Menschliche und göttliche Wege zum Leben

Predigt über Markus 8,31-38 zum Sonntag Estomihi

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Vor einer Woche hat die Studentin Doris Schmidt aus Karlsruhe ihr Traumziel erreicht: Sie ist zur Miss Germany gewählt worden – aus anfänglich 7500 jungen Damen, die sich für diesen Titel beworben haben. Erfolg, Anerkennung, Freude, Liebe – die Aussicht auf all das hat die 7500 jungen Damen motiviert, diesen Weg zu gehen, und eine ist nun ans Ziel gelangt. Erfolg, Anerkennung, Freude und Liebe – die Sehnsucht danach treibt fast alle Menschen an, denn das wünscht man sich doch fürs Leben. Wo Erfolg, Anerkennung, Freude und Liebe ausbleiben, da muss der Mensch verzweifeln, da kann er sein Leben kaum noch Leben nennen. Auch wenn wir nicht nach einem Titel als Schönheitskönigin oder Schöhnheitskönig streben, irgendwie sind wir doch alle auf der Suche nach Erfolg, Anerkennung, Freude und Liebe; das ist ganz menschlich.

Dem Apostel Petrus und den anderen Jüngern Jesu ging das nicht anders. Petrus war Unternehmer gewesen, er hatte einen kleinen Familienbetrieb im Fischereigewerbe gehabt, mit eigenem Boot sogar. Als Jesus in sein Leben trat, hatte er das alles aufgegeben: Seinen Betrieb, seinen Broterwerb, seine Familie. Warum war er Jesus nachgefolgt? Darum, weil er sich mit Jesus noch größeren Erfolg für sein Leben versprach, mehr Anerkennung, mehr Freude, mehr Liebe, erfüllteres Leben. Er hatte erkannt, dass Jesus Gottes verheißener Erlöser für das Volk Israel war. Er rechnete damit, dass Jesus das große Friedensreich von König David wieder aufrichten und dann in einem Palast in Jerusalem regieren würde. Er hoffte, dass er dann weiterhin zu den engsten Vertrauten Jesu gehören würde, ein angesehener Minister des großen Friedefürsten. Darum war Petrus total entsetzt, als Jesus wie aus heiterem Himmel eine Strich durch diese menschlichen Hoffnungen und Träume machte. Da behauptete Jesus doch, dass nicht Erfolg und Freude vor ihm liegen, sondern Leid; nicht Anerkennung und Liebe, sondern Verwerfung; nicht Leben, sondern Tod. „Bloß nicht!“, wehrte Petrus erschrocken ab. Auch allen, die ihm nachfolgen wollen, zerstört Jesus die menschlichen Träume: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich“, sagte er, und: „Wer sein Leben erhalten will, der wird‘s verlieren.“ Nicht Erfolg und Anerkennung, sondern Selbstverleugnung; nicht Freude und Liebe, sondern das Kreuz; nicht Lebenserhaltung, sondern Lebenshingabe – was für den Meister gilt, das gilt auch für den Jünger.

Ist Jesus ein Spaßverderber? Ist Christsein eine freudlose, erfolglose und lebensverneinende Angelegenheit? Sind Jünger Jesu letztlich nur Versager? Der menschlichen Vernunft will es manchmal so erscheinen; darum finden auch viele keinen Gefallen am Christsein. Aber die menschliche Vernunft ist hier auf dem Holzweg, und es ist letztlich der Teufel, der uns durch solche menschlichen Gedanken verführt. Darum wies Jesus den Petrus und sein „Bloß nicht!“ auch schroff zurück: „Geh weg von mir Satan! Hau ab! Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist!“

Was wäre denn das Göttliche, im Gegensatz zu den menschlichen Illusionen? Auch Gott will uns ja zum Leben verhelfen, ja sogar zur Fülle des Lebens, zum ewigen Leben. Gott gönnt uns von Herzen Freude und Liebe, auch Erfolg und Anerkennung. Das herrliche göttliche Ziel hat Jesus auch gar nicht verschwiegen, sondern klar ausgesprochen; Petrus hat es wohl nur einfach überhört: „Der Menschensohn muss nach drei Tagen auferstehen“, hat Jesus im Blick auf sich selbst gesagt, und im Blick auf die Jünger sagte er: „Wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen der wird‘s erhalten.“ Gottes Ziel ist dasselbe, was wir herbeisehnen und erträumen: Leben die Fülle! Aber Gottes Weg ist ein anderer als der, den menschliche Vernunft sich vorstellt. Menschliche Vernunft bildet sich ein, man könne sich zum Erfolg emporarbeiten und dabei immer mehr Anerkennung, Freude und Liebe gewinnen. Gott aber sagt: Nein, das ist eine Illusion! Das geht schief! Der Weg zu wahrhaft erfüllten Leben führt durchs tiefe Tal, führt durch Leiden und Misserfolge, ja führt sogar letztlich durch den Tod. Du musst dich erst selbst verlieren, an deiner Selbstverwirklichung verzweifeln und das Kreuz tragen lernen, dann erst wirst du die Fülle des Lebens finden.

Jesus hat es selbst so vorgelebt. Und indem er es vorgelebt hat, hat er zugleich uns Menschen den Weg zum Leben eröffnet. Nur wer an sich selbst verzweifelt und an den gekreuzigten Christus glaubt, der findet Leben die Fülle, der hat das ewige Leben. „Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse?“, fragte Jesus. Nichts. Gar nichts. Wir stehen mit leeren Händen vor unserem Schöpfer, noch dazu mit von bösen Taten beschmutzten Händen! Aber Jesus hat unsere Seele ausgelöst, er hat's am Kreuz getan. So entspricht es dem Willen des Vaters im Himmel. Darum war der Weg ans Kreuz für Jesus ein heiliges Muss, vom Vater verordnet: „Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen.“ Wer an diesen Jesus glaubt, wer ihm nachfolgt und sich zu ihm bekennt, den reißt er mit durch Leiden und Tod zur Fülle des Lebens. Ja, das ist der göttliche Weg zum Leben, der einzig wahre Weg, während die scheinbar so erfolgreichen und verlockenden menschlichen Wege Sackgassen sind. Jesus lehrte: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele Schaden?“

Von den 7500 jungen Damen, die alle in diesem Jahr Miss Germany werden wollten, sind es 7499 nicht geworden, ihr Traum ist geplatzt. So, wie für fast alle Menschen die meisten Träume platzen, all die menschlichen Wege zum Erfolg, zu Anerkennung, Freude und Liebe. Es kommt meistens anders, als man denkt; der Mensch denkt, Gott lenkt. Und Gott lenkt unseren Lebensweg nicht von Erfolg zu Erfolg, sondern er lenkt ihn durch Kreuz und Leid.

Wenn wir unsere menschlichen Illusionen verleugnen und Gottes Weg bejahen, dann werden wir freilich auch auf Gottes Weg viel Freude und Liebe finden, letztlich auch Erfolg und Anerkennung vor Gottes Gericht – weil Jesus für uns gestorben ist ist. Wir merken dann nämlich: Kreuz und Leid bringt uns unserm lieben Heiland ja nur noch näher! Ja, mit Jesus finden wir viel mehr Freude und Liebe, als wenn wir uns von unseren eigenen menschlichen Wünschen und Träumen leiten ließen! Gottes heiliges Muss und der Weg des Kreuzes sind köstlicher als jeder menschliche Erfolg und jede Selbstverwirklichung. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2009.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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