Osterfreude

Predigt über Markus 16,1-8 zum Ostersonntag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Seid ihr in Osterstimmung? Habt ihr Osterfreude? Selbstverständlich ist das nicht. Als Osterprediger muss ich damit rechnen, dass heute nicht nur fröhliche, gut gelaunte Gottesdienstbesucher unter meiner Kanzel sitzen, sondern möglicherweise auch gelangweilte, sorgenbeladene, traurige, geängstete oder gar verzweifelte. Das wussten auch schon die Osterprediger früherer Jahrhunderte. Manche von ihnen haben darum versucht, die Ostergemeinde erst einmal ordentlich aufzuheitern, ehe sie zur Osterbotschaft kamen. Da hat mancher Pastor auf der Kanzel Witze erzählt, um das berühmte Osterlachen in der Gemeinde auszulösen. Soll ich das auch mal versuchen? Also ein Witz: Eine Frau kommt sonntags vom Gottesdienst nach Hause. Da fragt sie ihr Mann: „Worüber hat denn der Pastor heute gepredigt?“ Die Frau: „Ach, alles mögliche, und dass die Reichen den Armen abgeben sollen.“ Der Mann: „Und, hat das den Leuten gefallen?“ Die Frau: „Na sagen wir mal, zwei Dritteln der Leute.“ Der Mann: „Wieso?“ Die Frau: „Na, den armen Leuten eben!“ – Statt Osterwitzen haben manche Priester im Mittelalter auch Osterspiele mit humoristischen Einlagen aufgeführt. So wurde mancherorts der Salbenkauf der Frauen am Ostermorgen ausgeschmückt mit einem lautstarken Feilschen um die Salbenpreise und einer anschließenden Salben-Schlacht. Darauf verzichte ich jetzt aber lieber.

Was mich in diesem Zusammenhang Ostern stets ein wenig irritiert, ist das Oster-Evangelium. Das Wörtchen „Freude“ fehlt darin, der Bericht vermittelt völlig andere Gefühle. Zunächst erleben wir da eine Montagmorgen-Stimmung. Ganz recht, Montag. Denn der Sonntag, der Wochentag der Auferstehung Jesu, war zu jener Zeit praktisch ein Montag. Es war der erste Arbeitstag der Woche nach dem Feiertag. Die Arbeiter fingen wieder an zu arbeiten, die Händler fingen wieder an zu handeln, man musste wieder früh aufstehen. Auch Jesu Jüngerinnen standen an diesem Tag früh auf und wollten ihre Arbeit an dem Punkt aufnehmen, wo sie sie für das Wochenende unterbrochen hatten: Beim Einbalsamieren der Leiche Jesu nämlich. Sie erhoben sich noch vor Sonnenaufgang und gingen erstmal einkaufen. Sie kauften, was man zum Einbalsamieren eines Toten so brauchte – „wohlriechende Öle“, heißt es in der Bibel. Und wie wir selbst das wahrscheinlich auch vom Montagmorgen kennen, kehrten die Alltagssorgen zurück, die kleinen Probleme des tägliches Lebens, die einem oft so unüberwindlich scheinen. Die Frauen fragten sich: „Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?“ Jesu Grabeshöhle war ja mit einem so großen Türstein versehen worden, dass ein paar schwache Frauen den nicht wegrollen konnten. Kurz: Wir finden im Osterevangelium bei den Frauen zunächst einmal nur eine Montagmorgen-Stimmung am Ostersonntag.

Als die Frauen am Grab anlangen, schlägt diese Stimmung freilich plötzlich um. Sie sehen, dass die Grabeshöhle offen ist, gehen hinein und erblicken drinnen nur einen weiß gekleideten jungen Mann. Die Stimmung schlägt um – aber keineswegs hin zur Osterfreude, sondern zur Osterangst! „Sie entsetzten sich“, heißt es im Osterevangelium. Sie bekommen einen Riesenschreck! Da spricht der Engel sie an: „Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.“ Und, kommt nun die Osterfreude? Nichts da, sondern die Osterangst wird eher noch größer. Es heißt weiter von den Frauen: „Sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.“ Entsetzen, Flucht, Zittern, Furcht – das war die Osterstimmung der Frauen! Weder der Anblick des leeren Grabes noch die Botschaft des Engels konnten daran etwas ändern. Das Osterevangelium nach Markus ist und bleibt eine Geschichte, die so gar nichts von Osterfreude an sich hat.

Aber die Frauen haben sich danach dann doch noch gefreut. Und sie wurden auch wieder mutig, und sie haben dann doch den Jüngern berichtet, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Wie ist es denn zu diesem weiteren Stimmungsumschwung gekommen, wenn nicht durch das leere Grab und die Worte des Engels? Diese Frage beantwortet Markus nicht, aber diese Frage beantwortet Matthäus. Im letzten Kapitel des Matthäus-Evangeliums erfahren wir nämlich, dass die Frauen bei ihrer panischen Flucht vom Grab plötzlich Jesus in die Arme laufen. Ja, sie begegnen dem Auferstandenen persönlich, und da endlich stellt sich die Osterfreude ein.

Und da, liebe Gemeinde, finden auch wir die rechte Quelle für Osterfreude. Schönes Wetter und ein langes Wochenende können gute Laune machen; Witze und Späße können ein Lachen entlocken; richtige Osterfreude aber kommt nur aus der persönlichen Begegnung mit dem auferstandenen Herrn Jesus Christus. Das galt damals für die Frauen, das gilt auch heute noch für uns. Selbst wenn ich wie ein Engel reden könnte, so würden diese Worte nichts bewirken, wenn ihr mit diesen Worten nicht den lebendigen Herrn Jesus Christus in euer Herz lasst. Auch wenn euch im Kopf klar ist, dass Jesus für eure Sünden sterben musste und dass er mit seiner Auferstehung den Tod besiegt hat, wird es euch keine Osterfreude bringen, wenn ihr nicht Jesus selbst begegnet. Dasselbe gilt auch von der Liturgie und dem ganzen Gottesdienst. Was nützen die Gebete und Lobgesänge, wenn ihr dabei innerlich unbeteiligt seid oder sie ins Leere betet? Was nützt das Heilige Abendmahl, wenn ihr nicht auf die leibliche Gegenwart des Herrn Jesus Christus mit seinem Leib und Blut acht habt? Noch einmal: Osterfreude kann sich nur dann einstellen, wenn wir Jesus persönlich begegnen.

Aber nun ist er ja persönlich da, er hat es selbst versprochen. „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“, hat er nach seiner Auferstehung gesagt (Matth. 28,20). „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“, hat er verheißen (Matth. 18,20). Darauf können wir uns verlassen, und darum können wir ihm hier im Gottesdienst begegnen. Er kehrt bei dir persönlich ein, wenn du sein Wort hörst und dich von ihm bewirten lässt im Heiligen Abendmahl. Er rührt dich an mit seinem Segen; er hört dir zu, wenn du betest. Ja, aus dieser persönlichen Begegnung kommt dann die Osterfreude. Es ist eine tiefe Freude, die die Welt nicht geben kann, die sie aber auch nicht mehr wegnehmen kann. Es ist eine „Freude in allem Leide“, die auch noch dann in deinem Herzen weiterlebt, wenn du heute aus irgendeinem Grunde keine gute Laune hast. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2009.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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