Wie merkt man, dass Jesus lebt?

Predigt über Lukas 24,13-35 zum Ostermontag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus,

wie merkt man, dass Jesus lebt?

Viele Menschen werden antworten: Das merke ich überhaupt nicht. Und einige werden das mit einem traurigen Unterton sagen: Ich merke das überhaupt nicht, weil ich nicht christlich erzogen bin; ich finde es zwar gut, wenn Christen mit ihrem Glauben an Jesus einen Halt haben, aber ich selbst kann so nicht glauben. Auch mancher Christ wird antworten: Ich merke überhaupt nicht, dass Jesus lebt. Er antwortet so, wenn man ihn im falschen Moment fragt, in Zeiten des Zweifels, der Anfechtung, der tiefen Not und Traurigkeit. Vielleicht kennst du das ja von von dir selbst, solche Gedanken: Ich merke nicht, dass Jesus lebt, weil er mich so leiden lässt. Oder: Ich merke nicht, dass Jesus lebt, weil er mein sehnliches Gebet nicht erhört hat. Oder: Ich merke nicht, dass Jesus lebt, denn wie kann er all das Leid zulassen, von dem die Nachrichten voll sind, die Erdbeben, Amokläufe und Gebäude-Einstürze?

Wenn du nicht merkst, dass Jesus lebt, dann gleichst du den beiden Emmaus-Jüngern, und zwar den Emmaus-Jüngern am Beginn ihres Weges. Sie waren traurig und sorgenvoll. All ihre Hoffnungen mit Jesus hatten sich zerschlagen. Sie meinten, er sei nun tot, und die wunderbare Aussicht auf Erlösung sei damit begraben. Aber wir wissen: Sie irrten sich. Jesus war ja gar nicht mehr tot, sondern er war auferstanden von den Toten. Er war auch gar nicht fern von ihnen, sondern er ging direkt neben ihnen. Sie merkten es nur noch nicht; er schien ihnen ein Fremder zu sein.

Wenn jemand nicht merkt, dass Jesus lebt, und wenn du selbst manchmal auch so denkst, dann höre die gute Nachricht aus dieser Geschichte: Jesus lebt trotzem! Jesus ist trotzdem in deiner Nähe! Du erkennst ihn bloß nicht. Das ist doch eine wunderbar tröstliche Sache: Du brauchst den lebendigen Jesus nicht krampfhaft herbeizuglauben, denn er lebt ja sowieso, gleich ob du es merkst oder nicht. Er ist da – der lebendige Jesus ist eine Realität, so real wie die Radioprogramme in der Luft um uns herum, von denen du ja im Moment auch nichts merkst. Es ist gar nicht nötig, sich das irgendwie einzubilden. Wenn du es nicht glauben kannst, dann lass es dir eben einfach gesagt sein und gehe davon aus, dass er lebt und dir nahe ist.

Aber ich stelle die Frage noch einmal: Wie merkt man, dass Jesus lebt?

Viele Christen werden antworten: Ich merke es, weil ich mich mit ihm unterhalte. Ich bete zu ihm, und ich höre sein Wort – Gottes Wort in der Bibel. Wenn du so antwortest, dann gleichst du auch den Emmaus-Jüngern. Du gleichst ihnen, als sie schon ein Stück weiter auf dem Weg waren und mit Jesus ins Gespräch gekommen sind. Da finden sie zunächst offene Ohren und Verständnis für ihre Traurigkeit und Nöte. Teilnahmsvoll erkundigt sich Jesus bei ihnen, was sie im Moment bewegt. Sie können sich bei ihm aussprechen, den sie noch für einen Fremden halten, können ihm von ihren scheinbar zerschlagenen Hoffnungen berichten. Aber Jesus hört nicht nur zu, sondern er antwortet auch. Er tröstet sie, er macht ihnen Mut. Er tut es allerdings nicht auf die sanfte Tour, sondern er schimpft regelrecht mit ihnen. Sie sollen sich nicht so hängen lassen: Wie dumm seid ihr, dass ihr nicht auf Gottes Wort achtet! Und dann hält er ihnen einen Predigt, die sich gewaschen hat. Er legt ihnen die Bibel aus, soweit sie damals schon vorlag, das Alte Testament nämlich. Und er zeigt ihnen aus den prophetischen Worten, dass der Tod des Erlösers für Gottes Heilsweg vorausgesagt und nötig war. Nur so konnte er die Menschen erlösen und den Vater verherrlichen. Ja, und da merken die beiden Emmaus-Jünger schon etwas mehr von Jesus: Die Traurigkeit nimmt ab, ein neues Hoffnungsflämmchen beginnt in ihren Herzen zu brennen, ein Licht geht ihnen auf. Zwar halten sie den Mann neben sich immer noch für einen Fremden, aber doch spüren sie schon etwas davon, dass Jesus lebt.

Ja, so kann auch heute jeder merken, dass Jesus lebt: Wenn wir mit ihm reden. Wenn wir ihm täglich sagen, wie uns zumute ist; wenn wir auch unsere Ängste und Traurigkeiten nicht verschweigen. Wir dürfen gewiss sein, dass er da ist und zuhört. Und wenn wir so beten, dann sollen wir auch das Hinhören nicht vergessen. Denn Jesus antwortet! Er antwortet noch heute mit Worten der Bibel und mit Predigten, die diese Worte auslegen. Das muss nicht immer eine Predigt von der Kanzel sein. Jesus redet auch mit der Sündenvergebung in der Beichte und mit dem Segen am Ende des Gottesdienstes. Ja, er kann auch durch ein gutes christliches Buch zu uns reden oder durch einen verständnisvollen Freund. Auf alle Fälle antwortet Jesus. Und sein Wort in der Bibel hat die Kraft, ein Licht anzuzünden und das Herz warm zu machen. Auch wenn Jesus dann noch in gewisser Weise fremd und unverständlich erscheinen mag, so merken wir durch Gottes Wort doch, dass er lebt. Darum lasst uns fleißig Gottes Wort suchen. Die Bibel soll unser täglicher Begleiter sein, denn dann merken wir, dass der auferstandene Herr Jesus Christus unser täglicher Begleiter ist.

Trotzdem noch einmal die Frage: Wie merkt man, dass Jesus lebt?

Es gibt Menschen, die strahlend antworten können: Ich spüre, dass er bei mir ist. Ich spüre, dass er mich bei der Hand nimmt und durchs Leben begleitet. Auch wenn ich ihn nicht sehe, ist er doch so real neben mir wie ein guter, vertrauter Freund. Wenn du so antwortest, dann gleichst du wieder den Emmaus-Jüngern, aber diesmal den Emmaus-Jüngern am Ende der Geschichte. Denn nachdem sie am Ziel ihrer Reise den Fremden in ihr Haus eingeladen hatte, da brach er ihnen das Brot bei der Abendmahlzeit, und sie erkannten plötzlich ohne Zweifel: Das ist ja Jesus! Er lebt! Er ist ist wahrhaftig auferstanden!

Derselbe Jesus feiert auch mit uns das Heilige Abendmahl. Da ist er mit seinem Leib und Blut in einer ganz besonderen Weise gegenwärtig bei uns; da können wir ihn schmecken und sehen, wenn wir das Abendmahl empfangen. Und wenn wir so mit ihm leben – täglich mit ihm reden, oft das Abendmahl empfangen – ‚ dann schenkt er uns diese wunderbare Erfahrung, dass wir seine Nähe spüren so wie die Nähe eines Freundes. Er gehört dann ganz einfach dazu in unserem Leben; wir können uns dann ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Es ist dann gar nicht wichtig, dass unsere Augen ihn nicht sehen. Freilich: Auch dann noch können die Stunden der Anfechtung und des Zweifels kommen. Auch der langjährige, reife Christ ist vor solchen tiefen Tälern nicht gefeit. Es ist dann wieder so wie bei den Emmaus-Jüngern, nachdem sie Jesus erkannt hatten: Plötzlich war er wieder weg. Aber ganz tief in ihrem Herzen blieben die Osterfreude und der Glaube zurück.

Wer den auferstandenen Jesus so erlebt hat, der wird von ihm weiter begleitet und getragen. Das gibt Trost und Halt auf allen Etappen des Lebensweges. Und das schenkt uns die wunderbare Hoffnung, dass wir einmal am Ziel unseres Weges ihn wahrhaftig sehen werden, und dass er dann nicht mehr verschwinden wird. Denn er ist ja dafür gestorben und auferstanden, dass wir einmal in seines Vaters Reich zu Tisch sitzen werden in der großen Freude, in der riesigen Schar derer, die an ihn glauben. Auch die beiden Emmaus-Jünger werden dabei sein, und hoffentlich wir alle, die wir heute hier versammelt sind. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2009.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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