Gottes Reich ist wie eine Hochzeit

Predigt über Offenbarung 19,6‑9 zum 4. Sonntag nach Trinitatis

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wenn wir an Gottes Reich denken, dann sollen wir daran denken wie an eine Hochzeits­feier. Christsein ist so schön wie Hochzeit feiern mit fröhlichem Jubel, mit vielen festlich gekleideten Gästen, mit einer wunderschön heraus­geputzten Braut, mit einem leckeren Festessen. An vielen Stellen führt uns Gottes Wort dieses herrliche Bild vor Augen – auch hier, im letzten Buch der Bibel, in dem Abschnitt, den wir eben gehört haben: „Selig sind, die zum Hochzeits­mahl des Lammes berufen sind.“

Freilich muss man die Bibel bereits ein wenig kennen, um zu wissen, was es mit dem „Lamm“ auf sich hat: Es ist Jesus Christus, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt. Er ist in der Bildsprache der Bibel zugleich der Bräutigam bei dem Hochzeits­fest des Gottes­reiches. Besonders in der Offenbarung des Johannes begegnen uns noch viele weitere Bilder und Symbole, die ver­schlüsselt etwas über den Glauben aussagen. Manche dieser geheimnis­vollen Dinge sind schwer zu verstehen, aber gerade deshalb übt das letzte Buch der Bibel eine große Faszination auf Christen aus. Ich habe bisher noch keinen Bibelkreis geleitet, in dem nicht irgendwann gewünscht wurde: „Lasst uns doch mal in der Offenbarung des Johannes lesen.“ Die Faszination des geheimnis­voll Ver­schlüssel­ten, die Faszination rätsel­hafter Bildsprache ist bis heute un­gebrochen; viele Romane und andere Literatur spielen mit ihr.

Die Bildsprache der Offenbarung jedoch ist kein Spiel, es geht hier um Bot­schaften, die Gott uns Christen mit großem Ernst kundtut. Wir tun gut daran, wenn wir uns auch ernsthaft um ein Verstehen mühen. Das wollen wir jetzt bei den Worten vom großen Hochzeits­fest tun, die wir als Predigttext gehört haben. Zuvor aber müssen wir uns etwas Grund­sätzliches über das Buch der Offenbarung klar machen: Seine Traumbilder stellen keinen Fahrplan der letzten Tage dar. Zwar hat man immer wieder versucht, diese Schrift so auszulegen, aber keiner kann eindeutig sagen, an welcher Stelle der Offen­barungs-Ereignisse wir uns denn gerade befinden; also: was von ihren Bildern sich auf die Geschichte bezieht und was noch in der Zukunft liegt. Es ist auch gar nicht Gottes Absicht, uns so einen Endzeit-Plan zur Kenntnis zu geben. Sein Tag kommt wie ein Dieb in der Nacht; wir sollen jederzeit darauf vorbereitet sein. Vielmehr will Gott mit den Bildern der Offenbarung den Christen aller Zeiten etwas Allgemein­gültiges für das Erdenleben mitgeben, etwas Tröst­liches, etwas Wichtiges; etwas, was unsere Vergangen­heit, Gegenwart und Zukunft mit einem großen Bogen umspannt; etwas Ewiges also. Gott will uns etwas zeigen, was in dieser Welt noch verborgen ist, was wir auf Erden nur mit Augen des Glaubens schauen können, nicht mit leiblichen Augen. Mit allen Bildern der Offenbarung zeigt Gott uns die Macht und Herrlich­keit seines Sohnes Jesus Christus. Der überwindet alle finsteren Mächte, auch wenn sie sich in dieser Welt noch so schrecklich gegen ihn aufbäumen. Und mit ihm überwinden alle, die zu ihm gehören, auch wenn sie in dieser Welt noch so sehr leiden müssen. Die Offenbarung des Johannes ist also eigentlich ein Trostbuch, ein Ermunterungs­buch für leidende Christen. Seine Bilder trösteten einst die Zeit­genossen des Johannes, die unter großen An­fechtungen und schwerer Verfolgung zu leiden hatten. Seine Bilder trösten heute uns, auch wenn wir auf andere Weise das Kreuz der Nachfolge tragen müssen. Seine Bilder trösten alle, die sie ent­schlüsseln können. Der Schlüssel aber ist nicht verloren, er befindet sich auch nicht an einem geheimen Versteck, sondern er findet sich ebenfalls in der Heiligen Schrift, in all den klaren Evangeliums­aussagen, mit denen wir die unklaren Stellen ent­schlüsseln können. Das wollen wir in unserem Text­abschnitt nun tun.

Er beginnt mit einem großen Sprechchor, mit dem Jubelruf einer großen Gästeschar. Sie erinnert an Wasser­rauschen und an Donner. Ich stelle es mir vor wie die Geräusch­kulisse in einem Fußball­stadion, wo sich die Stimmen der Fans zu be­geisterten Sprech­chören und Lobliedern vereinen. Hier aber lobt der Chor nicht Athleten oder Stars, sondern den Einen, dem vor allen anderen Ehre gebührt: „Halleluja! Denn der Herr unser Gott, der All­mächtige, hat das Reich ein­genommen!“ Er ist König geworden, der Herr Jesus Christus! Er hat alle Macht, im Himmel und auf Erden! „Panto­krator“ wird er im Sprechchor genannt, „All­herrscher“! Auch wenn damals der römische Kaiser und die Großen des römischen Reiches viel mächtiger schienen, auch wenn heute die Spitzen­politiker und vor allem die Wirtschafts­lenker scheinbar viel mehr Macht haben als unser Herr und seine Kirche, so dürfen wir doch glauben und wissen: Jesus Christus herrscht als König, als Herr über alle anderen Herren. Er herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Und wenn wir Sonntag für Sonntag gemeinsam unseren Glauben an den Herrn Jesus Christus bekennen und dazu Gottes Allmacht, dann sind wir ein Teil dieses großen Sprech­chors, ein Tropfen in dem gewaltigen Wasser­rauschen, das Johannes gehört und von dem er uns geschrieben hat.

Weiter hat Johannes die große Schar rufen hören: „Lasst uns freuen und fröhlich sein und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Braut hat sich bereitet.“ Gott gebührt die Ehre, weil er durch seinen Sohn Jesus Christus sein Gnadenreich auf­gerichtet hat. Die frohe Botschaft vom Lamm Gottes, das die Sünden der Welt getragen hat, weckt große Freude und großen Lobpreis bei allen, die durch Taufe und Glaube zu ihm gehören. Dies alles erscheint unter dem Bild von der Hochzeit. Wer aber ist die Braut? Das Eigen­tümliche an der biblischen Bildsprache vom Hochzeits­fest ist, dass wir Christen beides zugleich sind, die Gästeschar und auch die Braut. Christus liebt uns und hat uns ewige Gemein­schaft mit sich ver­sprochen. Wir lieben ihn und geben uns Mühe, dass wir ihm auch gefallen mit der Art und Weise, wie wir leben; wir bereiten uns für ihn, wir machen uns für ihn schön.

Freilich ist unser eigenes Bemühen sehr kümmerlich und un­vollkommen; von uns aus können wir uns nicht schön genug für die Hochzeit machen. Aber das Brautkleid, das reißt alles heraus. Johannes hat darüber ge­schrieben: „Es wurde ihr gegeben, sich anzutun mit schönem, reinem Leinen. Das Leinen aber ist die Gerechtig­keit der Heiligen.“ Gemeint ist nicht die Gerechtig­keit, die heilige Menschen von sich selbst aus haben, sondern die Gerechtig­keit, die den Glaubenden von Gott geschenkt wird, dass sie damit heilig werden. Da werden wir an unsere Taufe erinnert, wo wir Christus angezogen haben, wie es an anderer Stelle heißt. Denn dieses weiße Kleid der Gerechtig­keit besteht nicht aus unseren eigenen guten Werke, nein, es ist vielmehr die Gerechtig­keit Christi: Was er gut und richtig gemacht hat, das wird uns zum Verdienst an­gerechnet. Darauf allein, auf dieser Recht­fertigung, ruht unsere Be­rechtigung, zu Gottes Reich zu gehören. Auch der Stoff des Brautkleids deutet dies an, wenn wir ihn nur recht ent­schlüsseln mit dem Schlüssel, den wir an anderer Stelle in der Bibel finden. Mit dem feinem reinen Leinen ist nämlich eigentlich der Stoff Byssus gemeint, ein hochfeines Gewebe aus Flachs oder Baumwolle. Die vornehmen Damen der Antike kleideten sich mit Byssus. Und vor allem: Das Gewand des alt­testament­lichen Hohen­priesters war aus solchem Byssus her­gestellt, wie es im 2. Buch Mose heißt. Christus ist unser Hoher­priester im Neuen Bund, und seine Gerechtig­keit ist sein hohe­priester­liches Gewand. Das schenkt er uns als Brautkleid, und so gekleidet, sind wir würdig, am Hochzeits­mahl des Gottes­reiches teil­zuhaben. „Christi Blut und Gerechtig­keit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid, damit will ich vor Gott bestehn, wenn ich zum Himmel werd eingehn.“

Danach redet ein Engel mit Johannes und diktiert ihm die Worte: „Selig sind, die zum Hochzeits­mahl des Lammes berufen sind.“ Nun sind wir in dem Hochzeits­bild wieder Gäste, Berufene, Ein­geladene. Der Ruf von Gottes froher Botschaft geht in alle Welt, alle sollen zu seinem Hochzeits­fest kommen, alle sollen in seinem Reich ewig leben. Und damit wir jetzt schon, im Kreuz und Leid dieser Welt, die Freude und Herrlich­keit des Himmel­reichs schmecken können, hat unser Herr uns das Heilige Abendmahl gestiftet. Selig, die das neu­testament­liche Passalamm essen; selig, die von seinem Blut trinken, das zur Tilgung aller Sünden der Welt vergossen ist. „Selig sind, die zum Hochzeits­mahl des Lammes berufen sind.“

Liebe Gemeinde, wir dürfen dazu­gehören, du und ich! Wir sind in Gottes Reich, und wir bleiben in Gottes Reich! Vergiss es nur nicht in einer Welt, in der meistens ganz andere Dinge wichtig zu sein scheinen! Lass dich daran erinnern durch die vielen Gleichnisse und Bilder der Bibel und der Offen­barung, besonders auch durch das Bild von der Hochzeit! Und damit auch der letzte Zweifel ausgeräumt wird, sagte der Engel dem Johannes zur Be­kräftigung: „Dies sind wahrhaftige Worte Gottes.“ Das ist das Selbst­zeugnis der Heiligen Schrift, das versichert uns Gott durch seine Boten, die Engel: Wahr und zuverlässig sind die Worte des Evan­geliums, treu und verläss­lich, sodass wir uns mit unserem Glauben daran festhalten können. Wahr und zu­verlässig, treu und verlässlich – auf hebräisch: „Amen.“

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2006.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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