Beten und dienen bei Widerstand und Rückschlägen

Predigt über 1. Petrus 3,13‑14a zu einer Ökumenischen Veranstaltung

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Das Thema für den heutigen Gebetsabend lautet: „Gemeinsam beten und dienen trotz Widerstand und Rück­schlägen“. Mir ist beim ersten Lesen das Wort „trotz“ ins Auge gesprungen. Es hört sich so an, als ob Beten und christ­liches Dienen etwas Trotziges ist. Das erinnert mich an den Glaubens­trotz des 73. Psalms, wo es heißt: „Dennoch bleibe ich stets an dir…“ (Psalm 73,23). Wir glauben weiter, auch wenn die ganze Welt gegen uns ist. Wir beten weiter, auch wenn wir noch so wenig von Gottes Erhörungen sehen. Wir dienen weiter, auch wenn es erfolglos bleibt.

Dem einen oder anderen von euch ist bei solchem Glaubens-Trotz vielleicht unbehaglich zumute. Mancher würde das „trotz“ in unserem Thema lieber gegen ein „wegen“ aus­tauschen: „Gemeinsam beten und dienen wegen Widerstand und Rück­schlägen.“ Das hat auch seinen guten Sinn: Wir bitten Gott inständig, dass er die Widerstände überwindet. Wir dienen desto eifriger, damit wir nach Rück­schlägen wieder voran­kommen.

„Beten und dienen trotz…“, „Beten und dienen wegen…“ – ich möchte ein dritte Variante vor­schlagen: „Gemeinsam beten und dienen bei Widerstand und Rück­schlägen“. Wir beten und dienen ja nicht nur deshalb, um Wider­ständen und Rück­schlägen zu trotzen. Wir beten und dienen auch nicht nur deshalb, weil uns das angesichts von Wider­ständen und Rück­schlägen die beste Strategie zu sein schein. Vielmehr beten und dienen wir in jedem Fall, in allen Lebens­lagen, und darum auch bei Widerstand und Rück­schlägen. Beten und und dienen sind ja ganz selbst­verständ­liche christliche Lebens­äußerungen. Beten und dienen ist so wie ausatmen. Ausatmen tue ich ja auch nicht deshalb, weil ich damit irgendwem trotzen oder irgendetwas bewirken will: ich tue es, weil es ganz selbst­verständlich zum Leben dazugehört. Und natürlich auch deshalb, weil ich vorher eingeatmet habe. In unserem Glaubens­leben ist das ebenso: Geistlich einatmen tun wir, wenn wir uns von Gott beschenken lassen und sein Wort hören. Geistlich ausatmen tun wir, wenn wir beten und dienen. Hören und beten, Wort und Antwort, Hilfe erfahren und selber dienen, das ist das geistliche Atmen im Christen­leben. Und auch wenn uns starke Widerstände und kata­strophale Rückschläge manchmal den Atem nehmen wollen, dann atmen wir doch trotzdem bald weiter. Es geht gar nicht anders, es ist un­verzichtbar fürs Leben.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, lasst uns an dieser Stelle bewusst einatmen. Lasst uns ans Atemholen denken, bevor wir uns dem Ausatmen zuwenden, dem Beten und Dienen. Wir tun einen geistlichen Atemzug, wenn wir auf Gottes herrliche Zusage hören: „Ihr seid selig.“ Ihr habt Frieden mit Gott! Ihr könnt euch glücklich preisen, denn Jesus macht alles heil in eurem Leben! Ihr braucht den Tod nicht zu fürchten! Ihr werdet die ewige Seligkeit erben! Ja, selig seid ihr! Herrlich, wunderbar, diese klare, diese reine Luft des Evan­geliums! Mit Jesus kann uns nichts schaden, auch wenn wir manchmal leiden müssen. Gott selbst sagt uns durch seinen Apostel: „Wer ist's, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert? Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtig­keit willen, so seid ihr doch selig.“

So, und nun gehts ans Ausatmen. Auf Gottes Wort folgt unsere Antwort, aufs Hören das Beten. Auf Jesu Dienst an uns folgt unser Dienst am Herrn und an unseren Mit­menschen. Dieses Beten und Dienen folgt, wie gesagt, in jedem Fall, unabhängig von den jeweiligen Lebens­umständen, auch bei Widerstand und Rück­schlägen. Die Frage ist also nicht, ob wir bei Widerstand und Rück­schlägen noch beten und dienen sollten, sondern wie wir bei Widerstand und Rück­schlägen beten und dienen. Dazu möchte ich jetzt drei Bereiche benennen und von drei Beispielen berichten.

Der erste Bereich ist die Gesundheit. Wir alle kennen Widerstände und Rückschläge in diesem Bereich, nicht zuletzt auch im Hinblick auf unseren Dienst im Reich Gottes. Als Beispiel nenne ich die Krankheit AIDS. Wir werden heute durch die Micha-Initiative besonders an die Not der AIDS-Kranken in Swasiland erinnert. Im ganzen südlichen Afrika gibt es er­schreckend viele AIDS-Kranke und HIV-Infizierte, nicht nur in Swasiland. Als ich vor einigen Jahren als Missionar in Botswana tätig war, habe ich das hautnah erfahren. Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als mich Gemeinde­glieder baten, eine Kranke mit dem Auto ins Krankenhaus zu bringen. Die junge Frau war so krank, dass sie nicht mehr laufen konnte; sie wurde getragen. Sie und ich und die fünf Verwandten, die sich noch ins Auto gedrängt hatten, wussten alle ganz genau: Diese Frau hat AIDS im Endstadium; und diese Autofahrt wird die letzte ihres Lebens sein. In so einer Situation kann man merken, wie blödsinnig die Redensart ist: Hauptsache gesund! Wenn Gesundheit wirklich die Hauptsache wäre, dann hätte diese junge Frau damals ihre Hauptsache verloren. Hat sie aber nicht. Denn die Hauptsache ist der Friede mit Gott. Die Hauptsache ist das Selig­werden. So haben wir denn mit ihr gebetet – nicht, dass ihr Körper wieder gesund wird, aber dass Gott ihre Schmerzen lindert und ihre Angst. Und dafür, dass ihre Seele bewahrt bleibt zum ewigen Leben. Und die Mitchristen haben ihr gedient mit ihrer Anwesenheit und mit den kleinen Hand­reichungen, die man für einen todkranken Menschen tun kann. Gemeinsam beten und dienen, das kann ganz selbst­verständlich geschehen in so einer Situation. Und auch wenn Krankheit und Sterben immer leidvoll ist: Ich bin nicht sicher, ob man hier überhaupt von einem „Rück­schlag“ reden soll und nicht eher von einem Fortschritt im Hinblick auf Gottes Ewigkeit. Die Gesunden aber lernen dabei beten: „Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden“ (Psalm 90,12).

Der zweite Bereich ist unsere Gesell­schaft. Die Gott­losigkeit hat in Deutschland ein er­schrecken­des Ausmaß erreicht; wir können hier durchaus von permanenten Wider­ständen und Rück­schlägen für die Christen­heit sprechen. Scharen­weise kehren Getaufte der Kirche den Rücken, innerlich oder auch äußerlich. In vielerlei Hinsicht pfeift uns Christen ein kalter Wind der Ablehnung ins Gesicht. Ich will dafür ein Beispiel nennen. Erinnert ihr euch an den ameri­kanischen Pastor Terry Jones? Er wollte im vergangenen Jahr öffentlich den Koran verbrennen. Es gab weltweit einen Sturm der Entrüstung, der von den Massen­medien lebhaft auf­gegriffen wurde. Daraufhin sagte Terry Jones die Koran­verbrennung ab – eine richtige und vernünftige Ent­scheidung. Aber wisst ihr, was knapp ein Jahr vorher mitten in Berlin geschah? Eine öffentliche Bibel-Ver­brennung! Ich selbst war Zeuge. Ich hatte mich auf der Straße Unter den Linden einigen tausend Christen an­geschlossen, die mit einem Schweige­marsch gegen die unzähligen Ab­treibungen in Deutschland pro­testierten. Da geschah es, dass Gegen-Demonstran­ten eine Bibel anzündeten und dem Schweige­marsch brennend vor die Füße warfen. Ging da auch ein empörter Aufschrei durch die Öffentlich­keit? Haben die Medien das groß heraus­gebracht? Wenigstens in Deutsch­land? Wenigstens in Berlin? Mitnichten! Wir sehen: Wenn der Koran verbrannt werden soll, dann erregen sich die Massen, aber wenn die Bibel verbrannt wird, dann nicht. Wir können dafür beten, dass wir dabei nicht verzagen, aber auch nicht verbittern. Dass wir die vielen ver­blendeten Leute in unserem Land nicht als unsere Feinde ansehen, sondern sie lieb behalten. Und wir können ihnen dienen, indem wir ihnen ganz schlicht etwas von Gottes Liebe in Jesus Christus bezeugen, mit Wort und Tat – ganz unabhängig davon, ob das angenommen wird oder ob das neue Widerstände und Rückschläge mit sich bringt.

Der dritte Bereich ist die Kirche. Ja, auch innerhalb unserer Kirchen und Gemeinden gibt es Widerstände und Rückschläge, und das nicht zu knapp. Manches davon kommt in den Medien groß heraus, manches erschüttert intern einzelne Gemeinde, manches bleibt auch weitgehend unbeachtet. Der schlimmste Widerstand innerhalb der Kirche ist es, wenn das Evangelium verdreht wird, denn damit wird dem Glauben der Boden unter den Füßen weggezogen. Da hat zum Beispiel ein evan­gelischer Pfarrer gesagt: „Juden­mission ist der Kirche verboten. Ob Jesus der Messias ist, das muss auch für die Christen eine offene Frage bleiben.“ Wenn das stimmte, dann hätte der Apostel Paulus mit seinen Predigten etwa Verbotenes getan. Er hat nämlich den Juden von Damaskus und vielen anderen Juden aus der Schrift bewiesen, dass Jesus der Messias ist. Ja, das ganze Neue Testament ist ein einziges machtvolles Zeugnis dafür, dass Jesus der Christus ist, der ver­sprochene Erlöser für Juden und Heiden. Wer das in Frage stellt, der stellt das Fundament des christ­lichen Glaubens in Frage. Und wenn das ein evan­gelischer Pfarrer tut, dann ist das ein massiver Widerstand gegen Gottes Reich in den eigenen Reihen. Dieser Pfarrer heißt übrigens Nikolaus Schneider, und er bekleidet seit November das höchste Amt in der Evan­gelischen Kirche Deutsch­lands: Er ist der Rats­vorsitzende der EKD. Auch auf die Gefahr hin, dass man mir un­ökumenisches Verhalten vorwirft, muss ich euch vor ihm warnen: Er ist einer der Wölfe im Schafspelz, die Jesus selbst voraus­gesagt hat. Sein Schafspelz besteht darin, dass er die Messianität Jesu nicht frei heraus leugnet, sondern nur Zweifel sät und sagt: Es ist eine offene Frage. Er kann auch Reden halten, die sehr fromm klingen. Angesichts der Tatsache, dass nicht nur er, sondern viele Pfarrer unbehelligt Zweifel säen und das Evangelium verdrehen, kann man nur beten: Herr, erbarm dich über deine Kirche! Weck die tote Christen­heit aus dem Schlaf der Sicherheit! Und wer seiner Kirche und dem Herrn Jesus wirklich dienen will, der sollte sich nicht um des lieben Friedens willen in den Schmoll­winkel zurück­ziehen, sondern die Geister prüfen, seinen Mund aufmachen und dafür eintreten, dass das rechte biblische Evangelium auf dem Leuchter bleibt.

Dass der Gegenwind dabei nicht nachlassen wird, ist uns sicher allen klar. Aber das sollte uns nicht anfechten. Wir wollen ja gemeinsam beten und dienen – trotz oder wegen oder bei allen Wider­ständen und Rück­schlägen. Es braucht uns nichts aus der Bahn zu werfen. Als Petrus und die anderen Apostel einmal wegen ihres klaren Bekennt­nisses vor Gericht aus­gepeitscht worden waren, heißt es von ihnen an­schließend: „Sie gingen aber fröhlich von dem Hohen Rat fort, weil sie würdig gewesen waren, um seines Namens willen Schmach zu leiden“ (Apostel­gesch. 5,41). Petrus wusste also aus eigener Erfahrung, wovon er sprach, als er – auch uns zum Trost – schrieb: „Wer ist's, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert? Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtig­keit willen, so seid ihr doch selig.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2011.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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