Die schlechten Nachrichten und die gute Nachricht

Predigt über Lukas 13,1‑9 zum Buß- und Bettag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Fast täglich erreichen uns schreck­liche Nach­richten. Sie erreichen uns meistens über den Fernseher, durch das Radio oder in der Zeitung. Da ist in Pakistan wieder eine Bombe hoch­gegangen und hat viele Todesopfer gefordert. Da ist in China wieder ein Bergwerk eingestürzt und für viele Arbeiter zum Grab geworden. Sicher, wir brauchten solche Schreckens­nachrichten nicht an uns heran­zulassen, brauchten einfach nicht hinzusehen und hinzuhören. Aber obwohl diese Nachrichten so schrecklich sind, haben sie doch auch irgendeine merkwürdige Anziehungs­kraft und wecken unsere Neugier.

Das war schon immer so, auch in Zeiten, als es noch kein Fernsehen, kein Radio und keine Zeitungen gab. Da wurden die aktuellen Schreckens­nachrichten mündlich übermittelt und eilten kaum weniger schnell als heute von Ohr zu Ohr. So kam es, dass auch Jesus Schreckens­nachrichten hörte, als er mit seinen Jüngern durch das Land zog. Einmal berichtete man ihm Folgendes: Der römische Statthalter Pontius Pilatus hat seine Soldaten galiläische Pilger überfallen lassen. Sie waren mit einigen Schlacht­tieren unterwegs nach Jerusalem, wo sie im Tempel Opfer darbringen wollten. Wahr­scheinlich dachte Pilatus, es handelt sich um gefährliche Terro­risten, um die sogenannten Zeloten aus Galiläa, die gegen die ihnen verhassten Römer einen Bürgerkrieg führten. Den Römern waren diese Zeloten ebenso ein Dorn im Auge wie heute die Taliban den US-Ameri­kanern. Pilatus ließ kurzen Prozess mit ihnen machen und sie auf der Stelle töten – er „vermischte ihr Blut mit ihren Opfern“, so heißt es in unserem Predigt­text. Wenig zuvor hatte Jesus eine andere Schreckens­nachricht gehört: An der Jerusalemer Stadtmauer gab es bei der sogenannten Siloah-Quelle einen Turm, der wohl schon recht baufällig war. Da kam es zu einem schreck­lichen Unfall: Der Turm stürzte ein, als sich gerade einige Personen in seiner Nähe aufhielten. Achtzehn von ihnen wurde durch die herab­fallenden Steine erschlagen.

Sicher erreichen uns heute viel mehr Schreckens­nachrichten als die Menschen zur Zeit Jesu. Die moderne Nachrichten­technik ermöglicht es, dass wir zeitnah von allen größeren Kata­strophen auf der ganzen Welt erfahren. Zu Jesu Zeiten erfuhr man normaler­weise nur das, was in der Umgebung geschah. Das hatte vielleicht sein Gutes: Die Leute waren noch nicht so abgestumpft wie viele unserer Zeit­genossen. Wenn man nur ab und zu von einem Unglück erfährt, das sich in der Nähe zugetragen hat, dann macht man sich eher Gedanken darüber, als wenn man täglich mit Schreckens­nachrichten aus aller Welt bombardiert wird.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, hoffentlich seid ihr noch nicht ab­gestumpft. Hoffentlich berührt es euch noch, wenn ihr von einem Unglück erfahrt. Hoffentlich macht ihr euch Gedanken darüber und betet vielleicht auch für die Leid­tragenden. Wahr­scheinlich werdet ihr auch immer wieder die eine Frage stellen, die die Menschen aller Zeiten bewegt hat, wenn sie Schreckens­nachrichten hörten: Warum ist das passiert? Was war die Ursache des Unglücks? Welche technischen Schäden haben das Unglück verursacht? Wo war mensch­liches Versagen im Spiel, wo böswillige Absicht? Und vor allem: Warum hat Gott es zugelassen, dass es überhaupt so weit kommen konnte? Unaus­gesprochen stand diese Frage auch im Raum, als man Jesus von den neusten Unglücks­fällen berichtete: Jesus, warum hat Gott das zugelassen, dass fromme Leute auf dem Weg zum Gottes­dienst brutal umgebracht wurden? Jesus, warum hat Gott das zugelassen, dass ahnungslose Passanten plötzlich von einem ein­stürzenden Turm erschlagen werden? Warum?

Jesus antwortete folgender­maßen: Es ist nicht so, dass die vom Unglück direkt Betroffenen dies besonders verdient hätten. Es ist nicht so, dass Gott sie damit besonders bestraft hat. Unschuldig sind sie allerdings auch nicht; sie sind Sünder; aber sie sind Sünder wie alle anderen Menschen auch. Und das bedeutet: Das Unglück, das sie getroffen hat, haben alle anderen Menschen auch als Strafe verdient. Wenn jetzt nur einige von dem Unglück betroffen sind, dann ist das ein Beispiel und Zeichen Gottes dafür, was alle Menschen verdienen. Jesus sagte: „Wenn ihr nicht Buße tut, dann werdet ihr alle auch so umkommen.“ Warum also erreichen uns ständig Schreckens­nachrich­ten? Weil Gott uns damit zeigen will, dass wir in einer sünden­verseuchten Welt leben. Weil Gott uns damit zeigen will, wie ernst es um uns steht mit unserer Sünde, und was eigentlich jeder mit seiner Sünde verdient hat. Weil Gott uns damit aufrütteln will; weil er uns dazu bewegen will, dass wir doch endlich von der schreck­lichen Sünde ablassen und so zu leben beginnen, wie es ihm gefällt. „Wenn ihr nicht Buße tut, dann werdet ihr alle auch so umkommen“, so deutete Jesus die Schreckens­nachrich­ten, die ihn erreichten.

Und da merken wir, das Jesus nicht nur eine Antwort auf die Warum-Frage gibt, sondern dass er auch die Fragerichtung herumdreht. Denn Jesus geht es nicht nur um die Ursache des Unglücks, nämlich um die Sünde, sondern es geht ihm auch um die Wirkung des Unglücks, nämlich seine warnende Wirkung für uns. Jesus dreht die nach rückwärts gerichtete Blick­richtung der Fragenden herum; er weist sie nach vorn. Jesus macht aus der Warum-Frage eine Wozu-Frage. Also nicht mehr: „Warum hat Gott das zu­gelassen?“, sondern: „Wozu hat Gott das zu­gelassen?“ Was bezweckt er damit, was will er damit bewirken? Die Antwort lautet: Er will uns, die wir solche Schreckens­nachrichten hören, zur Umkehr bewegen, zur Buße. Noch einmal Jesu Deutung: „Wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle auch so umkommen.“

Damit sind wir beim Thema des Buß- und Bettags. Der Buß- und Bettag ist einst ein­gerichtet worden, damit wir als deutsches Volks angesichts von schreck­lichen Erfahrungen und leidvollen Ereignissen Buße tun, umkehren, und uns neu auf Gottes Wege besinnen. Er ist ein­gerichtet worden, damit wir gemeinsam beten, um Vergebung bitten und Gottes Segen für unseren weiteren Weg erflehen. Und auch wenn heute die meisten Menschen in Deutschland sich nicht mehr für diesen eigent­lichen Sinn des Buß- und Bettags inter­essieren, wollen wir es als kleine Schar dennoch unbeirrt tun. Es gibt ja heute nicht weniger Schreckens­nachrichten als früher, es besteht ja nicht weniger Grund zur Umkehr als früher. Nur darin liegt unser Heil, nur das kann uns vom Tode erretten, wenn wir Buße tun und uns zu Gott bekehren. Auch für uns gilt Jesu Wort: „Wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle auch so umkommen.“

Dabei wollen wir beachten, dass Buße eigentlich etwas Schönes ist, etwas Befreiendes und Tröst­liches. Buße bedeutet Umkehr oder Wende, und Wende-Nachrichten sind gute Nach­richten. Da tut sich was, da wendet sich was zum Guten! DieWende des Mauerfalls vor 20 Jahren war die eine gute Nachricht, die eine Zeit lang alle Schreckens­nachrichten in den Schatten stellte. Mit dem Kommen Jesu ist es ebenso: Er brachte die Wende der Zeiten, die Wende vom alten zum neuen Bund, die Wende von Gottes Zorn zu Gottes Erbarmen, die Wende von der Sünden­strafe zur Sünden­vergebung. Mit seinem Tod am Kreuz und mit seiner Auf­erstehung kam die Wende vom Tod zum ewigen Leben. Alle Menschen, die Buße tun und sich von dieser Wende mitreißen lassen, sind dem Fluch der Sünde entgangen. Denn Buße tun ist ja nichts anderes als der Macht der Sünde entfliehen und in den offenen Armen Gottes Zuflucht finden. Jesus verspricht allen Menschen, dass sie durch ihn bei Gott diese Zuflucht finden und für immer geborgen sind. Das ist die gute Nachricht Gottes, die beste Nachricht der Welt, das Evangelium. Wer so Buße tut, wer so an Gottes Wende durch Jesus teilhat, der wird nicht umkommen, selbst wenn er manches Unglück erleiden sollte, sondern der wird ewig leben.

Ach, wie gern möchte Gott alle Menschen aufrütteln, dass sie Buße tun und das ewige Leben haben! Wenn sie sich doch nur aufrütteln ließen! Gott hat unheimlich viel Geduld mit uns Menschen. Gott wartet noch immer darauf, dass wir Buße tun, ja, täglich immer wieder neu Zuflucht suchen in seinen Armen. Und von dieser Geduld Gottes handelt das Gleichnis, das Jesus im Anschluss an seine Antwort auf die Schreckens­nachrichten erzählt. Es ist das Gleichnis vom Feigenbaum, der auch nach drei Jahren noch immer keine Früchte trägt. Der Besitzer des Gartens will ihn schon weghauen lassen, aber der Gärtner bittet noch um Geduld – und dieser Gärtner ist niemand anders als Jesus selbst: „Herr, lass ihn noch dies Jahr, bis ich um ihn grabe und ihn dünge; vielleicht bringt er doch noch Frucht.“ Ja, mit soviel Liebe und Geduld wirbt der Herr Jesus Christus um uns Menschen, dass wir Buße tun und ihm nachfolgen, damit wir nicht verderben, sondern ewig leben können! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2009.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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