Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Eine Sonnenblume ist ein herrliches Geschöpf Gottes! Sie sieht wunderschön aus, und ihre Kerne kann man gut verwenden: für Körnerbrötchen, für Speiseöl oder auch für Biodiesel.
Ein Mensch wollte sich eine Sonnenblume ziehen. Er füllte einen Blumenkübel mit prima Gartenerde und säte Sonnenblumensamen hinein. Gewissenhaft düngte und wässerte er das Ganze. Aber alle Mühe war vergebens: Es tat sich nichts, keine Sonnenblume erblühte, nicht einmal das kleinste Pflänzchen zeigte sich. Was war schief gelaufen? Ganz einfach: Der Mensch hatte seinen Blumenkübel in den dunklen Keller gestellt! Es fehlte das Wichtigstes, was eine Pflanze zum Leben braucht: Es fehlte das Licht! Ein Mensch kann sich noch sehr um eine Blume bemühen, ohne Licht, das Gott vom Himmel herab scheinen lässt, gedeiht sie nicht.
Auch wir Menschen gleichen Pflanzen; wir sind Pflanzen auf Gottes schöner Erde. Und wenn aus uns etwas Ordentliches werden soll, dann brauchen auch wir Licht: Wir brauchen das Licht der göttlichen Liebe! Dieses Licht strahlt uns in Jesus Christus an. Der ist vom Himmel gekommen, um unsere Welt zu erleuchten und um ums Menschen so reifen zu lassen, wie Gott es haben will. Jesus hat gesagt: „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh. 8,12). Darüber hinaus gibt es viele andere Verse in der Bibel, die bezeugen, dass Gott unser Licht ist, das durch seinen eingeborenen Sohn bei uns scheint. Wir alle, die unter dem göttlichen Licht gedeihen, können „Lichtkinder“ genannt werden. Das Licht von Gottes Gnade ist mit der Taufe in unser Leben getreten, und es leuchtet weiter durch die frohe Botschaft von Jesus Christus, der uns die Sünden vergibt und ewiges Leben schenkt. Es ist wie bei der Sonnenblume: Nicht wir können uns mit menschlicher Mühe zu Lichtkindern machen, sondern das Licht der Liebe Christi ist es, das uns zu Lichtkindern macht. Und nun schreibt uns der Apostel Paulus, dass wir uns auch so verhalten sollen, wie es Lichtkindern entspricht: „Lebt als Kinder des Lichts!“, heißt es am Anfang unseres Predigttextes. Diese Aufforderung ist gewissermaßen Überschrift und Motto für das, was folgt.
Und was folgt? Es ist zunächst der Satz: „Die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ Wir denken an die gute Frucht der Sonnenblume, an ihre Kerne: was man mit denen alles machen kann, wie die uns erfreuen und dienlich sind, wie sie voller Energie stecken! Ja, so gute Frucht bringt auch jedes Lichtkind unter den Strahlen der Liebe Christi. „Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit“ heißt diese Frucht – damit ist alles gesagt, was Gott gefällt und was mit seinem Wort in Einklang steht. Vielleicht wundert ihr euch, dass das hier nur so allgemein beschrieben ist. Überhaupt fällt auf, dass die Bibel gutes menschliches Verhalten immer nur sehr allgemein darstellt und nie genau sagt, was wir machen sollen. Das hat einen guten Grund. Wir sollen nämlich nicht wie Sklaven bestimmte Befehle ausführen, sondern wir dürfen frei leben und dabei unseren Verstand gebrauchen, den Gott uns geschenkt hat. Darum heißt es weiter: „Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist!“ Jawohl, prüft, benutzt euren Verstand, macht die Augen auf! Seht zu, wie ihr in der Welt am besten helfen, dienen und lieben könnt! Macht auch die Ohren auf und hört aus Gottes Wort auf das Beispiel, das Jesus euch gegeben hat, und auf die vielen Vorbilder und Hinweise, die ihr da findet! Bildet euch eine Meinung, wie ihr Gottes Licht in der Welt leuchten lassen könnt, und dann tut es! Es ist dann eure Frucht; aber sie kommt her von Gottes Licht.
Ich möchte das mit einem Beispiel etwas anschaulicher machen. Paulus hat im Kapitel zuvor über den Umgang der Lichtkinder mit dem Geld geschrieben; Geld ist ja stets ein wichtiges Thema. Prüfen wir also, wie ein gottgefälliger Umgang mit unserem Geld aussieht und wie wir mit Geld gute Frucht bringen können! Da müssen wir zunächst die Grenzen beachten, die uns Gottes Gebote setzen: Nicht stehlen! Nicht begehren! Begnügen wir uns also mit dem, was wir rechtmäßig bekommen. Und das setzen wir dann zuerst dafür ein, dass wir unsere Verpflichtungen erfüllen: Miete, offene Rechnungen, Steuern und dergleichen. „Seid niemandem etwas schuldig!“, hat der Apostel Paulus an anderer Stelle gemahnt (Rö. 13,8). Als Lichtkinder wissen wir, dass wir Gottes Reich besonders verpflichtet sind und dass darum ein fester, nicht zu geringer Teil unseres Einkommens als Kirchenbeitrag abgeführt werden soll. Zwar ist der Kirchenbeitrag insofern freiwillig, als dass er nicht juristisch eingeklagt werden kann und seine Höhe nicht vorgeschrieben ist, aber unser Gewissen verpflichtet uns, dass wir Gott dieses Opfer nicht schuldig bleiben. Sodann setzen wir unser Geld ein, um die Menschen zu versorgen, die uns anvertraut sind und die nicht selbst für sich sorgen können. Das sind zuerst die Kinder, die noch nicht erwerbstätig sind, aber auch die Alten und Kranken in unserer Gesellschaft, die wir über Steuern und Sozialabgaben mitversorgen. Darum verabscheuen wir die Schwarzarbeit, denn Schwarzarbeit würde ja bedeuten, dass wir Geld für uns behalten, das zu einem guten Teil den Alten, Kranken und sozial Schwachen zukommen soll. Es ist gut, wenn wir darüber hinaus auch noch freiwillig etwas für Arme, Bedürftige und Notleidende übrig haben; die modernen Hilfsorganisationen machen es uns leicht, mit unserem Geld weltweit effektiv zu helfen. Schließlich geben wir den Rest unseres Geldes so aus, dass es Gott ehrt und unsere Mitmenschen freut. Ja, so gehen Lichtkinder mit ihrem Geld um, und sie tun es mit Freude, mit Gebefreude.
Solche Gebefreude, solcher Umgang mit Geld ist ein Beispiel für Frucht des Lichts. Das Gegenteil davon wäre die Habgier. Sie ist nicht Frucht, sondern sie bezeichnet das Ausbleiben von Frucht. Habgier herrscht da, wo geistlich nichts wächst, weil das Licht der Liebe Gottes fehlt. Habgier herrscht in finsteren, fruchtlosen Herzen. Der Apostel Paulus warnt uns davor: „Habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich.“ Weil Habgier und andere Sünden fruchtlose Werke der Finsternis sind, darum werden sie meistens versteckt. Ein habgieriger Mensch wird nicht offen sagen: „Gebt mir euer Geld, damit ich reich werde!“, sondern er wird mit Tricks und Hinterlist den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen versuchen, mit schönen Worten und scheinbar klugen Argumenten.
Ich erinnere mich an ein Interview mit einem berühmten amerikanischen Rechtsanwalt, das ich mal gelesen habe. Er vertrat Angehörige von Menschen, die bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren, und er forderte in deren Namen horrende Millionenbeträge Schadenersatz. Man fragte ihn: „Warum diese gigantischen Summen?“ Da antwortete er sehr klug und auch sehr vernünftig: „Damit die Fluggesellschaften sich äußerste Mühe geben, ihre Flüge in Zukunft sicher zu machen!“ Was er verschwieg, war dies: Je höher die Schadenersatzforderung, desto höher sein Honorar! Ganz bestimmt wollte er bei der Sache viel Geld verdienen. Aber dieses Motiv der Habgier ließ er lieber im Dunkeln.
Liebe Brüder und Schwestern in Christus, ihr wisst: Immer, wenn man mit dem Finger anklagend auf jemand anders zeigt, dann zeigen drei Finger auf einen selbst. Ich wage mal die Behauptung: Keiner von uns ist völlig frei von Habgier. Aber wir haben den großen Vorteil, dass Gott uns die Habgier als Gefahr zeigt, als Werk der Finsternis! Und wir haben den noch größeren Vorteil, dass wir das Licht kennen, das Licht der Liebe Gottes in Jesus Christus! Machen wir es also wie die Sonnenblume: Wenden wir unsere Köpfe dem Licht zu; halten wir uns zu Jesus Christus! Vielleicht ist euch das auch schon mal aufgefallen: Wenn man an einem Feld mit Sonnenblumen vorbeikommt, dann richten sie alle ihre Köpfe in die Hauptrichtung, aus der die Sonne scheint. Ja, so wollen wir es auch machen. Die Bibel nennt das schlicht „Buße“: wenn wir unsere finsteren Werke und unsere finsteren Herzensregungen in der Beichte offen vor Gott ausbreiten und uns dann seine Liebe ins Gesicht scheinen lassen durch das Wort der Vergebung. Zu solcher Buße fordert uns der Apostel Paulus auf in unserem Predigttext: „Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht.“
Danach zitiert Paulus etwas, das wohl ein bekanntes Kirchenlied bei den Urchristen war: „Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“ Lasst uns diesen Vers jetzt mal singen – in einer Form, die uns heutzutage für Kirchenlieder geläufiger ist, und nach der Melodie „O Jesu Christe, wahres Licht“: „Wach auf beim ersten Morgenrot / und sei nicht mehr in Sünden tot! / Und Christus, Gottes reines Licht, / erleuchte dir dein Angesicht.“
Liebe Lichtkinder, der Vers macht es klar, und wir merken es auch am eigenen Leib: Eigentlich sind wir noch Morgenlichtkinder. Mit Jesus ist das Licht der Liebe über der Welt angebrochen, aber der helle Tag des Gottesreiches ist noch nicht da. Noch sind wir schläfrig, noch spüren wir etwas von der Macht der Finsternis, noch ist die Glaubensfrucht nicht ausgereift. Erst in der ewigen Welt werden wir fertig und prächtig sein und strahlen unter dem hellen, ewigen Licht Christi – so wie eine voll erblühte Sonnenblume in all ihrer Pracht. Amen.
PREDIGTKASTEN |