Das herrliche Ziel

Predigt über Offenbarung 21,1‑7 zum Ewigkeitssonntag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Eine Großmutter strickt einen Strampel­anzug. Das heißt, eigentlich ist sie noch keine Großmutter, ihr erstes Enkelkind soll erst in ein paar Wochen geboren werden. Jedenfalls strickt diese Frau auf das Ziel hin, dass sie bald Großmutter sein wird. Sie tut es voller Freude. Während sie Masche an Masche fügt, malt sie sich im Geist das zukünftige Großmutter­leben aus: Wie schön wird es sein, wenn das Kindchen dann den fertigen Strampler anhat und sie es im Arm halten darf!

Aber nicht nur werdende Großmütter haben Vorfreude, auch andere Menschen kennen das. Der Abiturient freut sich auf den Tag, wenn er sein Reife­zeugnis in Händen halten wird. Der Eigenheim-Erbauer arbeitet auf das Ziel hin, eines Tages in ein schmuckes Häuschen einziehen zu können. Das Brautpaar lebt voller Vorfreude auf den Tag der Hochzeit hin. Wie schön ist es doch, wenn man ein herrliches Ziel vor Augen hat!

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, wir haben ein herrliches Ziel vor Augen. Wir haben den Himmel vor Augen; auf den leben wir hin. Wir freuen uns auf die ewige Seligkeit wie ein Brautpaar auf den Hochzeits­tag. Und wir wollen uns heute, am Ewigkeits­sonntag, diese Vorfreude auffrischen lassen durch die Botschaft, die Gott seinem Apostel Johannes gezeigt hat. Ihn selbst hat diese Botschaft in schwerer Zeit getröstet, und er hat sie auch nach Gottes Gebot auf­geschrieben, damit sie alle Christen fröhlich auf das herrliche Ziel voraus­blicken lässt.

Johannes schrieb: „Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde.“ Am Anfang hat Gott unsere alte Erde mit ihrem alten Himmel geschaffen; am Ende wird er dann eine neue Welt schaffen, das hat er bereits durch den Propheten Jesaja angekündigt (Jes. 65,17). Wie wird sie aussehen, diese herrliche neue Welt?

Johannes schrieb: „Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herab­kommen.“ Wenn wir von einer Stadt hören, dann denken wir an Häuser, Straßen, Geschäfte und Reklame­schilder, an lauter tote Dinge also. Das ist hier aber gar nicht gemeint. Zwar hat Johannes in einer späteren Vision von Stadttoren und Gewässern des neuen Jerusalem ge­schrieben, aber davon ist hier nicht die Rede. Hier ist die Stadt vielmehr etwas Lebendiges: „Ich sah das neue Jerusalem von Gott aus dem Himmel herab­kommen, bereitet, wie eine geschmückte Braut für ihren Mann.“ Es geht hier also gar nicht um goldene Häuser und silberne Straßen in Gottes neuer Welt, sondern es geht um heilige Menschen, die dort ewig leben werden! Es geht um Menschen, die mit Christi Blut und Gerechtig­keit herrlich geschmückt sind wie königliche Bräute. Es geht also um uns, die wir in der heiligen Taufe von allem Sünden­schmutz rein­gewaschen worden sind. Es geht um uns, die uns der Heilige Geist mit herrlichen Gaben schmückt. Wir sind die Braut, wir werden das neue Jerusalem sein, wir werden Gottes neue Welt bevölkern! Das ist die Botschaft dieser Worte, das ist das Ziel aller unserer Sehnsucht, darauf kommt es an, nicht auf den Straßen­belag im Himmels.

Wenn heutzutage eine Braut für die Hochzeit zurecht gemacht wird, dann gibt man sich natürlich viel Mühe. Da wird lange nach einem passenden Brautkleid gesucht. Da wird viel Geld ausgegeben für Frisur und Makeup. Da wird vielleicht auch diese besondere Zahncreme benutzt, die die Zähne der Braut strahlend weiß macht. Aber ehrlich gesagt: Das ist gar nichts gegen die Mühe, die man sich zu biblischer Zeit mit königlichen Bräuten gegeben hat. Ich will an dieser Stelle mal eine ent­sprechende Be­schreibung vorlesen; sie steht im Buch Ester: „Jedes Mädchen wurde ein Jahr lang auf die Begegnung mit dem König vor­bereitet. Sechs Monate dauerte die vor­geschriebene Behandlung mit Myrrhenöl und weiteren Pflege­mitteln“ (Ester 2,12). Mit großem Aufwand bereitet der Heilige Geist auch uns, die Braut Christi, auf den Hochzeits­tag vor: In der Heiligen Taufe hat er uns gesalbt und dann mit dem Gewand der Gerechtig­keit Christi umkleidet. So gehen wir auf unser Ziel zu, den herrlichen ewigen Hochzeits­tag im Himmel.

Die Botschaft des Johannes geht aber noch weiter. Johannes schrieb: „Ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen!“ Über den Thron hatte Johannes schon vorher geschrieben sowie auch über den himmlischen Thronsaal mit unzähligen Engeln und anderen Wesen, die allesamt Gott die Ehre geben. Dass Gott nun plötzlich von einer „Hütte“ spricht, kann uns in diesem Zusammen­hang allerdings komisch vorkommen: Was hat denn in dieser wunderbaren himmlischen Welt eine Hütte zu suchen? Wer sich im Alten Testament gut auskennt, der weiß die Antwort: Es ist die Stiftshütte gemeint, also das Tempel­heiligtum, das seit dem Bundes­schluss am Berg Sinai inmitten des Volkes Israel stand und schließlich in Jerusalem zu einem festen Bauwerk wurde. Mit der Stiftshütte und später mit dem steinernen Tempel hat Gott seinem Volk gezeigt: Ich bin mitten unter euch, ich beschütze euch, ich helfe euch, ich sorge für euch! Diese Hütte ist ein Zeichen für Gottes Nähe. Seht, das wird auch das Schönste und Beste im Himmel sein: dass Gott ganz nah ist! Dass wir ihn sehen und seine Liebe spüren werden – ungetrübt von jedem Zweifel und jeder Anfechtung! „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.“ „Gott mit ihnen“ – „Gott mit uns“ – auf Hebräisch „Immanuel“: Das ist ja der Name unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns mit dem Vater im Himmel versöhnt und in seine Gemein­schaft gebracht. Er wird am Jüngsten Tag auch dafür sorgen, dass alle, die an ihn geglaubt haben, für immer bei Gottes Thron bleiben können. „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen!“

Aber nun wissen wir immer noch nicht, wie es da wirklich aussehen wird bei Gottes Thron, im neuen Jerusalem, auf der neue ge­schaffenen Erde. Nein, darüber hat Johannes tatsächlich nichts ge­schrieben. Darüber konnte Johannes auch gar nicht schreiben, denn dafür gibt es in dieser unserer alten Welt keine Worte und keine Vergleiche. Im Himmel wird es so schön sein, dass wir uns das hier überhaupt nicht vorstellen können. So finden wir in der Bibel auch immer nur vorsichtige An­deutungen, wenn vom Himmel die Rede ist. Was allerdings klar und deutlich gesagt wird, das ist, was es im Himmel nicht geben wird. Auch die Stimme, die Johannes gehört hat, hat das klar und deutlich gesagt, und Johannes hat es klar und deutlich für uns auf­geschrieben: „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ Alles Böse und Schlimme von unserer alten Welt wird es in der neuen nicht mehr geben. Das unendliche Geflecht von Leid und Schuld, das unser Leben jetzt noch fesselt und quält, das wird im Himmel ver­schwunden sein. Ist das nicht großartig? Was für eine phan­tastische Aussicht!

Soweit Gottes Botschaft durch Johannes über das herrliche Ziel unserer Lebens­reise. Die ver­bleibenden Worte unseres Abschnitts beziehen sich nicht mehr direkt auf das Ziel, sondern mehr auf den Weg dorthin. Diese Worte ermuntern uns, unbeirrt im Glauben an Jesus fest­zuhalten und ihm nach­zufolgen. „Über­winden“ wird diese Lebensweise genannt. Gott hat uns durch Johannes verheißen: „Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.“

Davor finden wir das Gotteswort: „Siehe, ich mache alles neu.“ Das Wörtchen „neu“ hat es in sich. Wir dürfen es freilich nicht so ober­flächlich verstehen, wie es heute zum Beispiel oft in der Werbung verwendet wird: „die neuen Auto­modelle“, „neue Kol­lektion“, „jetzt neu mit dem großen Gesundheits­ratgeber“, und so weiter. In der Bibel hat das Wörtchen „neu“ einen tiefen und weit reichenden Sinn. Schon im Alten Testament wird Gottes neuer Bund an­gekündigt, mit dem Gott allen Völkern Vergebung der Sünden verheißt. Es ist der neue Bund, den Jesus dann durch Vergießen seines Bluts gestiftet hat. Wir sind durch die neue Geburt der Taufe in diesen Gnadenbund hinein­genommen worden. Nun schenkt uns Gott durch den Heiligen Geist ein neues Herz. Er erfreut uns durch sein Evangelium, sodass wir immer wieder das neue Lieb vom Wunder der Gnade Gottes anstimmen und ihn loben. Dabei sind wir unterwegs zu dem herrlichen Ziel, zum neuen Himmel und zur neuen Erde. „Siehe, ich mache alles neu“, sagt Gott.

So ist Gott nicht nur der Ursprung aller Dinge, sondern auch das Ziel aller Dinge. Und alle, die zu seinem Volk gehören, bleiben am Ziel in ewiger Gemein­schaft bei ihm. Ursprung und Ziel, Anfang und Ende, A und O ist unser Gott, wie es mit dem ersten und dem letzten Buchstaben des grie­chischen Alphabets oft sym­bolisiert wird: Alpha und Omega. Gott spricht: „Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ Ja, durstig sind wir, vor allem lebens­durstig. Gott schenkt uns durch seinen Sohn, dass wir nicht verdursten, sondern ewig leben; wir dürfen bei ihm an der Lebens­quelle unsern Lebensdurst für die Ewigkeit stillen. Hört noch einmal das Ver­sprechen, das er auch euch hier und heute gibt: „Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2010.

Autor: Pastor Matthias Krieser

SOLI DEO GLORIA!

PREDIGTKASTEN

►  Startseite

►  Impressum