Lebendig gemacht

Predigt über Epheser 2,4‑10 zum 11. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Eine Frau ist schwanger und freut sich auf ihr Kind. Sie malt sich aus, wie schön das Leben mit dem Kind sein wird, wenn es erst zur Welt gekommen ist: Sie wird es gut versorgen, sie wird es gut behüten, sie wird Schritt für Schritt mit ihm das Leben entdecken. Aber dann kommt alles anders: Die Frau bringt ein totes Kind zur Welt. Alle Träume zerplatzen wie Seifen­blasen; zurück bleibt ein un­beschreib­lich bohrender Schmerz. Freunde versuchen zu trösten: „Du bist doch jung, du kannst doch noch viele Kinder kriegen!“ Sie verstehen nicht, dass solche Worte nicht weiter­helfen, sondern den Schmerz nur noch vergrößern: Gerade mit diesem Kind hatte die Mutter doch leben wollen! Ja, es gibt wohl kaum größeres Leid, als wenn eine Mutter erfahren muss, dass ihr Kind tot ist. Vielleicht wünscht sie sich dann ein Wunder herbei, wünscht sich, dass das Kind doch noch lebt, dass es alles nur ein böser Traum ist!

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, sehen wir diese Geschichte mal als ein Gleichnis an: Gott ist die Mutter, wir sind die tot geborenen Kinder. Der Apostel Paulus hat ja ge­schrieben: „Wir waren tot in Sünden.“ Wir wissen es, und die Bibel hält es uns über­deutlich vor Augen: Wir sind als Sünder in eine sünden­verseuchte Welt hinein­geboren worden. Diese Erbsünde trennte uns von Gott; ein Leben aber getrennt von Gott verdient nicht die Bezeichnung „Leben“. Die Bibel nennt Sünder darum un­geschminkt „Tote“, auch wenn ihre Herzen schlagen. Noch einmal Paulus: „Wir waren tot in Sünden.“ Aber glaubt mir: Das ist Gott keineswegs egal. Er trauert um seine tot geborenen Kinder ebenso, wie eine Mutter um ihr tot geborenes Kind trauert. Jedes einzelne ist ihm lieb und teuer. Wenn ein Engel ihm sagte: „Herr, du kannst dir doch jederzeit eine neue Welt schaffen mit neuen, besseren Menschen!“, dann würde Gott erwidern: „Aber mein Herz hängt doch gerade an diesen Menschen! Wenn sie doch lebendig werden könnten! Wenn es doch möglich wäre, die Trennwand der Sünde abzureißen und lebendige Gemeinschaft mit ihnen zu finden! Wenn ich sie doch nur Schritt für Schritt in ein Leben zurück­führen könnte, das diesen Namen verdient!“

Gott ist nun aber keine Mutter, die am Tod ihres Kindes nichts ändern kann. Gott ist allmächtig und kann Wunder tun. Und er hat auch ein Wunder getan, um uns tot geborene Sünder zu neuem Leben zu erwecken. Der Apostel Paulus schrieb: „Gott hat uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht; und er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus.“ Ja, darum ist Gottes Sohn Jesus Christus in die Welt gekommen: damit tote Sünder lebendig werden! Ja, darum hat Jesus am Kreuz geblutet und sein Leben dahin­gegeben: damit tote Sünder ihre tödliche Krankheit los werden und zu neuem Leben in der Gemein­schaft mit Gott finden! Ja, darum ist Christus auf­erstanden von den Toten: damit sterbliche Sünder zum ewigen Leben wieder­geboren werden!

Aus Liebe hat Gott dieses Wunder für uns getan, aus unsagbar großer Liebe. Von dieser Liebe jubeln die Paulus­worte, die wir hier betrachten, und sie rühmen diese Liebe in immer neuen Worten: „Gott ist reich an Barmherzig­keit!“ – „Gott hat uns in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, lebendig gemacht!“ – „Aus Gnade seid ihr selig geworden!“ – „Gott erzeigt uns den über­schwäng­lichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte gegen uns in Christus Jesus!“– „Gottes Gabe ist es!“ Barmherzig­keit, Liebe, Gnade, Güte – alles in diesen Versen jubelt von Gottes großer Wundertat, mit der er uns tot geborene Sünder zum ewigen Leben lebendig gemacht hat!

Liebe Mit­christen, wir sind durch Jesus erlöst, wir sind getauft, wird sind wieder­geboren zu neuem Leben. Was für eine ungeheuer große Freude! Wie herrlich ist es, so sehr von Gott geliebt zu werden! Wie schön ist es, dass wir uns an diesem neuen Leben freuen können! Wie wunderbar ist auch die Vorfreude auf den Himmel, denn wir wissen ja: Dieses neue Leben, das uns durch Jesus geschenkt ist, wird nie zu Ende sein! Es wird sogar einmal noch viel schöner werden als jetzt, wie Paulus angekündigt hat: „Er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus, damit er in den kommenden Zeiten erzeige den über­schwäng­lichen Reichtum seiner Gnade…“ Wir sind umgeben von lauter Liebe, Güte, Gnade und Barmherzig­keit unseres Gottes. Und überdies hat Gott uns den Heiligen Geist gegeben, damit wir dieses Geschenk im Glauben ergreifen und festhalten können. „Aus Gnade seid ihr selig geworden durch den Glauben…“

Nun lasst uns dieses neu geschenkte Leben auch angemessen führen!

Un­angemessen wäre es, vor Gott uns seinem Geschenk weg­zulaufen, den Glauben fallen zu lassen und die Seligkeit woanders zu suchen. Das hieße ja, Gott aufs Neue tief zu betrüben und ihn zu beleidigen. So viel hat er durch seinen Sohn in unsere Seligkeit investiert, so viel Liebe und Barmherzig­keit, wie könnten wir da diese Gabe wie etwas Wertloses wegwerfen! Un­angemessen wäre es auch, wenn wir uns auf unser neues Leben etwas einbildeten; wenn wir uns etwa innerlich erhöben über diejenigen, die noch nicht zum Glauben an Jesus gefunden haben. Diese Gefahr besteht ja durchaus gerade bei frommen Menschen, und viele erliegen dieser Gefahr. Aber machen wir uns nur einmal klar, was das bedeutete: Es würde bedeuten, dass wir uns selbst rühmen, wir hätten uns lebendig gemacht! Wie dumm! Nur Gott kann lebendig machen; und wenn ein Toter wieder lebendig wird, dann gebührt der ganze Ruhm dafür allein Gott. Das gilt auch für jeden Sünder, der durch Christus zu neuem Leben wieder­geboren wird. Gnade ist es, ein un­verdientes Geschenk, dass Sünde und Tod für uns überwunden sind und dass wir ewiges Leben haben; es ist nicht unser eigenes Werk. Kein Sünder kann so gut und nächsten­liebend sein, dass er sich damit das neue Leben bei Gott aus eigener Kraft verdient hätte. Darum schrieb der Apostel Paulus: „Aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme.“

Angemessen ist es, dass wir nun in unserem neuen Leben Gott recht viel Freude bereiten – so wie ein Kind seiner Mutter recht viel Freude bereitet, wenn es fröhlich lebt, ihr gehorcht, sie ehrt und gern mit ihr zusammen ist. Gott recht viel Freude bereiten – die Bibel nennt das „gute Werke“. So zu leben, das ist eigentlich unser Lebenssinn, das ist unsere göttliche Bestimmung. Was nützt es einem Menschen, wenn er gute Zensuren bekommt, wenn er eine gute Ausbildung abschließt, wenn er einen guten Beruf ausübt, wenn er viel Geld verdient oder wenn er familiäres Glück findet, aber dabei Gott nicht ehrt? Nichts nützt es ihm; all diese menschlich erstrebens­werten Dinge werden ihm einst wie Sand durch die Finger zerrinnen. Wer aber seinen Lebenssinn in der Ehre Gottes findet, der übt jetzt schon das ein, was einst im Himmel für immer und vollkommen geschehen soll. Der Apostel Paulus schrieb: „Wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen.“ Ja, Gott ehren und gute Werke tun, das ist unser Lebenszweck – nicht um damit das wahre Leben zu verdienen, sondern um damit das von Gott neu geschenkte Leben richtig zu leben! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2010.

Autor: Pastor Matthias Krieser

SOLI DEO GLORIA!

PREDIGTKASTEN

►  Startseite

►  Impressum