Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Wenn wir an Gottes Reich denken, dann sollen wir daran denken wie an eine Hochzeitsfeier. Christsein ist so schön wie Hochzeit feiern mit fröhlichem Jubel, mit vielen festlich gekleideten Gästen, mit einer wunderschön herausgeputzten Braut, mit einem leckeren Festessen. An vielen Stellen führt uns Gottes Wort dieses herrliche Bild vor Augen – auch hier, im letzten Buch der Bibel, in dem Abschnitt, den wir eben gehört haben: „Selig sind, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind.“
Freilich muss man die Bibel bereits ein wenig kennen, um zu wissen, was es mit dem „Lamm“ auf sich hat: Es ist Jesus Christus, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt. Er ist in der Bildsprache der Bibel zugleich der Bräutigam bei dem Hochzeitsfest des Gottesreiches. Besonders in der Offenbarung des Johannes begegnen uns noch viele weitere Bilder und Symbole, die verschlüsselt etwas über den Glauben aussagen. Manche dieser geheimnisvollen Dinge sind schwer zu verstehen, aber gerade deshalb übt das letzte Buch der Bibel eine große Faszination auf Christen aus. Ich habe bisher noch keinen Bibelkreis geleitet, in dem nicht irgendwann gewünscht wurde: „Lasst uns doch mal in der Offenbarung des Johannes lesen.“ Die Faszination des geheimnisvoll Verschlüsselten, die Faszination rätselhafter Bildsprache ist bis heute ungebrochen; viele Romane und andere Literatur spielen mit ihr.
Die Bildsprache der Offenbarung jedoch ist kein Spiel, es geht hier um Botschaften, die Gott uns Christen mit großem Ernst kundtut. Wir tun gut daran, wenn wir uns auch ernsthaft um ein Verstehen mühen. Das wollen wir jetzt bei den Worten vom großen Hochzeitsfest tun, die wir als Predigttext gehört haben. Zuvor aber müssen wir uns etwas Grundsätzliches über das Buch der Offenbarung klar machen: Seine Traumbilder stellen keinen Fahrplan der letzten Tage dar. Zwar hat man immer wieder versucht, diese Schrift so auszulegen, aber keiner kann eindeutig sagen, an welcher Stelle der Offenbarungs-Ereignisse wir uns denn gerade befinden; also: was von ihren Bildern sich auf die Geschichte bezieht und was noch in der Zukunft liegt. Es ist auch gar nicht Gottes Absicht, uns so einen Endzeit-Plan zur Kenntnis zu geben. Sein Tag kommt wie ein Dieb in der Nacht; wir sollen jederzeit darauf vorbereitet sein. Vielmehr will Gott mit den Bildern der Offenbarung den Christen aller Zeiten etwas Allgemeingültiges für das Erdenleben mitgeben, etwas Tröstliches, etwas Wichtiges; etwas, was unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit einem großen Bogen umspannt; etwas Ewiges also. Gott will uns etwas zeigen, was in dieser Welt noch verborgen ist, was wir auf Erden nur mit Augen des Glaubens schauen können, nicht mit leiblichen Augen. Mit allen Bildern der Offenbarung zeigt Gott uns die Macht und Herrlichkeit seines Sohnes Jesus Christus. Der überwindet alle finsteren Mächte, auch wenn sie sich in dieser Welt noch so schrecklich gegen ihn aufbäumen. Und mit ihm überwinden alle, die zu ihm gehören, auch wenn sie in dieser Welt noch so sehr leiden müssen. Die Offenbarung des Johannes ist also eigentlich ein Trostbuch, ein Ermunterungsbuch für leidende Christen. Seine Bilder trösteten einst die Zeitgenossen des Johannes, die unter großen Anfechtungen und schwerer Verfolgung zu leiden hatten. Seine Bilder trösten heute uns, auch wenn wir auf andere Weise das Kreuz der Nachfolge tragen müssen. Seine Bilder trösten alle, die sie entschlüsseln können. Der Schlüssel aber ist nicht verloren, er befindet sich auch nicht an einem geheimen Versteck, sondern er findet sich ebenfalls in der Heiligen Schrift, in all den klaren Evangeliumsaussagen, mit denen wir die unklaren Stellen entschlüsseln können. Das wollen wir in unserem Textabschnitt nun tun.
Er beginnt mit einem großen Sprechchor, mit dem Jubelruf einer großen Gästeschar. Sie erinnert an Wasserrauschen und an Donner. Ich stelle es mir vor wie die Geräuschkulisse in einem Fußballstadion, wo sich die Stimmen der Fans zu begeisterten Sprechchören und Lobliedern vereinen. Hier aber lobt der Chor nicht Athleten oder Stars, sondern den Einen, dem vor allen anderen Ehre gebührt: „Halleluja! Denn der Herr unser Gott, der Allmächtige, hat das Reich eingenommen!“ Er ist König geworden, der Herr Jesus Christus! Er hat alle Macht, im Himmel und auf Erden! „Pantokrator“ wird er im Sprechchor genannt, „Allherrscher“! Auch wenn damals der römische Kaiser und die Großen des römischen Reiches viel mächtiger schienen, auch wenn heute die Spitzenpolitiker und vor allem die Wirtschaftslenker scheinbar viel mehr Macht haben als unser Herr und seine Kirche, so dürfen wir doch glauben und wissen: Jesus Christus herrscht als König, als Herr über alle anderen Herren. Er herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Und wenn wir Sonntag für Sonntag gemeinsam unseren Glauben an den Herrn Jesus Christus bekennen und dazu Gottes Allmacht, dann sind wir ein Teil dieses großen Sprechchors, ein Tropfen in dem gewaltigen Wasserrauschen, das Johannes gehört und von dem er uns geschrieben hat.
Weiter hat Johannes die große Schar rufen hören: „Lasst uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Braut hat sich bereitet.“ Gott gebührt die Ehre, weil er durch seinen Sohn Jesus Christus sein Gnadenreich aufgerichtet hat. Die frohe Botschaft vom Lamm Gottes, das die Sünden der Welt getragen hat, weckt große Freude und großen Lobpreis bei allen, die durch Taufe und Glaube zu ihm gehören. Dies alles erscheint unter dem Bild von der Hochzeit. Wer aber ist die Braut? Das Eigentümliche an der biblischen Bildsprache vom Hochzeitsfest ist, dass wir Christen beides zugleich sind, die Gästeschar und auch die Braut. Christus liebt uns und hat uns ewige Gemeinschaft mit sich versprochen. Wir lieben ihn und geben uns Mühe, dass wir ihm auch gefallen mit der Art und Weise, wie wir leben; wir bereiten uns für ihn, wir machen uns für ihn schön.
Freilich ist unser eigenes Bemühen sehr kümmerlich und unvollkommen; von uns aus können wir uns nicht schön genug für die Hochzeit machen. Aber das Brautkleid, das reißt alles heraus. Johannes hat darüber geschrieben: „Es wurde ihr gegeben, sich anzutun mit schönem, reinem Leinen. Das Leinen aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen.“ Gemeint ist nicht die Gerechtigkeit, die heilige Menschen von sich selbst aus haben, sondern die Gerechtigkeit, die den Glaubenden von Gott geschenkt wird, dass sie damit heilig werden. Da werden wir an unsere Taufe erinnert, wo wir Christus angezogen haben, wie es an anderer Stelle heißt. Denn dieses weiße Kleid der Gerechtigkeit besteht nicht aus unseren eigenen guten Werke, nein, es ist vielmehr die Gerechtigkeit Christi: Was er gut und richtig gemacht hat, das wird uns zum Verdienst angerechnet. Darauf allein, auf dieser Rechtfertigung, ruht unsere Berechtigung, zu Gottes Reich zu gehören. Auch der Stoff des Brautkleids deutet dies an, wenn wir ihn nur recht entschlüsseln mit dem Schlüssel, den wir an anderer Stelle in der Bibel finden. Mit dem feinem reinen Leinen ist nämlich eigentlich der Stoff Byssus gemeint, ein hochfeines Gewebe aus Flachs oder Baumwolle. Die vornehmen Damen der Antike kleideten sich mit Byssus. Und vor allem: Das Gewand des alttestamentlichen Hohenpriesters war aus solchem Byssus hergestellt, wie es im 2. Buch Mose heißt. Christus ist unser Hoherpriester im Neuen Bund, und seine Gerechtigkeit ist sein hohepriesterliches Gewand. Das schenkt er uns als Brautkleid, und so gekleidet, sind wir würdig, am Hochzeitsmahl des Gottesreiches teilzuhaben. „Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid, damit will ich vor Gott bestehn, wenn ich zum Himmel werd eingehn.“
Danach redet ein Engel mit Johannes und diktiert ihm die Worte: „Selig sind, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind.“ Nun sind wir in dem Hochzeitsbild wieder Gäste, Berufene, Eingeladene. Der Ruf von Gottes froher Botschaft geht in alle Welt, alle sollen zu seinem Hochzeitsfest kommen, alle sollen in seinem Reich ewig leben. Und damit wir jetzt schon, im Kreuz und Leid dieser Welt, die Freude und Herrlichkeit des Himmelreichs schmecken können, hat unser Herr uns das Heilige Abendmahl gestiftet. Selig, die das neutestamentliche Passalamm essen; selig, die von seinem Blut trinken, das zur Tilgung aller Sünden der Welt vergossen ist. „Selig sind, die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind.“
Liebe Gemeinde, wir dürfen dazugehören, du und ich! Wir sind in Gottes Reich, und wir bleiben in Gottes Reich! Vergiss es nur nicht in einer Welt, in der meistens ganz andere Dinge wichtig zu sein scheinen! Lass dich daran erinnern durch die vielen Gleichnisse und Bilder der Bibel und der Offenbarung, besonders auch durch das Bild von der Hochzeit! Und damit auch der letzte Zweifel ausgeräumt wird, sagte der Engel dem Johannes zur Bekräftigung: „Dies sind wahrhaftige Worte Gottes.“ Das ist das Selbstzeugnis der Heiligen Schrift, das versichert uns Gott durch seine Boten, die Engel: Wahr und zuverlässig sind die Worte des Evangeliums, treu und verlässlich, sodass wir uns mit unserem Glauben daran festhalten können. Wahr und zuverlässig, treu und verlässlich – auf hebräisch: „Amen.“
PREDIGTKASTEN |