Der Mann und sein Garten

Predigt über Nahum 2,3 zum Sonntag Judika

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Kein Mensch kann Gott verstehen, er ist einfach zu groß für unseren Verstand. Trotzdem können wir erfahren, wie sehr Gott uns liebt und was er für uns tut. Wir können es durch die Geschichte erfahren und durch die Ge­schichten, die uns in der Bibel begegnen. Die Geschichte – das ist Gottes Weg mit seinem Volk Israel in alt­testament­licher Zeit, wo er das Kommen des Erlösers für alle Menschen vorbereitet hat. Die Geschichten – das sind die vielen Bilder und Gleichnisse der Bibel, die uns das Wesen des himmlischen Vaters näher bringen. Im zweiten und dritten Kapitel des Propheten­buches Nahum und besonders in dem eben gehörten Wort kommt beides zusammen. Wir werden damit in eine dunkle Zeit der Geschichte Israels geführt: Die Assyrer haben die zehn Stämme des Nordreichs Israels vernichtet; übrig geblieben ist nur noch das Südreich Juda. Nun kündigt Gott durch den Propheten Nahum an, dass er die Assyrer und besonders ihre Hauptstadt Ninive strafen wird. In dem verlesenen Bibelwort klingt außerdem eine Gleichnis­geschichte an, die Nahums Zeit­genossen bestens vertraut war: Gott hat sich Israel wie einen schönen Weingarten angelegt, aber er ist enttäuscht von ihm, weil die Früchte ausbleiben. Dann kommen böse Menschen und verwüsten den Weinberg. Gott aber nimmt sich vor, ihn wieder neu anzulegen, prächtiger als zuvor. Dieses Bild steckt hinter dem Wort: „Der Herr wird die Pracht Jakobs erneuern wie die Pracht Israels, denn man hat sie völlig verheert und ihre Reben verderbt.“

Zugegeben, das liegt uns in unserer Zeit ziemlich fern, sowohl die Geschichte als auch die Ge­schichten. Heute stehen andere Völker im Brennpunkt des Welt­geschehens, nicht die längst unter­gegangenen Assyrer. Und heute gehen die meisten Menschen anderen Tätigkeiten nach, als sich Weinberge anzulegen. Das sind Gründe dafür, warum uns die Botschaft der alt­testament­lichen Propheten oft so un­verständ­lich vorkommt. Ich möchte darum versuchen, Gottes Botschaft in diesem Nahum-Wort für die heutige Zeit nach­zuerzählen. Ich möchte eine neue Geschichte, ein neues Gleichnis wählen, das uns besser verstehen hilft, wie sehr Gott uns liebt und was er für uns tut. Dabei halte ich mich allerdings genau an die Botschaft, die Gott durch Nahum verkündigen ließ.

Hier also die neue Geschichte: Ein Mann hatte einen Garten, der war seine ganze Freude. Im Frühjahr konnte er es kaum erwarten, hier tätig zu werden. Er grub den Garten gründlich um, er lockerte den Boden auf. Dann teilte er sorgfältig die Beete ein und legte schnur­gerade Pflanz­reihen an. Er pflanzte Erdbeeren, Tomaten, Bohnen, Blumen und was er sonst gern mochte. Im Geist sah er schon vor sich, wie alles schön sprießt, grünt, blüht und schließlich Frucht bringt. Er freute sich auf den Sommer, er freute sich auf die Ernte. Aber in diesem Jahr kam alles anders. Zwar hatte er sich wieder die größte Mühe mit seinem Garten gegeben, aber trotzdem wuchs nichts Rechtes. Die Erbeeren blieben gelb, die Tomaten­stauden setzten keine Früchte an, die Bohnen ließen traurig ihre Stängel hängen, die Blumen sahen kümmerlich aus. Der Mann war sehr traurig und ärgerlich darüber. Der Garten brachte ihm in diesem Jahr nur Frust und Ent­täuschung. So murmelte er immerfort irgend­welche Schimp­fworte vor sich hin: So ein Mist-Garten! Ich könnte ihn zum Mond schießen! Dabei habe ich so viel Arbeit rein­gesteckt! Am liebsten würde ich alles zertrampeln und nie wieder hierher kommen!

Einige junge Männer kamen zufällig vorüber, als der Mann so vor sich hin schimpfte. Sie schnappten die Worte „alles zer­trampeln“ auf. Es handelte sich um die Sorte Männer, die gern mal was zer­trampeln, zer­schlagen, zerstören oder be­schmieren. So griffen sie die Anregung auf und machten sich in der kommenden Nacht an die Arbeit: Sie drangen in den Garten ein, rissen Pflanzen aus, knickten Zweige ab und zer­trampelten alles nach Herzens­lust. Hinterher sah der Garten aus, als ob eine Herde Wild­schweine darin gehaust hatte.

Als der Mann am nächsten Tag wieder in seinem Garten ging, da traute er seinen Augen nicht: Alles zer­trampelt, alles verwüstet, alles kaputt! Das hatte er doch nicht gewollt. Obwohl sein Garten ihn so sehr enttäuscht hatte, liebte er ihn letztlich noch immer. Voller Zorn rief er die Polizei, ließ alle Spuren aufnehmen und ruhte nicht eher, bis die Übeltäter gefunden und angemessen bestraft waren. Dann aber machte er sich un­verdrossen wieder an die Arbeit und richtete den Garten neu her. Er legte ihn größer und schöner an als je zuvor. Und er war zu­versicht­lich, dass diesmal alles besser gelingen würde.

Soweit die Geschichte. Der Mann ist Gott. Der Garten ist nicht nur das Volk Israel, sondern die ganze Menschheit. Der Garten, das sind also du und ich. Die Feinde waren zu Nahums Zeiten die Assyrer; zu allen Zeiten aber ist es der Teufel. Die Neuanlage ist Gottes neuer Bund durch seinen Sohn Jesus Christus. Durch ihn zeigt er allen Menschen, dass er sie trotz allem immer noch lieb hat und einen Neuanfang schenkt. Den Feind aber hat Jesus am Kreuz besiegt; der Teufel kann uns nichts mehr anhaben. So ist gekommen, was Nahum geweissagt hat: „Der HERR wird die Pracht Jakobs erneuern wie die Pracht Israels, denn man hat sie völlig verheert und ihre Reben verderbt.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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