Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Zum dritten Mal predige ich heute über dieses Gotteswort. Am Karfreitag tat ich es unter der Überschrift: „Der Tag, an dem der Teufel triumphiert“. Gestern, am Ostersonntag, tat ich es unter der Überschrift: „Der Tag, an dem Jesus triumphiert.“ Heute, am Ostermontag, tue ich es unter der Überschrift: „Der Tag, an dem der Glaubende triumphiert.“ Diese dritte und letzte Predigt zum Text möchte ich wiederum in drei Teile gliedern und dabei besonders auf drei einzelne Wörter Bezug nehmen: „muss“, „erhöht“ und „glauben“. Ich lese sie noch einmal im Zusammenhang mit dem ganzen Jesuswort: „Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“
Erstens: Das unscheinbare Wörtchen „muss“ hat es in sich. Hinter diesem Wort steckt der Vater im Himmel. Ganz oft, wenn in der Bibel „muss“ steht, bedeutet das: So will es der Vater im Himmel, und darum kann es nicht anders sein. Jesus selbst hat öfters von diesem heiligen Muss gesprochen, besonders im Zusammenhang mit seinem Leiden, Sterben und Auferstehen. So hatte er seinen Jüngern mehrmals angekündigt: „Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen“ (Markus 8,31). Nach seiner Auferstehung hat er es dann noch einmal bestätigt (wir haben es in der heutigen Evangeliumslesung gehört): „Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?“ (Lukas 24,26).
Der Glaubende vertraut diesem Heiligen „Muss“. Der Glaubende betet zum Vater im Himmel: „Dein Wille geschehe.“ Und dieses Vertrauen wird nicht enttäuscht; der Glaubende triumphiert! Zu Ostern erleben wir, dass Gottes guter gnädiger Wille durch Jesus an sein Ziel gekommen ist. Diesen Willen hatte der Vater schon von Anfang an kundgetan, gleich nach dem Sündenfall, als er der Schlange prophezeite: „Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen“ (1. Mose 3,15). Und nun, nach der Auferstehung, ist der göttliche Plan an sein Ziel gekommen: Der Kopf der alten Schlange ist zertreten; der Glaubende findet neues Leben – ewiges Leben durch den Herrn Jesus Christus. Es ist alles so gekommen, wie es nach dem Willen des Vaters kommen musste, und darum triumphiert der Glaube. So findet der Glaubende zur ungetrübten, ewigen Gemeinschaft mit Gott dem Vater.
Zweitens: Jesus sagte, er muss „erhöht“ werden. Blickten wir beim Wörtchen „muss“ auf den Willen des himmlischen Vaters, so blicken wir beim Wort „erhöht“ auf das Tun und Ergehen des eingeborenen Sohnes. Bereits gestern habe ich in meiner Predigt darauf hingewiesen, dass dieses Wort „erhöht“ einen doppelten Sinn hat: Einmal bezieht es sich auf die Kreuzigung, wo Jesus am Kreuz hoch aufgerichtet wurde und vor aller Augen starb. Zum andern bezieht es sich auf die Auferstehung, wo Jesus aus dem Grab emporkam und zu neuem Leben erhöht wurde. Auch die Himmelfahrt und das Sitzen zur Rechten Gottes klingt schon in dem Wort „erhöht“ an.
Der Glaubende schaut auf den erhöhten Christus und betet ihn an. Er schaut auf das Kreuz und vertraut: Da sind alle meine Sünden gestorben mit dem Gotteslamm; sie trennen mich nun nicht mehr von Gott, sie verurteilen nicht mehr. Der Glaubende schaut auf den Auferstandenen und vertraut: Mein Herr lebt, er ist bei mir, er beschützt mich, er hilft mir, er führt mich, er wird mich einst auferwecken zum ewigen Leben. Ihm ist ja gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden; ihm ist alles unertänig. Mein Heiland ist König über alles, was sollte ich mir da noch Sorgen machen? Ja, so triumphiert der Glaubende mit dem auferstandenen Herrn Jesus Christus.
Drittens betrachten wir schließlich noch das Wort „glauben“: „Der Menschensohn muss erhöht werden, damit alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ Das Wort „muss“ weist auf den Willen des himmlischen Vaters, das Wort „erhöht“ auf den Weg des eingeborenen Sohns, das Wort „glauben“ auf das Werk des Heiligen Geistes. Zwar ist der Glaube unsere vertrauensvolle Reaktion und Antwort auf Gottes Tun, aber er ist dabei keineswegs unsere eigene Leistung und geschieht auch nicht aus unserem eigenen Antrieb. Mit Martin Luther bekennen wir: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium erleuchtet…“ (Kleiner Katechismus, Erklärung zum 3. Glaubensartikel). Der Heilige Geist hat mir in der Taufe den Samen des Glaubens ins Herz gepflanzt. Durch das Wort des Evangeliums kommt er immer wieder zu mir und macht, dass dieser Glaube bewahrt wird und wächst. Wir sehen also: Der Glaube ist keineswegs der Eigenanteil, den ich zu meiner Erlösung selbst aufbringen muss, sondern er vollendet Gottes Erlösungstat an mir: Der Vater hat meine Erlösung mit heiligem Muss beschlossen, der Sohn hat die Erlösung durch seine Erhöhung in Kreuz und Auferstehung gewirkt, der Heilige Geist aber hat mir den Glauben ins Herz gegeben und so die Erlösung zugeeignet.
So triumphiert der Glaubende ohne Stolz, ohne sich etwas auf seine Frömmigkeit einzubilden. Er triumphiert vielmehr mit Demut und Dankbarkeit. Er triumphiert mit Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist, dem er seine Erlösung zu verdanken hat. Er triumphiert mit dem Evangelisten Johannes, der nicht nur dieses wunderbare Jesuswort aufgeschrieben hat, das wir jetzt in drei Predigten betrachtet haben, sondern der uns auch zuruft: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“ (1. Joh. 5,4). Amen.
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