Der HERR der Engelheere wird auf diesem Berg für alle Völker ausrichten
ein Festmahl mit üppiger Speise, / ein Festmahl mit süffigem Wein,
mit bester üppiger Speise, / mit edelstem süffigen Wein!
Er wird auf diesem Berg beseitigen
den Gesichtsschleier, / mit dem alle Völker verschleiert sind,
und die Decke, / mit der alle Heiden bedeckt sind.
Er wird beseitigen den Tod auf ewig,
der Herr HERR wird tilgen die Tränen im ganzen Land,
denn der HERR sagt es.
Und man wird in dieser Zeit sagen:
Siehe, dies ist unser Gott! / Geduldig hofften wir auf ihn, da machte er uns heil.
Siehe, dies ist unser Gott! / Geduldig hofften wir auf ihn, nun lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.
Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Der Prophet Jesaja hat herrliche Zeiten vorausgesagt, und sein Prophetenwort hat sich erfüllt. Wir leben jetzt in dieser herrlichen Zeit, von der er geredet hat. Gott tut in unserer Zeit genau das, was Jesaja voraussah und was seine Zeitgenossen ersehnten. Darum können wir fröhlich sein, jubeln und Gott rühmen. Gottes Tun und Gottes Ruhm können wir heute erleben. Gottes Tun und Gottes Ruhm wollen wir jetzt in den beiden Teilen dieser Predigt bedenken.
Zunächst hören wir da Gottes Tun in einem herrlichen Bildwort ausgesagt: „Der HERR der Engelheere wird auf diesem Berg für alle Völker ausrichten ein Festmahl mit üppiger Speise, ein Festmahl mit süffigem Wein, mit bester üppiger Speise, mit edelstem süffigen Wein!“ Der Berg Zion war der Berg, auf dem Gottes Tempel stand. Seit Jesus gekommen ist, bezeichnet dieser Begriff nicht nur einen bestimmten Punkt auf der Landkarte, sondern er bezeichnet das Reich Gottes, das sich über die ganze Welt erstreckt. Dieses Reich Gottes können wir mit einem traumhaften Festmahl vergleichen. Gott lädt alle ein, Gott macht alle satt, Gott tischt herrliche Speisen auf und schenkt köstliche Getränke ein. Ja, so ist Gott in seinem Tun: Er will uns Menschen bei sich haben, an seinem Tisch. Er will mit uns feiern. Er will mit uns Gemeinschaft haben. Er will uns beschenken. Er will, dass wir fröhlich sind und auch untereinander gute Gemeinschaft haben. Und was er uns auftischt, das ist wirklich vom Feinsten: „beste üppige Speise, edelster süffiger Wein“! Wir denken an das erste Wunderzeichen, das Jesus in Galiläa getan hat: Wasser hat er zu Wein gemacht beim Hochzeitsfest in Kana, und er hat keineswegs minderwertigen Wein geschaffen, o nein: Sein Wein hatte Spitzenqualität und übertraf alles, was der Bräutigam bisher auf die Tafel gebracht hatte. Und wir denken an das erste Tun Gottes überhaupt, an seine Schöpfung am Anfang: „Siehe, es war sehr gut!“, heißt es im Schöpfungsbericht. Gottes Tun ist herrlich und vollkommen. Und wir, die Nicht-Juden, die Menschen der Heidenvölker, dürfen nun durch Jesus Christus bei diesem Festmahl dabeisein. Wir sind getauft und gehören in Gottes Reich, Jesajas Wort hat sich auch für uns erfüllt.
Das ist Gottes Tun in Jesus Christus für alle Völker, das er durch seinen besonderen Weg mit Israel vorbereitete. Jesaja hat es so vorausgesagt: „Er wird auf diesem Berg beseitigen den Gesichtsschleier, mit dem alle Völker verschleiert sind, und die Decke, mit der alle Heiden bedeckt sind.“ Ich denke, die meisten von uns haben als Kinder schon mal Gespenst gespielt und sich dazu eine Bettdecke über den Kopf gelegt. Wenn man das tut, kann man immerhin noch ein bisschen sehen, man kann hell und dunkel unterscheiden. Aber klar sehen kann man dann nicht. So ist das mit der Gotteserkenntnis von Heiden: Da ist eine gewisse religiöse Ahnung, da ist ein Gespür dafür, dass die Welt nicht an den Grenzen unserer fünf Sinne zu Ende ist und dass da jemand über uns ist. Es ist interessant, dass es bis in unsere aufgeklärte Gegenwart hinein nur ganz wenige echte Atheisten gibt – also Menschen, die davon überzeugt sind, dass es kein göttliches Wesen gibt. Diese undeutliche Lichtwahrnehmung unter der Decke, diese verschwommene religiöse Ahnung eines höheren Wesens haben fast alle Menschen von Natur aus, auch wenn sie keine Christen sind. Aber mit Jesus hat Gott uns die Decke vom Kopf genommen, und wir erkennen nun klar und deutlich, wer dieser Gott ist: Der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns um unserer Sünde willen mit Recht zum Tode verurteilen kann, der uns aber vom Tode errettet durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes.
Auch dieses Tun Gottes hat der Prophet Jesaja klar vorausgesehen und geweissagt: „Der HERR wird beseitigen den Tod auf ewig, der Herr HERR wird tilgen die Tränen im ganzen Land, denn der HERR sagt es.“ Wir können auch übersetzen: „Der HERR wird verschlingen den Tod auf ewig.“ Diese Prophezeiung wird sich nicht erst am Jüngsten Tag erfüllen, sondern sie hat sich bereits erfüllt mit der Auferstehung Christi von den Toten. Der Apostel Paulus hat im 1. Korintherbrief die Erfüllung dieses Wortes ausdrücklich bestätigt: „Der Tod ist verschlungen vom Sieg.“ Und dieser Sieg des Auferstandenen ist jedem Einzelnen von uns in der heiligen Taufe geschenkt worden. Ewiges Leben wurde uns da geschenkt, Leben mit Gott, der die Quelle des Lebens ist – da hat der Tod keine Macht mehr, schon heute nicht mehr. Auch wenn wir am Grab eines geliebten Menschen stehen, der zu Jesus gehörte, dürfen wir wissen: Dieser Abschied ist nicht endgültig, der Tod hat den Stachel verloren, Gott hat auch für dieses sein Kind die Macht des Todes verschlungen, sodass es zum ewigen Leben auferstehen wird. Und wenn wir an unser eigenes Sterben denken, dann können wir ebenfalls getrost sein: Unser Tod ist nicht das Ende, sondern er ist das Tor in ein noch schöneres Leben. Darum können wir die Unvollkommenheiten und Leiden dieser Welt gelassen ertragen; wir haben es auch nicht nötig, unseren ganzen Lebenshunger schon in dieser Welt zu stillen. Wer das versucht, wird am Ende doch nur enttäuscht sein. Auch das Abwischen der Tränen, das Jesaja geweissagt hat, findet nicht erst im Himmel statt. Gott tröstet schon jetzt, Gott hilft schon jetzt. Wir beten und nehmen staunend wahr: Er erhört unsere Bitten! Es gibt zwar noch manchen Grund zum Weinen, aber wir haben zugleich Gottes Zusage: Er wird uns nicht über unsere Kräfte hinaus belasten. So tröstet uns Gottes Wort schon jetzt, so trocknet der Heilige Geist schon jetzt unsere Tränen. Im Himmel freilich, da werden dann auch noch die allerletzten Tränen getrocknet werden.
Die letzte Strophe in Jesajas Weissagungslied geht über von Gottes Tun zu Gottes Ruhm: „Man wird in dieser Zeit sagen: Siehe, dies ist unser Gott! Geduldig hofften wir auf ihn, da machte er uns heil. Siehe, dies ist unser Gott! Geduldig hofften wir auf ihn, nun lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.“ – „Lasst uns jubeln und fröhlich sein“, das heißt auf Hebräisch, in Jesajas Muttersprache: „Nagila wenismecha!“ Manchem von euch werden diese Wörter bekannt vorkommen, denn wir finden sie auch in dem bekannten jüdischen Volkslied: „Hava nagila wenismecha!“ – „Auf, lasst uns jubeln und fröhlich sein!“ Da sind wir also bei Gottes Ruhm, bei unserem Rühmen und Loben, bei unserer angemessenen Antwort auf Gottes Tun. Besonders die österliche Freudenzeit eignet sich für frohe Lieder und Lobgesänge, für das Rühmen und Danken: mit dem heutigen Jubel-Sonntag Jubilate und dem kommenden Singe-Sonntag Kantate. Aber natürlich soll sich das durch unser ganzes Leben hindurchziehen, mit Herzen, Mund und Händen. Das ist ja der Sinn unseres Lebens, dass wir etwas sind zu Gottes Ruhm. Darum hat Gott uns geschaffen, darum hat er uns durch Jesus Christus zu ewigem Leben wiedergeboren, darum hat er uns in sein Reich gestellt, dass wir ihn rühmen und loben.
Gott rühmen macht Spaß – besonders, wenn man's gemeinsam tun kann, mit fröhlichen Weisen, mit wohlklingenden Instrumenten, unter sachkundiger Anleitung von Menschen, denen Gott besondere musikalische Gaben verliehen hat. Wenn wir aber nun Gottes Wort im Munde des Jesaja ernst nehmen, dann können wir erkennen, dass Gott rühmen mehr ist als fröhliche Musik zu machen, mehr als einen tollen Sound zu seiner Ehre zu produzieren. Unser Rühmen soll nämlich etwas aussagen, unser Rühmen soll ein Bekenntnis sein. Jesaja weissagte: „Man wird in dieser Zeit sagen: Siehe, dies ist unser Gott!“ Dies – dieser Mann – dieser Jesus von Nazareth, der für uns gestorben und wieder auferstanden ist, der ist Gottes Sohn, wahrer Mensch und wahrer Gott. Nur durch ihn haben wir Zugang zum Vater. Er erfüllte das Hoffen und Sehnen Israels, er kam und brachte uns Sündern das Heil, er ist unser Heiland, unser Retter, unser Seligmacher. Ja, dieses Bekennen soll der Inhalt unseres Rühmens sein. Der rechte Gottesruhm verbindet Lobpreis und Bekenntnis. Wenn wir diese Verbindung auseinanderrissen, dann machten wir das Ganze kaputt. Bekenntnis ohne Lobpreis, das wäre trockene, theoretische Lehre, da würde nur abgeklärte Philosophie oder Theologengezänk bei herauskommen. Das wäre noch nicht mal Dogmatik, denn im Wort „Dogma“ steckt der Lobpreis schon mit drin. Andererseits: Lobpreis ohne Lehre, ohne Inhalt, ohne Aussage, das wäre leeres Gedudele, das wäre religiöse Unterhaltungsmusik. Hüten wir uns davor, die geistliche Musik zu leicht zu nehmen, etwa nur als Stimmungsmacher für Gottesdienste und Jugendfreizeiten. Fröhlich und ausgelassen darf's schon sein, aber immer verbunden mit dem Bekenntnis: „Siehe, dies ist unser Gott! Jesus ist unser Herr und Heiland, durch ihn ist der Tod besiegt.“
Lasst uns in diesem Sinne Gott weiter rühmen und loben. Amen.
PREDIGTKASTEN |