Erdentage schwer werden. Es ist derselbe Trost, den zwei Engel den Jüngern brachten, als Jesus von ihnen weg in den Himmel gefahren war. Sie sagten: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da uns seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wieder­kommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen“ (Apostel­gesch. 1,11). Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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