Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Zu Ostern loben wir unseren auferstandenen Herrn Jesus Christus und den Vater im Himmel, der ihn von den Toten auferweckt hat. Gleich danach will ich zu Ostern die Frauen loben, denn sie gehen mit der Osterbotschaft viel besser um als die Männer, geradezu vorbildlich. Ich meine damit nicht nur Maria Magdalena, Johanna, die Jakobus-Mutter Maria und die anderen Frauen, die am Auferstehungstag frühmorgens zu Jesu Grab gegangen sind. Ich meine alle christlichen Frauen auch heute noch, die aufs Ganze gesehen in der Kirche aktiver sind als die Männer, dazu begeisterungsfähiger, mitteilungsfreudiger und treuer. Wer in Deutschland an irgendeinem Gottesdienst teilnimmt, kann feststellen, dass meistens wesentlich mehr Frauen anwesend sind als Männer. Dasselbe kann man in den U. S. A. erleben, auch in Botswana, und, so nehme ich an, in vielen anderen Ländern. Frauen gehen mit der Osterbotschaft und mit dem auferstandenen Herrn Jesus Christus besser um als Männer. Darum ein dreifaches Hoch den Frauen: Sie sind erstens aktiv, zweitens mitteilungsfreudig, drittens treu im Reich Gottes. Das wollen wir jetzt näher betrachten am Vorbild der Frauen, die vom leeren Grab Jesu zurückkehrten.
Erstes Hoch: Die Frauen sind aktiv. Auch in schweren Zeiten lassen sie sich nicht entmutigen, sondern von der Liebe zu Jesus in Bewegung setzen. Schon am Karfreitag haben viele Frauen den schweren Gang nach Golgatha nicht gescheut: Sie waren dabei, als ihr geliebter Herr und Heiland starb. Was die männlichen Jünger betrifft, so wissen wir nur von Johannes, dass er die Kreuzigung miterlebt hat. Auch am Auferstehungstag waren die Frauen aktiver: Die beiden Marias, Johanna und einige andere Jüngerinnen machten sich frühmorgens auf. Sie nahmen Salben mit und andere schöne Dinge, um das Werk zu vollenden, das am Freitagabend wegen des bevorstehenden Feiertags nur notdürftig durchgeführt werden konnte: Die Einbalsamierung des Leichnams Jesu. Die Aussicht, dass ein großer Stein die Grabeshöhle verschließt, machte den Frauen zwar einige Sorge, aber sie kehrten deswegen nicht gleich wieder um. Aktiv gingen sie die Sache an und hofften, dass sich schon irgendeine Lösung finden würde. Unterdessen saßen die männlichen Jünger verängstigt hinter verschlossenen Türen und trauerten besseren Zeiten nach – wenn sie nicht gar noch im Bett lagen und schliefen. Die Situation ähnelt beängstigend einem Sonntagmorgen in heutiger Zeit, wo viele Frauen sich aktiv aufmachen, um ihrem Herrn Jesus in der Kirche zu begegnen – viele Frauen, aber wenig Männer. Gott belohnt die Frauen am Auferstehungstag damit, dass sie die herrliche Nachricht als erste hören dürfen: Jesus lebt, er ist auferstanden von den Toten! Er hat den Tod besiegt! Am leeren Grab, am weggewälzten Stein begegnete den Frauen ein Engel Gottes, teilte ihnen die frohe Botschaft mit und beauftragte sie, diese Neuigkeit den männliche Jüngern zu überbringen.
Nun ist es allerdings nicht so, dass die Frauen gleich begeistert und fröhlich waren. In der heutigen Evangeliumslesung haben wir gehört, dass sie zunächst verängstigt waren – so verängstigt, dass sie beschlossen, niemandem etwas zu sagen. Die Auferstehungsbotschaft allein weckt offenbar noch keine Osterfreude und noch keinen Osterglauben, wie ja auch heute noch die Nachricht vom lebendigen Herrn Jesus Christus viele nicht vom Hocker reißt. Was bei den Frauen die entscheidende Wende bewirkt hat, das hat der Evangelist Matthäus aufgeschrieben: Auf dem Rückweg vom Grab begegnete der Auferstandene den Frauen persönlich, und da glaubten sie, da wurden sie von Freude erfüllt, da bekamen sie Mut, den Auftrag des Engels auszuführen. Wir sehen: Noch einmal belohnt Gott die Frühaufsteherinnen und lässt sie als erste den auferstandenen Herrn sehen. Und wer dem Herrn Jesus Christus persönlich begegnet, dessen Angst und Trauer werden in Freude verwandelt – das ist bis heute so geblieben.
Das zweite Hoch gebührt den Frauen dafür, dass sie so mitteilungsfreudig sind. Sie rannten jetzt den Jüngern die Bude ein und berichteten aufgeregt von ihren Erlebnissen: Jesus lebt! Der Herr ist auferstanden! Das Grab ist leer! Wir haben einen Engel gesehen! Wir haben Jesus selbst gesehen! Er ist wahrhaftig auferstanden! Und was machten die Männer, diese Esel? Sie glaubten den Frauen kein Wort. Sie dachten, die spinnen. „Es erschienen ihnen diese Worte, als wär's Geschwätz“, so übersetzte Martin Luther. Man kann auch sagen: Sie hielten die Worte der Frauen für dummes Zeug, für Quatsch. Gerade sie hätten es doch besser wissen müssen, diese elf Jünger, die jahrelang mit Jesus zusammen waren. Mehr als einmal hatte er ihnen vorausgesagt, dass er sterben und nach drei Tagen wieder auferstehen würde. Aber sie waren wie vernagelt. Später hat Jesus ihnen dafür ganz schön Kopf gewaschen, als er ihnen dann selbst begegnete. „Toren“ nannte er sie da, und sprach von „trägen Herzen“ – zu träge zum Glauben! Ja, diese dummen Jünger: träge waren sie, unflexibel. Sie hatten sich so in ihre Hoffnungslosigkeit hineingetrauert, dass die Auferstehungsbotschaft sie da nicht herausreißen konnte. Sie machten sich nicht mal die Mühe, den Worten der Frauen näher auf den Grund zu gehen. Nur zwei von ihnen rafften sich auf und gingen zum Grab, Petrus und Johannes. Sie fanden es leer, wie die Frauen gesagt haben. Aber noch immer fiel bei Petrus, dem Oberjünger, nicht der Groschen; er wunderte sich und grübelte und war ratlos – das ist alles, was wir von ihm hören.
Noch heute kann man erleben, dass Christinnen im Durchschnitt mitteilungsfreudiger sind als Christen. Wir Männer sollten das keineswegs als weibliche Schwatzhaftigkeit belächeln oder gar verachten, sondern uns lieber eine Scheibe von ihnen abschneiden. Denn der auferstandene Herr Jesus Christus braucht viele mitteilungsfreudige Leute. Die frohe Botschaft vom Sieg des Herrn über Sünde und Tod muss unter die Leute. Alle sollen es hören, dass unser Herr lebt und dass wir durch ihn auch leben sollen, sogar ewig leben. Wenn wir doch nur die Zähne auseinander kriegten und mehr über unseren Glauben reden würden! Stattdessen ist es noch heute so, dass Männer weniger bekennen und mehr zweifeln.
In unserer Ostergeschichte steht nun allerdings nichts davon, dass die Frauen sich durch den Zweifel der Männer entmutigen ließen; sie ließen sich nicht ihre Freude am auferstandenen Herrn trüben. Vielmehr blieben sie bei ihrer Freude und bei ihrem Glauben. Darum jetzt das dritte Hoch auf die Frauen dafür, dass sie treu sind. Sie halten Jesus die Treue, auch wenn es Gegenwind gibt. Ach, wenn wir heutigen Jünger doch auch so wären, männliche wie weibliche! Wenn wir uns doch nicht davon entmutigen ließen, dass nur wenige Menschen unserem christlichen Zeugnis Glauben schenken! Wenn wir uns doch nicht von der Jesusnachfolge abschrecken ließen, weil so manches in der Kirche schief läuft, weil wir da auch heute unter denen, die sich Christen nennen, so viel Herzensträgheit antreffen! Jesus treu sein, dem Evangelium treu bleiben – darauf kommt es an, gerade in einer Zeit, wo die Menschen scharenweise vom christlichen Glauben abfallen.
Wir haben gesehen: Die Frauen vom Ostermorgen wie auch viele Christinnen unserer Zeit geben uns ein gutes Vorbild darin, dass sie aktiv sind, mitteilungsfreudig und treu. Aktiv, mitteilungsfreudig, treu – wenn wir die Anfangsbuchstaben dieser drei Wörter hintereinander lesen, dann kommt dabei das Wort „Amt“ heraus. Mit diesem Stichwort tritt eine Frage in den Raum, die vielleicht der eine oder die andere sich unausgesprochen schon vorher gestellt hat: Wieso hat der auferstandene Christus das Apostelamt dann nicht den Frauen übertragen, sondern den Männern? Wieso hat er nicht den beiden Marias, Johanna und den anderen Frauen gesagt: „Ihr sollt meine Zeugen sein“, sondern den elf verängstigten Männern mit dem trägen Herzen? Und wieso halten wir es in unserer Kirche so, wie es in vielen anderen Kirchen auch immer noch Brauch ist und wie es bis vor kurzem in fast allen christlichen Kirchen der Brauch war: dass nämlich nur Männer Pastoren werden, nicht aber die aktiven, mitteilungsfreudigen und treuen Frauen? Sind die nicht ebenso geeignet dafür, oder vielleicht sogar noch viel geeigneter?
Nirgendwo in der Bibel wird behauptet, dass Männer für das Amt besser geeignet sind als Frauen, und ohne den Heiligen Geist sind sowieso alle Menschen völlig ungeeignet dafür, sowohl Männer als auch Frauen. Es geht bei der Frage nach dem geistlichen Amt nicht in erster Linie um die Eignung, sondern um Gottes Willen und Gebot. Und da will Gott eben, dass Männer dieses Amt ausrichten und nicht Frauen, und deshalb hat er den elf männlichen Jüngern den Verkündigungsauftrag für alle Völker gegeben, nicht den Frauen, die als erste am leeren Grab waren. Das bedeutet keineswegs, dass die aktiven, mitteilungsfreudigen und treuen Christinnen ihre Gaben brach liegen lassen sollen, im Gegenteil: Sie sind mitgemeint, sie sind mit aufgerufen zum Zeugendienst für den lebendigen Herrn Jesus Christus; und wie arm wäre die Kirche, wenn sie's nicht tun würden! Aber beim geistlichen Amt geht es um den Hirtendienst, das Weideamt, die Verantwortung für die Herde Gottes in dem einen von Christus gestifteten Leitungsamt der Kirche. Das sollen nur Männer innehaben nach Gottes Willen. Genauso, wie die Ehemänner und Familienväter nach Gottes Willen „Haupt“ sein sollen, also gewissermaßen die Kapitäne auf dem Familienschiff, so sollen die Pastoren „Kapitäne“ sein auf dem Gemeindeschiff – selbstverständlich streng weisungsgebunden und verantwortlich dem Erzhirten Jesus Christus. Da soll sich in der Kirche wie in der Familie ein Stück Schöpfungsordnung wiederspiegeln in der Zuordnung von Mann und Frau. Und wer die Bibel und ihren Urheber ein wenig kennt, der weiß, dass das keineswegs eine Herabsetzung der Frau bedeutet.
Jetzt könnte natürlich noch immer jemand fragen: Ja aber warum denn, wenn doch die Frauen in der Kirche im Durchschnitt aktiver sind, mitteilungsfreudiger und treuer? Ich will eine Antwort wagen, die so nicht in der Bibel steht, die mir aber nahe zu liegen scheint: Wenn die Frauen im Glaubensleben und im Zeugnis gewissermaßen das stärkere Geschlecht sind, dann will Gott seine Kirche bewusst durch das schwächere Geschlecht leiten lassen, in diesem Fall das männliche Geschlecht, nach dem Grundsatz: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“ (2. Kor. 12,9). Wenn die Kirche von Männer geleitet wird mit all ihrer Trägherzigkeit, Verschlossenheit und Skepsis und wenn sie dabei trotzdem nicht untergeht, dann wird daran deutlich, dass Gott selbst seine Kirche weidet durch den Heiligen Geist. Ich selbst stelle mich ausdrücklich auch unter diese gewagte Begründung. Ich habe mich schon manchmal in meinem Leben gefragt, warum Gott ausgerechnet mich als Pastor berufen hat, fast gegen meinen Willen, denn ich hatte anfangs wenig Lust und Neigung zu diesem Beruf. Und es hat sich dann immer die folgende Antwort aufgedrängt: Darum, weil ich ein schlechter Predigthörer bin! Jawohl, ich bringe es kaum jemals fertig, einer Predigt von Anfang bis Ende aufmerksam zuzuhören. Da hat Gott mich ins Pastorenamt gerufen und mir damit gewissermaßen gesagt: Wenn du so schlecht zuhören kannst, dann setz dich hin, steck deine Nase in die Bibel und mach dir deine Predigten selbst! Tja, und so ist es nun: Ich stehe selbst auf der Kanzel und verkündige, dass Jesus lebt, und wir durch ihn. Amen.
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