Ostern und der Domino-Effekt

Predigt über 1. Korinther 15,12‑20 zum Ostermontag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Vor ein paar Wochen sagte mein Super­intendent zu mir: „Matthias, du bis nun schon so alt und denkst immer noch, dass die Menschen vernünftig sind!“ Recht hat er, und ich gebe es zu: Das ist meine schwache Seite. Zum Beispiel würde ich von alleine nie auf die Idee kommen, dass es Christen gibt, die nicht an die Auf­erstehung glauben; das hielte ich für völlig wider­sinnig. Und doch habe ich in meinem Leben schon mehr als einmal die Erfahrung gemacht: Solche Christen gibt es tat­sächlich. Auch der Apostel Paulus machte seinerzeit schon die Erfahrung: Solche Christen gibt es tat­sächlich. Wie kann das nur sein, wo doch der Hauptinhalt der christ­lichen Botschaft lautet, dass Jesus von den Toten auferstand? Das ist doch völlig un­vernünftig, völlig daneben! Paulus schrieb der Gemeinde in Korinth: „Wie sagen einige unter euch: Es gibt keine Auf­erstehung der Toten?“

Nun war ja Paulus selbst glücklicher­weise ein ver­nünftiger Mensch. Er machte sich die Mühe und ging auf diese Zweifler ein. Er hatte ja auch sie lieb und wollte sie für den Himmel gewinnen. Er ging auf eine sehr vernünftige Weise auf sie ein, wie gesagt, das war nun mal seine Art. Er wollte sie mit einem indirekten Beweis von der Auf­erstehung der Toten überzeugen. Was ist ein indirekter Beweis? Ein indirekter Beweis geht so: Man beweist, dass das Gegenteil von einer Sache nicht sein kann, und schon hat man die Sache selbst bewiesen.

Der indirekte Beweis des Apostels Paulus ist eigentlich eine ganze Beweis­kette. All die behaupteten Gegenteile stehen wie Domino­steine in einer Reihe: Wenn einer kippt, dann kippen sie alle. Das erste behauptete Gegenteil ist die Meinung einiger Christen, dass es keine Auf­erstehung der Toten gibt. Der erste Dominostein steht also für den Satz: Tote können nicht auf­erstehen. Das zweite Gegenteil ist davon abgeleitet. Paulus schreibt: „Gibt es keine Auf­erstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auf­erstanden.“ Das ist klar: Wenn der Tod das absolute Ende eines Menschen­lebens ist, dann gilt das auch für den Menschen Jesus von Nazareth. Jesus ist am Kreuz gestorben, das steht un­bezweifelt fest. Wenn es keine Auf­erstehung der Toten gibt, dann muss also auch Jesus im Tod geblieben sein. Der zweite Dominostein steht damit für den Satz: Jesus ist nicht auf­erstanden. Kommen wir zum dritten Gegenteil, dass sich wiederum vom zweiten herleiten lässt. Hauptinhalt aller aposto­lischen Predigten ist ja die gute Nachricht: Jesus lebt, er ist auf­erstanden! Wenn gilt, dass Christus noch tot ist, dann ist diese gute Nachricht eine Falsch­meldung, ein Irrtum, oder gar eine Lüge. Paulus schreibt: „Ist Christus nicht auf­erstanden, so ist unsre Pedigt ver­geblich… Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auf­erstehen.“ Der dritte Dominostein steht also für den Satz: Die Apostel lügen bei ihrer Verkündi­gung von Christus. Nun ist aber ganz offen­sichtlich, dass viele Menschen der Apostel-Verkündigung Glauben schenken. Allein am Pfingsttag haben 3000 Leute der Predigt des Petrus geglaubt und sich taufen lassen. Wenn die aposto­lische Verkündi­gung eine Lüge ist, dann muss der Glaube dieser an Christus ein Irrtum sein, ein sehr verhängnis­voller Irrtum noch dazu. Paulus schreibt: „Ist Christus nicht auf­erstanden, so ist euer Glaube vergeblich und nichtig.“ Vierter Domino­stein: Wer der Auf­erstehungs­predigt glaubt, der irrt. Das wäre deshalb verhängnis­voll, weil dann ja auch nicht stimmen kann, dass wir durch Jesus die Vergebung der Sünden haben. Die gute Nachricht von der Vergebung der Sünden durch Jesus ist ja unlöslich verbunden mit der guten Nachricht von seiner Auf­erstehung. Paulus schreibt deshalb: „Ist Christus nicht auf­erstanden, so seid ihr noch in euren Sünden.“ Fünfter Domino­stein: Wenn der Christus­glaube ein Irrtum ist, dann trennt uns immer noch unsere Sünde von Gott. Wenn aber die Sünde noch im Raum steht, dann bleibt nur ein schreck­liches Warten auf Gottes Gericht – nämlich auf den ewigen Tod, der der Sünde Sold ist. Paulus schreibt: „So sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren.“ Das ist der hässliche sechste und letzte Domino­stein: Wir sind verloren! Paulus fasst die ganze Reihe der sechs behaupteten Gegenteile schließlich noch in dem er­schütternden Satz zusammen: „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.“ Stimmen all diese behaupteten Gegenteile, dann könnten wir den Laden hier zumachen und den Gemeinde­gliedern sagen, sie sollen sich woanders nette Gemein­schaft und ein bisschen Lebenshilfe suchen.

Diese Dominostein-Sätze könnten uns am schönen Ostermontag fast traurig machen. Aber ehe das passiert, erinnern wir uns lieber ganz schnell: Es sind ja nur angenommene Gegenteile von dem, was Paulus eigentlich sagen will. Es geht hier ja um einen indirekten Beweis. Das alles würde ja nur so sein für den Fall, dass Tote nicht auf­erstehen. Ein einziges Gegen­beispiel kann diese Argu­mentations­kette zu Fall bringen. Dieses Gegen­beispiel ist die Auf­erstehung Jesu selbst. Paulus hat zuvor von den über 500 Augenzeugen gesprochen, die den Auf­erstandenen gesehen haben; auch er selbst hat ihn gesehen. So kann Paulus am Ende mit voller Überzeugung ausrufen: „Nun aber ist Christus auf­erstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.“ Damit lässt sich die ganze Kette der an­genommenen Gegenteile nicht mehr halten, sie fallen hin wie Domino­steine. „Nun aber ist Christus auf­erstanden!“ Mehr als 500 Leute sind dem auf­erstandenen Jesus leibhaftig begegnet; wir haben davon gestern in der Predigt gehört. Die meisten von diesen Leuten lebten noch, als Paulus den 1. Korinther­brief schrieb, man konnte diese Augenzeugen des Auf­erstandenen also persönlich befragen. Auch wir haben heute noch das Zeugnis der Augen­zeugen, und zwar nieder­geschrieben in den Evangelien und in der Apostel­geschichte. Anders als durch die Auf­erstehung wäre auch nicht zu erklären, dass eine Handvoll ver­ängstigter Jünger plötzlich zu mutigen Zeugen der Auf­erstehung wird. „Nun aber ist Christus auf­erstanden“, kein Zweifel!

Die bestens bezeugte Auf­erstehung Jesu von den Toten wiederlegt den Satz: Tote können nicht auf­erstehen. Und wenn das so ist, dann haben die Apostel mit ihrer Predigt recht; ihre gute Nachricht ist verläss­liche Wahrheit! Und wenn das so ist, dann hoffen wir mit unserem christ­lichen Glauben nicht vergeblich, sondern vertrauen auf genau das Richtige, oder besser: auf genau den Richtigen! Und wenn wir Christus vertrauen, dann schenkt er uns die Vergebung der Sünden, die er mit seinem Tod und seiner Auf­erstehung erworben hat! Und wenn unsere Sünden vergeben sind, dann trennen sie uns nicht mehr von Gott und dann haben wir auch nicht mehr den Tod verdient! Und wenn wir nicht mehr den Tod verdient haben, dann werden wir ewig leben; dann werden wir auch auf­erstehen; dann werden wir Christus nachfolgen bei unserer Auf­erstehung!

Es ist ganz und gar vernünftig, so zu glauben und so zu hoffen, auch wenn es dafür in unserer alltäg­lichen Erfahrung keine Anhalts­punkte gibt. Ja, vernünftig ist es, all die Zeugen des Auf­erstandenen nicht Lügner zu nennen, sondern ihre Worte für zuverlässig zu halten und ihnen zu vertrauen. Tun wir's doch! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2010.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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