Ein Fest zum Aufbruch in die Freiheit

Predigt über 2. Mose 12,1‑4 zum Gründonnerstag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

„Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, erbarm dich unser“, so singen wir jedesmal zur Abendmahlsfeier. Wenn wir Christus als das Gotteslamm anbeten, so werden wir zu den Wurzeln des Heiligen Abendmahls geführt, zum Passafest und zum Passalamm.

Das erste Passafest war ein Fest zum Aufbruch in die Freiheit. Bis dahin waren die Hebräer zur Sklaven­arbeiten in Ägypten gezwungen worden, nun befreite sie Gott. Das Passafest wurde in der Nacht vor dem Aufbruch gefeiert: Das Gepäck und die Wanderstäbe lagen schon bereit, die Menschen trugen Reise­kleidung. Eine neue Zeit sollte beginnen, die Zeit der Freiheit, das herrliche Leben als Gottes Eigentums­volk, der Weg ins eigene Land. Eine neue Zeit­rechnung war Zeichen dafür, dass sie in ein neues Leben aufbrachen: Der Passafest-Monat wurde von da an als erster Monat im Kalender Israels gezählt. Gott hatte es so angeordnet durch seinen Knecht Mose – wie das Passafest überhaupt ein Fest nach Vorschrift war, ein Fest, das genau nach Gottes Anweisungen gefeiert werden sollte. Lämmer sollten ge­schlachtet werden, einjährig, männlich, ohne Fehler; sie sollten am Feuer gebraten und noch in derselben Nacht verzehrt werden. Mit dem Blut der Lämmer sollten die Türrahmen bestrichen werden, dann würde die zehnte ägyptische Plage die Häuser der Hebräer nicht treffen, der Tod der Erst­geborenen. Un­gesäuertes Brot sollte es dazu geben, ohne Hefe und Sauerteig gebacken, und bittere Kräuter. Und das Passafest sollte jedes Jahr wiederholt werden zur Erinnerung an den Aufbruch in die Freiheit, den Gott geschenkt hatte.

So wurde das Passafest von Gottes Eigentums­volk gefeiert. Das Lamm war dabei zugleich ein Sündopfer, ein Zeichen für Gottes Sünden­vergebung. Der Prophet Jesaja hat es als Vorzeichen für den kommenden Erlöser gedeutet, der sich willig wie ein Lamm zur Schlacht­bank führen ließ, um die Sünde der Menschen zu tragen. „Sehet, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“, so hatte Johannes der Täufer über Jesus Zeugnis gegeben. In der Nacht vor seinem Tod feierte Jesus das Passafest mit den zwölf Jüngern. Dabei verwandelte er dieses Fest zu etwas Neuem: Er stiftete den Neuen Bund, und er setzte das Heilige Abendmahl als Festessen dieses neuen Bundes ein. Er teilte das ungesäuerte Brot aus unter seinen Jüngern und sagte ihnen, dass dies sein Leib ist, der für sie in den Tod dahin­gegeben wird; kraft dieser Worte wurde das Brot auch wirklich sein Leib. Er reichte den Becher mit Wein herum (Wein war das Getränk, dass man damals bei Festen zu sich nahm) und sagte, dass dieser Wein sein Blut ist, dass zur Stiftung des neuen Bundes vergossen wird; kraft dieser Worte wurde der Wein auch wirklich sein Blut. Wo aber war das Passalamm? Die Evange­listen berichten nichts davon, dass Jesus mit seinen Jüngern an diesem Abend Lammbraten aß. Warum? Weil Jesus selbst das Passalamm war, der ver­sprochene Erlöser, der noch lebend unter ihnen saß, aber am folgenden Tag zu seiner „Schlacht­bank“ ging, zum Kreuz. Da hat er dann alles erfüllt, was Gott mit den Vor­schriften des alten Passafestes prophetisch ankündigen ließ: Jesus, das Passalamm, männlich, ohne Fehler, nämlich ohne Sünde. Jesus, das Passalamm, ge­schlachtet als Sündopfer für die Schuld der Welt. Jesus, das Passalamm, dessen Blut vor dem Tod rettet – nicht mehr an den Balken der hebräischen Türrahmen, sondern an den Balken des Kreuzes; nicht mehr nur vor dem Sterben der Erst­geborenen, sondern vor dem ewigen Tod, vor Hölle und Verdammnis. So wurde das Passamahl des neuen Bundes zum Fest des Aufbruchs in Gottes neuen Bund, den er durch sein Gotteslamm Jesus Christus gestiftet hat. Es ist das Sakrament des Altars, das Heilige Abendmahl.

An dies alles sollen wir denken, wenn wir heute als christliche Gemeinde Abendmahl feiern. Denn wir feiern ja auch dieses Fest nach Gottes Vorschrift – immer wieder und oft. „Tut solches, sooft ihr trinkt und esst, zu meinem Gedächtnis“, hat Jesus uns auf­getragen. Er selbst ist noch heute der Gastgeber, und sein Wort bewirkt noch heute, dass aus dem Brot sein Leib wird und aus dem Wein sein Blut. Wir können nichts Besseres tun als der Einladung nach­zukommen und uns von ihm beschenken zu lassen. Jawohl, beschenken zu lassen – denn wir könnten dieses Mahl niemals bezahlen, so kostbar ist es. So kann jeder kommen, der an Jesus glaubt und das Geheimnis seines Leibes und Blutes unter Brot und Wein anerkennt, egal, ob er arm oder reich ist. Sogar wenn jemand nicht das Geld für ein Abendmahls­opfer oder die Kollekte hat, kann er kommen, denn das Einzige, was Christus bei uns sucht, ist ein Herz, das sich nach Vergebung und Frieden mit Gott sehnt und das darauf vertraut, dass es beides beim Gottessohn findet: Frieden und Vergebung. So wird das Heilige Abendmahl für uns immer wieder aufs Neue zum Fest des Aufbruchs in die Freiheit: Wir werden frei von Sünde durch das Blut des Lammes, wir können neu anfangen zu leben, neu anfangen, Gott zu ehren, neu anfangen, unseren Mitmenschen liebevoll zu dienen. Zugleich aber ist es ein Fest des Aufbruchs, so wie sich die Israeliten damals, beim ersten Passafest, auf eine Reise begeben haben. Wir sind unterwegs in das verheißene Land des neuen Bundes, in die ewige Seligkeit. Dort, hat Jesus ver­sprochen, will er wieder sichtbar mit uns Abendmahl feiern, in Gottes neuer Welt. Dort werden wir dann gänzlich frei sein von der Knecht­schaft der Sünde und des Todes. Und Unzählige werden mitfeiern: die Apostel, die Christen­generationen vor uns sowie Menschen aus allen Völkern; sie werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden. Sie alle sind mit Jesus auf­gebrochen in die Freiheit der Gottes­kinder, sie alle sind durch das Opfer des Gottes­lammes erlöst und durch sein Blut gereinigt, und ihnen allen gilt die Verheißung des Herrn: „Selig sind, die zum Mahl des Lammes berufen sind“ (Offb. 19,9). Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2007.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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