Gottes Freundlichkeit wird sichtbar

Predigt über Titus 3,4 zum Heiligen Abend

Als Gottes Freundlich­keit und Menschen­liebe sichtbar wurde, rettete er uns.

Liebe Gemeinde!

Ich erinnere mich genau an die Heiligabend-Be­scherungen, als ich klein war. Mein Vater war noch mit letzten geheimnis­vollen Vor­bereitungen im Wohnzimmer beschäf­tigt, und ich wartete zusammen mit meinem Bruder und meiner Mutter ungeduldig vor der Tür. Dann endlich klingelte ein Glöckchen, wir traten ins Wohnzimmer, sangen „Ihr Kinderlein, kommet“ und sahen den prächtig ge­schmückten Weihnachts­baum. Aber die Augen glitten schnell weiter zu den Tischen, denn da türmten sich merkwürdige Gebirge, von Decken und Laken verhüllt. Ich wusste genau: Darunter waren die Geschenke verborgen! Ich versuchte dann immer zu raten, welches dieser Gebirge denn mein Geschenk­platz war, und ich hoffte, es würde einer der ganz hohen Gipfel dabei sein. Dann las mein Vater die Weihnachts­geschichte aus der dicken Familien­bibel vor, dann wurde gesungen, dann musste ich ein Gedicht aufsagen. Und endlich war es so weit: Die geheimnis­vollen Gebirge wurden enthüllt, die Geschenke wurden sichtbar, und die Freude war meistens riesengroß.

Wie in meiner Kindheit zu Weihnachten die Geschenke plötzlich zum Vorschein kamen, so wurden in der Heiligen Nacht in Bethlehem Gottes Freundlich­keit und Menschen­liebe sichtbar. Das Kind in der Krippe ist Gottes Sohn, und er zeigt uns die Freundlich­keit und Liebe seines Vaters – das ist das größte und schönste Weihnachts­geschenk für alle Menschen. Von diesem Weihnachts­geschenk singen fast alle Weihnachts­lieder, auch das bekann­teste. In der dritten Strophe von „Stille Nacht“ heißt es: „Stille Nacht, heilige Nacht! Gottes Sohn, o wie lacht Lieb aus deinem göttlichen Mund, da uns schlägt die rettende Stund, Christ, in deiner Geburt!“

Schulkinder sollten einmal Weihnachts­bilder malen. Da zeichnete ein Kind den Stall mit Ochs und Esel, Maria und Josef, der Krippe und dem Jesuskind. Und bei der Krippe war da noch ein kleines, lachendes Männchen. Da fragte die Lehrerin das Kind: „Wer soll denn das da sein bei der Krippe?“ Das Kind antwortete: „Das ist der Owie!“ – „Der Owie?“ – „Ja, der Owie! Der hat doch gelacht, als Jesus geboren wurde. In dem Lied heißt es doch: Owie lacht!“ Da musste die Lehrerin natürlich selbst lachen. Dabei meinte das Kind es ganz ernst. Und hatte sogar recht! Nur dass der Owie kein separates Männchen war, sondern dass Jesus selbst der Owie ist! An Jesus konnten Maria und Josef sehen, wie freundlich Gott zu uns Menschen ist und wie lieb er uns hat. Auch die Hirten konnten es sehen, nachdem sie es vorher nur gehört hatten von den Engeln. Und die Weisen aus dem Morgenland. Und die vielen Leute in der überfüllten Herberge in Bethlehem. Und alle Menschen in der Welt. Und auch wir heute, groß und klein: Denken wir an das freundlich lachende Kind in der Krippe, dann wissen wir, wie lieb Gott uns hat und wie gut er es mit uns meint! Oft genug ist ja Gottes Freundlich­keit und Liebe verhüllt unter viel Leid und Elend in der Welt, aber zu Weihnach­ten, bei dem Kind in der Krippe, da wird sie sichtbar, da können wir sie fassen: „Als Gottes Freundlich­keit und Liebe erschien, rettete er uns.“

Ja, er kam, um uns zu retten, darum heißt es auch: „Christ, der Retter, ist da!“ Und: „… da uns schlägt die rettende Stund.“ Liebe ist ja mehr, als die andern nur freundlich anlächeln. Und Gottes Liebe ist unendlich viel mehr: Gottes Liebe ist Rettung. Jesus ist für den größten Rettungs­einsatz geboren worden, den die Welt je sah. Als er Gottes Liebe in die Welt brachte, da hat ihn das nicht nur ein freund­liches Lächeln gekostet, sondern auch Schmerzen, Tränen, Blut und schließlich sein Leben: „Als Gottes Freundlich­keit und Liebe erschient, rettete er uns.“

Es ist doch so: Wir selbst halten uns oft genug nur mühsam über Wasser. Wir strampeln uns ab in einem Meer von Leid und Schuld, sind vielen Gefahren und vielen bösen Einflüssen aus­geliefert. Da erscheint plötzlich ein Rettungsring, an dem wir uns fest­klammern können: Gott wirft uns diesen Rettungs­ring zu aus lauter Liebe und Freundlich­keit. Es ist sein eigener Sohn, in der Heiligen Nacht in Bethlehem geboren: „Christ, der Retter ist da.“ Nun kommt es nur darauf an, dass wir uns an diesem Rettungs­ring auch wirklich fest­klammern und ihn nicht wieder loslassen. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2009.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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