Wie wir mit der Kirchenmusik Gott loben

Predigt über Lukas 19,36‑37 zum Sonntag Kantate

Lieber Brüder und Schwestern in Christus!

Wenn wir Gottes­dienst feiern, dann sind wir in derselben Situation wie die Jünger von Jesus beim Einzug in Jerusalem. Auch wir sind ja Jünger und auch zu uns kommt der Herr – zwar nicht auf einem Esel reitend, aber mit seinem Wort. Darum können wir uns die Jünger von damals zum Vorbild nehmen. Wie die Jünger damals Jesus begrüßten und Gott lobten, so können auch wir im Gottes­dienst Jesus begrüßen und Gott loben. Wir wollen das heute am Sonntag Kantate vor allem im Hinblick auf die Kirchen­musik bedenken. Vier Dinge sind es, die uns von dem Verhalten der Jünger damals berichtet werden: Erstens breiteten sie ihre Kleider auf den Weg, zweitens lobten sie Gott mit Freuden, drittens sangen sie mit lauter Stimme und viertens verkündeten sie Jesu Taten, die sie erlebt hatten.

Erstens: Die Jünger damals breiteten ihre Kleider auf den Weg. Sie taten es, weil sie Jesus als König ehren wollten. Der König sollte nicht unmittelbar dem Schmutz der Straße ausgesetzt sein, er sollte einen würdigen Einzug haben. Noch heute kennen wir ja diese Geste, wenn für ein Staats­oberhaupt oder für andere bedeutende Persönlich­keiten ein roter Teppich ausgerollt wird. Nur dass das Kleider-Ausbreiten bei Jesus viel passender ist als ein roter Teppich. Denn mit ihrer Kleidung opferten die Jünger etwas sehr Persön­liches, sozusagen ein Stück von sich selbst. Außerdem demütigten sie sich vor dem ein­ziehenden König, denn sie zogen sich halbnackt aus und beugten sich vor ihm nieder, als sie ihre Ober­gewänder auf die Straße legten. Demut und Ehrfurcht erwiesen sie ihrem König und bereiteten ihm dadurch einen würdigen Empfang.

Nun wäre es allerdings un­angemessen, wenn wir das Verhalten der Jünger von damals einfach nachahmen würden. Gott erwartet nicht von uns, dass wir uns im Gottes­dienst die Kleider von Leibe reißen und sie im Mittelgang ausbreiten. Aber Demut und Ehrfurcht, das sollte auch unsere Einstellung sein, wenn wir Jesus begrüßen und Gott loben. Und dabei müssen wir ein Stück von uns selbst preisgeben, so wie die Jünger damals sich von ihren Kleidern trennten. Wer sich vor Gott demütigt, der muss seinen Stolz aufgeben – das lehrt uns schon unser Kirchen­gebäude: Es ist ja nicht deshalb so hoch, weil die Gemeinde damals zuviel Ziegel und Mörtel besaß, sondern deshalb, damit wir uns vor Gott sehr klein und demütig fühlen. Jesus ist der große König, wir aber seine geringen und oftmals nichts­nutzigen Knechte. Gerade auch das Singen kann uns demütig machen: Wir müssen etwas sehr Persön­liches von uns preisgeben, unsere Stimme nämlich, und verglichen mit den Stars der Musikszene sind unsere Stimmen recht kümmerlich und dürftig. Auch mit dem Inhalt vieler Kirchen­lieder machen wir uns klein vor dem großen Gott. Da heißt es zum Beispiel: „Ach, nimm das arme Lob auf Erden, mein Gott, in allen Gnaden hin.“ Oder: „Ich auch auf der tiefsten Stufen, ich will glauben, reden rufen, ob ich schon noch Pilgrim bin: Jesus Christus herrscht als König, alles sei ihm untertänig; ehret, liebet, lobet ihn.“ Mit Ehrfurcht sollten wir uns Gott nahen, wenn wir für ihn singen und musizieren. Demütig sollen wir ihn loben.

Zweitens: Die Jünger damals lobten Gott „mit Freuden“. Wir sehen: Ehrfurcht und Demut schließen die Freude nicht aus. Auch wenn wir den großen König als geringe und un­vollkommene Knechte loben, können wir das mit großer Freude tun. Wir können es vor allem deswegen tun, weil sich der König aus Liebe zu uns selbst erniedrigt hat. Er hat es getan, um uns in den Rang von Gottes­kindern zu erheben. Seit unserer Taufe sind wir Gottes Kinder und haben damit allen Grund zur Freude. „Frohe Botschaft“ nennen wir daher das Evangelium von Jesus Christus, und diese Freude prägt auch unser Singen und Musizieren im Gottes­dienst. „Nun freut euch, lieben Christen gmein, und lasst uns fröhlich springen, dass wir getrost und all in ein mit Lust und Liebe singen!“ Mit alten und neuen Liedern loben wir Gott; mit dem Mund und mit Instru­menten; mit Orgel, Trompete, Saxophon und Gitarre – und wenn wir noch weitere Arten zur Verfügung haben, unserer Freude Ausdruck zu geben, dann können wir das gern in den Gottes­dienst mit aufnehmen. Die Freude über das Evangelium ist der Grundton in der Kirchen­musik und im ganzen Leben. Dieser Grundton bleibt auch dann erhalten, wenn die darüber liegenden Obertöne zuweilen ernst oder gar traurig sind. So sind zum Beispiel auch unsere Passions­lieder letztlich Freuden­lieder. Im Passions­choral „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ heißt es: „Ich will von deiner Lieblich­keit bei Nacht und Tage singen, mich selbst auch dir nach Möglichkeit zum Freuden­opfer bringen.“ Auch in Zeiten persön­licher Not und Traurigkeit können wir noch fröhlich singen, besonders auch bei Be­erdigungen. „In dir ist Freude in allem Leide, o du süßer Jesu Christ!“

Drittens: Die Jünger damals sangen „mit lauter Stimme“. Nun ist das ja mit der Lautstärke von Musik so eine Sache. Manchmal wird zu laute Musik gemacht, besonders da, wo mit Hilfe von Verstärker­anlagen ein gesundheits­schädigender Schalldruck entsteht. Das gab es zu Jesu Zeiten natürlich nicht, und das ist auch nicht erstrebens­wert. Alles, was lautstärke­mäßig darunter liegt, ist ein bisschen Geschmacks­sache: Musik, die wir mögen, kann gern auch mal etwas kräftiger erklingen; bei Musik, die uns nicht so liegt, sind wir empfind­licher. So ist dem einen die Orgel zu laut, dem anderen der Posaunen­chor, dem dritten die elektrisch verstärkte Gitarre. Nun, ich denke, da kann man sich einigen, Kompromisse schließen, auf der einen Seite rücksichts­voll sein, auf der anderen Seite tolerant. In einer Hinsicht aber stehen wir nicht in der Gefahr, dass es zu laut wird, und zwar beim Gesang. Da können wir uns ruhig an den Jüngern damals ein Beispiel nehmen, wenn wir im Gottes­dienst singen: tief Luft holen, den Mund weit aufmachen, das Zwerchfell spannen und loslegen! Es macht nichts, wenn dabei der eine oder andere Ton daneben geht, aber es sollte nicht zu leise und zu zaghaft sein. Wir brauchen uns vor Gott nicht zu genieren, wenn wir singen, und vor unserem Bank­nachbarn auch nicht. Denn wenn wir uns bemühen, laut zu singen, dann singen wir auch mit Hingabe. Und so sollte es eigentlich immer bei uns sein, nicht nur beim Singen: dass wir das, was wir für Gott tun, mit Hingabe tun, mit voller Kraft, nicht mit halber Lunge. Und mit Hingabe wollen wir uns auch der Kirchen­musik widmen, sorgfältig sein, fleißig üben, aufeinander hören und immer besser werden – damit wir Gott immer besser ehren können und unseren Mitmenschen immer besser die frohe Botschaft von Jesus ins Herz singen können!

Viertens: Die Jünger damals verkündeten mit ihrem Gotteslob Jesu Taten, die sie erlebt hatten. Und sie hatten viel erlebt, Un­glaubliches! Sie hatten erlebt, dass Blinde wieder sehen und Lahme wieder gehen. Sie hatten Predigten gehört, die sie aufs Tiefste er­schütterten. Und sie waren dabei gewesen, als Lazarus lebendig aus dem Grab kam, nachdem er schon drei Tage lang tot lang gewesen war. Davon sangen sie und dafür lobten sie Gott, als Jesus nach Jerusalem einzog.

So solls auch bei unserem Singen und Loben sein: Auch wir wollen von Jesu Taten singen. Vom Gottessohn, der Mensch wurde, um uns zu erlösen. Vom Ge­kreuzigten, der unsere Strafe trug. Vom Auf­erstandenen, der nach drei Tagen lebendig aus dem Grab kam. Vom Herrn, der gen Himmel fuhr und dem Gott alle Macht gegeben hat. Vom Kommen des Heiligen Geistes, auch in unserem Leben, durch Taufe und Wort. Von vielen be­glückenden und be­reichernden Er­fahrungen, die wir persönlich mit unsererm Herrn gemacht haben. Und davon, wie er uns von unserer Sünde erlöst und wie er uns das ewige Leben geschenkt hat. Gute Kirchen­lieder handeln von diesen Dingen. Solche guten Kirchen­lieder wollen wir haupt­sächlich und immer wieder singen. Weniger gute Kirchen­lieder bleiben eher nichts­sagend und allgemein; da ist oft nur einfach von Gott die Rede und vom Menschen mit seinen Gefühlen, nicht aber von Jesus Christus und seinen Taten. Solche weniger guten Kirchen­lieder kann man zwar hin und wieder auch singen, aber sie verdienen nicht den ersten Platz in unseren Gottes­diensten. Schlechte Kirchen­lieder verkündigen statt der Wahrheit von Jesus Christus Falsches und Irre­führendes. Solche schlechten Kirchen­lieder wollen wir lieber ganz weglassen, auch wenn sie vielleicht eine hübsche Melodie haben. Denn bei aller Freude an der Musik ist sie doch nur Gehilfin und Dienerin im Gottes­dienst. Bestimmend bleibt Gottes Wort allein, vor allem aber die frohe Botschaft von Jesus Christus.

Lasst uns also diese vier Dinge mitnehmen und im Herzen bewahren für unser Singen und Loben im Gottes­dienst und im ganzen Leben: Erstens, dass wir es mit Ehrfurcht und Demut tun wie die Jünger damals, die ihre Kleider vor Jesus aus­breiteten. Zweitens, dass wir es mit Freuden tun, wenigstens mit dem Grundton der Freude. Drittens, dass wir es mit Hingabe und Sorgfalt tun, so wie die Jünger damals hingebungs­voll laut gesungen haben. Und viertens, dass wir dabei die wahren Taten Gottes nach seinem Wort ver­kündigen, vor allem die frohe Botschaft von Jesus Christus. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2007.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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