Gottes Tun und Gottes Ruhm

Predigt über Jesaja 25,6‑9 zum Sonntag Jubilate

Der HERR der Engelheere wird auf diesem Berg für alle Völker ausrichten
ein Festmahl mit üppiger Speise, / ein Festmahl mit süffigem Wein,
mit bester üppiger Speise, / mit edelstem süffigen Wein!

Er wird auf diesem Berg beseitigen
den Gesichtsschleier, / mit dem alle Völker verschleiert sind,
und die Decke, / mit der alle Heiden bedeckt sind.

Er wird beseitigen den Tod auf ewig,
der Herr HERR wird tilgen die Tränen im ganzen Land,
denn der HERR sagt es.

Und man wird in dieser Zeit sagen:
Siehe, dies ist unser Gott! / Geduldig hofften wir auf ihn, da machte er uns heil.
Siehe, dies ist unser Gott! / Geduldig hofften wir auf ihn, nun lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Der Prophet Jesaja hat herrliche Zeiten voraus­gesagt, und sein Propheten­wort hat sich erfüllt. Wir leben jetzt in dieser herrlichen Zeit, von der er geredet hat. Gott tut in unserer Zeit genau das, was Jesaja voraussah und was seine Zeit­genossen ersehnten. Darum können wir fröhlich sein, jubeln und Gott rühmen. Gottes Tun und Gottes Ruhm können wir heute erleben. Gottes Tun und Gottes Ruhm wollen wir jetzt in den beiden Teilen dieser Predigt bedenken.

Zunächst hören wir da Gottes Tun in einem herrlichen Bildwort ausgesagt: „Der HERR der Engelheere wird auf diesem Berg für alle Völker ausrichten ein Festmahl mit üppiger Speise, ein Festmahl mit süffigem Wein, mit bester üppiger Speise, mit edelstem süffigen Wein!“ Der Berg Zion war der Berg, auf dem Gottes Tempel stand. Seit Jesus gekommen ist, bezeichnet dieser Begriff nicht nur einen bestimmten Punkt auf der Landkarte, sondern er bezeichnet das Reich Gottes, das sich über die ganze Welt erstreckt. Dieses Reich Gottes können wir mit einem traumhaften Festmahl vergleichen. Gott lädt alle ein, Gott macht alle satt, Gott tischt herrliche Speisen auf und schenkt köstliche Getränke ein. Ja, so ist Gott in seinem Tun: Er will uns Menschen bei sich haben, an seinem Tisch. Er will mit uns feiern. Er will mit uns Gemein­schaft haben. Er will uns beschenken. Er will, dass wir fröhlich sind und auch unter­einander gute Gemein­schaft haben. Und was er uns auftischt, das ist wirklich vom Feinsten: „beste üppige Speise, edelster süffiger Wein“! Wir denken an das erste Wunder­zeichen, das Jesus in Galiläa getan hat: Wasser hat er zu Wein gemacht beim Hochzeits­fest in Kana, und er hat keineswegs minder­wertigen Wein geschaffen, o nein: Sein Wein hatte Spitzen­qualität und übertraf alles, was der Bräutigam bisher auf die Tafel gebracht hatte. Und wir denken an das erste Tun Gottes überhaupt, an seine Schöpfung am Anfang: „Siehe, es war sehr gut!“, heißt es im Schöpfungs­bericht. Gottes Tun ist herrlich und vollkommen. Und wir, die Nicht-Juden, die Menschen der Heiden­völker, dürfen nun durch Jesus Christus bei diesem Festmahl dabeisein. Wir sind getauft und gehören in Gottes Reich, Jesajas Wort hat sich auch für uns erfüllt.

Das ist Gottes Tun in Jesus Christus für alle Völker, das er durch seinen besonderen Weg mit Israel vor­bereitete. Jesaja hat es so voraus­gesagt: „Er wird auf diesem Berg beseitigen den Gesichts­schleier, mit dem alle Völker ver­schleiert sind, und die Decke, mit der alle Heiden bedeckt sind.“ Ich denke, die meisten von uns haben als Kinder schon mal Gespenst gespielt und sich dazu eine Bettdecke über den Kopf gelegt. Wenn man das tut, kann man immerhin noch ein bisschen sehen, man kann hell und dunkel unter­scheiden. Aber klar sehen kann man dann nicht. So ist das mit der Gottes­erkenntnis von Heiden: Da ist eine gewisse religiöse Ahnung, da ist ein Gespür dafür, dass die Welt nicht an den Grenzen unserer fünf Sinne zu Ende ist und dass da jemand über uns ist. Es ist inter­essant, dass es bis in unsere aufgeklärte Gegenwart hinein nur ganz wenige echte Atheisten gibt – also Menschen, die davon überzeugt sind, dass es kein göttliches Wesen gibt. Diese undeutliche Licht­wahrnehmung unter der Decke, diese ver­schwommene religiöse Ahnung eines höheren Wesens haben fast alle Menschen von Natur aus, auch wenn sie keine Christen sind. Aber mit Jesus hat Gott uns die Decke vom Kopf genommen, und wir erkennen nun klar und deutlich, wer dieser Gott ist: Der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns um unserer Sünde willen mit Recht zum Tode verurteilen kann, der uns aber vom Tode errettet durch den Tod und die Auf­erstehung seines Sohnes.

Auch dieses Tun Gottes hat der Prophet Jesaja klar voraus­gesehen und geweissagt: „Der HERR wird beseitigen den Tod auf ewig, der Herr HERR wird tilgen die Tränen im ganzen Land, denn der HERR sagt es.“ Wir können auch übersetzen: „Der HERR wird ver­schlingen den Tod auf ewig.“ Diese Prophe­zeiung wird sich nicht erst am Jüngsten Tag erfüllen, sondern sie hat sich bereits erfüllt mit der Auf­erstehung Christi von den Toten. Der Apostel Paulus hat im 1. Korinther­brief die Erfüllung dieses Wortes aus­drücklich bestätigt: „Der Tod ist ver­schlungen vom Sieg.“ Und dieser Sieg des Auf­erstandenen ist jedem Einzelnen von uns in der heiligen Taufe geschenkt worden. Ewiges Leben wurde uns da geschenkt, Leben mit Gott, der die Quelle des Lebens ist – da hat der Tod keine Macht mehr, schon heute nicht mehr. Auch wenn wir am Grab eines geliebten Menschen stehen, der zu Jesus gehörte, dürfen wir wissen: Dieser Abschied ist nicht endgültig, der Tod hat den Stachel verloren, Gott hat auch für dieses sein Kind die Macht des Todes ver­schlungen, sodass es zum ewigen Leben auferstehen wird. Und wenn wir an unser eigenes Sterben denken, dann können wir ebenfalls getrost sein: Unser Tod ist nicht das Ende, sondern er ist das Tor in ein noch schöneres Leben. Darum können wir die Unvollkommen­heiten und Leiden dieser Welt gelassen ertragen; wir haben es auch nicht nötig, unseren ganzen Lebens­hunger schon in dieser Welt zu stillen. Wer das versucht, wird am Ende doch nur enttäuscht sein. Auch das Abwischen der Tränen, das Jesaja geweissagt hat, findet nicht erst im Himmel statt. Gott tröstet schon jetzt, Gott hilft schon jetzt. Wir beten und nehmen staunend wahr: Er erhört unsere Bitten! Es gibt zwar noch manchen Grund zum Weinen, aber wir haben zugleich Gottes Zusage: Er wird uns nicht über unsere Kräfte hinaus belasten. So tröstet uns Gottes Wort schon jetzt, so trocknet der Heilige Geist schon jetzt unsere Tränen. Im Himmel freilich, da werden dann auch noch die aller­letzten Tränen getrocknet werden.

Die letzte Strophe in Jesajas Weis­sagungs­lied geht über von Gottes Tun zu Gottes Ruhm: „Man wird in dieser Zeit sagen: Siehe, dies ist unser Gott! Geduldig hofften wir auf ihn, da machte er uns heil. Siehe, dies ist unser Gott! Geduldig hofften wir auf ihn, nun lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.“ – „Lasst uns jubeln und fröhlich sein“, das heißt auf Hebräisch, in Jesajas Mutter­sprache: „Nagila wenismecha!“ Manchem von euch werden diese Wörter bekannt vorkommen, denn wir finden sie auch in dem bekannten jüdischen Volkslied: „Hava nagila wenismecha!“ – „Auf, lasst uns jubeln und fröhlich sein!“ Da sind wir also bei Gottes Ruhm, bei unserem Rühmen und Loben, bei unserer an­gemessenen Antwort auf Gottes Tun. Besonders die österliche Freudenzeit eignet sich für frohe Lieder und Lobgesänge, für das Rühmen und Danken: mit dem heutigen Jubel-Sonntag Jubilate und dem kommenden Singe-Sonntag Kantate. Aber natürlich soll sich das durch unser ganzes Leben hindurch­ziehen, mit Herzen, Mund und Händen. Das ist ja der Sinn unseres Lebens, dass wir etwas sind zu Gottes Ruhm. Darum hat Gott uns geschaffen, darum hat er uns durch Jesus Christus zu ewigem Leben wieder­geboren, darum hat er uns in sein Reich gestellt, dass wir ihn rühmen und loben.

Gott rühmen macht Spaß – besonders, wenn man's gemeinsam tun kann, mit fröhlichen Weisen, mit wohlklingenden Instru­menten, unter sach­kundiger Anleitung von Menschen, denen Gott besondere musi­kalische Gaben verliehen hat. Wenn wir aber nun Gottes Wort im Munde des Jesaja ernst nehmen, dann können wir erkennen, dass Gott rühmen mehr ist als fröhliche Musik zu machen, mehr als einen tollen Sound zu seiner Ehre zu produ­zieren. Unser Rühmen soll nämlich etwas aussagen, unser Rühmen soll ein Bekenntnis sein. Jesaja weissagte: „Man wird in dieser Zeit sagen: Siehe, dies ist unser Gott!“ Dies – dieser Mann – dieser Jesus von Nazareth, der für uns gestorben und wieder auf­erstanden ist, der ist Gottes Sohn, wahrer Mensch und wahrer Gott. Nur durch ihn haben wir Zugang zum Vater. Er erfüllte das Hoffen und Sehnen Israels, er kam und brachte uns Sündern das Heil, er ist unser Heiland, unser Retter, unser Selig­macher. Ja, dieses Bekennen soll der Inhalt unseres Rühmens sein. Der rechte Gottesruhm verbindet Lobpreis und Bekenntnis. Wenn wir diese Verbindung auseinander­rissen, dann machten wir das Ganze kaputt. Bekenntnis ohne Lobpreis, das wäre trockene, theo­retische Lehre, da würde nur abgeklärte Philosophie oder Theologen­gezänk bei heraus­kommen. Das wäre noch nicht mal Dogmatik, denn im Wort „Dogma“ steckt der Lobpreis schon mit drin. Anderer­seits: Lobpreis ohne Lehre, ohne Inhalt, ohne Aussage, das wäre leeres Gedudele, das wäre religiöse Unter­haltungs­musik. Hüten wir uns davor, die geistliche Musik zu leicht zu nehmen, etwa nur als Stimmungs­macher für Gottes­dienste und Jugend­freizeiten. Fröhlich und ausgelassen darf's schon sein, aber immer verbunden mit dem Bekenntnis: „Siehe, dies ist unser Gott! Jesus ist unser Herr und Heiland, durch ihn ist der Tod besiegt.“

Lasst uns in diesem Sinne Gott weiter rühmen und loben. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2006.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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