Paul Gerhardt, ein vorbildlicher Christus-Bekenner

Predigt über Hebräer 13,7‑8 zum Paul-Gerhardt-Gedenken

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Gott möchte, dass wir uns an vorbild­liche Christen früherer Gene­rationen erinnern, vor allem an frühere Prediger. Und wir erfahren auch, wie wir uns an sie erinnern sollen: „Ihr Ende schaut an und folgt ihrem Glauben nach.“

Wie sah es denn aus, das Ende des Paul Gerhardt? Er starb im Alter von 69 Jahren in Lübben. Sein Sohn war damals 14 Jahre alt. Dieser Sohn war das einzige von fünf Kindern, das noch am Leben war. Auch seine Ehefrau hatte Paul Gerhardt früh verloren. Das war in Berlin geschehen, wo er zuvor Pfarrer gewesen war. Dort hatte er seit zehn Jahren Berufs­verbot. Auch in jüngeren Jahren hatte er viel Leid erlebt: Früh verlor er seine Eltern, un seine erste Lebens­hälfte war von den Schrecken des Dreißig­jährigen Krieges über­schattet. Seine erste Pfarrstelle in Mitten­walde, auf die er lange warten musste, wurde so schlecht bezahlt, dass er kaum seine Familie ernähren konnte. Paul Gerhardt war gewisser­maßen ein Hiob des 17 Jahr­hunderts, so schwer hatte Gott ihm zu tragen gegeben. Aber wenn wir auf sein Ende sehen, dann erkennen wir: Sein Glaube war unter all dem Kreuz nicht zerbrochen, eher noch gewachsen. Kurz vor dem Tod schrieb er seinem Sohn ein geistliches Testament, in dem er ihm die Treue zum Herrn Jesus Christus ans Herz legte. Und als die Todesstunde nahte, betete er zuversicht­lich die Worte, die er selbst 23 Jahre vorher gedichtet hatte: „Kann uns doch kein Tod nicht töten, / sondern reißt / unser Geist / aus viel tausend Nöten, / schließt das Tor der bittern Leiden / und macht Bahn, / da man kann / gehn zu Himmels­freuden.“ Ja, wenn wir auf das Ende dieses Lehrers der Kirche achten, dann finden wir einen Glauben, dem es lohnt nach­zufolgen.

Aber dem Glauben nachfolgen heißt nun nicht in erster Linie, sich von der Glaubens­kraft eines solchen Mannes be­eindrucken zu lassen. Starken Glauben können wir nicht durch die Nachahmung eines Glaubens­vorbilds in uns erwecken, starken Glauben kann uns nur Gott selbst schenken. Vielmehr sollen wir darauf achten, was denn die großen Glaubens­vorbilder der Vergangen­heit geglaubt haben, und diesen Glaubens­inhalt sollen wir dann festhalten und bekennen. Den Hauptinhalt des Glaubens aber fasst unser Bibelwort in dem folgenden Vers zusammen: „Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“ Jesus Christus, unser Heiland, Gott und Mensch zugleich – der war auch die Mitte von Paul Gerhardts Glauben; seine Lieder geben reichlich Zeugnis davon.

Jesus Christus gestern“ – da sind wir an die Heilige Schrift gewiesen, die uns über die Geschichte des Gottes­sohnes Auskunft gibt. Paul Gerhardt hat die Bibel sehr fleißig studiert. Er hat es in Wittenberg getan, an der berühmten lutheri­schen Uni­versität, an der hundert Jahre zuvor Martin Luther gewirkt hatte. Und er hat in seinem Studium das Glaubens­vorbild Martin Luthers übernommen; die Heilige Schrift ging ihm über alles. Aufmerksam hat er gelesen und gehört, was die Bibel sagt. Demütig hat er der Bibel in allem vertraut, auch an den Stellen, wo unser Menschen­verstand nicht mitkommt. Und glaubens­voll hat er im Alten und Neuen Testament das Zeugnis des Herrn Jesus Christus und das Evangelium gefunden. Seine Lieder enthalten unzählige Zitate und Anklänge an die Bibel und belegen, dass Paul Gerhardt in der Schrift wirklich zu Hause war. Folgen wir seinem Vorbild, be­schäftigen wir uns eifrig mit der Bibel, hören wir Gottes Wort und achten wir zuallererst auf das, was es uns über das Erlösungs­werk unseres Heilands zu sagen hat!

Jesus Christus heute“ – das war für Paul Gerhardt eine Selbst­verständlich­keit: Er rechnete fest damit, dass Jesus lebt, dass er bei ihm ist und dass er mit ihm geht; auch davon zeugen seine Lieder. Wie dem Reformator Martin Luther war auch ihm die Gegenwart Christi im Heiligen Abendmahl besonders wichtig. Darum konnte er nicht zustimmen, wenn der Calvinismus lehrte, das Abendmahl sei ein reines Erinnerungs­mahl an Jesus, denn weil Jesus leiblich in den Himmel aufgefahren sei, könne er nicht mit seinem Leib und Blut im Altar­sakrament gegenwärtig sein. Die calvi­nistische oder reformierte Kirche hatte nun allerdings zu Paul Gerhardts Zeiten Fuß gefasst in dem eigentlich lutheri­schen Branden­burg; es war das Bekenntnis des Königs­hauses. Friedrich Wilhelm I, der sogenannte Große Kurfürst, verfügte unter anderem, dass seine Untertanen künftig nicht mehr an der streng lutheri­schen Universität Wittenberg studieren dürfen und dass die Pastoren nicht mehr auf die Konkordien­formel ver­pflichtet werden, die umfang­reichste lutherische Bekenntnis­schrift. Vor allem aber wollte er alle lutheri­schen Pastoren dazu bewegen, dass sie sich nicht zur Lehre des Calvinismus äußerten. Im Jahre 1664 befahl der Große Kurfürst allen Geist­lichen, ein ent­sprechendes Dokument zu unter­schreiben. Paul Gerhardt weigerte sich, denn er bekannte sich un­einge­schränkt zu „Jesus Christus heute“, also auch zu seiner leiblichen Gegenwart im Heiligen Abendmahl. Wie konnte er da schweigen, wenn die sakramen­tale Gegenwart des Herrn im Abendmahl verleugnet wurde – besonders als ein Pastor, der doch die Gemeinde­glieder in Gottes Wort unterweisen sollte und darum auch vor falscher Lehre zu warnen hatte! Paul Gerhardt unter­schrieb das königliche Edikt also nicht und verlor daraufhin sein Amt an der Berliner Nikolai­kirche. Freilich war er durch seine Lieder schon so bekannt geworden, dass ein Sturm der Entrüstung durch die Stadt ging und viele sich beim Kurfürsten für Gerhardt einsetzten. Friedrich Wilhelm sah sich gedrängt, nachzugeben und den amts­enthobenen Pastor wieder ein­zustellen; freilich ließ er ihn wissen, dass er auch ohne Unter­schrift Paul Gerhardts Gehorsam in dieser Sache erwarte. Aber das konnte Paul Gerhardts feines Gewissen nicht ertragen. Er schrieb dem Kurfürsten, dass er diese Bedingung nicht akzeptieren könne. Damit war er sein Amt endgültig los. Wenn es damals schon Alt­lutheraner gegeben hätte, dann hätte Paul Gerhardt sich ihnen bestimmt an­geschlossen. „Folgt euren geistlichen Lehrern im Glauben nach!“, so gebietet uns Gottes Wort. Der Konflikt, in dem Paul Gerhardt damals stand, ist ein ganz aktueller. Denn unter den schönen Wörtern „Toleranz“ und „Ökumene“ hat sich heute in kirchlichen Kreisen eine Haltung breit gemacht, die der des Großen Kurfürsten sehr ähnlich ist, die Haltung nämlich: Alle möglichen Lehren werden geduldet, egal ob sie biblisch begründet sind oder nicht, nur eins wird nicht geduldet: dass jemand klar sagt, was richtig und falsch ist, gut und schlecht, gott­gefällig und ver­werflich. Liebe Brüder und Schwestern, lasst ihr euch nicht durch eine falsche Ökumene einwickeln! Ich bezeuge euch hier klar und deutlich als euer Pastor und Lehrer von Gottes Wort: Wer die leibliche Gegenwart unseres Herrn Jesus Christus im Heiligen Abendmahl bestreitet, der irrt. Wer Jesus Christus nur für einen Menschen hält und nicht für den wahren, lebendigen Gott, der irrt. Wer die Bibel für un­zuverlässig und fehlerhaft hält, der irrt. Wer Homo­sexuellen ein gutes Gewissen zum Ausleben ihrer Neigung macht, der irrt. All diese Irrtümer werden heute im Bereich der evange­lischen Kirche geduldet oder sogar gut geheißen, und darum sind wir als selbst­ständige lutherische Kirche weiterhin gezwungen, unseren kirchlichen Sonderweg zu gehen, so schwach und klein wir auch sind und so weh das tut. Aber von Paul Gerhardt lernen wir, dass es in Fragen des Bekennt­nisses und des Gewissens keine Kompromisse geben darf.

Jesus Christus in Ewigkeit“ – auch diesen Glauben finden wir bei Paul Gerhardt stark ausgeprägt. Dieser Mann muss eine so riesige Vorfreude auf den Himmel in sich gehabt haben, dass ihm das Herz davon beinahe zersprungen ist. Es gibt kaum ein Lied von ihm, das nicht irgendwie vom Himmel und von dieser Freude singt. Und wir wollen dabei einstimmen. Wir wollen es tun mit dem be­kanntesten Lied von Paul Gerhardt, indem er zuerst seine Freude an der sommer­lichen Natur ausdrückt, um danach die noch größere Vorfreude auf dem Himmel zu besingen: „Ach, denk ich, bist du hier so schön und lässt du's uns so lieblich gehn auf dieser armen Erden: Was will doch wohl nach dieser Welt dort in dem reichen Himmelszelt und güldnen Schlosse werden!“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2007.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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